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NAGEL-Redaktion – Kinder und Gewalt

Von Rainer Deimel

Ich fahre in meiner Wohnung vom Stuhl hoch. Ich habe das Gefühl, meine Nackenhaare sträuben sich. Ich könnte aus meiner Haut fahren, an’s Fenster stürzen, fluchen, schreien, schießen… Vor dem Haus hat ein Verkehrsrowdy mal wieder sein Bestes gegeben. Automatisch habe ich ein Bild von dem Rowdy im Kopf.
Nachts wache ich auf. Diesmal war es nicht ein Erdbeben. Aus dem Schlaf gerissen, fühle ich mich in einer ähnlichen Situation. Ein „potenter“ Jungmann donnert in seinem aufgemotzten BMW vorbei, seine 500-Watt-HiFi-Anlage bis zum Anschlag hochgezogen. Die Bässe dröhnen durch die schlaftrunkene Nacht, lassen ihr dumpfes Hämmern durch geschlossene Fenster dringen. Ich habe ein Bild desjenigen im Kopf, der hier durch die Nacht donnert und mich aus dem Schlaf reißt.
Ich gehe über die Straße, sehe dabei rudelweise junge – vor allem „ausländische“ – Männer am Straßenrand stehen. Sie kommunizieren in einer mich „abstoßenden“ Art und Weise miteinander. Ihr chauvinistisches Gehabe beeinflusst weit mehr als die Bürgersteigzonen, die sie belegen. Sie pfeifen Leuten hinterher, starren geil auf Frauenärsche, grabschen, wenn sie können. Mir ist zum Kotzen zumute. Dies prägt ein Bild. Alle Männergruppen an Straßenrändern werden mir zunehmend zuwider.
Tausend Bilder in tausend Situationen. Ich rede von Gewalt. Ich fühle mich durch beschriebene Situationen in meiner Sphäre empfindlich beeinträchtigt, erlebe die Vorgänge als gewalttätig. Dies provoziert bei mir Aggressionen, ich spüre meine eigene Gewalt, oft nur als Ohnmacht.
Wir schalten den Fernseher ein. Sabine Christiansen berichtet aufgeregt und mit verschmierter Schminke über die ersten Angriffe der US-Amerikaner auf Bagdad. Die Nachrichten- und Magazinsendungen berichten permanent über die Kriege in Armenien, Aserbaidschan, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, über die Gewalt an Menschen auf den Philippinen und anderswo auf der Welt. Kinder sind live dabei. Ich halte Informationen über derartige Auseinandersetzungen für unbedingt erforderlich. Gleichzeitig müssen wir uns allerdings darüber im Klaren sein, dass die servierte Gewalt Realitäten und Gefühle verändert. Kinder nehmen daran teil. Neil Postman problematisierte dieses Phänomen in seinem Buch „Das Verschwinden der Kindheit“. Kinder erleben diese Gewalt am Bildschirm. Mir ist oft nicht klar, ob es Kindern gelingt, Nachrichteninformationen und „Spiel“-Film-Szenen auseinander zu halten. Kürzlich wurde darüber berichtet, dass zu Sendezeiten, die vornehmlich von Kindern frequentiert werden, die meisten brutalen Gewaltszenen über die Bildschirme gehen. Besonders die großen Privatsender leisten hier angeblich Pionierarbeit. Abhanden gekommene Schutz- und Schonräume für Kinder werden möglicherweise weiter reduziert. An zahlreichen pädagogischen und sozialwissenschaftlichen Fakultäten wird gegenwärtig über Gewaltphänomene geforscht. Die Aussagen sind unterschiedlich. Ich denke gewiss, dass die „ständige“ Konfrontation mit audiovisueller Gewalt Hemmschwellen niedriger werden lässt, möglicherweise den emotionalen Zugang zur Gewalt vereinfacht und einzelne Kinder auch in der Realität gewalttätiger werden lässt. Bereits vor etlichen Jahren wurde seitens des Pentagons untersucht, wie man die Hemmschwelle bei Menschen herabsenken kann. In der Tat ist es so, dass Menschen leichter bereit sind, zu töten, wenn sie das Töten unter Zuhilfenahme von Computern am Bildschirm „gelernt“ haben. Der Realitätsbezug verkümmert. Kürzlich sagte ein Polizist im Radio seine Einschätzung, die ich sehr interessant fand. Befragt auf die These, dass Gewalt in den Medien Menschen in ihrem Verhalten nicht verändere, gab er zu bedenken, dass dann auch jegliche Reklame unsinnig sei und die Millionen, die für Reklamezwecke seitens der Wirtschaft aufgewendet würden, aus dem Fenster geworfen wären, wenn dauernde Konfrontation auf Dauer bei den Menschen nicht auch etwas bewirke. Dem würde ich mich anschließen. Allerdings glaube ich nicht, dass Schuldzuweisungen in eine bestimmte Richtung sinnvoll sind. Weder Gewaltfilme im Fernsehen, noch Computerspiele oder andere gewaltverherrlichenden Phänomene allein verändern den Menschen zum Monster.
Wir müssen uns zwangsläufig noch mit anderen Zusammenhängen befassen. Wir müssen über unsere eigenen Aggressionen, über Erziehung – unsere eigene und den Stellenwert von Erziehung in dieser Gesellschaft – nachdenken. Wir müssen uns ebenfalls mit struktureller Gewalt befassen. In ihrem Aufsatz „Warum brauchen wir unbedingt ein gesetzliches Verbot der Kinderzüchtigung“ (Anm. d. Red.: Dieser Beitrag war ebenfalls im NAGEL 54/1992 veröffentlicht.), zitiert Alice Miller aus dem Leserbrief eines Theologen. Dieser Brief gibt insofern gesellschaftliche Einstellungen treffend wieder, als da selten unsere hinterlistigen Denkstrukturen so deutlich gemacht werden wie in diesem Fall. Unreflektierte Sprüche wie „Prügel haben noch keinem geschadet, sehen Sie mich doch an!“ kennen wir wahrscheinlich alle. Aber dieser Theologe bezieht seine Heilslehre aus dem jahrtausende alten „Alten Testament“ und sieht im Prügeln „ein von Gott gegebenes vorstaatliches Recht“, das christlichen Eltern unbedingt vorbehalten sein müsse. Dieser Theologe fühlt sich befähigt, zwischen Misshandlung und Bestrafung klar zu differenzieren. Aus meiner Warte halte ich jede (ich wiederhole: jede!) Form von Strafe für unsinnig, schädlich und menschenverachtend. Demnach gehöre ich in den Augen dieses Theologen auch zu denjenigen, die „den pädagogisch fundamentalen Unterschied zwischen Kindesmisshandlung und einer von klaren erzieherischen Grundsätzen geleiteten maßvollen körperlichen Züchtigung, die auf das Beste des Kindes zielt (Hervorhebung des Autors) und nicht vom Affekt bestimmt ist“, nivellieren wollen. Genau! Gewalt gegen Kinder im Affekt, eine weitverbreitete Form in dieser Gesellschaft, wird mittlerweile als Hilfsbedürftigkeit interpretiert. Geplante Gewalt gehört nach Auffassung dieses Theologen zu den christlich-ethisch-vorstaatlichen Grundrechten. Sollte dies tatsächlich so sein, kann ich nur dringend dazu raten, sich vom Christentum zu distanzieren, und selbst einen Teil dazu beizutragen, den Kreislauf der Gewalt teilweise zu unterbrechen.  
LehrerInnen in den Schulen klagen über zunehmende Gewalt, die Polizei sieht sich in immer größerem Maße jugendlichen Gewalttätern gegenüber ausgesetzt. Kinderbanden treiben ihr Unwesen, begehen Einbrüche, häufen Diebesgut, werden zunehmend als Rauschgiftdealer aufgegriffen.
Kinder werden niemals von sich aus gewalttätig. Sie reagieren immer auf ihre erwachsenen Identitätsfiguren, auf ihre Vorbilder, ihre Bezugspersonen. Und sie reagieren auf das, was ihnen Staat und Gesellschaft an struktureller Gewalt zumuten. Wenn mir ständig vorgeführt wird, was mir alles zum Glücklichsein fehlt, will ich das auch haben; bekomme ich es nicht, muss ich es mir kaufen oder nehmen, wenn ich es mir nicht leisten kann. Stelle ich mir einmal die Schule vor: Kinder werden also in Schulen immer gewalttätiger. Ich behaupte, Schule ist zunächst einmal ein struktureller Apparat, der gewalttätig ist, der mit Hilfe seiner Instrumentarien über Existenzen befinden kann. Einfühlsame LehrerInnen leiden unter dieser strukturellen Gewalt ebenso wie die SchülerInnen. Kinder erleben also offene bzw. auch subtile Gewalt in der christlich-geprägten Familie (von der moslemischen wollen wir erst gar nicht sprechen), sie erleben offene und subtile Gewalt in der Schule, die von der Schule ausgeht. Kinder gehen nicht aus Spaß zum Rauschgift-Dealen (mit allen seinen – auch sekundären – gewalttätigen Begleiterscheinungen). Kinder werden z.B. zunehmend von Erwachsenen geschickt, da sie strafunmündig sind. Andere Phänomene – wie Hooligans, Glatzen usw. – sind ebenso Reaktionen auf strukturelle Gewalt, die infolge gewalttätiger primärer Sozialisationsformen fruchtbaren Boden finden können.
Von sich aus sind Kinder niemals gewalttätig. Kinder benötigen gar zu ihrer Entwicklung eine Auseinandersetzung mit Gewalt. Wichtige Erkenntnisse hat uns da Bruno Bettelheim zugänglich gemacht. Kinder brauchen Reibungspunkte, Spannung, und Erwachsene müssen ihnen behutsam dabei helfen, aushalten zu können, Konflikte ertragen zu können. Sie müssen ihnen aber vor allem auch Schutz- und Schonräume bieten, ihnen Zuneigung und Liebe geben. Sich in diesem Spannungsfeld halbwegs „vernünftig“ zu verhalten, fällt uns als Erwachsenen, die sich ebenfalls fast ausnahmslos in einer gewalttätigen Sozialisationssituation entwickelt haben, verdammt schwer. Wir müssen dies lernen. Dies bedeutet vor allem, Hinschauen zu lernen. Dies bedeutet einzusehen, dass Prügel sehr wohl schaden, dass andere Formen physischer und psychischer Unterdrückung gegenüber Kindern diese verkrüppeln und vermutlich selbst gewalttätig werden lassen. Die ihre Kinder anschreiende, verprügelnde Mutter im Supermarkt oder in der Sparkasse ist sicherlich überfordert. Aber sie ist auch unfähig, die Verantwortung zu übernehmen, die sie mit der Geburt ihrer Kinder zu übernehmen hat. Sie trägt aktiv dazu bei, ihr Kind zum Gewalttäter zu machen. Ein weiteres Symptom für die beschriebene Gratwanderung fällt mir ein, wenn ich über die „Friedensbewegung“ nachdenke und in diesem Zusammenhang an vermeintlich friedenspädagogische Ansätze. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, wenn ich mir vorstelle, mit welcher Hysterie Kindern „“friedliches Verhalten“ beigebogen werden sollte: „Wenn ich bei dir eine Pistole finde, werde ich die sofort in die Mülltonne werfen!“ Ich erinnere mich an meine eigene Kindheit. Wie meine Mutter bestätigt, war ich ein äußerst „friedliches“ (und ängstliches) Kind. Gleichwohl lösen mir die Erinnerungen an unsere Indianerspiele, die natürlich nicht friedlich im Sinne der beschriebenen Teile der Friedensbewegung waren, sehr angenehme Gefühle aus. Bettelheim bestätigt mit seinen Forschungen mein eigenes kindliches Erleben: Kinder brauchen Märchen. Wenn ich mit Kindern zaubere, finden sich eine Reihe „schauriger“ Elemente in der Vorstellung wieder. Und immer wieder erlebe ich, welche Freude Kinder bei diesem „Nervenkitzel“ entwickeln, ohne dass sie deshalb in ihrer Persönlichkeit geschädigt und gewalttätig werden. Eine Szene aus der Zeit des Höhepunktes der Friedensbewegung möchte ich noch beschreiben: Alltag in einer Kindertagesstätte. Die Kinder bauen mit Lego. Ein Junge hat sich einen pistolenähnlichen Gegenstand gebaut. Er nimmt ihn in die Hand und ruft: „Päng, päng, päng!“ Die Erzieherin sieht dies, kommt herbeigestürzt und schreit den Jungen hysterisch an: „Was machst du da?!“ Der Junge – ganz ruhig: „Wieso, ich habe doch nur eine Bohrmaschine!“ Er nimmt die Legopistole in beide Hände, richtet sie gegen die nächste Wand und macht: „Brr, brrrr, brrrmmm …“ Die geneigten LeserInnen mögen, wenn sie wollen, sich anhand dieser Geschichte selbst weitere Gedanken zu machen.
Wenn wir von Gewalt im Zusammenhang mit Kindern sprechen, müssen wir uns weitere Zusammenhänge vor Augen halten. Wie ist es mit meiner eigenen Gewalt? Verdeutlichen meine eingangs genannten Beispiele, wo in mir Aggression ausgelöst wird, wenn ich meine Bilder im Kopf habe, nicht auch, welches Gewaltpotential in mir selbst steckt? Inwieweit bin ich nicht selbst auch beispielsweise „ausländerfeindlich“? Inwieweit sorgen Klischees, die ich im Kopf habe, nicht auch dafür, dass ich selbst fast zur unberechenbaren Bestie werde? Wieso sollten meine Gedanken sonst um gewalttätige Abhilfe kreisen? Gut, ich fühle mehr Ohnmacht als umgesetzte blanke Gewalt. Aber was ist besser an dem Gefühl der Ohnmacht, verbunden mit blinder Wut und Zorn, als an anderen Ausdrucksformen von Gewalt? Natürlich weiß ich, dass ich mit meinem Zorn, mit meiner Wut und meiner Ohnmacht andere Menschen nicht körperlich schädige. Ich schlage halt nicht zu wie die Hooligans und die Glatzen. Aber sind das nicht nur graduelle Unterschiede? Müssen wir nicht möglicherweise radikaler denken, unsere eigenen Aggressions- und Gewaltpotentiale erkennen, deutlicher hinschauen, in welchen Zusammenhängen was passiert, um Erklärungen zu finden, Erklärungen, die unser Verhalten deutlich beeinflussen sollten? Alice Miller wirft den Menschen vor, dass sie oft Unwillens sind, sich zu informieren. Dem würde ich mich anschließen. In uns allen steckt eine Menge an Brutalitäten und Grausamkeiten; diese zu erkennen, zu durchschauen und daraus andere Standpunkte zu entwickeln und entsprechend zu agieren, wäre eine Aufgabe, die es zu bewältigen gilt. Nicht nur der offene Terror, die blanke Gewalt, „medienwürdige“ Vorfälle gilt es zu „problematisieren“. Es reicht nicht aus, Gewalt nur dort zu sehen, wo sie spektakulär ist, etwa im Nazi-Reich, im Çeaucescu-Rumänien, Folter in Latein-Amerika usw., sondern in uns selbst. Dazu gehört auch, unsere Angst zu erkennen, nicht nur die kurzfristige, oberflächliche Angst, sondern die, die tief in uns drin sitzt, die uns zu (mehr oder weniger heimlichen) Ausländerfeinden werden lässt. Dazu gehört auch, sich zu verdeutlichen, dass wir es hier immer noch mit Männerherrschaft zu tun haben, hinter der tagtägliche Gewalt steckt, Gewalt gegenüber Frauen, Gewalt gegenüber Kindern und Gewalt über andere Männer. Und wir müssen Standpunkte entwickeln, die Stellung und Partei beziehen gegenüber strukturellen Formen von Gewalt, gegenüber systemimmanenter Gewalt.
Augenblicklich wird vieles getan, Gewaltphänomene zu vertuschen oder aber falsche Bilder zu vermitteln. Die Metallarbeitgeber machen eine Kampagne mit einem Mann, der eine Handsäge vor sich trägt mit der Aufforderung, nicht an dem Ast zu sägen, auf dem wir alle sitzen. Nur, wenn ich darüber nachdenke, komme ich darauf, dass ich noch nie da oben gesessen habe. Über Jahre wurde uns im Zusammenhang mit Libyen ein Bild des Teufels vermittelt, das sich tief – auch in meinen Kopf – eingeprägt hat. Kürzlich hörte ich den Bericht einer deutschen Frau, die in Libyen gelebt hat. Dieser Bericht half mir, meine bisherige Meinung revidieren zu können. Unsere Medien verschweigen nämlich, dass Libyen eine hohen Bildungsstand, ausreichend zu essen und eine Reihe weiterer gesellschaftlicher Errungenschaften hat. In kaum einem anderen moslemischen Land sollen demnach so viele Rechte für Frauen realisiert worden sein wie in Libyen. Das Gesundheitssystem ist für alle kostenlos. Alle Libyer haben ihr eigenes Haus auf Kosten des Gemeinwesens, da Abhängigkeiten – in diesem Falle gegenüber einem Vermieter – weitgehend abgebaut werden sollen. Unser Bild davon freilich ist ein völlig anderes: eine Terrorgesellschaft mit einem verrückten Anführer, der pausenlos Anschläge auf Flugzeuge plant und Mordgedanken im Kopf hat. Dass dieses Land dann von den US-Amerikanern mal kurzerhand bombardiert wird, müssen wir infolgedessen richtig finden. Auch unsere fachliche Auseinandersetzung um Lebenswelten und Lebensbilder finde ich nicht unproblematisch. Liegt in der Lebensbilder-Theorie zumindest die Gefahr, den Blick zu verstellen. Muss ich dann plötzlich in Einrichtungen auch mit rechtsradikalen Jugendlichen arbeiten? Hebt dieses „kleinräumige“ Denken Klassenunterschiede auf? Gibt es nunmehr keine Ausgebeuteten und keine Ausbeuter mehr? „Das muss jeder für sich selbst ´verantworten´!“   Dieser Satz passt wie kaum ein anderer in diese Zeiten. Er ist genauso richtig wie der Spruch vom Ast, auf dem wir alle sitzen. Er ist Ausdruck einer unsäglichen, freundlichen Vertuschungsmentalität.
Und was macht das mit unseren Kindern? Ihnen gehen zunehmend die Orientierungen verloren, viele haben keine ausreichenden Zukunftsperspektiven, zu wenig Schutzräume, zu wenig Liebe. „Das muss jeder für sich selbst wissen“, bedeutet unter Umständen auch ein Sich-Verlieren im Privaten, ein Absterben kollektiven Miteinanders, das Ende der Solidarität. Kinder sind nicht allein für sich selbst verantwortlich. Kinder sind sehr wohl in der Lage, Verantwortung zu übernehmen, wenn sie es in einer solidarischen Gesellschaft gelernt haben. Verantwortung heißt nicht, auf einem Traum-Ast herumzusitzen. Mangelnde Orientierung im Zusammenhang mit struktureller Gewalt, im Zusammenhang mit gegenwärtiger Sozialisation und den anderen beschriebenen Phänomenen lässt die Hemmschwelle herabsinken und führt schließlich zu größerer Gewalt – auch bei Kindern. Dem müssen wir uns stellen. Dabei werden wir möglicherweise eine Menge (auch „moderner“) Einstellungen zu überprüfen und vieles über Bord zu werfen haben. Und wir müssen uns aktiv am Prozess einer „neuen Solidarität“ beteiligen.

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NAGEL-Redaktion – Von herzlichen Vernetzung oder Wie die soziale Pädagogik klammheimlich geopfert wird.

Von Rainer Deimel

Spürbar ist ein Unwohlsein, was oft nicht greifbar ist. Wir haben Phänomenales erlebt. Wir haben erlebt, wie der real existierende Sozialismus den Bach runter gegangen ist. Wir haben die deutsche Vereinigung erlebt. Wir erleben konsequenterweise ein Erstarken der westlichen Gesellschaftssysteme, und wir erleben, wie es sozial- und kulturpädagogischen Einrichtungen und Initiativen trotzdem nicht besser geht. Das Steueraufkommen stieg wieder. In Kommunen und in den Landeshaushalten wird gekürzt. Die Bundesregierung finanziert (Teile) der deutschen Vereinigung über „Solidarbeiträge“. Steuererhöhungen hatte sie ja vorher nicht für notwendig erachtet. Dank des Einsehens von Landespolitikern wurde im nordrhein-westfälischen Landeshaushalt nicht zu drastisch gekürzt. Nur, die Preissteigerungen, z.B. für Personalkosten werden nunmehr nicht mehr bezuschusst. Die Sachmittelzuschüsse sind schon seit Jahren festgefroren. Hoffnungen auf Änderungen haben sich inzwischen jäh zerschlagen. Somit wird der Tod auf Raten beschlossen.
Spürbar ist ein Unwohlsein. Wo wir doch alle anders miteinander umgehen. Wir überlegen uns zwar, wen wir duzen und von wem wir uns duzen lassen, aber irgendwie hat sich der Ton geändert. Wir sind freundlicher, ja herzlicher geworden. Dieter E. Zimmer dokumentiert in DER ZEIT vom 31.5.1991 einige treffliche Ausführungen unter dem Stichwort „Die Neue Herzlichkeit“. Er stellt fest, dass schroffe Lakonie ausgedient habe. Er ist der Auffassung, dass „wildfremde Menschen, die nur ein paar Auskünfte von mir haben wollen, …ihre Briefe mit Lieber Herr…“ anheben. „Der so angeredete bringt es nur noch schwer übers Herz, sich als … unlieb zu erweisen…“. Bei anhaltendem Trend müssten sich „die Partisanen der Herzlichkeit nach schärferem Zeug umsehen“ („mit heißen Küssen“). „Die Neue Herzlichkeit ist nicht auf einige wenige isolierte Formeln beschränkt. Sie weht allüberall. In dem bewussten Supermarkt brummelt die Kassiererin nur abwesend den Preis; aber in dem netten, da wünscht sie einem morgens noch einen schönen Tag, von der Mittagspause an einen schönen Abend und ab Donnerstagnachmittag ein schönes Wochenende, und wenn man den Umstand, dass sie einem tatsächlich einen Fünfzigmarkschein wechselt, mit einem das ist nett oder gar das ist lieb quittiert, tut sie es sogar in Form eines vollständigen Satzes: Dann wünsche ich Ihnen noch ein schönes Wochenende.
Dem Bahnreisenden selbst in der zweiten Klasse schallt alsbald schmeichelnd ein anderer vollständiger Satz ins Ohr: ‚Wir begrüßen Sie (das ‚wir‘ ist das sogenannte Team, eine andere sprachliche ‚Vermenschlichung‘ im Zuge der Neuen Herzlichkeit) im Intercityzug und wünschen Ihnen eine gute Reise. Der Herr, dem man eine aus seiner Zeitung gerutschte Werbebeilage aufhebt, sagt nicht etwa bloß danke oder danke sehr, sondern versichert freudestrahlend: Da bedanke ich mich aber. Die Firma, die die Skilifte betreibt, welche momentan wegen Nebels alle stillstehen, bittet auf der Anzeigetafel im Tal um Verständnis, das in diesem Fall auch nicht schwer fällt, tut aber ein Übriges: Die Luftseilbahnen wünschen Ihnen einen guten Aufenthalt im Dorf. Wo früher kurz und bündig Rauchen verboten stand, hängt ein gestyltes Plakat: Liebe Raucherin Lieber Raucher Bitte rauchen Sie nicht… Der Radioansager (der Moderator) wünscht dem Schlagersänger (dem Interpreten), den er gerade nach seinem Pudel befragt hat, noch weiter viel Erfolg und alles Gute und Schöne im Leben und haut dann seinem ihm unbekannten und unsichtbaren Publikum krachend, aber herzlich auf die Schulter: Machen Sie noch was aus ihrem Tag. Wen meint er? Natürlich Sie und Sie und ganz besonders Sie. Und neulich hörte ich einen Sprecher des Postgiroamtes die Beschwerde, dass die Bearbeitungszeiten viel zu lang seien, wörtlich mit folgendem Satz antworten: Wir beim Postgiroamt haben alle die ganz, ganz sehnsüchtige Hoffnung… (dass es in Zukunft schneller geht). Kein kaltes Amt; wir, ein Team, ein ganz hervorragendes Team sogar, denn kein einziger schert da aus, wir hoffen, und zwar nicht, wie Ämter zu hoffen pflegten (‚wir hoffen auf baldige Erledigung‘), sondern jeder von uns spürt höchstpersönlich den Funken der Hoffnung in seinem Herzen, geradezu ein banges und doch auch frohes Ziehen, das er als Sehnsucht identifiziert und vor dem er wieder (ganz, ganz) klein wird. Das ganze Postgiroamt eine Kinderschar in Erwartung des Christkinds.“
Diese Neue Herzlichkeit täuscht über vieles hinweg. Diese Neue Herzlichkeit lässt sich einordnen in die Reihe von unmerklichem Identitätsverlust. In diese Reihe des Identitätsverlusts gehören symptomatisch Begriffe wie „Senioren“ und eben nicht mehr „Alte“, „Partnerschaft“ („Sozialpartnerschaft“, „Unfallpartner“), aber auch gewiss scheußliche Begriffe, die dem Index zum Opfer gefallen sind wie „Irrenhaus“, „Hilfsschule“ usw.. Ich fühle mich gewiss von dem Beamten verprellt, der mich spüren lässt, dass er „der starke, anonyme“ und möglicherweise obendrein intellektuell gesehen etwas minderbemittelte Staat ad personam ist. Diese Figur hätte meines Erachtens bereits vor Ihrer Kreierung ausgedient haben müssen. Lange Zeit haben wir als PädagogInnen – zumindest in Bereichen der Offenen Arbeit – Autorität abgelehnt. Infolge des Gefühls, von den Jugendlichen und Kindern, ja auch von deren Eltern nicht ernst genommen zu werden, besinnen sich einige von uns wieder auf Autorität, um verlorenes Terrain – in aller Hoffnungslosigkeit – zurückzuerobern. Dies kann nicht der richtige Weg sein. Ein solche Autorität ist durch nichts begründet, weder durch hohes Einkommen, noch durch hochwertige Markentextilen („Kleider machen Leute“), nicht einmal durch intellektuelle Überlegenheit. Wir wissen doch, noch von früher: Doof gebor’n ist keiner, doof wird man gemacht. Gleichwohl ist nachvollziehbar, dass wir es irgendwann leid sind, nicht nur schlecht bezahlt zu sein, obendrein in der Prestigeskala unter fernerliefen herumzuturnen und last not least wenig Möglichkeiten hinsichtlich Jobs außerhalb „der Brandung“ zu haben. LehrerInnen sind insofern etwas besser dran, da sie zumindest pekuniär, temporär und hinsichtlich ihrer Reproduktionschancen ein gutes Stück mehr Luft haben. Ich gebe mittlerweile gar zu, dass es qualitative Unterschiede zwischen PädagogInnen gibt.
Aber was ist mit den Bedingungen? Was hilft uns die Schimäre einer Autoritätsrückgewinnung? Was ist mit den Bedingungen, die mittlerweile in fast allen Bereichen pädagogischer Arbeitsfelder, die von Zuschüssen und Geldleistungen abhängig sind, zu beobachten sind? Ein „Zauberwort“ ist „Vernetzung“. Wir vernetzen uns derartig, dass wir nicht mehr wissen, wo oben und unten und rechts und links ist. Vernetzung, wenn sie möglichst laut und verkaufsträchtig ist. Bevor ich in den Verdacht gerate, ein Gegner einer vernünftigen Vernetzung zu sein, will ich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern. Vor knapp fünfzehn Jahren, fingen wir (d.h. unser damaliges Team) in dem Stadtteil, in dem wir arbeiteten, damit an, uns zu vernetzen. Es war eine verdammt schwere Geburt. Nach dreijährigen Wehen gab es eine Arbeitsgemeinschaft, die bis heute noch existiert. Wir waren schlicht davon überzeugt, dass es wichtig ist, zu wissen, was im Stadtteil „läuft“ bzw. wo „angepackt“, wo was verändert werden müsste. So sind wir losgezogen, „Klinkenputzen“. Wir waren beim Pfarrer, stellten uns im Textilgeschäft vor, kauften bevorzugt im Stadtteil ein, zählten die Telefonzellen und merkten uns, wo sie standen, wir sprachen mit Ärzten und all denen, mit denen wir auch nur im geringsten zu tun hatten. So konnten wir beispielsweise auch einmal – vom Optiker spendiert – mit den Kindern einen Planetariumsbesuch machen. Wir gingen auf die Eltern zu, sprachen mit LehrerInnen, organisierten regelmäßige Elterntreffen in der Kindereinrichtung, standen Menschen auch – und vor allem – in persönlichen Notlagen bei, z.B. wenn es um Zwangsräumungen ging. Und wir schlossen uns kurz, etwa mit dem Sozialdienst, der ebenfalls zur Arbeitsgemeinschaft dazukam. Unsere Absicht war, Bescheid zu wissen, über die Menschen, mit denen wir arbeiteten, Zusammenhänge herzustellen und zu begreifen. Und schließlich gab es einmal im Jahr ein gemeinsames spektakuläres Kulturfest. Jetzt werden viele sagen: Ein oller Hut! Gewiss, gewiss, wenn man bedenkt, dass sich dies vor zehn bis 15 Jahren zutrug. Ganz abgesehen von den internen Geburtswehen (Vertrauensbildung, Offenheit, Konkurrenzabbau usw.) waren derartige Aktivitäten außerhalb der üblichen Norm. So verlangte der öffentliche Träger der Jugendhilfe, dass schriftlich zu begründen sei, um welche Kontakte es sich denn da handele und was dort getrieben würde, denn „selbst der Kontakt zum Pfarrer um die Ecke“ sei genehmigungspflichtig.
Dann plötzlich schwabberten die ersten kleinen Wellen aus dem Meer der Neuen Herzlichkeit herüber. Einige TheoretikerInnen propagierten – wie ich meine zu Recht – die Vernetzung, Stadtteilarbeit, soziokulturelle Ansätze usw. Und wie die Zeitgeistironie will, wurden uns plötzlich keine Steine mehr in den Weg gelegt (jedenfalls nicht in diesen), wir waren eher Beispiel. Und in den Stadtteilen, wo derartige Strukturen nicht gewachsen waren, sollte dem urplötzlich nachgeeifert werden.
Wie dem auch sei, Vernetzung ist das Zauberwort. Je nach Webart können Netze das Auge trüben, Zustände verdecken, und Netze können auch dazu geeignet sein, Fische zunächst aus dem Meer und später aus dem „Verkehr“ zu ziehen. Netze können Kontrolle verstärken. Was nicht heißt, es solle nicht kontrolliert werden. Ich wäre der letzte, der Einrichtungen die Stange halten würde, deren Funktion sich beispielsweise darin erschöpft, dass MitarbeiterInnen sie als „private“ Einrichtung für ihre jeweiligen mehr oder weniger kreativen oder kulturellen Bedürfnisse pflegen, der Jugendhilfebedarf im Stadtteil nicht mehr zur Kenntnis genommen wird. Gerade in dieser Beziehung halte ich eine Kontrolle für unumgänglich. Eine Kontrolle allerdings muss fachlichen Gesichtspunkten entsprechen. Es kann hierbei nicht um Größen wie Quadratmeternutzungszahl gehen. Die Erfolgskriterien müssen sich am Jugendhilfebedarf messen. Und hierbei kann Vernetzung ein willkommenes Instrumentarium sein. Vernetzung kann der Evaluation auf größerer Ebene gute Chancen geben mit dem Ziel, die pädagogische Arbeit im Stadtteil effektiv zu verbessern.
Vernetzung ist kein Instrument der Marktwirtschaft. Und ohne ausreichende Subventionen der Jugendhilfe ist Vernetzung nicht möglich. Sie bleibt Augenwischerei. Es läuft darauf hinaus, dass nicht diejenigen Überleben werden, deren wesentliches Interesse die Jugendhilfe ist, die sie oftmals „im Stillen“, aber mit „Tiefgang“ betreiben, sondern die, die viel Geschrei um „Oberflächliches“ veranstalten, die sich gut „verkaufen“ können, deren Feste am besten besucht sind, wo möglicherweise das meiste Bier verkauft wird (Vorsicht: Sarkasmus!), die Zirkusparaden veranstalten, Hauptsache: laut und Hauptsache: bunt. Und währenddessen wird munter gespart, gekürzt und hier und da Karriere gemacht. Mit pseudokommerziellen Rummel wird in der Fußgängerzone der dankbaren Öffentlichkeit einmal wieder ein Wipppferdchen übergeben. Vielleicht steht’s vor der Pommesbude, die für Kinderfeste auch lustige Clowns zu vermieten hat mit vielen, vielen Burger-Überraschungen. Man könnte es dann gleich mit der Rutsche vor dem Kaufhaus, was im Zuge des kinderfreundlichen Politklimas gute Geschäfte mit den lieben Kleinen wittert, vernetzen. Daraus lassen sich dann ganze Spiellinien bauen, kunstvoller als Spinnennetze. Kostenbeteiligung ist nahezu eine Selbstverständlichkeit. Vielleicht etwas platte Beispiele angesichts des steigenden und steigenden Einnahmebooms von Wirtschaft und Handel in den letzten Jahren in Westdeutschland. Die meisten Unternehmen haben eine gute Mark gemacht und die öffentlichen Hände kürzen und kürzen, weil ihnen zunehmend Scheibchen für Scheibchen abgeschnitten wird. Über Prunk-Theater- und andere Bauten will ich mich jetzt nicht auslassen. JedeR von uns muss sich manchmal auch einen netten und teueren Fummel leisten. 
Und jetzt spüren wir wieder dieses dubiose Unwohlsein. Wie ist denn das möglich? Es wird gekürzt und gekürzt. Was tun wir tagtäglich? Wir reißen die besten Projekte auf und ab. Wir hecheln der Presse hinterher. „Öffentlichkeitsarbeit“, nicht in dem Sinne, dass wir für unseren Stadtteil transparent werden, sondern dass wir möglichst oft in der Zeitung stehen, im Lokalradio oder -fernsehn erscheinen: „Kids, tigert zum Jugendzentrum, hier produzieren die SozialarbeiterInnen die besten Pommes, gleich nach der Frittenschmiede ‚Zum Plastikdreizack‘ auf der Bahnhofstraße!“
Es ließe sich noch weiter auf die Spitze treiben. Aber darauf kommt es nicht an. Es kommt vielmehr darauf an, Aufträge des Kinder- und Jugendhilfegesetzes ernst zu nehmen, eine ordentliche Jugendhilfeplanung durchzuführen und danach zu handeln. Es kommt darauf an, dass Kommunen und Länder endlich einmal ganz massiv deutlich machen, dass Jugendhilfe nicht nach Prinzipien der Marktwirtschaft funktioniert, sondern dass sie ein unumgängliches „Subventionsgeschäft“ in einer Gesellschaft darstellt, die Sozialstaatlichkeit für sich reklamiert. Es kommt auch darauf an, deutlicher zu machen, dass das Argument von der unterschätzt teueren DDR auf unabsehbare Zeit nicht dazu herhalten kann, direkte und indirekte Kürzungen, zu legitimieren. Es kommt auch darauf an, dass diejenigen, die ihren Jugendhilfeauftrag ernst nehmen, deutlich machen, dass sie „die Schnauze voll“ haben. Es kommt weniger darauf an, dass der moderateste Vernetzer irgendwann karrieremäßig mit dem Amt eines Kinderbeauftragten abgefunden wird. Auch gegen dieses Amt will ich nicht unisono anstänkern. Ich halte es gar für ein wichtiges Amt, solange es unabhängig – sprich im Sinne der Kinder – wahrgenommen werden kann. Überflüssig ist es, wenn es lediglich der Profilierung bestimmter Leute dient. Und darüber hinaus sollten Profilneurosen eher etwas für die Psychiatrie sein. Wenn Kinderinteressen nur sekundär, tertiär oder peripher eine Rolle spielen, brauchen die Kinder dieses Amt nicht.
Man kann Kinder- und Jugendinteressen nicht mit einem Amt in der Administrative dienen, wenn diese nicht unmittelbar und unabhängig Einflüsse gewinnen können. Kinder sind unmittelbar, demokratisch, mündig zu beteiligen. Kinderfreundlichkeit qua verbum gleich auch als Kinderfreundlichkeit hinzunehmen, ist möglicherweise ein Irrtum. Da halte ich es lieber mit den AntipädagogInnen, die fordern, Kinder von vornherein vorbehaltlos zu beteiligen, auch wenn es für uns als Erwachsene oft bis an die „Schmerzgrenze“ geht. Ich erlebe allerdings – auch ohne autoritäres Gehabe – , dass Kinder diese Schmerzgrenze begreifen lernen, selbst wenn ich ihnen dabei manchmal sagen muss, dass sie mir jetzt „den Buckel runterrutschen“ oder mich sonst wo können…
Nur, ernst nehmen muss ich sie. Ich muss sie, genauso wenig wie die Jugendlichen, ein- und volllullen, sondern ihnen zum Beispiel sehr deutlich machen, dass ich keinen Bock mehr habe, Einsparungen, Vernetzungen und Verblendereien auf ihre Kosten widerspruchslos hinzunehmen.

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NAGEL-Redaktion – Abenteuer – nur im Kinderbuch?

Von Christiane Richard-Elsner

„So lebe ich jetzt“ von Meg Rosoff ist ein mehrfach preisgekröntes Kinderbuch, das sowohl in den angelsächsischen Ländern als auch in Deutschland ein wirtschaftlicher Erfolg war. Es handelt von einem fünfzehnjährigen, magersüchtigen Mädchen aus New York, das einen Sommer bei der Verwandtschaft in England verbringen soll. Die drei Cousins und die Cousine leben auf einem abgelegenen Hof mit Tieren und einem Gemüsegarten. Sie gehen nicht zur Schule, sondern lernen selbstständig, kaum kontrolliert durch ihre Mutter. Diese ist als Friedensaktivistin sowieso dauernd unterwegs und verschwindet dann aus der Handlung. Denn ein Krieg, dessen Gründe und Fronten bis zum Schluss unklar gehalten werden, aber wohl durch den New Yorker Bombenterror 2001 inspiriert ist, bricht aus und unterbricht alle Verkehrsverbindungen. Die Isolation der Jugendlichen auf ihrem paradiesisch anmutenden Hof wird durch Seuchengefahr noch weiter getrieben. Das alles ist zunächst nicht angstbesetzt, sondern wirkt wie die einzige Möglichkeit, dem krankmachenden Leben in einer Patchworkfamilie und dem Gehacke innerhalb der Peergroup in der Schule zu entfliehen und ein selbstbestimmtes Leben zu leben. Radikal wird hier vorgeführt, was die Anziehungskraft kommerziell erfolgreicher Kinderbücher ausmacht: Selbstbestimmung, die Möglichkeit, seine Umwelt selbst zu gestalten, kaum beeinflusst durch Erwachsene. Wobei Umwelt sowohl die natürliche als auch die soziale Umgebung meint. Das bedeutet nicht, das Erwachsene nicht vorkommen, aber nicht als diejenigen, die die Kinder an die Hand nehmen und ihnen die Welt zeigen, also überspitzt gesagt: Eine Welt ohne Pädagogen.

Dieses Muster findet sich z.B. in den „Pippi Langstrumpf“-Bänden von Astrid Lindgren. Auch die „Fünf Freunde“ in der gleichnamigen Reihe von Enid Blyton kommen problemlos ohne pädagogischen Beistand aus, wenn sie sich auf Verbrecherjagd begeben. Pippi Langstrumpf ist ein mutterloses, dafür bärenstarkes Mädchen, dessen Vater als Seemann leider unabkömmlich ist. Die Eltern der „Fünf Freunde“ haben, wenn die Kinder in den Ferien aus dem englischen Internat kommen, nie Zeit, sich um die Kinder zu kümmern, die deshalb ungestört Bösewichte aller Art jagen können, die sich pünktlich zum Ferienbeginn einstellen. Diese Radikalität der Arrangements, mit denen Autoren Freiheit für ihre kindlichen Protagonisten schaffen, findet man nicht immer. In der deutschen Kinderkrimireihe „TKKG“ von Stefan Wolf gehen die jugendlichen Helden nach dem Schulunterricht auf Verbrecherjagd, genauso wie die Kinder in Thomas Brezinas „Tiger-Team“-Reihe. Auch die „Wilden Kerle“ von Joachim Masannek sind nur nachmittags wild. Die „Wilden Hühner“ der Reihe von Cornelia Funke finden ihr Gleichgewicht in ihrer Bande und an ihrem Rückzugsort, einem Wohnwagen im Wald, der sie aufatmen lässt, diesmal nicht von der Verbrecherjagd, sondern von den Verwicklungen der Realität, in der Eltern eben nur begrenzt Geborgenheit geben können. Vielleicht reichte der Freiraum, den Kinder in Deutschland durch die Halbtagsschule bisher hatten, und eine Umwelt, in der man auch als Kind mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln mobil sein kann, bisher als Kern aus, um Handlungen zu entwickeln, die sich zumindest so abspielen könnten.

Lesen bildet. Lesen fördert die Sprachkompetenz. Durch Bücher lernen Kinder Wörter und Ausdrücke kennen, die sie bisher in ihrer Umgebung nicht bewusst wahrgenommen haben. Lesen ist mit weit mehr Aktivität verbunden als das Fernsehen. Nur mit eigener Konzentration werden die Worte erfasst, aus denen im Gehirn Bilder produziert werden, die der Leser mit dem Gelesenen assoziiert. Abstrakte Gedanken können über Bücher weit besser transportiert werden als über Fernsehbeiträge. Im Buch kann die Innenwelt der Handelnden ausgedrückt werden. Insbesondere Kinderbücher regen deshalb zur Auseinandersetzung mit den Gefühlen und Gedanken der handelnden Personen an. Es erleichtert, die eigenen, möglicherweise unguten Gefühle auch bei anderen wiederzuerkennen und dadurch besser annehmen und bewältigen zu können. Anerkannte Autoren und Autorinnen von Kinderbüchern wie Astrid Lindgren oder Cornelia Funke verstehen es, spannende und unterhaltsame Handlungen in Verbindung zu bringen mit den alltäglichen Gedanken und Gefühlen, die jeder von sich selbst kennt. Diese Stärke der Belletristik wird im Film nicht annähernd erreicht.

Einrichtungen wie die „Stiftung Lesen“, aber auch Lehrer und viele Eltern fördern zu Recht die Leselust von Kindern. In einigen Büchern wird sogar das Lesen und der Umgang mit Büchern zu einem Thema, wenn nicht sogar zum zentralen Thema gemacht. Bibliotheken sind beliebte Schauplätze von Handlungen. In der „Tintenherz“-Trilogie von Cornelia Funke sind Bücher der Lebensinhalt der Heldin und ihres Vaters. Buchhelden können sogar in das reale Leben versetzt werden bzw. Leser in die Buchwelt. Die Trilogie endet aber gar nicht bücherfreundlich. Die Heldin und ihre Familie befinden sich in einer mittelalterlichen, magischen Buchwelt, in der so gut wie niemand liest, Gewalt an der Tagesordnung ist, insgesamt aber überschaubare Verhältnisse herrschen. In dieser Welt weiß jeder, wie die Nahrungsmittel und die Güter des täglichen Bedarfs hergestellt werden. Alle Angelegenheiten werden über persönliche Kontakte geregelt. Die Heldin fühlt sich in dieser Welt viel wohler als im Europa zu Beginn des 21. Jahrhunderts und beschließt, dort zu bleiben.

Kinderbücher werden auch in unserer Zeit, in der Kinder über soviel Geld verfügen wie nie zuvor, vor allem von Erwachsenen für Kinder gekauft. Trotzdem, wenn ein Buch erfolgreich sein soll, muss es auch gern gelesen werden, sonst wenden sich auch Erwachsene als Käufer anderen Autoren oder Genres zu. Gehen wir also davon aus, dass Kinderbücher, wenn sie einen großen kommerziellen Erfolg haben, Vorstellungen und Träume von Kindern aufnehmen und wiedergeben. Erfahrene ehemalige Kinderbuchleser und heutige Kinderbuchkäufer wissen, dass viele Kinderbücher von beiden Geschlechtern gleichermaßen gern gelesen werden. Dennoch gibt es Kinderliteratur, die sich vorwiegend an Mädchen richtet, und eine mit der Zielgruppe Jungen. Das heißt, auch die Träume von Jungen unterscheiden sich zum Teil von denen der Mädchen. Allen gemeinsam ist aber aktives Handeln der kindlichen Helden in der fiktiven Welt.

Typische Mädchenbücher sind eher in der wirklichen Welt angesiedelt. Beziehungskonflikte nehmen einen großen Raum ein. Obwohl nur ein Bruchteil der deutschen Mädchen ein Internat besucht, spielen Internate als Schauplätze eine große Rolle. Sie haben den Vorteil, dass die Kinder viele Konflikte unter sich ausmachen können. Pferdebücher sind der Inbegriff von Mädchenbüchern. Die Mädchen haben eine innige Beziehung zum Tier und können sich in ihrer Verantwortung für das Tier bewähren. Die vielen Personen, die auf einem Reiterhof zusammentreffen, geben Raum für Beziehungskonflikte. Die Umgebung von Reiterhöfen sowie Ausritte bieten eine Begründung für einen Aufenthalt in der Natur und Schauplätze für Abenteuer, die weniger dramatisch ausfallen als die in typischen Jungenbüchern. Mädchenbücher spiegeln wider, dass Mädchen in der heutigen Welt leichter als Jungen Freiräume finden, in denen ihre Träume angesiedelt werden können. Dies korrespondiert damit, dass Mädchen die derzeitigen Kindheitsvorstellungen von Erwachsenen eher als ihnen gemäß empfinden und im Bildungssystem erfolgreicher sind als Jungen.

Generationen von Jungen verschlangen die Bücher von Karl May. Geschrieben wurden sie im ausgehenden 19. Jahrhundert für eine Gesellschaft, die gerade ihre nationale Einheit gefunden hatte und sich bewusst war, dass der Westen mit seinen Werten auch noch den letzten Winkel der Erde dominierte. Die Bücher von Karl May spielen im Wilden Westen der USA, in China oder im Osmanischen Reich, dort, wo die Welt noch ungeordnet war. Stets kämpft eine Reihe edler Männer für die gute Sache, angeführt vom Ich-Erzähler, dem unfehlbaren Helden, der jede Situation meistert. Realistischerweise darf man annehmen, dass weniger das auch deutschtümelnde Pathos dieser Bücher die Ursache ist, dass sie jetzt kaum noch jugendliche Leser finden, als eher die Tatsache, dass sie auf den ersten hundert Seiten selten zur Sache kommen und umfangreiche Beschreibungen von Landschaft und Charakteren enthalten. Heutige Jugendliche sind harte Schnitte und ein schnelles Vorantreiben der Handlung im Film und in Computerspielen gewöhnt.

Denn an Pathos fehlt es heutigen erfolgreichen Jungenbüchern, den Fantasyromanen, nicht. Das Überwinden von Gefahren, die Treue unter Freunden und Verbündeten spielen eine große Rolle. Ebenso wie bei Karl May sind Gut und Böse klar erkennbar voneinander geschieden, wobei das Böse unter Einsatz des eigenen Lebens besiegt werden muss. Es hat sich eine eigene Phantasiewelt herauskristallisiert, die von verschiedenen Autoren genutzt wird, abgeleitet von dem Fantasyroman schlechthin: der „Herr der Ringe“-Trilogie von John Tolkien. In dieser Welt gibt es als Handelnde neben Menschen auch Elfen und Zwerge und andere Wesen mit magischen Fähigkeiten. Die Geschichten spielen abseits einer geordneten Zivilisation. Die Natur bietet Schauplätze zum Kämpfen, zum Verstecken und für idyllische Lager; sie kann sich den Handelnden mit feindlichen Wesen entgegenstellen oder unerwartet helfend Überlebensmöglichkeiten bieten. Festzuhalten ist, dass viele erfolgreiche Jungenbücher heute nicht in wirklichkeitsnahen Umgebungen angesiedelt sind. Haben typische Jungenträume keinen Raum in der modernen Wirklichkeit? Vielleicht ist dies auch ein Grund, dass Jungen im derzeitigen Bildungssystem schlechter abschneiden.

Kinder beiderlei Geschlechts sind neugierig. Für Kinder ist die ganze Welt voller Geheimnisse, die jene nach und nach preisgibt. Ein Geheimnis zu lüften ist mit positiven Gefühlen verbunden, mit Spannung, Atemlosigkeit, Erregung, mit dem Gefühl, in einer Sache aufzugehen und den Rest der Welt um sich zu vergessen. Die positiven Gefühle beim Lüften von Geheimnissen, der Neugiertrieb bei Kindern ist die von der Evolution zur Verfügung gestellte Lernhilfe für Kinder, ohne die wir Menschen als Art nicht überleben könnten. „Verstecken“ und „Suchen“ ist ein Spiel, das bereits Kleinstkinder fasziniert. Alle Krimis bauen darauf auf, dass der Held, die Heldin oder eine Gruppe von Helden ein Geheimnis aufdecken. Aber auch fremde Welten, wie sie in historischen Romanen für Kinder vorkommen, oder Phantasiewelten sind geheimnisvoll und packen die kindlichen Leser, weil das Verhalten der Umwelt oder der Personen aus dem bisherigen Erfahrungshintergrund nicht erklärlich ist. Bekannte Beispiele sind „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ von Michael Ende, Otfried Preußlers „Räuber Hotzenplotz“ und „Krabat“, von Cornelia Funke „Drachenreiter“, die bereits erwähnte „Tintenherz“-Trilogie sowie viele andere  Bücher – und natürlich aus dem englischsprachigen Bereich die „Harry Potter“-Reihe von Joanne K. Rowling. Auch die wahrscheinlich erfolgreichste Kinderbuchschriftstellerin überhaupt, Astrid Lindgren, hat mit „Ronja Räubertochter“ eine Welt geschaffen, die abseits der Erfahrung von Kindern spielt. Neben den Geheimnissen, die Phantasiewelten enthalten, haben sie den Vorteil, dass Kinder oder die Heldin, der Held, mit denen sich die Kinder identifizieren, eine machtvollere Rolle haben, als Kinder sie in der realen Welt einnehmen.

Aber die Gegenwelt in den „Harry-Potter“-Bänden oder in der „Tintenherz“-Trilogie begeistert nicht nur Kinder. Phantasiewelten sind nicht nur bei Kindern und Jugendlichen, sondern auch bei Erwachsenen beliebt, wie der Hype um die „Herr-der-Ringe“-Filme zeigte. Einfachheit, Überschaubarkeit, Selbstversorgung, Naturnähe, persönliche Beziehungen statt Anonymität, einfache Einteilungen in Gut und Böse, religiös-magische Weltdeutungen, die über dem modernen Effizienzdenken stehen: diese Motive finden sich nicht nur in Kinderbüchern immer wieder. Der imaginäre Aufbau einer Gegenwelt begleitet die Moderne seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert. Zivilisationsflucht und damit Kritik der Moderne war schon immer ein Kennzeichen moderner Literatur. Besonders in der Romantik wurden Gegenwelten zur hässlichen, effizienzbedachten, fortschrittsliebenden damaligen Gegenwart aufgebaut. Phantasie, zu Zeiten der Romantik gefeiert, wird auch heute von vielen Pädagogen als Qualitätskriterium für Kinderliteratur angesehen. Dennoch haftet ihr etwas Weltfremdes an, wird sie nur auf dem Boden der Literatur oder im Kunstunterricht gewünscht. Denn wir alle profitieren ja von der modernen Welt. Und diese ist auf Effizienz ausgerichtet, sodass für kindliche Phantasien eben nur zu genau festgelegten Stunden in genau festgelegter Umgebung Zeit ist. Sind phantastische Gegenwelten im Kinderbuch ein Ersatz für nicht mehr vorhandene Freiräume in der modernen Welt?

Interessanterweise werden auch Bücher, die gar keine phantastischen Umgebungen präsentieren, mit dem Vorwurf konfrontiert, weltfremde Harmonie zu präsentieren. Es ist die Rede von „Wir Kinder aus Bullerbü“ und „Ferien auf Saltkrokan“ von Astrid Lindgren. Viele Kinder, vor allem Mädchen, lieben diese Bücher, weil sich in diesem Buch eine ideale Spielwelt auftut. Bullerbü, ein winziges Bauerndorf im Schweden der zwanziger Jahre, und Saltkrokan, eine Schäreninsel in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, sind überschaubar, die Menschen sind freundlich, für Kinder gibt es tausend und eine Möglichkeit, kreativ zu spielen. Die Menschen in Bullerbü leben von dem, was sie selbst erzeugen. Tiere sind ein selbstverständlicher Bestandteil des Alltags.

Bevor man diese Bücher aber als zwar wunderschöne, aber weltfremde Idyllen abtut, sollten Erwachsene sie noch einmal lesen und ihr Urteil nicht nur auf den (schönen) Erinnerungen an die Lektüre in der eigenen Kindheit aufbauen. Als Erwachsener liest man plötzlich weniger Harmonie heraus. Ja, man könnte die Geschichten aus Bullerbü durchaus umschreiben zu einem sozialkritischen Buch, über ein Kinderleben, das heutigen Kindern nicht zugemutet werden kann. Jeden Tag müssen die Kinder – zum Glück sind sie hier in einer Kindergruppe, aber was wäre, wenn sie allein wären? – den  kilometerweiten Weg zur Schule laufen. Im einzigen Haus unterwegs lebt ein gewalttätiger und alkoholkranker Schuster, zu dem die Kinder häufig geschickt werden, um Schuhe flicken zu lassen. Im Winter werden die Kinder von der Lehrerin, wenn auch schlechten Gewissens, in den Sturm geschickt. Nein, die Eltern holen die Kinder nicht von der Schule ab. Immerhin kommen sie ihnen mit dem Schneepflug entgegen.

Harte Mitarbeit auf dem Hof gibt es auch. Müssen die Kinder nicht nachmittags den weiten Weg ins Dorf noch einmal machen zum Einkaufen? Die Kinder müssen drei Tage im Frühjahr Rüben verziehen. Nur wer auf dem Land groß geworden ist, weiß, was das bedeutet. Zum Verfüttern an die Kühe im Winter wurden früher Wasserrüben im zeitigen Frühjahr eingesät. Wochen später, wenn der Samen aufgegangen ist, also junge Pflänzchen viel zu dicht aus dem Boden schauen, müssen die überzähligen ausgezogen werden. Diese öde Arbeit auf einem kahlen Feld, vielleicht bei Nieselregen und Kälte, ist das Langweiligste, was man sich vorstellen kann; eine Feldreihe erscheint endlos. Die Kinder auf Bullerbü haben sich die Zeit mit Sprachspielen verkürzt. Aber nach heutigen Begriffen ist das Kinderarbeit, wie sie in der dritten Welt gang und gäbe ist und vom Westen angeprangert wird.

Spielen die Kinder aus Bullerbü denn harmonisch? Wenn man „Bullerbü“ als Erwachsener liest, kommen einem doch einige Bedenken! Ist nicht der Älteste der Angeber, der immer alles bestimmen möchte und meistens seine Spielideen durchsetzt? Die Kinder haben häufig Auseinandersetzungen, sie streiten sich. Es dauert manchmal lange, ehe überhaupt gespielt wird. Für heutige Erwachsene ist Kinderstreit anstrengend. Wie weit gehen die Kinder? Verletzen sie sich im Streit? Geht etwas kaputt? Was denken die anderen von meinem Kind? Vor allem aber interpretieren Erwachsene Kinderstreit in dem Sinne, wie sie selbst Konflikte austragen. Wenn Erwachsene streiten und dabei laut werden, ist das Maß schon ziemlich voll, und die Folgen der Wut sind nicht nach fünf Minuten vergessen.

Und wie empfinden die kindlichen Leser das? Als normal. Die Auseinandersetzung mit anderen Kindern gehört zum Leben dazu. Aufwallende Gefühle von Neid, Wut, Missgunst, Sich-unterlegen-Fühlen, Empörung, Angst, aber auch Freude und überschäumende Fröhlichkeit sind kurz und heftig. Sie werden, je jünger das Kind ist, um so direkter geäußert und schnell wieder vergessen. Was in der Erinnerung überwiegt, ist die Freude am gemeinsamen Spiel, an Entdeckungen und kleinen Abenteuern. Auf Saltkrokan ist die Kindergruppe nicht so geschlossen, wie man es aus der Erinnerung meint. Stina, die Jüngste, ist oft ausgeschlossen, weil sie zu klein ist. Sie hätte gern so einen schlauen Hund, wie Tjorven ihn hat. Sie hat aber nur ein Lamm, das als Spielkamerad nicht so vielfältig einsetzbar ist wie ein Hund. Infolgedessen hat sie auch einen niedrigeren Status in der Kindergruppe. Auch Tjorven und Pelle spielen durchaus nicht so harmonisch, wie man es in Erinnerung hat. Jedes Kind hat seine Eigenheiten, fühlt sich mal beleidigt oder ausgeschlossen oder sucht bewusst das Alleinsein.

Wer als Erwachsener „Bullerbü“ und „Saltkrokan“ liest, bei dem kommt manchmal das Gefühl von Langeweile auf. Ist es denn wirklich so spannend, dass die Kinder mit dem Boot auf den kleinen See fahren? Wo ist der Spannungsbogen, wenn die Kinder allein in der Scheune übernachten? Oder es regen sich Gefühle des Unbehagens. Pelle ist schon wieder allein im Wald? Ist sein Sozialverhalten nicht gut genug, dass er es nicht die ganze Zeit mit den Anderen aushält? Die arme Stina, sie hat anscheinend eine alleinerziehende Mutter, die froh ist, wenn das Mädchen im Sommer bei ihrem Großvater ist. Da können die anderen Kinder sie doch mitspielen lassen!

Vielleicht entwickelt sich bei den erwachsenen Lesern auch die befreiende Erkenntnis, dass sie diese Bücher als Kind geliebt haben und sie unbedingt auch so spielen wollten. Vielleicht erinnert sich der Leser und die Leserin auch daran, dass sie selbst durch andere Kinder ausgeschlossen wurden, dass das aber nicht so schlimm war. Ebenso konnte der Leser oder die Leserin es als Kind durchaus mit dem Gewissen vereinbaren, andere Kinder auszuschließen, sie zu beschimpfen oder zu beleidigen. Weltfremd ist nicht „Bullerbü“, sondern die Annahme, harmonisches Kinderspiel komme ohne Auseinandersetzungen und ohne negative Gefühle aus. Kinderspiel trainiert das „wirkliche Leben“, das Lösen von Konflikten, das Einüben von Kompromissen als Voraussetzung für gelungenes Miteinander.

Es scheint selbstverständlich zu sein, dass Kinder in Kinderbüchern eine aktive Rolle haben. Romane für Erwachsene handeln ja auch von den Aktivitäten von Erwachsenen. Nur gibt es eine Diskrepanz zwischen der Rolle von Kindern in der modernen Welt und der der Erwachsenen. Jeder Erwachsene muss sein Leben selbstständig organisieren und übernimmt häufig noch Verantwortung für andere, ob im Privatleben oder im Beruf. Er oder sie hat Gestaltungsspielraum; Kinder erleben sich als abhängig von Erwachsenen. Besonders im modernen Leben gibt es kaum noch Möglichkeiten für Kinder, unabhängig von Erwachsenen zu gestalten. Ob als wohlmeinende Pädagogen, als genervte Bezugspersonen oder als anonyme Stadtplaner schränken Erwachsene den Freiraum für Kinder immer weiter ein. Ein Blick auf das, was in erfolgreichen Kinderbüchern nicht thematisiert wird, ist durchaus erhellend: Obwohl Kinder die Geborgenheit durch ihre Eltern mehr als alles andere benötigen, wird dies in Büchern eher selten thematisiert; sie wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Die Beziehung zu den Eltern steht so gut wie nie im Vordergrund, oft aber die Suche nach Eltern, wenn diese fehlen. Die Inhalte von pädagogischen Angeboten, seien es der Schulunterricht, Sportangebote oder Aktionen wie der museumspädagogische Rundgang durch ein Schloss kommen nicht vor. Nur die Pausen oder der Schulweg dienen als Setting, in dem etwas „passiert“. Medienkonsum wird höchstens erwähnt, aber dies auch nur selten, und schon gar nicht seitenlang detailliert geschildert. Leistungen, die Eltern erbringen, wie die Autofahrt zur Schule, werden nicht thematisiert. Sie sind als Gelegenheit für „Erlebnisse“ nicht relevant. Im Gegenteil erwachsen sogar Handlungen daraus, dass verwöhnte und überbehütete Kinder im Verlauf des Buches gezwungen sind, alte Bequemlichkeiten und Egoismen abzulegen, um zu einer Gruppe dazugehören zu können. Auch hier stößt man auf die Präferenz für das aktive Tun. Wenn man den Tagesablauf eines heutigen Kindes zugrundelegt, mit vier Stunden Medienkonsum und acht Stunden Schule, bleibt wenig Zeit für eigene Erlebnisse, die es wert sind, mitgeteilt zu werden.

So kann man die „Harry-Potter“-Bände nicht nur als eindrucksvolle Imagination von Joanne K. Rowling verstehen, sondern als eine Gegenwelt zur realen Schulwelt. Vielleicht bietet das normale Schulleben in Großbritannien mit Ganztagsschule, eingeschränkter Mobilität von Kindern im Alltag, Fast Food und Medienkonsum so wenig Gelegenheit zur Aktivität, dass spannende Kinderbücher mit Bezug zum realen Leben nicht denkbar sind. Kinderbücher, die zwar nicht die Verkaufslisten anführen und wohl eher von Erwachsenen für Kinder in wohlmeinender Absicht gekauft werden, behandeln Problemlagen, in denen Kinder und ihre Familien sich befinden können. Es geht um Scheidung, Arbeitslosigkeit, Umzug, Gewalt in der Familie, die Mitgliedschaft in Sekten, sexuellen Missbrauch, Krankheit, Drogen oder Tod. Diese Bücher sind wichtig und tragen dazu bei, dass Kinder Verständnis für diese Probleme entwickeln, sie vielleicht, wenn sie selbst betroffen sind, besser einordnen und sich mit ihren Bedürfnissen geeignet artikulieren können. Die Handlungen dieser Bücher spielen auf dem harten Boden der Realität. Häufig geht es um problematische Erwachsene und Kinder als Opfer. Aber sind dies die letzten Abenteuer, die Kinder und Jugendliche in einem einigermaßen realistischen Setting erleben können? Überspitzt gefragt: Repräsentieren durchgeknallte Erwachsene, die ihre Selbstverwirklichung betreiben, ihren Platz in der Unüberschaubarkeit der modernen Welt suchen und deshalb den ebenfalls ihren Platz suchenden Kindern keinen Halt geben können, den letzten Dschungel, in denen sich heutige Kinder selbstständig bewähren müssen? Gibt es im globalen Dorf keine Rückzugsgebiete mehr, in denen Kinder „Abenteuer“ erleben können, um dann abends wieder in die Geborgenheit der Familie zurückzukehren? Haben Kinder und Jugendliche noch Chancen, sich in ihrem realen Umfeld zu bewähren, zum Beispiel im freien Spiel mit anderen Kindern oder beim selbstständigen Umgang mit der Welt der Erwachsenen? Oder fehlen Kindern „Spiel“-räume, in denen sie ganz konkret ohne ständige Kontrolle durch Erwachsene ihre Welten aufbauen, durch ihre Hände, durch ihr Herangehen an ihre Umwelt, Spielräume, in denen sie sich ihre Ziele stecken, ausprobieren, was funktioniert und was nicht, mit anderen Kindern oder allein ihre Träume umsetzen und Spaß dabei haben können?

Phantasie ist nicht nur eine Sache von vorzeigbaren Kunstwerken oder von Erwachsenen geschriebenen Büchern. Träume vom eigenen Haus können schon durch eine Bude mit ein paar Stöcken im Gebüsch verwirklicht werden, Träume vom Heldentum durch Rollenspiele mit Weglaufen, Verstecken und Raufen. In ihren Träumen geht es Kindern vor allem um Unabhängigkeit, Selbstständigkeit, das Durchstehen von Abenteuern, das Bewähren in Gefahr und das Aushalten von schwierigen Situationen und natürlich um Geheimnisse. Bücher erlauben Fluchten aus der Wirklichkeit, und sie erhellen diese Wirklichkeit, wenden sie um und lassen sie besser verstehen. Aber die Wirklichkeit selbst muss Kindern auch Raum lassen, eigene Vorstellungen zu verwirklichen.

Die vielen rosagekleideten Prinzessinnen und modisch durchgestylten Prinzen, zum Teil schon mit Bauchansatz auch in bürgerlichen Schichten, die zur Schule und wohldosiert zu Freunden gefahren, in pädagogische „Angebote“ gesteckt werden und ansonsten im eigenen, mit viel Spielzeug versehenen Zimmer vor dem Computer hocken und die hohen Leistungserwartungen ihrer Eltern erfüllen müssen, wollen wahrscheinlich auch aktiv sein. Wenn sie das nicht in ihrer Kindheit dürfen, was passiert dann? Werden sie in der Lage sein, kreativ die Anforderungen der Zukunft zu erfüllen? Denn diese sind noch höher als die an die jetzige Generation gestellten: Wohlstand für alle, trotz Klimawandel, Ressourcenmangel und ständig steigender Weltbevölkerung. Oder werden die heutigen Kinder in Depression und Aggression flüchten oder als Vierzigjährige ausbrechen, um in Griechenland oder Mecklenburg-Vorpommern Schafe zu hüten?

Und die Protagonisten des eingangs erwähnten „So lebe ich jetzt“? Das Buch behandelt die Entwicklung der Heldin von der auf sich selbst bezogenen Magersüchtigen zu einer Jugendlichen, die in den Unmenschlichkeiten des Krieges erwachsen werden muss und in extremen Situationen Verantwortung für andere übernimmt. Sie und ihre Verwandten leben nach dem Krieg als junge Erwachsene in einer unwirtlichen Welt, zurückgezogen auf ihrem überschaubaren Bauernhof – als Selbstversorger.


Dr. Christiane Richard-Elsner ist Mitglied im ABA-Fachbeirat.

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NAGEL-Redaktion – Behauptungen zum „Spannungsfeld öffentliche und freie Träger“

Von Siegfried Kühbauer

1. Privatisierung – eine Form der „Enteignung“ öffentlichen Vermögens?

Nach Art. 20 Grundgesetz ist die Bundesrepublik Deutschland ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat. Für die verfassungsgebende Versammlung war es noch unverzichtbar, dass sozialer Ausgleich und Demokratie eine Einheit bilden. Inzwischen werden Milliardensummen für das marode Finanzsystem zur  Verfügung gestellt. Für Wirtschaftshilfen und Steuergeschenke gibt es unvorstellbare Beträge. Gleichzeitig gibt es immer weniger Vollzeitarbeitsplätze, die Kommunen sind pleite oder verschuldet, und vielen BürgerInnen jeden Alters fehlt es am Nötigsten.

Seit ca. 25 Jahren rollt eine Privatisierungswelle um die Erde. Nichts scheint sie aufzuhalten. Begründet wird sie immer mit dem gleichen Argument. Die öffentlichen Kassen sind leer. Dies aber ist keine Folge einer Naturkatastrophe oder gar der Globalisierung. Die Kassen sind geleert worden durch eine gezielte Politik der Steuersenkung zugunsten des Kapitals und der Reichen. In den vergangenen zwölf Jahren wurden die Steuern kräftig gesenkt. Nach Untersuchungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat dies mehr zum Staatsdefizit beigetragen als die Ausgabenentwicklung. Würden heute noch die Steuergesetze von 1998 gelten, würden Bund, Länder und Gemeinden in diesem Jahr über 51 Milliarden Euro mehr an Steuern einnehmen. Die inzwischen eingetretene verfassungswidrige Vermögensverteilung in unserem Land enthält explosiven politischen Sprengstoff. Dies zeigt nicht zuletzt die Qualität der momentan geführten öffentlichen Auseinandersetzung um soziale und kulturelle Integrationspolitik.

Ist die Pleite der „öffentlichen Hände“ erst einmal vollzogen, ist das die Gelegenheit für den Verkauf öffentlicher Unternehmen oder die Übertragung öffentlicher Dienstleistung an Private. Nach der Inszenierung der Politik der leeren Kassen müssen diese jetzt selbstverständlich „entlastet“ werden.

2. Meinungsführung durch Henkel und Esel

Seit Ende der 80er Jahre dominierte der damalige BDI-Chef Hans-Olaf Henkel jede von ihm als wichtig erachtete Talkshow, um Anhänger zu sammeln und der marktradikalen Heilslehre zum Sieg zu verhelfen. Er hatte Erfolg. Politiker, Wirtschaftswissenschaftler und Journalisten standen für entsprechende Belohnung Spalier. Von allen Seiten dröhnte es: Viel mehr Markt, viel weniger Staat. Die unverzügliche Umsetzung sollte den bevorstehenden Abstieg der Nation aufhalten. Die in unserer Verfassung verankerten persönlichen und kollektiven Grund- und Freiheitsrechte, wie Koalitionsfreiheit und deren vertragliche Sicherungen, menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen, würdiges Altern und Schutz gegen Arbeitslosigkeit und Krankheit, gerieten in Misskredit.

Kritiker, die zu mehr Gerechtigkeit, besserer Bildung, höherer Binnennachfrage und Abbau der Kluft zwischen Arm und Reich rieten, wurden diskriminiert. Sie galten als Bedenkenträger, Besitzstandswahrer, Sozialromantiker und Schmarotzer – also als die ideellen Gesamtgewerkschafter.

Jüngster Höhepunkt dieser Diskriminierungskampagne ist die hoch intellektuelle Bemerkung von der „spätrömischen Dekadenz“. Die deutlichste Korrektur haben wir dem inzwischen durch Helmut Kohl zum „Herz-Jesu-Marxisten“ geadelten Heiner Geißler zu verdanken: „Kaiser Caligula hat einen Esel zum Konsul ernannt. Insofern stimmt Westerwelles Vergleich: Vor 100 Tagen ist ein Esel Bundesaußenminister geworden“ (Welt Online, 12. Februar 2010).

Heiner Geißler hat sich mit dem Esel ein wenig vergaloppiert. Incitatus war wohl Caligulas bestes Pferd im Stall. Das konnte Heiner Geißler mit Verlaub von Westerwelle weder sagen noch denken. Von daher ist ihm in diesem Zusammenhang der Vergleich mit dem Esel zu verzeihen.

3. Privatisierung in Berlin durch die Expertenkommission Staatsaufgabenkritik

2001 hat die Expertenkommission (Scholz-Kommission) ihren Abschlussbericht vorgelegt. Versprochen wurde u. a. eine Verwaltungssanierung und –modernisierung, Beschleunigung von Geschäftsabläufen und Bürokratieabbau. Jeder Mensch mit Arbeits- und Lebenserfahrung weiß, wie wenig dies zumindest beim Bürokratieabbau gelungen ist. Die Staatskanzlei im Land Brandenburg bringt es auf den Punkt: „Bürokratieabbau ist als Projekt bislang gescheitert!“ Was bleibt ist die Privatisierung.

Umfangreiche Privatisierungen werden als Trennlinie zwischen öffentlichem und privatem Sektor im Bilde des „kooperativen Sozialstaats“ beschrieben. Die „Einsparpotenziale“ sollten sich bis zum Jahr 2006 im „dreistelligen Millionen-€-Betrag“ bewegen. Eine allgemeine Bewertung soll uns hier erspart werden. Wir alle kennen die Folgen des massiven Stellenabbaus in nahezu allen Lebens- und Dienstleistungsbereichen.

4. Freie Träger als Leiharbeitsfirmen des öffentlichen Dienstes

Die Mütter und Väter des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG/SGB VIII) hatten hohe Ansprüche. Nach einer ca. 30 Jahre dauernden Reformdiskussion sollte ein modernes Leistungsgesetz für die Kinder und Jugendlichen unseres Landes verabschiedet werden, das den hohen sozialstaatlichen Ansprüchen unseres Grundgesetzes genügt. Vielfalt statt Konkurrenz, Fachlichkeit statt Stümperei, Gleichheit statt marktbestimmter Beliebigkeit waren u. a. Ansprüche an eine qualifizierte Bildungs- und Sozialplanung.

Die o. g. Marktschreier und die Politik der leeren Kassen haben inzwischen in der Realität dafür gesorgt, dass diese gesetzlichen Ansprüche nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Während die Spitzenrepräsentanten der Wohlfahrtsverbände nicht müde werden, die gesellschaftlichen Armutsverhältnisse und deren Auswirkungen zu bemängeln, werden genau diese Verhältnisse – zumindest was die Arbeitsbedingungen anbelangt – unter ihrer Verantwortung geduldet und organisiert. Dabei ist die Maserati-Affäre nur die Spitze des Eisbergs.

Die aktuelle Untersuchung des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) über den sogenannten „Dritten Sektor“ verdeutlicht, dass die starke Beschäftigungsentwicklung der gemeinnützigen Organisationen in den 1990er Jahren inzwischen stagniert und diese quantitative Stabilität mit deutlichen qualitativen und strukturellen Veränderungen einhergeht. Es zeigt sich ein überproportionaler Anstieg der Teilzeitbeschäftigung, eine exzessive Befristungspraxis und eine deutliche Verschiebung hin zu Ein-Euro-Jobs. Davon sind insbesondere Frauen betroffen, da sie mit 76 % (2008) den größten Anteil der Beschäftigten stellen. Mit dieser Entwicklung sind gleichzeitig eine massive Deregulierung des tariflichen Gesamtgefüges und der Abbau betrieblicher Mitbestimmungsmöglichkeiten zu beobachten.

Dieser Abbau sozialer Leistungen reicht der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, bestehend aus Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund, noch nicht. In einem Schreiben vom 24. Februar 2010 mit dem sinnigen Betreff „Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe – Änderungsbedarf im SGB VIII“ an das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend wird darauf hingewiesen, „dass das in § 4 SGB VIII verankerte Subsidiaritätsprinzip öffentlicher Maßnahmen gegenüber Angeboten der Freien Wohlfahrtspflege sich oftmals wettbewerbshemmend auswirke und kostengünstigere Angebotsstrukturen behindere. Wir bitten zu prüfen, ob dies noch zeitgemäß ist oder ob nicht vielmehr den Jugendämtern die Möglichkeit eingeräumt werden soll, sich ebenfalls an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientieren zu können“.

5. Privatisierung durch das Berliner „Leitbild Jugendamt“

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Scholz-Kommission haben sich die zuständige Senatsverwaltung und die Berliner Jugendämter im Jahr 2003 auf ein Berliner „Leitbild Jugendamt“ verständigt. Dieses Jugendamt soll sich auf die „Kernaufgaben der Planung, Gewährleistung und Steuerung“ konzentrieren. Die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen sollen dabei weniger durch eigene Leistungserbringung erfüllt werden, sondern durch Leistungen Freier Träger. Wesentliche Kriterien für die Ausgliederung einer Aufgabe sollen dabei vor allem „Qualitäts-, Effektivitäts- und/oder Wirtschaftlichkeitskriterien“ sein. Einig waren sich Senatsverwaltung und Jugendämter, dass das zukünftige Jugendamt seinen Charakter als „kompetente sozialpädagogisch geführte Fachbehörde“ behalten soll. Dabei soll es zu den zwingenden Aufgaben des Jugendamtes gehören, „die rechtlichen Rahmenbedingungen und qualitativen Standards im Leistungsangebot der Jugendhilfe zu gewährleisten“. Für Eingeweihte ist es aber ein offenes Geheimnis, dass inzwischen selbst bei Kernaufgaben der Jugendhilfe die gesetzlich geforderte Gewährleistungsverpflichtung von keinem der Berliner Jugendämter erfüllt wird.

6. Privatisierung der Berliner Jugendarbeit durch Steria Mummert Consulting

Zunächst ist es erstaunlich, dass eine Behörde, zu deren Kernaufgabe die Planung, Gewährleistung und Steuerung gehört, eine Beraterfirma braucht, um die Struktur dieser Behörde zu organisieren. Doch eventuell geht es darum gar nicht. Am Beispiel der Jugendarbeit verdeutlicht sich das wahre Anliegen.

In dem Gutachten von Steria Mummert wird zwar festgestellt, dass Jugendarbeit zu den Kernaufgaben der Kinder- und Jugendhilfe gehört und dass es für die Durchführung der daraus resultierenden Aufgaben eine „objektive Rechtsverpflichtung“ gibt. Gleichzeitig wird aber ohne fachliche Begründung darauf hingewiesen, dass die Vorhaltung eigener Angebote der Jugendarbeit nicht zu den Kernaufgaben des Jugendamtes zählt. Der Betrieb von Einrichtungen sowie die Durchführung von Projekten stellt nach Ansicht von Steria Mummert eine „voll übertragbare Aufgabe“ dar. Begründet wird dies mit der Einsicht, „dass die Beibehaltung solcher operativen Tätigkeiten zum Zwecke des Erhalts eines praktischen Erfahrungswissens oder zur Sicherstellung spezieller Leistungsangebote weder zwingend notwendig noch grundsätzlich ausgeschlossen ist“. Dies ist wahrscheinlich einer der Sätze, die den bekannten Kabarettisten Volker Pispers (*) zu der Aussage animiert haben: „Kennen Sie doch, Unternehmensberater – Eunuchen, sie wissen wie man’s macht“.

Als Beweis dafür, dass in Berlin von der Verfügbarkeit einer ausreichenden Anzahl freier Träger ausgegangen werden kann, die ein qualitativ hochwertiges Angebot realisieren und die Trägerpluralität sichern können, wird der nicht in die Untersuchung einbezogene Berliner Bezirk Lichtenberg herangezogen. Denn dieser hätte bereits 17 von 20 öffentlichen Jugendfreizeiteinrichtungen an freie Träger übertragen. Dabei wird wie selbstverständlich kein Wort über die Einhaltung der eigentlich in Berlin geltenden quantitativen und qualitativen Standards verloren. Für die „Qualitätssicherung“ reicht es, wenn man möglichst viele öffentliche Einrichtungen überträgt und es dadurch „billiger“ wird.

Doch was bedeutet objektive Rechtsverpflichtung und Gewährleistungspflicht für das jeweils zuständige Jugendamt? Die im KJHG/SGB VIII geforderte Gewährleistungspflicht dient der Wahrnehmung der strukturellen und individuellen Gesamtverantwortung. „Die zur Aufgabenerfüllung notwendigen Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen müssen nicht nur zur Verfügung stehen, sondern eine bestimmte Normqualität erfüllen. Sechs Faktoren bestimmen diese Qualität: erstens müssen sie geeignet, zweitens in erforderlicher Zahl, drittens in ausreichender Personalausstattung, viertens in ausreichender Finanzausstattung, fünftens in pluraler Breite und sechstens rechtzeitig zur Verfügung stehen. Wird diese Normqualität nicht erbracht, ist die Gewährleistungspflicht nicht erfüllt“ (Prof. Peter-Christian Kunkel).

Für Steria Mummert hat diese gesetzlich geforderte Normqualität offensichtlich keinerlei Bedeutung. Ähnliche Schwierigkeiten haben sie auch mit dem im § 45 AG KJHG geforderten mindestens 10 %-Anteil der Gesamtjugendhilfe für die Jugendarbeit. „Im Sinne der Planungssicherheit ist diese prozentuale Bemessung ungeeignet.“ Endlich wissen wir, weshalb kein Berliner Bezirk diese gesetzliche Verpflichtung erfüllt. Die Planungssicherheit stößt bei der Prozentrechnung an ihre Grenzen. Vorgeschlagen wird von den Unternehmensberatern stattdessen die Bemessung des Budgets der Jugendförderung nach der Zahl der Kinder und Jugendlichen im Bezirk, „z. B. x € pro 1.000 junge Menschen zwischen 12 und 21 Jahren“. Das Beispiel ist erstaunlich, denn bisher müssen junge Menschen zwischen 6 und 25 Jahren gefördert werden.

Ebenso interessant ist der Vorschlag, dass bei der Finanzierung der Jugendarbeit keine „soziostrukturelle Gewichtung“ vorgenommen werden müsse, weil sich allgemeine Jugendarbeit an alle jungen Menschen richte. Dabei wurde offensichtlich übersehen, dass nach § 80 Abs. 2 S. 3 KJHG/SGB VIII Einrichtungen und Dienste so geplant werden sollen, dass „insbesondere junge Menschen und Familien in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen besonders gefördert werden“.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Gutachten von Steria Mummert im Bereich der Jugendarbeit mehr der Rechtfertigung von Missständen als der Förderung junger Menschen dient.

 

Siegfried Kühbauer, beschäftigt auf der Weddinger Kinderfarm in Berlin, ist ver.di-Mitglied, Diplomsozialpädagoge und Diplomsoziologe. Info Weddinger Kinderfarm: www.sparrplatz-quartier.de/Weddinger-Kinderfarm-e-V.126.0.html

 

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Fußnote

(*) Das hörens- und sehenswerte Zitat ist einem Beitrag von Volker Pispers auf „You Tube“ aus dem Jahr 2004 entnommen: „Berufsgruppen, die diese Welt nicht braucht“.

 

 

Anmerkung der NAGEL-Redaktion: Bei dem Beitrag handelt es sich um einen Vortrag, den Siegfried Kühbauer am 20. September 2010 bei der Fachgruppe Sozialarbeit der ver.di Berlin gehalten hat. Wir bedanken uns bei Siegfried Kühbauer und der ver.di für die freundliche Genehmigung, ihn hier verwenden zu dürfen.

November 2010

 

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NAGEL-Redaktion – Leichen pflastern ihren Weg

Kommunen in Not

Die Verschuldung der deutschen Kommunen wird durch die Regierungen verursacht. Mancherorts werden inzwischen Verstorbene, für die die Kommune zuständig ist, in anderen Bundesländern unter die Erde gebracht – um zu sparen. Jetzt werden die Bürger/innen aktiv


Von Werner Rügemer

Auf die deutschen Kommunen wird geschimpft wie auf die griechischen Schuldenmacher. Doch in beiden Fällen herrscht mehr Psychokrieg als Wahrheitsliebe. Griechenlands Statistik-Schummelei wäre nicht möglich ohne die Mithilfe US-amerikanischer Banken, französischer Rüstungsverkäufer und Schmiergeldzahler namens Siemens. Und ungleich mehr Schulden als die Kommunen machen in Deutschland die Bundesregierung und die Landesregierungen, die ohne Sinn und Verstand bankrotte Banken retten, die sich mit ihrer Hilfe verspekuliert haben.

Es ist richtig, dass in vielen Kommunen im Laufe des letzten Jahrzehnts auch dubiose, ja gesetzwidrige Wege gegangen wurden: Cross Border Leasing, Derivate und Zinswetten (Swap-Geschäfte) sollten auf scheinbar clevere Weise Geld in die Kasse bringen. Doch auch hier wird gern verschwiegen, dass die Berliner Regierungen dasselbe über die Bundesunternehmen Telekom, Deutsche Post, Deutsche Bahn und Deutsche Flugsicherung machten. Und es wird auch hier verschwiegen, dass die Banken, die diese „Finanzinnovationen“ den Stadtkämmerern andienten, vorher durch die Deregulierung des Finanzsektors aus Berlin die Freigabe erhalten hatten.

Bei aller möglichen Miss- und Klüngelwirtschaft in den Kommunen ist unbestreitbar: Ihre strukturelle Verschuldung wurde und wird durch die Bundesregierungen verursacht, in zweiter Linie durch die Landesregierungen. Beginnend mit der deutschen Vereinigung, dann insbesondere seit etwa dem Jahre 2000 folgten die Bundesregierungen dem neoliberalen Muster: Neben der Aufwertung der Großbanken und der Export- und Energiekonzerne gehört dazu die Abwertung des öffentlichen Dienstes und der Kommunen, während der Zentralstaat ausgebaut wurde.

Allein die Steuergesetzgebung der schwarz-roten Bundesregierung seit 2005 bringt den Kommunen bis 2013 einen Verlust von knapp 20 Milliarden Euro. Und allein die ersten Steuersenkungen der neuen schwarz-gelben Regierung seit Anfang 2010 („Wachstumsbeschleunigungsgesetz“) führen zu jährlichen Verlusten der Kommunen von 1,6 Milliarden Euro. Die Bundesländer tun das Ihrige dazu: So belastet die schwarz-gelbe Landesregierung von Nordrhein-Westfalen die Kommunen durch neue Kürzungen und Aufgaben allein im Jahr 2010 mit 375 Millionen Euro.

Die Bundesregierung schädigt die Kommunen noch ganz anders. Sie haben Milliarden Euro in umweltschonende und effektive Energie-Technologien investiert – im Vertrauen auf die Abschaltung der Atomkraftwerke. Die Regierung will nun aber deren Laufzeit verlängern. Durch den konkurrenzlos billigen Atomstrom aus den bereits abgeschriebenen Atommeilern der vier großen Energiekonzerne würden die kommunalen Investitionen weitgehend entwertet, Einnahmen fallen aus.

Bürger dürfen ihren Namen auf Parkbänke nageln

Gegenüber diesen strukturellen Maßnahmen mit Milliardeneffekt nehmen sich gegenwärtige Versuche zu fieberhaften Einsparungen und Erschließung neuer Geldquellen in den Kommunen wie absurdes Theater aus. Um ein paar Euro zu sparen, werden Öffnungszeiten von Bibliotheken um weitere Stunden verkürzt, in den Bädern wird die Wassertemperatur um ein paar Grad Celsius abgesenkt, die Straßenbeleuchtung in Außenbezirken wird ausgeschaltet; Preise für Schwimmbäder, Kindergärten und Volkshochschulkurse werden erhöht, Hotel- und Sexsteuern werden erhoben. Freundliche Bürger dürfen ihr Namensschildchen auf Parkbänke und Theaterstühle nageln, weil sie für 200 Euro den Bank- und Stuhl-Paten spielen. Und ein großer Versicherungskonzern übernimmt gnädigerweise für 15.000 Euro im Jahr die Kosten dafür, dass im Springbrunnen auf dem Marktplatz das Wasser weiter sprudeln kann. Makaber wird es, wenn etwa die Stadt Grevenbroich die Leichen ihrer armen Bürger, für die sie zuständig ist, in ein anderes Bundesland zur Verbrennung und Bestattung schickt, weil dies dort ein paar Euro billiger ist.


Verwüstungen in einem der reichsten Länder der Welt

Doch schon bei etwas größeren Routineaufgaben versagt diese Peanuts-Methode. Schulen, Bäder, Bürgerbüros, Jugendzentren werden geschlossen. Theatern droht die Schließung. Parks verwildern. Straßenlöcher bleiben Straßenlöcher. Ganztagsplätze in Kindergärten und Horten werden gestrichen. Freie Träger im sozialen und kulturellen Bereich erhalten keine Zuschüsse mehr. Welche Verwüstungen in einem der reichsten Länder der Welt! Das ist erst der Anfang – und die angeblich immer noch beliebte Bundeskanzlerin Merkel blicket stumm in der Wüstenei herum.

Alle bisherigen neuen Heilmittel sind gescheitert. Das betrifft nicht nur Cross Border Leasing und ähnliches. Auch nach dem (Teil-)Verkauf von Stadtwerken und anderen kommunalen Unternehmen sind die Kassen leerer und die Schulden höher als vorher. Bei den Berliner Wasserbetrieben BWB erhöhen RWE und Veolia die Preise auf europäische Rekordhöhe und kassieren die Gewinne ab. Städte wie Solingen und Kiel, die sich für ihre Stadtwerke einen gelobten „strategischen Partner“ ins Haus geholt haben, finden sich ausgepowert wieder: Der „strategische Partner“ hat vor allem für sich selbst gesorgt, hat Arbeitsplätze abgebaut und Dienstleistungen an eigene Tochterfirmen vergeben. Nach dem Verkauf von 48.000 kommunalen Wohnungen in Dresden explodieren dort die Mieten, und die städtischen Schulden wachsen schon wieder.

Aus solchen Erfahrungen haben so manche Stadtobere immer noch nichts gelernt. Gerade jetzt holen sie sich teure Berater. Rüsselsheim etwa will sich mit Hilfe der Bertelsmann-Stiftung selbst aus dem Sumpf ziehen: Die strukturellen Ursachen der Verschuldung werden nicht benannt. Bei der neuen Privatisierungsmethode Public Private Partnership (PPP) bahnt sich ein neues Desaster an.

Immer noch fällt es Stadtoberen schwer, sich aus der Kumpanei mit dubiosen Investoren zu lösen. Der Europäische Gerichtshof hat den PPP-Vertrag der Stadt Köln mit dem Investor Oppenheim zu den neuen Messehallen für unwirksam erklärt. Die Bank Oppenheim ging pleite, die Vorstände, mit denen der Vertrag unterschrieben wurde, sind wegen Unfähigkeit geschasst worden: Die Stadt könnte den Vertrag neu verhandeln, die Messehallen zum wirklichen Wert kaufen und dabei eine dreistellige Millionensumme sparen. Aber nichts dergleichen geschieht, lieber kürzt man in aufwändigen Auseinandersetzungen den freien Trägern dort 5.000 Euro, hier 2.000 Euro.

Die kommunale Infrastruktur ist eine elementare Voraussetzung für den Sozialstaat und den Zusammenhalt der Gesellschaft, für ein sicheres Leben der Bürger. In der Bevölkerung hat sich inzwischen die Meinung verfestigt, dass die Daseinsvorsorge in kommunale und öffentliche Hand gehört. Die kommunale Infrastruktur ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Die im Grundgesetz garantierte Selbstverwaltung der Kommunen erfordert dafür ausreichende Finanzen. Alles andere ist Verfassungsbruch.

In vielen Städten sind Bürgerinnen und Bürger längst selbst aktiv geworden. Sie bilden offene Foren, treffen sich wie „Köln kann auch anders“ jede Woche montags 18 Uhr vor dem Rathaus, laden Bürgerinitiativen und Experten zum Erfahrungsaustausch ein. Kritische Stadträte und städtische Personalräte koordinieren sich überregional. Die Vorschläge von vielen Seiten liegen auf dem Tisch: ein kurzfristiger staatlicher Rettungsschirm für die Kommunen, eine Gemeindewirtschaftssteuer unter Einschluss der freien Berufe, die Gründung neuer öffentlicher Energie- und Wohnungsunternehmen, Offenlegung und Rückabwicklung dubioser Privatisierungsverträge, Ausbau und Qualifizierung des öffentlichen Dienstes, Zinsmoratorium – es ist gar nicht so schwer, wenn wir der demokratischen Fantasie nur freien Lauf lassen.

Dr. Werner Rügemer arbeitet als Publizist und Lehrbeauftragter in Köln. Sein Beitrag „Leichen pflastern ihren Weg“ erschien zunächst in der Zeitung VER.DI PUBLIK 4/2010. Die Verwendung hier erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors sowie der Redaktion von VER.DI PUBLIK.

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