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NAGEL-Redaktion – Mobbing – nur ein Missverständnis?

Eine erste systemische Annäherung an ein bedeutsames Phänomen

Von Franziska Klinkigt


Neulich fragte die Leiterin einer Kindertagesstätte, in deren Team ich eine Weiterbildung zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung veranstaltete: „Wieso machen wir denn eigentlich diese Schulungen, wenn doch die Rahmenbedingungen in unseren Einrichtungen Kindeswohlgefährdung begünstigen?“

Wie war es dazu gekommen, dass sie diese Frage stellte? Im Laufe der Auseinandersetzung mit der Frage, wann und wodurch das Kindeswohl gefährdet sei, wurde allen anhand eines eigenen Fallbeispiels immer deutlicher, dass in der Einrichtung selbst Gewalt stattgefunden hatte. Konnte es sein, dass die mit Gewalt verbundenen Lösungsversuche der Beteiligten zum Problem geworden waren? Konnte es vielleicht sogar sein, dass der Kontext selbst das Problem war und die gewaltvollen Handlungen nur ein Ausdruck dessen?

Wenn es um das Phänomen „Mobbing in der Schule“ geht, sollten wir uns dieselben Fragen stellen. Betrachten wir aber die übliche Behandlung des Tatbestandes Mobbing in der Schule, entdecken wir, dass es hierbei zugeht wie bei einer Hetzjagd. „Mobbing muss in jeglicher Form in der Schule geächtet werden“, so Udo Beckmann, der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (1). Ob er sich bei dieser Aussage dessen bewusst war, dass „ächten“ bedeutet, jemanden aus einer Gemeinschaft auszustoßen? Diese Maßnahme klingt noch absurder, wenn wir uns die Definition des Begriffes „Mobbing“ anschauen. 

Der Autor und Studiendirektor Karl Dambach schreibt in seinem Buch „Mobbing in der Schulklasse“ (2), „dass mit ‚Mobbing’ nur die lange anhaltende (mindestens über mehrere Monate anhaltende) Ausgrenzung Einzelner von der Mehrheit bezeichnet wird“. Soll nun also Gleiches mit Gleichem bekämpft werden? Dies scheint immerhin nicht überall üblich zu sein, denn kürzlich hörte ich, dass eine Erzieherin ihres Arbeitsplatzes verwiesen wurde, nachdem sie ein Kind, von welchem sie getreten worden war, zurück getreten hatte. Aber birgt Beckmanns Forderung nicht einen unlösbaren Widerspruch: Genau das zu tun, was eigentlich verhindert werden soll? Also mehr desselben? Wenn wir jetzt aufhorchen, werden wir dank dieses Lösungsversuchs erkennen, dass wir auf dem Holzweg sind. 

Was ist eigentlich „Mobbing“?

Wer oder was soll denn hier geächtet werden (Diese Bezeichnung findet sich bemerkenswerterweise auch an anderer Stelle, in einer Pressemitteilung des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes. (3))? Das Phänomen Mobbing? Das ist ein interessanter Gedanke, wenn bedacht wird, in welchem Zusammenhang dieser Begriff ursprünglich verwendet wurde. 

Der Zoologe Konrad Lorenz beschrieb Anfang der 1960er Jahre ein bestimmtes Verteidigungsverhalten vieler Vogelarten, die sich zu einer Gruppe zusammentaten, um gemeinsam durch Alarmrufe und Scheinangriffe einen Fressfeind oder anderen überlegenen Gegner in die Flucht zu schlagen (das konnte auch ein Artgenosse sein, der die eigene Brut bedrohte). Dieses Verhalten nannte er „Hassen“ (Singvögel beispielsweise „hassen besonders intensiv auf“ Eulen), was auf Englisch „Mobbing“ bedeutet. 

Mobbing ist also in seinem ursprünglichen Sinne ein sinnvolles Verhalten: Eine Lösungsstrategie in Notsituationen. Gleichzeitig ist dieses Verhalten ein Ausdruck des Erlebens von Gefahr, das heißt, wenn die entsprechenden Lebewesen etwas als gefährlich wahrnehmen, greifen sie zu diesem Verhaltensmuster, um die vielleicht nur vermeintliche oder gar tatsächliche Gefahr abzuwenden. 

Greifen nun junge Menschen in der Schule zum Verhaltensmuster Mobbing, stellt sich dann nicht die Frage nach dem Sinn dieses Verhaltens? Ist es denkbar, dass diese jungen Menschen sich in einem Verteidigungsmodus befinden, da sie sich in einer Notsituation erleben? Eine Situation, in der sie sich bedroht fühlen von Gefahren für ihren Selbstwert, ihre Würde, ihre Integrität und Freiheit, für ihr Selbstvertrauen, ihr Gefühl von Selbstwirksamkeit, für ihre Selbstbestimmung und ihr Potenzial zur Selbstentfaltung – kurzum: für ihr Leben? Sind es also vielleicht die Rahmenbedingungen, die Mobbing begünstigen oder überhaupt erst hervorrufen? Und was sagt uns umgekehrt das Phänomen Mobbing über diese Rahmenbedingungen? Diese Fragen leiten hin zu dem eigentlichen Schlüsselgedanken, der zum besseren Verständnis der Problematik führt: Mobbing ist ein Symptom, ein Kennzeichen, ein Hinweis darauf, dass das System, innerhalb dessen es auftritt, gestört ist.

Um diesen Gedanken zu veranschaulichen, betrachten wir einmal beispielhaft und sehr vereinfacht dargestellt das kleine „System“ Familie. Kennzeichnend für dieses System ist, dass seine Mitglieder in Beziehungen zueinander stehen und miteinander kommunizieren. In der Familientherapie ist häufig zu beobachten, dass ein Familienmitglied, meist ein Sohn oder eine Tochter, als diejenige Person beschrieben wird, die das Problem „hat“. Wer aber genauer hinschaut, stellt zumeist fest, dass es im Bereich der Beziehungen und in der Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern (meist verdeckte) Schwierigkeiten bzw. Störungen gibt. Die Person, die als Problem vorgestellt wird, „besitzt“ nicht das Problem, sondern „trägt“ es. Sie übernimmt eine ganz wichtige und für die Familie wertvolle Rolle, indem sie zum einen das dysfunktionale System stützt und vor Zusammenbruch bewahrt und zum anderen signalisiert: „Hier stimmt etwas nicht“. Um dies zu verdeutlichen folgendes Beispiel: Eltern kommen mit ihrem neunjährigen Sohn, der seit Wochen wieder einnässt. Im Laufe des Gesprächs kommt heraus, dass die Eltern schon seit langer Zeit überlegen, sich zu trennen. Das „Problem des Sohnes“ übernimmt hier die Rolle, die Eltern durch ihre gemeinsame Sorge zu verbinden und lenkt den Fokus weg von den Beziehungsproblemen hin zu einem anderen Problem: dem Einnässen. Gleichzeitig dient es als Signal des Sohnes: „Ich merke, dass etwas nicht stimmt.“ Würde hier nun die Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Jungen gelegt werden und ein irgendwie geartetes Schließmuskel- oder Toilettentraining oder gar eine medikamentöse Behandlung empfohlen, bliebe die Funktion bzw. die Botschaft dieses Symptoms völlig unberücksichtigt. 

Wenn nun Mobbing in der Schule gleichermaßen Ausdruck eines dysfunktionalen Systems ist, so würden wir mit Ächtung genau das Gegenteil tun, als das, was dieser „Rolle“ zusteht. Ächtung ist die große Schwester der „Verachtung“, also der dauerhaften Abwertung. Was Mobbing als Symptom aber braucht, ist sowohl Achtung im Sinne von Anerkennung als auch Beachtung im Sinne von Interesse an dessen Botschaft.

Ächtung statt Achtung?

Stattdessen werden im Zuge der Ächtung Schuldige gesucht und gefunden und schlimmstenfalls zu „Tätern“ gemacht und bestraft. Dabei wird gerade hier wieder die Paradoxie dieser Vorgehensweise deutlich. In einem Interview erzählt Zoë Readhead, die Leiterin der bekannten Demokratischen Schule Summerhill in England, wie dort mit Mobbing umgegangen wird: „Das ist bei uns zum Glück kein großes Thema, weil solche Vorfälle immer schnell ans Licht kommen. Besonders die älteren Schüler sind da wachsam. Aber wer tatsächlich jemand anderen mobbt, kommt auf die Mobbingliste: Er wird von allen Gemeinschaftsveranstaltungen ausgeschlossen und muss sich als Letzter in der Reihe beim Essen anstellen.“ (4) Wie kann ein mehr desselben zu weniger desselben führen? 

Um es noch anders und mit den Worten Astrid Lindgrens auszudrücken, die sie 1978 in ihrer Rede anlässlich der Verleihung eines Deutschen Friedenspreises gebrauchte: „Das aber hieße den Teufel mit dem Beelzebub austreiben und führt auf die Dauer nur zu noch mehr Gewalt und zu einer tieferen und gefährlicheren Kluft zwischen den Generationen. Möglicherweise könnte diese erwünschte ‚härtere Zucht’ eine äußerliche Wirkung erzielen, die die Befürworter dann als Besserung deuten würden. Freilich nur so lange, bis auch sie allmählich zu der Erkenntnis gezwungen werden, dass Gewalt immer wieder nur Gewalt erzeugt – so wie es von jeher gewesen ist.“ (5) 

Um den Kreislauf ein wenig zu verdeutlichen, eine kleine Anekdote aus dem Leben eines zwölfjährigen Jungen: Dieser Junge berichtete mir, er komme in der Schule mit den Lehrern und Mitschülern nicht gut aus, streite sich häufig und fühle sich oft schlecht, ungerecht behandelt und allein. Er sei schon ein paar Mal von der Schule suspendiert oder weggeschickt worden. Ich fragte nach, aus welchem Grund. Da erzählte er mir die zuletzt geschehene Begebenheit: Ein Mädchen aus seiner Klasse habe ihm die Hose heruntergezogen. Daraufhin sei er zu der Lehrerin gegangen, die sagte, er solle das selbst klären. Das habe er getan – und dem Mädchen die Hose heruntergezogen. Daraufhin sei er wieder suspendiert und in einem Brief von der Schule der sexuellen Belästigung bezichtigt worden.

Eine ganz absurde Geschichte, die zwar offenlässt, ob hier von Mobbing gesprochen werden kann, aber offenbart, dass das Täter-Opfer-Konzept unbedingt infrage zu stellen ist. Könnte es Situationen geben, in denen gar der „Täter“ selbst das „Mobbingopfer“ ist?

Was ist Gewalt?

Der Begriff „Gewalt“ stammt vom althochdeutschen Wort „waltan“ ab, welches „stark sein, beherrschen“ bedeutet. Der Zusammenhang zu „Herrschaft“ im Sinne einer institutionalisierten Form von Über- und Unterordnung drängt sich nicht nur auf, im rechtsphilosophischen Sinne sind beide Begriffe sogar gleichbedeutend. 

Marshall Rosenberg, der das Konzept der „Gewaltfreien Kommunikation“ entwickelt hat, sagt, dass wir Menschen seit über 8.000 Jahren in von Herrschaft geprägten Strukturen leben, in denen ein paar Leute, die für sich in Anspruch nehmen, besser zu sein als die anderen, diese kontrollieren. Unsere Art der Erziehung sei an diese Strukturen angepasst bzw. genau dafür geeignet, um diese aufrechtzuerhalten.

Demnach wäre das Phänomen Mobbing ein Ausdruck von Herrschaft in Form von Machtausübung, welcher die Struktur unserer Erziehungs- und Schulkultur widerspiegelt. Rosenberg liefert eine beeindruckende Beschreibung dessen, was unsere Art der Erziehung kennzeichnet, die von einem nicht weniger beeindruckenden Ergebnis gekrönt wird: Die gründliche, gelungene Erziehung erschafft entweder „nette tote Menschen“, die tun, was ihnen gesagt wird – mögen wir sie vielleicht lieber als brav, angepasst oder wohlerzogen bezeichnen –, oder „Monster“ (6). Eignen sich diese beiden nicht wunderbar für die Rollenbesetzung der antagonistischen Gegenspieler in einem Psychodrama mit dem Titel „Mobbing in der Schulklasse“? 

Wenn also Mobbing in den Rahmenbedingungen des Systems wurzelt, in dem es stattfindet (z. B. Arbeitsplatz, Schule, Familie), und nur die Äußerungsform eines Problems ist, dann müssen wir uns die Frage stellen, wie diese Rahmenbedingungen sein müssen, damit es überhaupt gar keinen Anlass für Mobbing mehr gibt. Es lohnt sich, diesen Gedanken noch auszuweiten: Mobbing ist nur eine Form von Gewalt. Wurzelt Gewalt generell in den Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft, und wie müssten sich diese dann wandeln, damit es schließlich keinen Anlass für Gewalt mehr gibt?

Sind wir schon auf dem richtigen Weg?

Betrachten wir unsere jüngere Geschichte, stellen wir fest, dass bereits ein Wandel stattgefunden hat. Wie wir wissen, waren bis in die 1970er Jahre Körperstrafen gängige und akzeptierte Erziehungsmittel, welche nicht als schädigend, sondern im Gegenteil als der Menschwerdung des Zöglings förderlich angesehen wurden. So hatte in Deutschland bis 1928 ein Familienvater nicht nur das Recht, seine Kinder, sondern auch seine Frau zu züchtigen. Erst ab 1957 durfte auch die Mutter ihre Kinder züchtigen, davor war dieses Recht dem Vater vorbehalten. Bis 1973 hatten Lehrer und Eltern das gemeinsame Züchtigungsrecht (in der DDR allerdings nur bis 1949, in Bayern dagegen bis 1980) und bis 2000 hatten es schließlich nur noch die Eltern. Seitdem haben Kinder ein „Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“. Dieses Recht ist im § 1631 des Bürgerlichen Gesetzbuches verankert, im Bereich der „Elterlichen Sorge“ (7). Somit legt der Gesetzgeber fest, dass Gewalt gegenüber Kindern nicht toleriert wird. 

Hans Schleicher, Experte für Familienrecht, liefert eine Darstellung dessen, was unter Gewalt in der Erziehung zu verstehen ist (8). Er betont, dass der Begriff „Recht“, im Gegensatz zu dem des „Gebots“, deutlich machen soll, dass der junge Mensch als Subjekt-Person mit eigener Würde ein Recht auf die Achtung seiner Grundrechte hat. Wenn wir davon ausgehen, dass die Grundrechte eines Menschen an keine Bedingungen geknüpft sind (was das Grundgesetz voraussetzt), könnte es problematisch sein, dass sowohl der Gewaltbegriff als auch die Bewertung von Gewalt davon abhängen, in welchem Kontext eine Handlung stattfindet. Dabei ist die Frage, ob eine Handlung als Gewalt definiert wird, noch einmal eine ganz andere als diejenige, ob diese Handlung toleriert wird. 

Schleicher macht deutlich, dass der Terminus „Gewalt“ im Rahmen des § 1631 des BGB nicht im strafrechtlichen Sinne zu verstehen ist. So stelle es „im Kontext der elterlichen Sorge z. B. noch keine Gewalt dar, wenn Eltern ihr Kind hindern, das Elternhaus zu verlassen, während im Strafrecht jedes (und somit auch dieses) Festhalten eines Menschen gegen dessen Willen zunächst einmal als ‚Gewalt’ bezeichnet werden müsste – ohne dass damit jedoch bereits etwas über die Strafbarkeit ausgesagt wäre.“ 

Heißt das jetzt, wenn wir Kinder „als Menschen“ sehen, wäre das Festhalten Gewalt, wenn wir sie hingegen „als Kinder“ sehen, wäre dies nicht Gewalt, sondern Erziehung? Wie sieht es denn gewaltdefinitorisch und strafrechtlich in der Situation aus, wenn Eltern ihr Kind dazu veranlassen oder gar zwingen müssen, gegen seinen ausdrücklichen Willen das Elternhaus zu verlassen, um in die Schule zu gehen? Und wie sieht es diesbezüglich aus, wenn die Schule ein Kind daran hindert, diese zu verlassen – gegen seinen ausdrücklichen Willen? Was ist, wenn ein Kind in der Schule Gewalt erfährt, z. B. durch Mobbing, und deshalb nicht mehr dorthin will?

Das Recht auf gewaltfreie Erziehung – nur Ansichtssache?

Als Gewalt werden „körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen“ genannt. Hinsichtlich körperlicher Gewalt wären sich vermutlich alle einig bei der Beurteilung der gewalttätigen Vorfälle, die in den Medien Beachtung finden. Aber Diskussionen um den berühmten „Klaps“ oder andere als „maßvoll“ und „angemessen“ angesehene Maßnahmen zum Zwecke der Erziehung, offenbaren ein gewisses definitorisches Spektrum. Noch größere Uneinigkeit zeigt sich meist in Gesprächen darüber, was unter „seelischen Verletzungen“ und „anderen entwürdigenden Maßnahmen“ zu verstehen ist. Als mögliche Beispiele dafür nennt Schleicher Bestrafungen wie Kürzen des Taschengeldes, zeitweiliges Spiel-, Fernseh- oder Kino-Verbot oder auch Hausarrest, welche zwar nicht verboten seien, aber „in krassen Übermaßfällen (z. B. bei längerem völligem Einsperren)“ eventuell diese darstellten. 

Wie sieht es denn eigentlich aus, wenn Menschen jahrelang beinahe täglich für mehrere Stunden in einem Raum eingesperrt und von der Vielfalt des Lebens und den Angelegenheiten der Welt ausgeschlossen werden? Der Sozialpädagoge Frank Schallenberg bezeichnet in seinem Buch „Ernstfall Kindermobbing“ (9) Mobbing als einen „massiven, aggressiven Eingriff in das Leben und Handeln eines anderen Menschen“, der sich typischerweise „regelmäßig über einen längeren Zeitraum“ vollzieht. Liegt demnach bei dem beschriebenen Prozess, der ja unser Schulsystem kennzeichnet, nicht eben dieser Ernstfall Kindermobbing vor? Der Begriff „seelische Verletzungen“ ist laut Schleicher „relativ unbestimmt und somit ausfüllungsbedürftig“. Wäre es zynisch zu behaupten, der Umstand, dass das Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung nur gegenüber den Eltern zu bestehen scheint, vereinfache die „Ausfüllung“ dieses Begriffes? 

Es bleibt der Eindruck, dass es wirklich vom Kontext abhängt, ob Gewalt toleriert wird oder nicht, und davon, von wem sie ausgeübt wird. Eine Sequenz, die in einem Artikel zum Thema „ADHS“ in einer bekannten psychologischen Fachzeitschrift dargestellt wurde, verdeutlicht das: Es handelt sich um ein Szenario in einem Therapiezentrum in einer großen Stadt in Deutschland: 

„… schon prescht ein blondes Energiebündel herein. Der fünfjährige Junge gibt brav die Hand und sagt Guten Tag, doch in seinen Augen glitzert es verdächtig: Was machen wir heute? Was passiert als Nächstes? Man merkt: Der Junge würde am liebsten sofort loslegen, kann seinen Elan kaum zügeln. Zuerst aber heißt es für ihn, sich still hinzusetzen, auf einer Matte in der Ecke, neben dem kleinen Tisch, an dem seine Mutter mit der Sozialarbeiterin redet. Er darf sich ein Spielzeug aussuchen, mit dem er sich allein beschäftigen soll, solange die Frauen ins Gespräch vertieft sind. Der Junge wählt die Legosteine. Seine Aufgabe lautet, nicht dazwischenzureden, während seine Mutter berichtet, wie es in der vergangenen Woche mit ihrem Sohn lief. Die Therapeutin stellt dem Jungen eigens die Uhr. 15 Minuten muss er durchhalten – und wann immer er den Frauen ins Wort fällt, nimmt die Sozialarbeiterin einen Spielstein aus einer Schale. Die Zahl der verbleibenden Steine bestimmt darüber, wie lange sie hinterher alle zusammen spielen. Die Sache geht nicht lange gut. Nach wenigen Minuten wandert der erste bunte Plastikwürfel aus der Schale. Der Junge schaut irritiert, doch die Frau ermuntert ihn, weiterzuspielen, so wie abgemacht. Das tut er auch, zumindest für einen Moment. Dann fällt er seiner Mutter erneut ins Wort – und schwupp ist der nächste Spielstein weg. Der Junge ist ein echter Zappelphilipp …“ (10) 

Wem der Begriff „Folter“ hierfür zu krass erscheint, der sei kurz auf dessen Definition hingewiesen, der zufolge Folter das „gezielte Zufügen von psychischem oder physischem Leid (Gewalt, Qualen, Schmerz, Angst, massive Erniedrigung)“ darstellt, „meist als Mittel für einen bestimmten Zweck“, um zum Beispiel „den Willen und den Widerstand des Folteropfers (dauerhaft) zu brechen (11). Auf gar keinen Fall ist davon auszugehen, dass die beiden in der Szene dargestellten erwachsenen Frauen in der Absicht handeln, dem Jungen Leid zuzufügen. Im Gegenteil: Sie handeln nach bestem Wissen und Gewissen in der Überzeugung, dies sei zu seinem Besten. Gleichwohl ist es ein gezieltes Handeln mit dem Zweck, den Willen des Jungen zu brechen, ihn gefügig zu machen, ihn einer von außen gegebenen Struktur (die er nicht versteht und nicht erklärt bekommt!) und von anderen gesetzten Maßstäben zu unterwerfen. Ist es nicht zutiefst erniedrigend, einen Platz zugewiesen und eine Zeitstruktur aufgezwungen zu bekommen, innerhalb der ein Mensch schweigend erdulden muss, wie zwei andere Personen über ihn reden? Und dies bei Ankündigung und Ausführung von Strafe. Ist es zudem nicht geradezu abartig, dass das „Glitzern“ in den Augen, der „Elan“, also der offensichtlich feurige Tatendrang und die Neugierde auf das, was nun kommen wird, als etwas Negatives, zu Unterdrückendes, zu Beherrschendes angesehen wird? Allein der Versuch, sich anstelle des Jungen einen erwachsenen Menschen vorzustellen, macht die Unmöglichkeit dieser Situation deutlich.

Ende der 1970er Jahre begann der Psychologe Heinz Leymann die langjährige Erforschung des Phänomens Mobbing am Arbeitsplatz und erstellte schließlich einen Katalog von Mobbinghandlungen – ein sogenanntes „Psychoterror-Inventar“ (Leymann Inventory of Psychological Terror (12)). Darin finden wir Handlungen wie die Einschränkung der Möglichkeit, sich zu äußern durch Vorgesetzte oder Kollegen, Kontaktverweigerung, man spricht nicht mehr mit dem Betroffenen“, „man wird wie Luft behandelt“, man erhält „sinnlose“ oder „kränkende“ Arbeitsaufgaben, „hinter dem Rücken des Betroffenen wird schlecht über ihn gesprochen“ oder auch die Verdächtigung, „psychisch krank zu sein“. Es ist schon beeindruckend: Was in der Arbeitswelt von Erwachsenen Mobbing sein kann, ist in der Welt der Kinder „pädagogisch wertvoll“.

Aber Karl Dambach betont ja auch, es gebe zwar unterschiedliche Arten, wie Individuen ausgegrenzt würden, aber keine „typischen Mobbinghandlungen“. Das Entscheidende sei das regelmäßige Auftreten gegen dieselbe Person über einen länger andauernden Zeitraum hinweg. Ob dies für den Jungen mit den glitzernden Augen zutreffen mag, wird davon abhängen, inwieweit er in der Lage ist, sich in die ihm aufgebürdete Struktur einzufügen. Gelingt es ihm, innerhalb dieser zu „funktionieren“, wird er möglicherweise bald von oben beschriebenen Maßnahmen verschont bleiben. Wird er seine Lebensenergie und den unbändigen Drang nach Lebendigkeit hingegen nicht unterdrücken und einkerkern lassen, so wird er es vermutlich schwer haben. Sein Verhalten wird weiterhin als unangemessen und anstrengend empfunden werden und er selbst bald als „nicht tragbar“. 

Dennoch können wir hoffen …

Ebenso wie Astrid Lindgren davon ausging, dass wir eines Tages zu der Erkenntnis gezwungen sein werden, dass Gewalt immer wieder nur Gewalt erzeugt (und schließlich sind nur ein Jahr nach ihrer Rede körperliche Bestrafungen und sonstige kränkende Handlungen in Schweden gesetzlich verboten worden und nur 21 Jahre danach auch in Deutschland), denkt auch Marshall Rosenberg, dass unsere Art von Erziehung und die Gewalt, die daraus entsteht, eine vorübergehende Sache ist. Wenn wir die gesamte Menschheitsgeschichte betrachten, dann sind 8.000 Jahre nur ein kleiner Abschnitt, „und wir werden relativ schnell wieder zu dem zurückkehren, was für uns natürlich ist“ (13). Auch der Blick in unsere jüngste Vergangenheit gibt uns Anlass zur Hoffnung. Wir können uns heute nicht mehr vorstellen, dass noch vor 60 Jahren Frauen keine Rechtssubjekte waren. So werden wir uns eines Tages auch nicht mehr vorstellen können, dass Kinder einst Objekte von Erziehung und Beschulung waren, deren Grundrechte ihnen nur unter bestimmten Bedingungen gewährt wurden. Freilich bedarf es bis dahin noch einiger darzustellender Erkenntnisse und reflektorischer Auseinandersetzungen. Wir werden hoffentlich sehr bald dankbar sein, dass die jungen Menschen niemals aufhörten, Symptome zu produzieren, um uns zu zeigen, dass etwas an den Bedingungen, unter denen wir alle lebten, nicht stimmte. Wir werden uns mit bitterem Herzen daran erinnern, dass wir ihre Signale lange genug – viel zu lange – nicht wahrnahmen und nicht verstanden. Dass wir darauf reagierten, indem wir sie ruhigstellten, sie einsperrten – in Schulen oder, wenn sie sich denen entziehen wollten, in Psychiatrien oder Gefängnissen – sie pathologisierten und mit Medikamenten „funktionstüchtig“ machten. Wir werden uns sagen: „Zum Glück konnten wir diesen Kreislauf der Gewalt durchbrechen und uns dem weiter nähern, was für uns gesund und natürlich ist.“

Fußnoten 
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(1) bildungsklick.de/pm/83505/mobbing-keine-chance-geben/
(2) Karl E. Dambach: Mobbing in der Schulklasse, Reinhardt 2009
(3) bildungsklick.de/pm/80762/schulen-muessen-junge-leute-stark-machen/
(4) sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36943/2/1
(5) efraimstochter.de/astridlindgren/friedenspreis_des_deutschen_buchhandels.shtml
(6) www.dialog-herold.de/videobeispiele.html
(7) dejure.org/gesetze/BGB/1631.html
(8) www.fzpsa.de/Recht/Fachartikel/familienrecht/gewaltfrei/gewaltfreischleicher
(9) Frank Schallenberg : Ernstfall Kindermobbing. Das können Eltern und Schule tun, Claudius 2004
(10) Gehirn & Geist, Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung: ADHS. Was macht Kinder hyperaktiv?, Ausgabe 9/2012
(11) de.wikipedia.org/wiki/Folter
(12) www.mobbing-zentrale.ch/wastun.htm
(13) www.dialog-herold.de/videobeispiele.html


Eigenes Bild

Franziska Klinkigt, geboren 1980, ist Diplom-Psychologin, systemische Therapeutin und Mutter zweier Töchter. Neben ihrer Arbeit in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis in der Nähe von Gießen bietet sie in mehreren Kindertagesstätten Beratung an. Besonders wichtig ist ihr der Schutz der Grundrechte junger Menschen sowie die Auseinandersetzung mit den Themen freie Bildung und Gewalt in unserer Gesellschaft. Ihr Artikel erschien zunächst in der Zeitschrift „unerzogen 3/2012“. Wir bedanken uns bei Franziska Klinkigt und Sabine Reichelt von „unerzogen“ für die freundliche Genehmigung, ihn hier verwenden zu dürfen.

NAGEL-Redaktion – Makronencreme

Cremespeisen bieten stets den Abschluss einer vollwertigen Mahlzeit. Schon beim Anblick der appetitlich hergerichteten Leckereien soll „das Wasser im Munde zusammenlaufen“. Leichte und lockere Cremespeisen wusste schon „Oma“ herzhaft herzustellen, und für Kinder bilden sie einen krönenden Mittagstischabschluss. Für alle, die Angst um ihre „schlanke Linie“ haben, empfehle ich Speisen, die mit Wasser oder Fruchtsäfte zubereitet werden.

 

Makronencreme

Zutaten 

● 1 Liter Milch
● 2 Eigelb
● 125 g Makronen
● 100 g Zucker
● 1 Prise Vanillezucker, 12 Blatt Gelatine, 2 Eier-Schnee.

Zubereitung 

Eigelb und Milch werden verquirlt, dann fügt man Makronen und Zucker hinzu, dickt mit der aufgelösten Gelatine und zieht, wenn die Speise stockt, den Ei-Schnee darunter geben.

 

Veröffentlicht in: i-Punkt 12/2012 

 

Quelle: www.kochen-mit-koki.de – Mit freundlicher Genehmigung 

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NAGEL-Redaktion – Eierpfannekuchen

„Das ist ja einmal etwas anderes!“, werden Ihre Tischgäste oder auch die jungen Leute in Ihrer Einrichtung sagen, wenn Sie jedem einen großen goldbraunen Pfannekuchen (mit Füllung) auf den Teller legen.

Eierkuchen (für 4 Personen – für größere Gruppen entsprechend hochrechnen)

Zutaten

● 80-100 g Mehl
● 1/8 Liter Milch
● 4 Eier
● 1/4 Teelöffel Salz und Backfett

Zubereitung 

● Siebe das Mehl in eine Schüssel, gib löffelweise die Milch dazu, das Salz und ein Ei nach dem andern und rühre recht glatt. 
● Lass in einer eisernen Stielpfanne so viel Fett oder Butter heiß werden, dass der Boden bedeckt ist. 
● Gib mit einem Schöpflöffel Teig in das heiße Fett und lass ihn nach allen Seiten dünn auslaufen.
● Ist der Eierkuchen auf der unteren Seite braun gebacken, lass ihn auf einen Teller gleiten. 
● Lege ein Stückchen Fett darauf, stülpe die Pfanne darüber und wende rasch um.
● Backe auch die andere Seite braun.


Zusätzlicher Tipp: Gefüllte Eierkuchen 

Lege auf jeden fertig gebackenen Eierkuchen 1-2 Löffel einer süßen oder gesalzenen Fülle, rolle die Kuchen zusammen und lege sie nebeneinander in eine leicht gefettete Backform, bestreue sie mit Staubzucker oder mit Reibkäse und lass sie im Ofen noch 10 Minuten überbacken.

Veröffentlicht in: i-Punkt 11/2012 

Quelle: www.kochen-mit-koki.de – Mit freundlicher Genehmigung

 

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NAGEL-Redaktion – Kartoffeltopf mit Esskastanien (Maronen)

 

Ganz raffiniert und edel mit Esskastanien: Ein Gericht für 4 Personen. Für Gruppen bitte entsprechend hochrechnen!

 

Zutaten 

● 1 Steckrübe
● 500 g Kartoffeln
● 500 g Möhren
● 1 l Brühe
● 1/2 Bund Bohnenkraut (oder 1 TL getrocknetes)
● 150 g Maronen (Esskastanien – Dose oder vakuumverpackt)
● 1 EL Mehl • Salz, Pfeffer

 

Zubereitung 

Steckrübe, Kartoffeln sowie Mohren schälen und in mundgerechte Würfel schneiden. Mit der Brühe in einen großen Topf geben, Bohnenkraut abbrausen, zufügen, aufkochen lassen und bei mittlerer Hitze ca. 15 Minuten garen. Die Maronen eventuell abtropfen lassen, zufügen und weitere 5 Minuten köcheln lassen. Mehl mit 3 EL kaltem Wasser verquirlen, in den Eintopf rühren und unter Rühren aufkochen lassen. Den Eintopf mit Salz und Pfeffer kräftig würzen. Anrichten, nach Belieben mit frischem Bohnenkraut garnieren.

Zubereitungszeit: 25 Minuten

Pro Person ca. 320 kcal, Eiweiß: 20 g, Fett: 8 g, Kohlenhydrate: 41 g


Der Profi-Tipp 

Maronen lassen sich auch frisch zubereiten: Maronen kreuzweise einritzen und auf ein Backblech legen. Bei 225 Grad im Ofen rösten, bis die Schale aufreißt, dann schälen.

 

Veröffentlicht in i-Punkt 10/2012 

 

Quelle: kochen-mit-koki.de – Mit freundlicher Genehmigung

 

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NAGEL-Redaktion – Großer Sauerkraut-Pickert

 

Großer Sauerkraut-Pickert

Sauerkraut oder Sauerkohl ist durch Milchsäuregärung konservierter Weißkohl oder Spitzkohl und wird meist gekocht als Beilage gegessen. Es gilt international als eines der bekanntesten deutschen Nationalgerichte.

 

Für 4 – 6 Personen – Für größere Mengen in der Einrichtung: Bitte entsprechend hochrechnen.

Zutaten 

● 65 g Schweineschmalz
● 2 Zwiebeln
● 1 Dose Sauerkraut
● 2 Tassen Wasser oder Brühe
● 200 g gekochter Schinken
● 1 kg rohe Kartoffeln / 1 1/2 Teelöffel Salz
● 30g geriebener Parmesankäse
● Butterflöckchen zum Belegen

Eine große Auflaufform mit dem Schmalz bestreichen und Sauerkraut aufgelockert einfüllen. Die gewürfelten Zwiebeln darüberstreuen. Brühe zufügen und die Sauerkrautschicht mit den Schinkenscheiben abdecken.

Kartoffeln schälen, grob raspeln, salzen und auf dem Schinken verteilen. Mit geriebenem Käse bestreuen, Butterflöckchen auflegen.

Die Form sofort in den vorgeheizten Herd schieben und bei starker Hitze etwa 45 Minuten backen lassen.

Wissenswertes über Sauerkraut bei Wikipedia 

Quelle: kochen-mit-koki.de – Mit freundlicher Genehmigung

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NAGEL-Redaktion – August 2012: Zwetschgenknödel

In diesem Monat werden die Zwetschgen reif. Dieses Rezept berücksichtigt acht Zwetschgen. Für größere Mengen in der Einrichtung: Bitte entsprechend hochrechnen.

 

● In 1/2 l kaltes Wasser 1 Packung Halb + Halb Knödel einrühren und quellen lassen.

● 8 Zwetschgen entsteinen.

● In jede Zwetschge ein Stück Würfelzucker geben.

● 8 Klöße formen, dabei in die Mitte von jedem Kloß eine Zwetschge geben.

Nach Anweisung fertig zubereiten

● 40 g Butter oder Margarine und 2 Esslöffel Paniermehl bräunen und über die angerichteten Knödel geben.

 

Je nach Saison kann man auch Aprikosen für die Füllung nehmen.

 

Veröffentlicht in: i-Punkt 8/2012

ABA Fachverband Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

 
 
 

(Quelle: www.kochen-mit-koki.de – Mit freundlicher Genehmigung)

Ergänzung: Ein Spiel zum Thema

Kurz vor Redaktionsschluss übermittelte Horst Köckeritz noch einen Spielspaß zur Pflaumen- und Zwetschgenernte, das „Pflaumenkernspiel“: Male viele Pflaumenkerne verschieden bunt an. Jeder Mitspieler erhält die gleiche Anzahl an Kernen in derselben Farbe. Zeichne auf eine feste Pappe eine Zielscheibe. Nacheinander darf jeder Mitspieler aus der gleichen Entfernung einen Kern werfen. Wer als erster in alle Kreise einen Kern geworfen hat, hat gewonnen. Viel Spaß für viele … (Quelle: Käthe, die Erdumseglerin über Facebook)

NAGEL-Redaktion – Juli 2012: Fit durch den Sommer: Rohkost mit Möhren

Möhren-Sellerie-Rohkost für vier Personen: Der Fitmacher für den Sommer

 

Zutaten

200 g Mohren

200 g Knollensellerie

Apfel (ca. 200 g)

15 g frischer Ingwer

4-5 El Zitronensaft

3 EL ÖI

1 TL Zucker

300 ml Dickmilch

10 Blätter Zitronenmelisse

 

Zubereitung

Möhren und Sellerie schälen und in grobe Stücke schneiden.

Apfel schälen, vierteln und entkernen.

Möhren, Sellerie und Apfel sehr fein raspeln und in eine Schüssel geben.

Ingwer schälen, fein reiben und zum Gemüse geben.

2 El Zitronensaft mit Öl und 1 Prise Zucker zum Gemüse geben und mischen.

Dickmilch mit restlichem Zitronensaft und Zucker verrühren.

Melisseblättchen abzupfen und in feine Streifen schneiden. 

Etwas Sauce in Portionsgläser geben, Rohkost darauf verteilen und mit der Zitronenmelisse bestreuen.

Zubereitungszeit: 15 Minuten

Pro Portion 3 g E, 10 g F, 13 g KH = 166 kcal (694 kj)

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Veröffentlicht in: i-Punkt 7/2012

Quelle: www.kochen-mit-koki.de – Mit freundlicher Genehmigung

NAGEL-Redaktion – Essknigge der Kinder oder: Kinder essen anders …

Erbsen

Sie zerquetschen sie auf dem Teller zu einem flachen Kuchen. Drücken den Gabelrücken hinein. Halten die Gabel senkrecht, mit den Zinken nach oben, und lecken die Erbsen ab.

Kartoffelbrei

Sie klopfen den Kartoffelbrei platt. Bohren kleine Vertiefungen. Sie stellen sich vor, das wären Tümpel oder Teiche, und füllen sie mit Soße. Ziehen mit der Gabel Flusstäler zwischen den Teichen, und beobachten, wie die Soße hineinrinnt. Dann verzieren sie alles mit Erbsen und essen nicht. Oder: Sie graben in der Mitte des Kartoffelbreis ein großes Loch. Schütten Ketchup hinein. Rühren, bis der Brei rötlich wird. Dann essen sie ihn wie Erbsen.

Gummibärchen

werden stets in dieser Reihenfolge gegessen: Beine, Kopf, Rumpf.

Belegte Brote

Sie lassen die Rinden übrig. Wenn Mutter oder Vater sagen, das muss gegessen werden, weil sie das Beste vom Brot sind, so stopfen sie sie in die Hosentasche oder zwischen die Sofakissen.

Spaghetti

Sie wickeln viel zuviel Spaghetti um die Gabel, und lassen mindestens zwei davon herabhängen. Sperren den Mund weit auf, und stopfen die Spaghetti hinein; schlürfen laut dabei, um die herunterhängenden Spaghetti einzusaugen. Sie essen den Teller leer, bitten um eine zweite Portion, und essen davon nur die Hälfte. Halten den Teller schief, wenn sie ihn in die Küche tragen, damit die übrig gebliebenen Spaghetti auf den Boden rutschen.

Eistüte

Sie verlangen eine doppelte Portion Eis. Lassen die obere Eiskugel beim Verlassen der Eisdiele auf den Boden fallen. Weinen laut. Lecken den Rest so langsam ab, dass geschmolzenes Eis über die Waffeltüte und in die Hand läuft. Sobald das Eis mit der Tüte eine glatte Fläche bildet, beißen sie ein Loch in die Tütenspitze saugen das restliche Eis von unten heraus.

Eisbecher

Sie halten den Löffel senkrecht in der Faust. Verrühren das Eis kräftig, bis es Suppe wird. Nehmen eine große Portion auf den Löffel, stecken den Löffel in den Mund, und ziehen ihn langsam wieder heraus, und saugen nur die oberste Eisschicht ein. Fuchteln mit dem Löffel in der Luft herum. Lecken die Rückseite ab. Stecken ihn wieder in den Mund und schlürfen. Machen so weiter, bis er leer ist und alles wieder von vorn anfängt.

Spinat

Sie zerteilen ihn in Häufchen. Schieben die Häufchen hin und her. Wenn sie das fünf- oder sechsmal gemacht haben, lehnen sie sich zurück und sagen: „Ich bin satt.“

Spiegeleier

Sie essen entweder das Weiße oder den Dotter.

Bratäpfel

Sie ziehen mit den Fingern die Schale vom Bratapfel ab und sagen dann, sie mögen keinen Bratapfel. Wenn Vater oder Mutter dann ganz durcheinander sind, drücken sie ihn Dir in die Hand.

Pommes frites

Sie schwenken beim Sprechen ein Kartoffelstäbchen in der Luft herum. Tun so, als ob sie ein Orchester dirigieren. Schieben vier Stäbchen auf einmal in den Mund und kauen. Strecken der Schwester die kartoffelbelegte Zunge heraus. Machen den Mund zu und schlucken. Lächeln …

 

Autorin: Delia Ephron (Quelle: New York Time 1977) – © neu entdeckt und abgeändert 2012 von http://www.kochen-mit-koki.de. Mit freundlicher Genehmigung.

 

Literatur: http://www.kochen-mit-koki.de/kochshop

 

NAGEL-Redaktion – Kochen mit Koki


Foto: Dirk Makoschey

Eröffnet wurde die Rubrik „Kochen mit Koki“ im Juli 2012. Aus der Praxis wird uns immer wieder mitgeteilt, dass hier gelieferte Rezepte im Alltag tatsächlich angewandt werden. Hinter Koki verbirgt sich Horst Köckeritz aus Essen, dem wir hier noch einmal ganz herzlich für die Untersützung unserer Arbeit danken möchten.

Essknigge der Kinder oder: Kinder essen anders …

2012

Juli: Fit durch den Sommer: Rohkost mit Möhren

August: Zwetschenknödel

September: Großer Sauerkraut-Pickert

Oktober: Kartoffeltopf mit Esskastanien (Maronen)

November: Eierpfannekuchen

Dezember: Makronencreme

– Seite wird fortgesetzt –

NAGEL-Redaktion – Anikas Kochrezepte 2010

Februar 2010: Gemüserösti

Hallo zusammen! Gern stelle ich den Nutzerinnen und Nutzern des ABA-Netzes hier monatlich ein Rezept zur Verfügung. Ich werde darauf achten, dass die Rezepte relativ leicht mit Kindern umgesetzt werden können. Auch Aspekte gesunder Nahrung sollen eine Rolle spielen, ohne dass es in Langeweile beim Essen ausartet. Zur besseren Orientierung gebe ich jeweils auch an, für wie viele Kinder der Kochvorschlag gedacht ist.
Anika Labus

Rezept für Gemüserösti als druckfähige PDF herunterladen

 

März 2010: Spinatsuppe mit Grünkern

Hallo zusammen! Bereits im letzten Monat gab es ein von mir Kochrezept für die Zubereitung von Gemüserösti. Diesmal erfahrt Ihr/erfahren Sie, wie man Spinatsuppe mit Grünkern zubereitet. Ich werde auch künftig monatlich saisonale Rezepte bereitstellen.
Anika Labus

Rezept für Spinatsuppe mit Grünkern als druckfähige PDF herunterladen

 

April 2010: Hefezopf

Hallo zusammen und juhuuu … der Frühling ist da!!! Ostern steht vor der Tür, passend dazu gibt es diesen Monat ein Rezept, um sich auf die Zeit einzustimmen oder ein typisches Osterfrühstück zu herzurichten.
Anika Labus

Rezept für Hefezopf als druckfähige PDF herunterladen

 

Mai 2010: Zucchini-Tomaten-Quiche

Hallo zusammen! Endlich ist der Frühling mit all` seiner Vielfalt bei uns angekommen! Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, die Blumen blühen in den verschiedensten Farben … und auch auf dem Teller wird es diesen Monat bunt! Viel Spaß beim Kochen! 
Anika Labus

Rezept für Zucchini-Tomaten-Quiche als druckfähige PDF herunterladen

 

Juni 2010: Erdbeerkuchen

Hallo zusammen! Im Juni beginnt die deutsche Erdbeersaison, daher gibt es in diesem Monat ein köstliches Rezept mit Erdbeeren! Ideal wäre ein Besuch beim Bauern in der Nähe, um dort die Erdbeeren selbst frisch zu pflücken.
Anika Labus

Rezept für Erdbeerkuchen als druckfähige PDF herunterladen

 

Juli 2010: Eblysalat

Ein sonniges Hallo zusammen! Im Juli ist es oft heiß und schwül. Genau für diese Tage gibt es hier nun ein leichtes Rezept mit viel frischem Gemüse und wertvollem Getreide. Viel Spaß beim Ausprobieren! 
Anika Labus

Rezept für Eblysalat als druckfähige PDF herunterladen

 

August 2010: Zweierlei Möhrensalate

Hallo zusammen! Im August ist Erntezeit. Jetzt bekommt man frisches, vitaminreiches und ortnah geerntetes Gemüse. Diese Rezepte liefern je nach Vorliebe ideale Beilagen zu Kartoffeln, Reis, Nudeln oder gegrilltem Fleisch.
Anika Labus

Rezepte für zweierlei Möhrensalate herunterladen

 

September 2010: Zucchini-Tomatensuppe

Hallo zusammen! Die Zucchini ist ein europäisches Gemüse und gehört zur Gattung der Kürbisse. Zucchinis enthalten viel Wasser, sind sehr vitaminreich und leicht verdaulich. Die Zucchini kann sowohl roh als auch gekocht oder gebraten verzehrt werden. 
Anika Labus

Rezept für Zucchini-Tomatensuppe herunterladen

 

Oktober 2010: Apfel- oder Pflaumenmus

Hallo zusammen! In Deutschland sind wir nun inmitten der Apfel- und Pflaumen Erntezeit. In vielen Vorgärten, auf Wiesen und Feldern findet man prall gefüllte Obstbäume. Das gesammelte Fallobst sowie das „gepflückte Obst“ will nun verwertet werden. 
Anika Labus

Rezept für Apfel- und/oder Pflaumenmus herunterladen

 

November 2010: Süßes Kürbisbrot

Hallo zusammen! Die heimische Erntezeit geht weiter! Im Herbst sind Kürbisse verschiedenster Sorten reif und können geerntet werden. Zum Kochen und Backen sind der Hokkaido-, der Spaghetti- und der Butternutkürbis am besten geeignet. Der Riesenkürbis „Pumpkin“ eignet sich auch zum Backen, allerdings nicht als Tafelgemüse! Meist wird er zu Viehfutter verarbeitet und aus seiner Hülle entstehen Laternen.
Anika Labus

Rezept für süßes Kürbisbrot herunterladen

 

Dezember 2010: Plätzchen (Kleingebäck)

Hallo zusammen! Zum letzten Mal in diesem Jahr stelle ich Euch ein Rezept meiner Sammlung zur Verfügung. So wie alle anderen Rezepte ist auch dieses aus dem pädagogischen Alltag mit Kindern entnommen und bewährt. Ich wünsche allen nicht nur viel Spaß beim Backen, sondern auch einen guten Appetit, außerdem natürlich eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins Neue Jahr! Schöne Grüße, Anika Labus

Rezept für Plätzchen herunterladen

NAGEL-Redaktion – Anikas Kochrezepte 2011

Anikas Rezeptvorschläge für 2011

Manchmal hilft ein kleiner Hinweis, um eine gute Idee für gutes Essen zu bekommen. Anika liefert auch in diesem Jahr wieder den einen oder anderen brauchbaren Hinweis. Die Rezpete kann man sich herunterladen, ausdrucken und aufbewahren.

Viel Erfolg bei der Zubereitung!

 

Januar 2011

Rote Beete-Apfel-Salat

Hallo zusammen! Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein frohes neues Jahr 2011. Das Jahr steckt noch in seinen Kinderschuhen und doch soll es vitaminreich und kraftgeladen starten! Rote Beete – der heimische Vitaminlieferant im Winter – ist dazu ideal geeignet! 
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

Februar 2011

Apfel-Chips

Hallo zusammen! Über 30 wertvolle Vitamine und Spurenelemente sowie Kalium, Phosphor, Kalzium und Magnesium stecken in und unter der Schale eines Apfels. Da ein Apfel zu 80 Prozent aus Wasser besteht, ist er ein optimaler Snack für zwischendurch. Viel Spaß beim Ausprobieren und schlemmen! 
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

März 2011

Apfelkuchen

Hallo zusammen! Im März können wir endlich den Frühling begrüßen. Die im Herbst eingelagerten, heimischen Äpfel bieten sich hervorragend für einen fruchtigen Frühlingskuchen an.
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

April 2011

Gebackenes Osterlamm

Hallo zusammen! Frohe Ostern wünsche ich allen Leserinnen und Lesern. Für ein Osterkaffeetrinken gibt es hier das passende Rezept. Viel Spaß beim Backen und Verzehren!
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

Mai 2011

Kalte Radieschensuppe

Hallo zusammen! Im Mai gibt es frische, knackige Radieschen von heimischen Feldern. Sie unterstützen die Verdauung und wirken entzündungshemmend. Radieschen sind ein idealer Begleiter in der Frühlingsküche.
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

Juni 2011

Erdbeer-Quarkspeise

Hallo zusammen! Deutsche Erdbeeren haben jetzt Hauptsaison. Hier gibt es eine Idee, wie man diese schmackhaften, süßen Früchte genießen kann.
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

Juli 2011

Zucchinipuffer

Hallo zusammen! Im Juli sind auf den heimischen Feldern und Gärten die Zucchini reif. Sie sind sehr vitaminreich und leicht verdaulich, deshalb sehr geeignet für die Zubereitung mit Kindern und vor allem auch für Kinder.
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

August 2011

Back-Kartoffeln mit Dip

Hallo zusammen! Die Zeit der frischen, heimischen Kartoffeln ist angebrochen. Die Kartoffel ist ideal für eine gesunde Ernährung, da sie reich an wertvollen Eiweißen und Vitaminen ist. Sie ist vielseitig verwertbar, ob gekocht, gebraten oder gebacken ist sie ein idealer Bestandteil einer Hauptspeise.
Anika Labus

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

September 2011

Wegen Urlaubs leider ausgefallen!

 

Oktober/November 2011

Süßes Kürbisbrot

Hallo zusammen! Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da … Viel Spaß beim Zubereiten und guten Appetit wünscht Anika!

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

Dezember 2011

Apfelchips

Hallo zusammen! In diesem Monat gibt es eine leckere, vitaminreiche Alternative zu Weihnachtsplätzchen. Ich wünsche ein erholsames Fest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

Rezept als druckfähige PDF herunterladen

 

Seite wird allmonatlich fortgesetzt!

NAGEL-Redaktion – Anikas Kochrezepte

Anikas Kochrezepte für die Kinder- und Jugendarbeit

Seit Februar 2010 beliefert uns Anika Labus aus Dortmund mit Kochrezepten, die in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gut zu verwenden sind.


Markt in Konya/Türkei (Foto: Dirk Makoschey)

Hallo zusammen!

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich kurz vorzustellen. Ich bin Anika Labus, 24 Jahre alt und wohne seit meiner Geburt in Dortmund. Ich bin staatlich anerkannte Erzieherin und arbeite in einer Tageseinrichtung für Kinder in einem Dortmunder Brennpunkt. Neben Bewegungserziehung und Sprachförderung ist die hauswirtschaftliche Arbeit mit Kindern einer meiner pädagogischen Schwerpunkte. Privat treibe ich gerne Sport, gehe spazieren, lese viel und koche und backe sehr gerne. Ich freue mich, hier praxiserprobte Rezepte weitergeben zu können. So, nun wünsche ich viel Spaß beim Nachkochen!

Schöne Grüße

Anika Labus

 

Sammlung 2011

Januar: Rote Beete-Apfel-Salat
Februar: Apfel-Chips
März: Apfelkuchen
April: Gebackenes Osterlamm
Mai: Kalte Radieschensuppe
Juni: Erdbeer-Quarkspeise
Juli 2011: Zucchinipuffer
August 2011: Back-Kartoffeln mit Dip

 

Zur Sammlungsseite 2011 (mit druckfähigen Rezepten zum Herunterladen)

Wird fortgesetzt!

 

Sammlung 2010

Februar: Gemüserösti
März: Spinatsuppe mit Grünkern
April: Hefezopf
Mai: Zucchini-Tomaten-Quiche
Juni: Erdbeerkuchen
Juli: Eblysalat
August: Zweierlei Möhrensalate
September: Zucchini-Tomaten-Suppe
Oktober: Apfel- oder Pflaumenmus
November: Süßes Kürbiskernbrot
Dezember: Plätzchen (Kleingebäck)

Zur Sammlungsseite 2010 (mit druckfähigen Rezepten zum Herunterladen)

 

NAGEL-Redaktion – Peters Kochrezepte

Inhalt dieser Seite

● Kohlrabieintopf
● Pelmeni
● Lasagne
● Hefezöpfe
● Brennnesselspinat
● Möhreneintopf
● Tomatensuppe
● Himmel un Ääd

Die Rezepte können Sie jeweils zur praktischen Verwendung zum Ausdrucken herunterladen.

Januar 2009: Kohlrabieintopf

Hallo! Ich habe als erstes Kochrezept hier den Kohlrabieintopf ausgesucht, weil ich es damit geschafft habe, den Kindern dieses Gemüse etwas näher zu bringen. Vorher war zu hören: „Igitt, so was esse ich nicht!“. Wenn etwas mehr Kohlrabi gekauft wird, als ich im Rezept angegeben habe, essen die Kinder ihn auch liebend gerne roh, zum Beispiel beim Schnibbeln. Mittlerweile wollen in Dormagen einige Kinder sogar immer wieder Kohlrabi in verschiedenen Variationen kochen! Von zu Hause kannten die Kinder die Kohlrabi leider nicht …!
Peter Hermann

 Foto: pauline/pixelio

Rezept für Kohlrabi-Eintopf in großer Schrift als PDF herunterladen

Februar 2009: Pelmeni

Hallo! Diesen Monat habe ich ein Rezept für Pelmeni (gefüllte russische Nudeln) ausgesucht. Dieses Rezept habe ich von der Mutter eines unserer Kinder bekommen – außerdem interessiert mich die russische Küche. Die Pelmeni werden immer gerne gegessen. Für das Rezept ist eine Pelmeni-Form sehr von Vorteil. Leider sind die Formen aber in Deutschland sehr schwer zu bekommen. Ich habe unsere Form über „eBay“ erstanden. Man kann es aber auch auf gut sortierten russischen Märkten bzw. in russischen Supermärkten versuchen. Original russisch wäre das Rezept mit 150 g Rind, 150 g Schwein und 200 g Huhn. Da aber Gehacktes vom Huhn so gut wie nicht zu bekommen ist, habe ich das Rezept mit Gehacktem „halb und halb“ geschrieben. Für Moslems kann man ja mit anderen Hackfleischsorten variieren. Am Ende des Rezeptes habe ich noch eine Rezept-Variante aufgeschrieben für diejenigen, die keine Form zur Verfügung haben. Pelmeni isst man „original russisch“ nur mit Schmand. Die Kinder bei uns mögen die Pelmeni aber auch gerne mit Ketchup. Das Rezept müsste für ca. 5-7 Kinder reichen. 
Peter Hermann

Rezept für Pelmeni (gefüllte russische Nudeln) in großer Schrift herunterladen

März 2009: Lasagne

Hallo! Diesen Monat habe ich ein Rezept für Lasagne ausgesucht. Die Lasagne wird bei uns immer gerne gekocht und gegessen. Das nachfolgende Rezept ist für 8 bis 10 Personen gedacht. Guten Appetit!
Peter Hermann

 Foto: surom92/pixelio

Rezept für Lasagne herunterladen

 

April 2009: Hefezöpfe

Hallo! Für den April habe ich ein Rezept für Hefezöpfe ausgewählt. Die Hefezöpfe sind in der Zubereitung zwar recht zeitintensiv, aber auch sehr lecker! Viele Grüße!
Peter Hermann

 Foto: Maiha/pixelio

Rezept für Hefezöpfe herunterladen

Mai 2009: Brennnesselspinat

Hallo! Diesmal gibt es ein auf den ersten Blick ungewhönliches Rezept. Allerdings ist der Brennnesselspiant ein altes rheinisches Gericht, das davon zeugt, wie bodenständig früher hierzulande gekocht wurde. Guten Appetit und viel Freude bei der Zubereitung! Und: die Handschuhe nicht vergessen! Viele Grüße!
Peter Hermann

 Foto: Rainer Deimel

Rezept für Brennnesselspinat herunterladen

Juni 2009: Möhreneintopf mit Speck

Hallo! Letztes Mal konntet Ihr ein rheinisches und zudem ungewöhnliches Rezept ausprobieren, nämlich Brennnesselspinat. Manchmal koche ich auch auf die traditionelle westfälsche Art. Deshalb gibt es hier das Rezept für Möhreneintopf. Guten Appetit und viel Freude bei der Zubereitung! Viele Grüße!
Peter Hermann

 Foto: pixelio

Rezept für den Möhreneintopf herunterladen

Juli 2007: Tomatensuppe

Hallo! Passend zum Sommer – so hoffe ich – gibt es hier ein Rezept für eine leichte Kost, nämlich Tomatensuppe. Guten Appetit! Viele Grüße!
Peter Hermann

 Foto: adlernest/pixelio

Rezept für Tomatensuppe herunterladen

August 2009: Himmel un Ääd


Foto: Wikipedia (Abgebildet ist ein „Himmel und Erde“-Gericht aus Westfalen mit Bratwurst und Speckzwiebeln)

Hallo! Hin und wieder gab es hier auch „typische“ nordrhein-westfälische Rezepte. Diesmal ist hier das vor allem im Rheinland verbreitete Rezept „Himmel und Ääd“ zu finden. Das Gericht ist auch in Westfalen, Niedersachsen, Schlesien und auch in Holland (dort als „heißer Blitz“) bekannt. Klassischerweise wird Blutwurst verwandt. Ich selbst bevorzuge allerdings die Variante mit Leberwurst. Viel Erfolg bei der Zubereitung! Viele Grüße!
Peter Hermann

Rezept „Himmel un Ääd“ herunterladen

NAGEL-Redaktion – Kinderarmut in einem reichen Land

Von Prof. Dr. Christoph Butterwegge

Obwohl die Kinder hierzulande seit geraumer Zeit zu den Hauptbetroffenen von Armut gehören, wird diese in der Öffentlichkeit noch immer kaum wahr- und ernstgenommen, weil unser Armutsbild von absoluter Not und Elend in der sog. Dritten Welt geprägt ist, was viele BürgerInnen daran hindert, vergleichbare Erscheinungen „vor der eigenen Haustür“ zu erkennen bzw. als gesellschaftliches Problem anzuerkennen (vgl. hierzu: Butterwegge 2009). Dabei kann Armut in einem reichen Land sogar beschämender, bedrückender und bedrängender sein, weil vor allem Kinder und Jugendliche in einer Konsumgesellschaft massivem Druck von Seiten der Werbeindustrie wie auch ihrer Peergroup ausgeliefert sind, durch das Tragen teurer Markenkleidung oder den Besitz immer neuer, möglichst hochwertiger Konsumgüter „mitzuhalten“.

Umfang, Erscheinungsformen und Folgen der Kinderarmut

Begreift man den Sozialhilfe-/Sozialgeldbezug als Armutsindikator, erreichte die Kinderarmut ihren traurigen Rekordstand im März 2007, d.h. auf dem Höhepunkt des letzten Konjunkturaufschwungs. Nie zuvor und nie danach lebten ähnlich viele, nämlich fast 1,93 Millionen von 11,44 Millionen Kindern unter 15 Jahren, die es damals insgesamt gab, nach Daten der Bundesagentur für Arbeit in SGB-II-Bedarfsgemeinschaften, landläufig „Hartz-IV-Haushalte“ genannt. Rechnet man die übrigen Betroffenen (Kinder in Sozialhilfehaushalten, in Flüchtlingsfamilien, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ca. ein Drittel weniger als die Sozialhilfe erhalten, und von sog. Illegalen, die keine Transferleistungen beantragen können) hinzu und berücksichtigt zudem die sog. Dunkelziffer (d.h. die Zahl jener eigentlich Anspruchsberechtigter, die aus Unwissenheit, Scham, falschem Stolz oder anderen Gründen keinen Antrag auf Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II stellen), lebten etwa 2,8 bis 3,0 Millionen Kinder, d.h. jedes vierte Kind dieses Alters, auf oder unter dem Sozialhilfeniveau.

Folgt man der Armutsdefinition, wie sie die Organisation für ökonomische Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Europäische Union (EU) und die Bundesregierung verwenden, wonach das Einkommensarmutsrisiko bei 60 Prozent des Nettoäquivalenzeinkommens beginnt, und legt Daten des regelmäßig vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erhobenen Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zugrunde, waren im Jahr 2005 ca. 26 Prozent der Kinder bis 15 Jahre betroffen (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2008, S. 306). Auch nach neueren DIW-Daten finden sich bei Kindern weit überdurchschnittliche Armutsrisiken (vgl. Grabka/Frick 2010).

(Kinder-)Armut ist zweifellos mehr, als wenig Geld zu haben, denn sie bedeutet für davon Betroffene auch, persönlicher Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten beraubt, sozial benachteiligt und (etwa im Hinblick auf Bildung und Kultur, Wohlergehen und Gesundheit, Wohnen und Wohnumfeld, Freizeit und Konsum) unterversorgt zu sein. Wenn man im Sinne des sog. Lebenslagenansatzes qualitative und nichtmonetäre Kriterien für das Armsein anlegt, steigt die Zahl armer Kinder sogar auf 3 bis 3,3 Millionen. Kinder sind in aller Regel arm, weil ihre Eltern arm oder verstorben sind. Alleinerziehende, Mehrkinder- und Migrantenfamilien (vgl. dazu: Butterwegge 2010) leiden besonders stark unter der sozialen Unsicherheit, Existenzangst und materiellen Not.

Ursachen der (Kinder-)Armut: Globalisierung, soziale Polarisierung und Prekarisierung

Kinder gehören zu den Hauptbetroffenen einer Entwicklung, welche die sog. Hartz-Gesetze eher noch verstärken; vor allem in Ostdeutschland, wo die Arbeitslosenquote und die Zahl der Alleinerziehenden besonders hoch sind (vgl. hierzu: Butterwegge u.a. 2008, S. 108 ff.). Untersucht man die Gründe für (Kinder-)Armut in Deutschland, verstärkt die Wiedervereinigung nur die negativen Auswirkungen der Globalisierung, neoliberalen Modernisierung bzw. Restrukturierung von Staat und Gesellschaft nach dem Vorbild des Marktes, die man seit der Weltwirtschaftskrise 1974/75 beobachten kann (vgl. hierzu: Butterwegge 2006, S. 115 ff.; Butterwegge 2007, S. 195 ff.).

Auslöser einer Armutsentwicklung in Familien, deren am leichtesten verletzliche Mitglieder die Kinder bilden, sind häufig der Tod des Alleinernährers, die Erwerbslosigkeit von Eltern(teilen) und deren Trennung bzw. Scheidung. Die eigentlichen Ursachen für eine Prekarisierung der familiären Lebensbedingungen gründen aber tiefer: in gesellschaftlichen Wandlungsprozessen. Macht man den als „Globalisierung“ bezeichneten Prozess einer Umstrukturierung fast aller Gesellschaftsbereiche nach Markterfordernissen, einer Ökonomisierung und Kommerzialisierung für die Pauperisierung, soziale Polarisierung und Entsolidarisierung verantwortlich, liegen die Wurzeln des vermehrten Auftretens von (Kinder-)Armut auf drei Ebenen:

Im Produktionsprozess löst sich das „Normalarbeitsverhältnis“ (Ulrich Mückenberger), von der Kapitalseite unter den Stichworten „Liberalisierung“, „Deregulierung“ und „Flexibilisierung“ vorangetrieben, tendenziell auf. Es wird zwar keineswegs ersetzt, aber durch eine steigende Zahl atypischer, prekärer, befristeter, Leih- und (Zwangs-)Teilzeitarbeitsverhältnisse, die den so oder überhaupt nicht (mehr) Beschäftigten wie ihren Familienangehörigen weder ein ausreichendes Einkommen noch den gerade im vielbeschworenen „Zeitalter der Globalisierung“ erforderlichen arbeits- und sozialrechtlichen Schutz bieten, in seiner Bedeutung stark relativiert.

Im Reproduktionsbereich büßt die „Normalfamilie“, d.h. die z.B. durch das Ehegattensplitting im Einkommensteuerrecht staatlicherseits subventionierte traditionelle Hausfrauenehe mit ein, zwei oder drei Kindern, in vergleichbarer Weise an gesellschaftlicher Relevanz ein. Neben sie treten Lebens- und Liebesformen, die tendenziell weniger materielle Sicherheit für Kinder gewährleisten (sog. Ein-Elternteil-Familien, „Patchwork-Familien“, hetero- und homosexuelle Partnerschaften usw.).

Hinsichtlich der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates bedingt der forcierte Wettbewerb zwischen „Wirtschaftsstandorten“ einen Abbau von Sicherungselementen für „weniger Leistungsfähige“, zu denen allemal Erwachsene gehören, die (mehrere) Kinder haben. Kinder sind nicht zuletzt deshalb stark von Arbeitslosigkeit und/oder Armut betroffen, weil das neoliberale Projekt eines „Umbaus“ des Wohlfahrtsstaates auf Kosten vieler Eltern geht, die weniger soziale Sicherheit als vorherige Generationen genießen.

(Kinder-)Armut kann nicht ohne ihr Pendant, den in wenigen Händen konzentrierten Reichtum, verstanden werden. Neben der Spaltung in Arm und Reich, die zu einer Gefahr für den sozialen Frieden wird, tritt eine Trennlinie deutlicher hervor, die innerhalb der Armutspopulation selbst verläuft. Stark zugenommen hat die Zahl jener Personen, deren Einkommen trotz Lohnarbeit in Form eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse nicht oder nur knapp über der Armutsgrenze liegt („working poor“). Andererseits verfestigt sich die perforierte, Langzeit- bzw. Mehrfacharbeitslosigkeit älterer und/oder gering qualifizierter Personen zur Dauerarbeitslosigkeit, wodurch eine Schicht total Deklassierter, vom Arbeitsmarkt wie auch von der gesellschaftlichen Teilhabe Ausgeschlossener („underclass“), entsteht. Während die Dauerarbeitslosen quasi den „sozialen Bodensatz“ bilden, verkörpern Niedriglohnempfänger/innen, oftmals Migrant(inn)en und ethnischen Minderheiten entstammend, das „Treibgut“ des Globalisierungsprozesses (vgl. hierzu: Butterwegge/Hentges 2009).

Interventions- und Präventionsmaßnahmen gegen Kinderarmut

Nötig wäre ein Paradigmawechsel vom „schlanken“ zum interventionsfähigen und -bereiten Wohlfahrtsstaat. Denn gute Bildungs-, Erziehungs- und Kultureinrichtungen sind für eine gedeihliche Entwicklung und freie Entfaltung der Persönlichkeit sozial benachteiligter Kinder unentbehrlich, weshalb sie nicht – dem neoliberalen Zeitgeist entsprechend – privatisiert, sondern weiterhin öffentlich finanziert und ausgebaut werden sollten. Karl August Chassé, Margherita Zander und Konstanze Rasch (2007, S. 342) fordern daher eine stärkere Zusammenarbeit bzw. Verzahnung von Schule und Jugendhilfe: „Öffnungen der Schule gegenüber dem Stadtteil bzw. dem Freizeitbereich könnten einerseits zu einer gemeinwesenorientierten Schule führen. Auf der anderen Seite müssten die Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe – sicherlich oft in Kooperation mit den Schulen, vor allem im Kontext von Ganztagsschulen – lebensweltnahe attraktive Freizeit-, Förder- und Bildungsangebote entwickeln, mit denen die Kinder erreicht werden können, die von herkömmlichen Vereinen und kommerziellen Angeboten keinen Gebrauch machen können.“

Angesichts der durch Kinderarmut verstärkten Chancenungleichheit in der Gesellschaft bildet sie eine zentrale Herausforderung für die Schule. Da jene Infrastruktur weitgehend fehlt, die es auch Alleinerziehenden erlaubt, neben der Familien- noch Erwerbsarbeit zu leisten, liegt hier – neben der notwendigen Erhöhung monetärer Transfers zu Gunsten sozial benachteiligter Kinder – ein wichtiger Ansatzpunkt für Gegenmaßnahmen. Ganztagsschulen, die (preisgünstige oder unentgeltliche) Kindergarten-, Krippen- und Hortplätze ergänzen sollten, hätten einen pädagogisch-sozialen Doppeleffekt: Einerseits würden von Armut betroffene oder bedrohte Kinder umfassender betreut und systematischer gefördert als bisher, andererseits könnten ihre Mütter leichter als sonst einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, was sie finanzielle Probleme besser meistern ließe. Ergänzend dazu müssten (größere) Unternehmen für Alleinerziehende günstige Arbeitszeitmodelle und/oder Betriebskindergärten anbieten. Durch die Ganztags- als Regelschule lassen sich soziale Handikaps insofern kompensieren, als eine bessere Versorgung der Kinder mit Nahrung (gemeinsame Einnahme des Mittagessens), eine gezielte Unterstützung vor allem leistungsschwächerer SchülerInnen bei der Erledigung von Hausaufgaben und eine sinnvollere Gestaltung der Freizeit möglich wären (vgl. dazu: Hammer 2010).

Die deutschen Städte und Gemeinden sind aus finanziellen Gründen (sinkende Steuereinnahmen bei steigenden Sozialausgaben) immer weniger in der Lage, ihre Regelaufgaben im Kinder- und Jugendhilfebereich zu erfüllen, von freiwilligen Leistungen ganz zu schweigen. Gleichwohl sind Schule und Jugendhilfe gleichermaßen gefordert, im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten für alle jungen Menschen befriedigende Lebensverhältnisse und ein Höchstmaß an Chancengleichheit zu schaffen. Wenn ihr mehr Mittel zur Verfügung stünden, könnte die Jugend- und Sozialarbeit ein Stützpfeiler im Kampf gegen die Armut sein. Die kommunale Sozialpolitik dürfte nicht zulassen, dass Beratungs- und Betreuungsangebote aufgrund staatlicher Sparmaßnahmen und leerer öffentlicher Kassen verringert werden.

 

 

Literatur

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) (2008): Lebenslagen in Deutschland. Der dritte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Bonn

Butterwegge, Carolin (2010): Armut von Kindern mit Migrationshintergrund. Ausmaß, Erscheinungsformen und Ursachen, Wiesbaden

Butterwegge, Christoph (2006): Krise und Zukunft des Sozialstaates, 3. Aufl. Wiesbaden

Butterwegge, Christoph/Lösch, Bettina/Ptak, Ralf (2007): Kritik des Neoliberalismus, Wiesbaden

Butterwegge, Christoph/Klundt, Michael/Belke-Zeng, Matthias (2008): Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland, 2. Aufl. Wiesbaden

Butterwegge, Christoph (2009): Armut in einem reichen Land. Wie das Problem verharmlost und verdrängt wird, Frankfurt am Main/New York

Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.) (2009): Zuwanderung im Zeichen der Globalisierung. Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik, 4. Aufl. Wiesbaden

Chassé, Karl August/Zander, Margherita/Rasch, Konstanze (2007): Meine Familie ist arm. Wie Kinder im Grunschulalter Armut erleben und bewältigen, 3. Aufl. Wiesbaden

Grabka, Markus M./Frick, Joachim R. (2010): Weiterhin hohes Armutsrisiko in Deutschland: Kinder und junge Erwachsene sind besonders betroffen, in: Wochenbericht des DIW 7, S. 2-11

Hammer, Veronika (2010): Bildungspolitik mit dem Ziel verbesserter Partizipation von armen Kindern, in: Ronald Lutz/Veronika Hammer (Hrsg.), Wege aus der Kinderarmut. Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen und sozialpädagogische Handlungsansätze, Weinheim/München, S. 22-39

 

 

Vignettenvorschläge

● (Kinder-)Armut kann nicht ohne ihr Pendant, den in wenigen Händen konzentrierten Reichtum, verstanden werden.

● Die deutschen Städte und Gemeinden sind immer weniger in der Lage, ihre Regelaufgaben im Kinder- und Jugendhilfebereich zu erfüllen, von freiwilligen Leistungen ganz zu schweigen.

● Wenn man im Sinne des sog. Lebenslagenansatzes qualitative und nichtmonetäre Kriterien für das Armsein anlegt, steigt die Zahl armer Kinder sogar auf 3 bis 3,3 Millionen.

● Nötig wäre ein Paradigmawechsel vom „schlanken“ zum interventionsfähigen und -bereiten Wohlfahrtsstaat.

● Öffnungen der Schule gegenüber dem Stadtteil bzw. dem Freizeitbereich könnten zu einer gemeinwesenorientierten Schule führen.

● Auf der anderen Seite müssten die Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe mit den Schulen lebensweltnahe attraktive Freizeit-, Förder- und Bildungsangebote entwickeln …

● … mit denen Kinder erreicht werden können, die von herkömmlichen Vereinen und kommerziellen Angeboten keinen Gebrauch machen können.

● Wenn ihr mehr Mittel zur Verfügung stünden, könnte die Jugend- und Sozialarbeit ein Stützpfeiler im Kampf gegen die Armut sein.

 

Anmerkung der NAGEL-Redaktion: Vorstehenden Beitrag von Prof. Dr. Christoph Butterwegge haben wir dem FORUM FÜR KINDER- UND JUGENDARBEIT 3. Quartal, September 2010, entnommen (Hrsg.: Verband Kinder- und Jugendarbeit Hamburg). Wir danken dem Verband Kinder- und Jugendarbeit Hamburg für die freundliche Genehmigung, den Beitrag verwenden zu dürfen.

Originalbeitrag als PDF herunterladen

Die Zeitschrift erschien 2010 im 25. Jahr. Im FORUM FÜR Kinder- UND JUGENDARBEIT sind regelmäßig erhellende Beiträge für die Profis in der Kinder- und Jugendarbeit, kinder- und jugendpolitisch Interessierte wie Verantwortliche sowie andere Fachleute zu finden. Das FORUM erscheint viermal jährlich und kann als Jahresabonnement für 25,– Euro bezogen werden.

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Budapester Straße 42
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040/43 42 72
E-Mail

NAGEL-Redaktion – Kinderrechte – Kindeswohl

 Von Antje Meyer

Kinder und Rechte

Wie sich eine Gesellschaft ihren Kindern gegenüber verhält, sagt viel über sie aus. Hinlänglich bekannt sind mittlerweile die uns heute grausam und unverständlich vorkommenden Verhaltenspraxen der letzten Jahrhunderte von Erwachsenen ihren Kindern gegenüber.

Bis ins 16. Jahrhundert hinein gab es die Lebensphase „Kindheit“ gesellschaftlich nicht. Kinder waren keine eigenen Wesen mit dem Recht, versorgt, genährt, erzogen zu werden oder überleben zu dürfen. Sei es aus großer wirtschaftlicher und existentieller Not der Eltern, sei es wegen Krankheiten, Seuchen und hoher Sterblichkeitsrate, wegen Unwissenheit, aus Angst, Argwohn oder Aberglaube, sei es aus der Unfähigkeit der gefühlsmäßigen Bindung zu Kindern: Kinder wurden misshandelt, ermordet, verkauft, ausgebeutet, gequält, geschlagen und vernachlässigt. Kinder waren den Erwachsenen und den sie umgebenden Verhältnissen schutzlos ausgeliefert, da sie eben wie Erwachsene für ihre Existenz selber sorgen mussten oder „entfernt“ wurden (vgl. Johansen: Betrogene Kinder, Frankfurt am Main 1986, S. 118).

Aus Tagebüchern und Briefen ab dem 17. Jahrhundert ist eine Veränderung gegenüber Kindern zumindest in den wohlhabenden bürgerlichen Familien spürbar: Erwachsene genießen es, mit den Kindern „zu tändeln“, sie spüren Zuneigung und geben diese auch; das Leben ihrer Kleinen liegt ihnen am Herzen. Gewaltanwendung gegenüber Kindern nimmt jedoch nicht ab. Prügeln gilt als Erziehungsmittel.

„Die körperliche Strafe war ein traditionelles Erziehungsmittel, um Gehorsam zu erreichen und um die ‚Seele zu retten‘. Man stellte sich noch bis in die Neuzeit hinein lange vor, selbst wenn Kinder unschuldig geboren wurden ? nicht als Wechselbälger oder sonst vom Teufel und von Dämonen Besessene ?, ergreife die allenthalben in der Welt verbreitete Sünde von ihnen Besitz. Ihr Fleisch müsse gepeinigt werden, damit es dem Teufel oder bösen Geistern darin nicht wohlsein könne.“ (Johansen: a.a.O., S. 120).

Zum Zwecke der Erziehung werden Kinder gedemütigt, ihnen wird Angst gemacht, sie werden zum Gehorsam gezwungen durch Herstellung großer Abhängigkeit. Zum Zwecke der Erziehung wird ihr Freiraum unter die völlige Kontrolle des Erwachsenen gebracht.

Mit Erscheinen des Romans „Emile“ von Jean Jacques Rousseau macht die pädagogische Fachwelt einen Wendepunkt im Verhalten von Erwachsenen gegenüber Kindern fest: Rousseau plädiert dafür, Kinder auch als Kinder zu behandeln und anzuerkennen, dass sie sich durch sorgfältige erzieherische Einwirkung auf sie erst entwickeln.

Im Gegensatz zu jahrhundertelanger Ansicht, dass Kinder verdorben oder vom Teufel besessen seien und daher geschlagen werden mussten, wenn sie sich gut entwickeln sollten, ging Rousseau davon aus, dass Kinder von Natur aus gut seien und ihre natürlichen Tugenden nur geschickt freigesetzt werden mussten.

Kinder werden bei ihm zum Objekt elterlicher Planung. Zwar spricht er sich für eine Erziehung ohne Züchtigung aus, jedoch für eine den Willen des Kindes geschickt manipulierende Erziehung, die das Kind ganz der Autorität des Erwachsenen ausliefert.

„Es gibt keine vollkommenere Unterwerfung als die, der man den Schein von Freiheit zugesteht.“ (Johansen, a.a.O., S. 123).

In der Praxis ist das Kind in der Familie den Erwachsenen gänzlich ausgeliefert. Das durch geschickte erzieherische Manipulation traktierte und von Erwachsenen beschützte Kind der bürgerlichen Klasse steht dem unterernährten, um seine Existenz kämpfenden Arbeiterkind gegenüber. Erst im späten 19. Jahrhundert wird Kinderarbeit verboten und werden auch diese Kinder nach bürgerlichen Erziehungsnormen erzogen.

Die beiden Erziehungsvorstellungen, Erziehung durch Härte und Unnachgiebigkeit und Erziehung durch Milde und Verständnis konkurrieren bis heute miteinander (vgl. deMause: Hört ihr die Kinder weinen? Frankfurt am Main 1980, S. 588).

Die Bedeutung des Kindes für die Erwachsenen steigt, insofern auch die Bedeutung des Privaten, der Familie, des Individuums und seiner Leistungen steigt. Kinder werden zum Kapital der Familie und des Staates, sie sind Zukunfts- und Hoffnungsträger. Die Kinder- und Jugendschutzgesetze sind Ausdruck des Interesses und der Verantwortung der Öffentlichkeit gegenüber den Kindern der ganzen Gesellschaft. Das 19. Jahrhundert wird als die Zeit gesehen, in der öffentliche Institutionen begannen – nicht zuletzt durch massives Aufmerksammachen von Seiten privater Initiativen ? Kinder als Kinder zu sehen und ihre Verletzlichkeit und Hilflosigkeit unter Fürsorge zu stellen. Nicht zuletzt prophezeite Ellen Kaye, dass das 20. Jahrhundert das Jahrhundert des Kindes werde.

Kinder heute sind medizinisch, pädagogisch, sozial und ökonomisch gut versorgt. Kinder- und Jugendschutzgesetze sind Grundlagen für die gesunde und freie Entwicklung von Kindern, denn sie schränken z.B. die Kinderarbeit ein und damit die Gefahren für die Entfaltung des Kindes. Grundgesetz, Bürgerliches Gesetzbuch und Kinder- und Jugendhilfegesetz schaffen Grundlagen für den Eingriff des Staates in elterliche Gewalt, falls diese versagt.

Welches Recht aber hat ein Kind?

Im Paragraphen 1 des BGB heißt es:

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

Dies entspricht auch dem Grundgesetz Art. 2:

Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit (…).

Ausgeübt bzw. eingeschränkt wird dieses Recht allerdings durch das Elternrecht, denn: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern (…). SGB VIII (KJHG) § 1.

Hier entsteht also das Dilemma zwischen dem Haben eines Grundrechts und der Fähigkeit, sein Recht auch kompetent und selbstverantwortlich auszuüben. Das Grundgesetz hat die Ausübung der Rechte des Kindes in die Verantwortung der Eltern gelegt. Sollten diese versagen, kann der Staat eingreifen als Inhaber des Wächteramtes und Schützer der Grundrechte.

Der Status des Kindes ist durch Unmündigkeit gekennzeichnet – trotz vieler kleiner Verbesserungen seiner verfahrensrechtlichen Stellung. Bei Missbrauch der elterlichen Gewalt kann das Kind sich zwar an öffentliche Stellen oder z.B. die Lehrerin wenden, die Pflicht zur Anhörung bleibt aber davon unberührt (vgl. Lutz Dietze: Elternrecht-Kindesrecht, in: Melzer/Sünke (Hrsg.): Wohl und Wehe der Kinder. Weinheim/München 1989, S. 113).

Kinderschutzgesetze haben nicht verhindern können, dass Kinder auch im 20. Jahrhundert misshandelt und missbraucht werden. Kinder können durch den Eingriff des Staates nur bedingt in ihren Rechten geschützt werden, z.B. wenn sie offensichtlich vernachlässigt worden sind; aber sie können nicht vor dem Staat selbst geschützt werden, z.B. bei Versäumnissen in staatlich organisierter Erziehung, wenn sie etwa aus der elterlichen Sorge herausgekommen wurden.

Maßnahmen, die Kinder in ihrer Entwicklung fördern oder schützen sollen, sind bis jetzt Maßnahmen von Erwachsenen für andere Erwachsene, Handlungsanleitungen, Verfahrensregeln und Verbote. Diese Maßnahmen sind ja gar nicht abzulehnen. Häufig sind es Forderungen, die eigentlich Selbstverständlichkeit sein sollten und alle, Erwachsene, Jugendliche und Alte angehen ? so etwa Tempo 30, fußgängerorientierte Ampelschaltung, Naherholungsgebiete, Informations- und Beratungsstellen, Spielecken in Ämtern (vgl. Wiebusch: Stadtkindheit, in: Blätter der Wohlfahrtspflege 4/1990, S. 101).

Kinderrechte hingegen müssten Rechte sein, die die Interessen von Kindern, und das sind Versorgung, Zuneigung, Bildung, Zukunft, absichern. Für diese Sicherung wäre aber die Einklagbarkeit eines solchen Rechts und die Vertretung der eigenen Sache durch das Kind selbst Voraussetzung. Die Forderung nach mehr Rechten für Kinder müsste zumindest das wesentliche Grundrecht der Selbstbestimmung, der Teilhabe an der Gestaltung dieser Rechte versuchen zu gewährleisten, sollen Kinderrechte über Schutzrechte allein hinausgehen.

Die völlige Gleichstellung und Gleichberechtigung von Erwachsenem und Kind zu fordern, ist jedoch blauäugig und im Grunde kinderfeindlich. Kinder sind keine Erwachsenen; sie können nicht gleichberechtigt ihre Interessen vertreten, da ihr Entwicklungsstand, ihre Ausdrucksfähigkeit usw. sie zu Schwächeren gegenüber den Älteren und Erfahreneren macht, da diese nur ihren Stand und ihre Art der Durchsetzung von Interessen zulassen.

Ebenso wie für andere „Benachteiligte“ in unserer Gesellschaft, deren Selbstvertretungsmöglichkeit eingeschränkt ist, muss es einen Delegierten des Kindes geben, einen unabhängigen Vertreter, der mit dem Kind zusammen für das Kind dessen Rechte wahrnimmt. Der Schwerpunkt muss hier einerseits auf Unabhängigkeit dieser Person und andererseits auf das Zusammen mit dem Kind gelegt werden. Ein Rechtsanwalt vertritt die Interessen seines Klienten, Kinder haben in unserer Gesellschaft keinen „professionellen Vertreter“.

Dieses Modell erfordert ein gründliches Umdenken. Hier wäre das Bild der Ebenbürtigkeit, des Rechtes des Kindes auf Achtung für das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern leitend. Eltern und Staat empfinden sich ja bisher als Vertreter des Kindes, aber sie können ja ebenfalls elementare Rechte des Kindes verletzen, sodass Voraussetzung für eine volle Anerkennung der Rechte von Minderjährigen der Rechtsschutz zugunsten des Kindes ist. Im neuen KJHG haben die Gesetzgeber zwar kinderfreundliche Aspekte eingebracht; diese reichen im Sinne der Verwirklichung von Ebenbürtigkeit aber nicht aus. Zwar haben etwa Richter die Pflicht, bei den die Kinder betreffenden Entscheidungen, z.B. Sorgerecht, die Kinder anzuhören ? aber wie macht man das, wer bildet darin aus, dieses Anhören durchzuführen, um zum Beispiel erkennen zu können, wo mit Angst und Manipulation gearbeitet wurde, oder um dem Kind eine Atmosphäre zu schaffen, die es ihm ermöglicht, sich frei zu äußern?

Das Bundesverfassungsgericht hat die rechtliche Stellung von Minderjährigen insofern aufgewertet, als dass es fordert, bei Streitfragen einen eigenständigen und unabhängigen Vertreter des Kindes hinzuzuziehen (vgl. Ludwig Salgo: Kind und Recht, in: Blätter der Wohlfahrtspflege 4/1990, S. 106). Wie sich das umsetzen soll, steht noch aus, ebenso wie die juristische Absicherung der ersten Artikel des Grundgesetzes auch für Kinder. Dass die Grundrechte nicht eindeutig für Kinder gelten, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt: So bestimmen die Eltern den Aufenthaltsort und den Umgang des Kindes (§§ 1631 und 1634 BGB). Kinder brauchen als Individuen und als Gesamtheit Rechte und Vertretung. Die Konvention der Rechte der Kinder der Vereinten Nationen postuliert das Wahrnehmen des Kindes als Person. Und dies ist die wichtige Grundlage bei der Überprüfung und Neugestaltung rechtlicher Regelungen, die die Kinder betreffen. Die Rechte von Kindern als Schwächere müssen ihnen von den Stärkeren gegeben werden. Erst dann ist auch Hoffnung, dass die kommende Generation einen Schritt weiter in der Humanisierung der Beziehungen zwischen den Menschen kommt. Denn ihr Rechtsbewusstsein entwickelt sich nicht zuletzt daraus, wie sie heute behandelt wird.

 

Das Wohl des Kindes

Zum Wohl des Kindes – damit wurden und werden Maßnahmen, Gesetze, Forderungen, aber auch Eingriffe in die Freiheit des Kindes begründet. Was aber ist das Wohl des Kindes wirklich?

Im juristischen Sinne wird darunter vor allem die Sicherung der materiellen Versorgung verstanden. Ethisch gesehen ist die Antwort auf diese Frage die Antwort auf die Frage nach dem Sinn und Zweck des Lebens. Das Wohl des Kindes ist dann nicht nur, immer „das Beste“ für die Kinder zu gewährleisten, zu organisieren, bereitzustellen und ihnen zukommen zu lassen, sondern dieses „Beste“ auch im historischen und zeitlichen Zusammenhang zwischen den Generationen, also auf die Zukunft der Menschen hin zu sehen. Dieses „Beste“ verändert sich stets, muss also auch immer wieder überprüft werden. Das „Beste“ kann dann auch nicht nur ein Einziges sein, etwa gute Ernährung, denn Ernährung, Bildung, Kleidung, Wärme, Zuneigung, Freunde, Gesundheit, Zukunft greifen ineinander und machen das „Beste“ ja erst aus.

Um das „Beste für das Kind“ zu definieren, wäre es erforderlich, festzustellen, wie Kinder heute leben. Hier könnte man einen „Bericht zur Lage der Kinder der Nation“ erstellen. Nur hierüber ließe sich ja überhaupt feststellen, was vorhanden ist und was fehlt. Ein solcher Bericht müsste aber so gestaltet sein, dass er eine Grundlage bildet für eine Überprüfung dessen, was bis jetzt ? beim jetzigen Stand der Entwicklung und Erkenntnis ? als „das Beste“ angesehen wurde. Ansätze für Kinderberichte hat es ja schon gegeben: Gesundheitsbehörden haben den Zusammenhang von Stickstoffgehalt in der Luft und Atemwegserkrankungen bei Kindern nachgewiesen (vgl. Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Hamburg, Hamburg 1990); Schulpädagogen stellen fest, dass es offensichtlich in den letzten Jahren immer weniger gelingt, Kindern das Rechnen beizubringen; Krankenkassen haben erforscht, dass Bewegungsmangel die Unfallhäufigkeit bei Kindern steigen lässt.

Was fehlt ist allerdings eklatant angesichts der beunruhigenden Aussagen solcher partiellen Berichte: Die Empfehlung und Forderung geeigneter Maßnahmen, um die erkannten Ursachen abzustellen. Hierfür fehlt es an Möglichkeiten, die Probleme überhaupt an die verantwortlichen Stellen heranzubringen, geschweige denn, diese zur Veränderung zu zwingen.

 

Kinderbeauftragte

Diese Ohnmacht und das Wissen darum, dass vorhandene Institutionen, die für das Kindeswohl zuständig sind, fehlbar sind, versagen oder verweigern, führte zur Forderung nach geeigneten Interessensvertretern für die Belange der Kinder in unserer Gesellschaft. 1987 entstand die sogenannte Kinderkommission im Bundestag, die aus Vertretern der damals vier Parteien des Bundestages SPD, CDU, FDP und den Grünen bestand. Diese erklärten als Beauftragte ihrer Fraktionen den Willen, zur Verbesserung der Situation der Kinder in unserer Gesellschaft eng zusammenzuarbeiten; sie wollten Gesetzesinitiativen und Anträge auf ihre Wirksamkeit auf Kinder überprüfen, Kinderfragen in den Bundestag einbringen, Kontakte mit Kinderverbänden knüpfen. Ihre Aufgaben sahen sie in den Bereichen Verkehr, Gesundheit, Jugendschutz, Wohnungs-, Umwelt- und Familienpolitik, Medien, Erziehung, ohne sich als „Obererzieher der Nation“ zu definieren. Die Hoffnung, „Kinder-Anwalt“ sein zu können, ging nicht in Erfüllung, denn die Kinderkommission hat keine Handhabe, d.h. sie muss nicht gehört werden, ihre Vorschläge haben empfehlenden Charakter. So gesehen schraubten die vier Vertreter die in sie gesetzten Hoffnungen auch schnell selbst wieder herunter, als sie vorrangig in der Schaffung von Aufgeschlossenheit gegenüber Kinderproblemen in ihren Fraktionen und dem Setzen von Impulsen bei bestimmten Fragen, z.B. Kriegsspielzeug, Tempo-30-Zonen und körperliche Züchtigungen ihre Aufgabe sehen. Sie appellieren nicht zuletzt auch als Politiker an ihre Fraktionskollegen mit dem Hinweis darauf, dass es für Politiker sehr wohl ziemlich gefährlich sein kann, Kinder und Jugendliche nicht zu berücksichtigen.

Das Vertrauen der Jugendlichen in den demokratischen Staat ist nicht zuletzt deswegen gestört, weil dessen Vertreter zu arrogant sind, ihre zukünftige Generation wirklich wahrzunehmen.

Kinderbeauftragte gibt es auch in einigen Kommunen. Über das Für und Wider, über die Wirksamkeit wird immer noch gestritten und sollte es auch. Denn Kinderbeauftragte haben natürlich nicht die Macht, Kinder wirklich unmittelbar und direkt zu vertreten, noch nicht einmal ändern können sie selbst etwas. Ebenso begrenzt wie beim Datenschutzbeauftragten oder bei der Ausländerbeauftragten sind auch die Funktionen des Kinderbeauftragten einzuschätzen: Er kann auf Missstände und Missbräuche hinweisen und diese aufdecken; er kann Veränderungen anregen, Vorschläge machen und Stellung beziehen.

So liegt etwa im Kompetenzbereich des Kinderbeauftragten von Pinneberg, Klaus Sommer, der einerseits auf dem Abenteuerspielplatz arbeitet und andererseits im Rathaus ein Büro hat,

– den Bürgermeister in kinderrelevanten Fragen zu beraten;
– zu Planungen der Verwaltung Stellung zu nehmen und Vorschläge zu machen;
– Stellung zu nehmen bei
    – Neu- und Umbau von Kindereinrichtungen
    – Verbesserungsvorschlägen für alte Einrichtungen
    – Spielplatz- und Schulhofgestaltung
    – Wohnflächengestaltung
    – Verkehrsberuhigung
    – Veranstaltungen;
– Beraten von Bürgern, Verbänden und Kindern;
– Ansprechpartner sein für Bürger, Kinder, Verbände, Institutionen.

Ein Kinderbeauftragter vertritt also nur indirekt die Interessen des Kindes. Die Streitfrage bei der ganzen Diskussion um die Kinderrechte und beim Für und Wider von Kinderbeauftragten liegt jedoch darin, wer, wie und wann Auftrag und Mandat auch für das einzelne Kind erhalten kann oder soll, um für dieses das Recht einzufordern bzw. auszuüben.

Kinderbeauftragte können also Impulse geben. Und wenn sie, wie Till Eulenspiegel in Düsseldorf, täglich in dieser Verkleidung durch die Straßen gehen, können auch Kinder wirklich einen Menschen für sich erobern, der ihre Interessen – und das sind manchmal Alltagssorgen – mit ihnen vertritt.

Die Zunahme an Kinderbüros, Kindervertretern, Kinderparlamenten usw. lässt befürchten, dass hier viele Erwachsene ein neues und zur Zeit Aufmerksamkeit erregendes Arbeitsfeld für sich aufbauen, das aber nicht von den Kindern ausgeht. Die allerdings, die seit mehr als 20 Jahren mit Kindern und für Kinder arbeiten, die ErzieherInnen und SozialpädagogInnen in Häusern der Jugend, Jugendclubs, auf Abenteuerspielplätzen, Spielhäusern und Kinderbetreuungseinrichtungen und die Elterninitiativen, die sich wegen des Mangels an Betreuungsplätzen zusammengesetzt haben, müssen sich verschaukelt vorkommen, wenn nun „Experten“ ihre langjährig geäußerten und mit Geldmangel abgelehnten Forderungen als „neue Erkenntnisse und neue Forderungen“ verkaufen. Hier müssen alle, denen das Wohl der Kinder am Herzen liegt, die Kinderpädagogen und die Kinderpolitiker, zusammenarbeiten.

aus: DER NAGEL 54/1992

 

Kleine Literaturauswahl

Philippe Ariès: Geschichte der Kindheit
München, 1978 (Deutscher Taschenbuch Verlag) – Original: München, 1975 (Carl Hanser Verlag)


Lloyd deMause (Hrsg.): Hört ihr die Kinder weinen? Einen psychogenetische Geschichte der Kindheit
Frankfurt am Main, 1977 ( Suhrkamp Verlag)


Alice Miller: Am Anfang war Erziehung
Frankfurt am Main, 1980 (Suhrkamp Taschenbuch, 1983)


Katharina Rutschky: Deutsche Kinder-Chronik. 400 Jahre Kindheitsgeschichte. Wunsch- und Schreckensbilder aus vier Jahrhunderten
Köln, 1983 (Verlag Kiepenheuer & Witsch) -> Katharina Rutschky auf Wikipedia


Katharina Rutschky (Hrsg.): Schwarze Pädagogik. Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung
Berlin, Wien, 1977 (Ullstein-Buch) -> Katharina Rutschky auf Wikipedia

 
Martin Schröder (Hrsg.): Kindheit – ein Begriff wird mündig. Miteinander wachsen statt erziehen

Wolfratshausen, 1992 (Drachen Verlag)
Beiträge:
– Hans-Egbert Treu: Wie die Angst Eltern zu Verfolgern ihrer Kinder werden lässt
– Heinz Stefan Herzka: Autoritätskritische Erziehung – dialogische Entwicklung
– Bernd Sensenschmidt: „Erziehung“ als Politk-Ersatz?
– Hans-Joachim Maaz: Eltern und Kinder im Spannungsfeld individueller, familiärer und 
  gesellschaftlicher Konflikte
– Ekkehard von Braunmühl, Martin Schröder: Beziehung ohne Erziehung
– Mike Weimann: ERZIEHUNG? MACHT? SPASS? – eine Wanderausstellung
– Katharina Rutschky: Wozu braucht unsere Gesellschaft Kinder?
– Bertrand Stern: Sind Kinder auch Menschen?
– Gerhard Krusat: Erzieherische Züchtigung – Releikt aus Faustrecht und Leibeigenschaft
– Claudia Prónay: Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien – zwischen Risiko und Chance 
   eines „österreichischen Weges“
– Bernd Sensenschmidt: Schule: Wider die Natur des lernenden Individuums?
– Elke Erb: Die Mitgift der Alten (Zum Thema „Schule“)
– Dokumente im Anhang

 

 

Shulamith Shahar: Kindheit im Mittelalter
München, Zürich, 1991 (Artemis & Winkler Verlag) – Hebräische Originalausgabe: Tel Aviv, 1990 (Dvir Publishing House)

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