ABA-BLOG

NAGEL-Redaktion – Tetanus – Wundstarrkrampf

Obwohl so selten, warnt der ABA Fachverband ? vor allem im Bereich der Abenteuerspielplätze ? vor Infektionen mit Tetanus, da sie bei nicht vorhandenem Impfschutz jederzeit möglich sein können, zum Beispiel ausgelöst durch die einzige typische ASP-Verletzung, den Nagelstich. Das Tetanus-Bakterium kann sich überall im Erdreich befinden, sich infolgedessen auch über eindringende Nägel verbreiten. Wir gehen davon aus, dass nach wie vor bei den meisten Kindern und Jugendlichen ausreichender Impfschutz besteht. Sicherheitshalber empfehlen wir allerdings, im Falle von ? meistens kleinen ? Verletzungen die Eltern zu informieren und sich nach dem entsprechenden Impfschutz bei den Kindern zu erkundigen (Sorgfaltspflicht!). Nachfolgend eine kurze Beschreibung von Dr. Martina Waitz, die diese im Auftrag der Techniker Krankenkasse verfasst hat (veröffentlicht am 13.01.2003)

 

Wodurch wird Tetanus ausgelöst?

 

Tetanus (Wundstarrkrampf) wird durch das Bakterium Clostridium tetani ausgelöst. Dieses Bakterium ist auf der ganzen Welt verbreitet und kommt überall in Erde und Staub vor. Besonders angereichert ist der Erreger in Pferdemist. Das Bakterium kann so genannte Sporen bilden, die sehr widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse sind. Bei Abwesenheit von Sauerstoff (z. B. in Wundtaschen) kommt es zur Vermehrung der Erreger. Sie bilden ein Toxin (Giftstoff), das Tetanospasmin. Das Gift wandert an den Nerven entlang zum Rückenmark und in den Hirnstamm. Es blockiert dort hemmende Nervenimpulse auf die Muskeln, so dass es zu einer Daueranspannung und Krämpfen der Muskulatur kommt. Die Erkrankung entsteht durch das Eindringen der Erreger in Wunden (eine Aufnahme durch den Mund hat keine Auswirkung). Besonders gefährdet sind tiefe, verschmutzte, nicht blutende Wunden mit abgestorbenem Gewebe (z. B. offene Quetschungen, Brandwunden). Es kann auch nach Bagatellverletzungen zum Auftreten von Wundstarrkrampf kommen. Durch entsprechende Impfungen ist der Tetanus in der westlichen Welt heute selten geworden. In Deutschland traten in den letzten Jahren weniger als 15 Fälle pro Jahr auf, fast ausnahmslos waren ältere Menschen ohne ausreichenden Impfschutz betroffen. Weltweit erkranken ungefähr 300 000 Personen jährlich. Vor allem in den Entwicklungsländern sterben auch heute noch viele Neugeborene an Tetanus. Die Eintrittspforte des Erregers ist dabei die Nabelschnur. Überlebt man die Erkrankung, so besteht keine Immunität.

 

 

i-Punkt 1-2004

NAGEL-Redaktion – Wespen in der Einrichtung

Kürzlich konnte ich (R.D.) auf dem Abenteuerspielplatz Kirschbäumchen in Aachen miterleben, wie ein bestellter „Kammerjäger“ – ein sehr freundlicher und kompetenter Mensch – ein Wespennest entfernte. Das Nest befand sich in einem stark frequentierten Spielbereich. Angesichts der jahreszeitlich bedingten zunehmenden Wespenpräsenz hier ein paar Anmerkungen zum Thema: Grundsätzlich sind Wespen sehr nützliche Insekten, von denen es hier zu Lande 630 Arten gibt. Die meisten begegnen uns nie oder selten. Zwei Arten sind es, die Menschen oft geradezu panisch werden lassen: die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe. Als Laie vermag man sie kaum zu unterscheiden. Der Aachener Kammerjäger erklärte, dass man sie an „unterschiedlichen Gesichtern“ unterscheiden könne. Dass sie lästig sind, hat wohl  jedeR schon erlebt. Wespen erbeuten Fliegen und Mücken, die uns vermutlich auch nicht viel näher stehen. Ihre Lebenszeit ist zudem sehr kurz (außer die der Königin), nämlich nur vier Wochen. Allerdings kann ein Wespenvolk auf 10000 – vor allem – Kolleginnen – anwachsen. Die männlichen Insekten, die Drohnen, sind bereits nach der Befruchtung der Königin überflüssig. Was in Einrichtungen oft als Tücke empfunden wird, rührt aus der Tatsache, dass die besagten beiden Arten ihre Nester versteckt anlegen. Freihängende und gut sichtbare Wespennester bergen Insekten, die kaum lästig werden. Besonders „gefährlich“ werden die Tiere, wenn sie sich bedroht fühlen, also: Schlagen und anderes hektisches Treiben vermeiden! Insekten-AllergikerInnen sollten sich vorbeugend über Behandlungsmethoden beraten lassen. Eine vorbeugende Maßnahme könnte auch sein, beim Trinken süßer Säfte einen Strohhalm zu benutzen. Eine gute Hilfe, die Kinder auch schon vor Jahrzehnten erfolgreich anwandten, ist, wenn „der Jäger“, der übrigens nur im Flug etwas mit seinen Augen erkennen kann, sich nähert und penetrant herumforscht, ganz ruhig zu bleiben und „Sauer, sauer, sauer!“ zu brüllen. Hornissen, die oft fälschlicherweise wegen ihrer immensen Ausmaße (bis zu vier Zentimeter) als besonders gefährlich eingeordnet werden, stehen unter Naturschutz (Rote Liste!), sind „friedliche“ Tiere und ihr Gift ist schwächer als das ihrer kleineren Kolleginnen. „Stechlustig“ sind Hornissen auch nicht. Unsere Empfehlung: Nach Möglichkeit ein gutes Arrangement mit den Tierchen treffen und den Kammerjäger eher als biologisch kompetenten Fachmenschen fragen, bevor man eine möglicherweise unnötige Abmurksveranstaltung organisiert. Was haben wir gelernt? Zur Strafe stechen dann mehr Mücken! Und im Oktober ist „der Spuk“ dann bald vorbei. Übrigens werden Nester nicht noch einmal benutzt. Die Wespen sind wie die Kinder auf einem gut organisierten Abenteuerspielplatz: Sie bauen immer wieder neu. Und manchmal benutzen sie Material von alten Hütten, die keineR mehr braucht.

i-Punkt 9-2003

NAGEL-Redaktion – Vegetarisches Essen für Kinder

Wenn Kinder vegetarisch essen, sollte mit dem Kinderarzt über mögliche Mangelerscheinungen gesprochen werden. Ein Ernährungsplan könne helfen, möglicherweise fehlende Vitamine durch Präparate zu ersetzen, berichtet die Zeitschrift ?Kinder? (5/2003). US-Wissenschaftler hätten vor einem Mangel an Vitamin B 12 bei einer rein vegetarischen Ernährung gewarnt. Das Vitamin fördert die Blutbildung. (dpa/WAZ 2. Juni 2003)

 

i-Punkt 7-2004

NAGEL-Redaktion – Ritzendreck

Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin erforschen den Dreck auf Berliner Straßen und Gehwegen. Wie die TU mitteilte, untersucht eine Forschungsgruppe die chemischen, physikalischen und biologischen Eigenschaften des Drecks in den Pflasterfugen. Der „Ritzendreck“ habe große Bedeutung für die Wasser- und Stoffkreisläufe im Ökosystem der Stadt. Unter anderem habe die Arbeitsgruppe festgestellt, dass Schadstoffe aus dem Autoverkehr effektiv zurückgehalten würden (dpa/WAZ vom 20 März 2004).

 

i-Punkt 4-2004

NAGEL-Redaktion – Ernährungstipp: Kinder mögen Obst in Häppchen

Es ist nicht immer leicht, Kinder von gesunder Nahrung wie beispielsweise Obst zu überzeugen. Denn Kinder denken beim Essen weniger an den gesundheitlichen Wert der Mahlzeit als vielmehr daran, ob sie schmeckt und gerade angesagt ist. Werden aber durch ein derartiges Essverhalten zu wenig Vitamine, Mineral- und Ballastsstoffe aufgenommen, droht ein Mangelzustand ? ausgerechnet in einem Alter, in dem der Körper wächst und sich entwickelt. Doch Erwachsene können laut einer Studie der Universität Dortmund gegensteuern, indem sie Obst wie Äpfel, Bananen oder Kiwis in mundgerechte Häppchen schneiden. Doch nicht immer schränkt allein die Zubereitungsform den Obstverzehr der Kinder ein: Häufig stößt auch der ungewohnte Frucht-Geschmack auf Ablehnung. So stärken beispielsweise Kiwis und Orangen die Abwehrkräfte, schmecken aber säuerlich, was bei Kindern nicht sonderlich beliebt ist. Um sie trotzdem zum Genuss von Vitamin-C-haltigen Früchten zu überzeugen, raten Ernährungsexperten zu einem kleinen Trick: Kombiniert mit einem leicht süßlich schmeckenden Nahrungsmittel fällt der säuerliche Geschmack nicht mehr so deutlich ins Gewicht. Dazu sollten die Früchte zum Beispiel in einen Joghurt gemischt und unter den Salat geschnitten werden. (sup/TIP der Woche vom 1. Juni 2004)

i-Punkt 7-2004

NAGEL-Redaktion – Nisthilfen

Praxistipp für Abenteuerspielplätze, Kindergärten und andere: Nistkästen für Vögel sollten Ende Februar/Anfang März gereinigt und aufgehängt sein. Darauf weist der Naturschutzbund NRW hin. Die Nisthilfen sollten aus chemisch unbehandelten Materialien bestehen. Nicht nur Vögel, auch Fledermäuse und Insekten können Hilfe gut gebrauchen. Für Bienen und andere Insekten sind Nisthilfen leicht gebaut: Ein mit Bohrlöchern versehenes Stück Holz wird an einer windgeschützten Stelle aufgehängt.

 

i-Punkt 3-2004

NAGEL-Redaktion – Kinder kochen

Kinder sollen möglichst früh praktisch beim Kochen mit einbezogen werden. Hierauf weist die Verbraucherzentrale NRW hin. Mit spätestens fünf Jahren seien sie dann in der Lage, sich selbstständig Gerichte zuzubereiten

i-Punkt 7-2003

NAGEL-Redaktion – Insekten auf natürliche Art verscheuchen

Tomatenpflanzen, Tomatenkraut und Zitronenmelisse verscheuchen Mücken. Um halbierte, mit Gewürznelken gespickte Zitronen machen Wespen einen großen Bogen. Fliegenmeiden stark aromatische Kräuter wie Minze oder Basilikum

i-Punkt 6-2004

Wespenfallen

Wespenfallen, die günstig zu erwerben sind, sehen Sie auf nachfolgenden Fotos. Die Behälter sind aus farbigem Glas. Unten befindet sich ein Einflugloch, das mit einer Wölbung nach innen geht. Die Gläser werden in der Nähe von Esstischen aufgehängt. Zuvor füllt man Zuckerwasser ein. Nachteil: Das „süße Wasser“ ist natürlich auch ein Lockmittel. Dies allerdings ist auch die Nahrung, die man auf dem Tisch stehen hat. Die Gläser sind so konstruiert, dass die Insekten keine Möglichkeit mehr haben, aus dem Glas zu entkommen, da sie immer versuchen, nach der „Mahlzeit“ in „Richtung Licht“ – also nach oben – zu entkommen. Dort allerdings ist das Glas verschlossen. So sehen sie ihrem „süßen Tod“ entgegen. Die „Gefahr“, beim Essen oder Trinken von Wespen belästigt zu werden, reduziert sich radikal. Wenn man die Gläser regelmäßig reinigt, haben sie obendrein noch eine „Schmuckwirkung“.

Wespenfalle (20 cm hoch) mit Korken als Verschluss – Foto: Rainer Deimel

Wespenfalle (14 cm hoch) mit Glasdeckel als Verschluss – Foto: Rainer Deimel

Derartige Gläser sind anderen ähnlichen Systemen aus ökologischer und auch preislicher Sicht in jedem Fall vorzuziehen. Leider sind sie nicht immer erhältlich. Bevorzugt sollte man sich im Frühjahr im Fachhandel nach ihnen erkundigen.

NAGEL-Redaktion – Praxistipps Naturerfahrungsräume

Sammelmappe Infoblätter Naturgarten

Diese Loseblattsammlung der Natur- und Umweltschutz-Akademie des Landes Nordrhein-Westfalen ist hier eingestellt. Man kann sich die einzelnen Blätter der Sammlung laden. Die Mappe umfasst insgesamt 75 Seiten und ist in 2. Auflage 2002 in Recklinghausen erschienen.

1. Naturnahe Gärten: lebendig, nützlich, schön
2. Düngung durch Bodenbelebung
3. Die Regenwürmer – Kompostieren im Wurmwanderkasten
4. Mulchen – Düngung und Bodenschutz wie in der Natur
5. Kompost: Rohstoffverwertung im Garten
6. Kompostierung in Komposttonnen
7. Kompostverwendung
8. Kompostierung ohne Garten
9. Bodenpflege durch Gründüngung
10. Das Hügelbeet
11. Gemüseanbau auf dem Hochbeet
12. Ernteverfrühung durch Frühbeete
13. Der Gemüsegarten: Wann wird was gesät und geerntet?
14. Mischkultur – Nachbarschaftshilfe im Frühbeet
15. Beipflanzung und ihre Wirkung
16. Pflanzensäfte geben Pflanzen Kraft
17. Naturverträglicher Artenschutz
18. Nisthilfen für Vögel
19. Der Ohrwurm – Helfer im Garten
20. Holzhaufen im Garten – wertvolle Lebensräume
21. Lebendige Mauern – Steine im Garten
22. Nisthilfen für Wildbienen und Wespen
23. Nistkästen für Hornissen
24. Hummeln im Garten – Nahrungsangebote und Nisthilfen
25. Schmetterlinge im Garten
26. Wege zur bunten Blumenwiese
27. Pflege von Blumenwiesen
28. Der Kräutergarten
29. http://www.nua.nrw.de/oeffentl/publikat/pdfs/infoblaetter/nr_29.pdfAnlage eines Gartenteiches
30. Pflanzen für bunte Blumengärten
31. Blühkalender für Stauden – blühende Staudenbeete von Februar bis Oktober
32. Bezugsquellen für naturnahe Gärten

 

Naturnahes Schulgelände (Beratungsmappe)

Leitfaden und Praxistipps für Schulen

Herausgegeben von der Natur- und Umweltschutz-Akademie des Landes Nordrhein-Westfalen (NUA)

Neuauflage 2004, 112 Seiten A 4, zahlreiche farbige Abbildungen

Schulgelände – das war lange Zeit meist nur ein asphaltierter Schulhof. Doch viele Schulhöfe lassen sich entsiegeln, naturnah umgestalten und durch Spielmöglichkeiten bereichern. Mit der „Beratungsmappe Naturnahes Schulgelände“ der NUA wird Schulen ein umfassender Leitfaden für die Planung und Umsetzung von Projekten zur Verfügung gestellt. Auf 112 Seiten enthält die Mappe praktische Tipps für den Projektablauf und die Einbindung in den Unterricht. Die Dokumentation erfolgreich verlaufener Praxisprojekte macht Mut, den ersten Schritt zu wagen. Zahlreiche Farbfotos veranschaulichen, mit welcher Begeisterung Schülerinnen und Schüler naturnahe Schulgelände gestalten und nutzen.

Die Neubearbeitung der erstmals 1990 herausgegebenen Mappe trägt der gewachsenen Bedeutung dieser Arbeit Rechnung. Attraktive Schulgelände leisten einen Beitrag zur Gewaltprävention. Praktisches Arbeiten und Anpacken fördern die soziale Kompetenz der Schülerinnen und Schüler und ihre Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln für die Umwelt. Viele Elemente dienen der Bewegungsförderung und der schulinternen Kommunikation. Freiluftunterricht, Pausenaufenthalt, Ballspiele, Schulfeste und vieles mehr sind hier möglich. Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen wie Energie, Wasser, Abfall und Ernährung lassen sich besonders praxisnah durch Schulgeländeprojekte in den Unterricht einbeziehen. Die Arbeitsblätter sind nicht nur für Schulen geeignet.

 

Titel, Vorwort, Inhalt

 

Naturnahes Schulgelände

1. Lebens- und Lernort Schule – zur Bedeutung von Natur an der Schule
2. Eine alte Idee wird neu belebt – Schulgeländegeschichte

 

Starthilfen

3. Schritt für Schritt – Anregungen zum Projektablauf
4. Allein geht es nicht – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen
5. Genehmigungen – Zusammenarbeit mit Behörden und Versicherungsträgern
6. Wer soll das bezahlen? – Finanzierungsmöglichkeiten

Gelände und Idee

7. Ein Ausflug ins Bekannte – Schulgeländeerkundung
8. Interessen, Wünsche und Ideen – sammeln und auswerten
9. Von der Idee zur Umsetzung

Projektbeispiele

10. Lernen in und mit der Natur
Von Batman und Singels – Artenschutz
Hecke, Teich und Trockenmauer – Biotope
Auf die Plätze … – Freiluftklasse
Jeder Mensch ein Künstler – NaturKunst

11. Schulgarten – auch mal anders
Grüner Daumen – Nutzgarten
Ein besonderes Kraut – neue Wege im Schulgarten
Auf das Tier gekommen – Tierhaltung

12. Nachhaltiges Lernen – lokal und global
Schule und Profil
Schul-Check
Diplomaten in Gummistiefeln

13. Bauen und Ökologie
Grüner Pelz
Tropfen für Tropfen
Sanfte Wege
Energisch leben

14. Spiel und Bewegung – Schulhof, Spielhof
Spielgebüsch und Hügel
Sitzgelegenheiten, Spielgeräte und Sicherheit
Weidenbauwerke, Sinnesgarten

15. Schule im Stadtteil
Gute Unterstützung
Schulhofprogramme

Planung

16. Alles braucht Raum – räumliche Zuordnung von Schulgeländeelementen
17. Wie kommen Ideen auf Papier? – Pläne, Zeichnungen, Fotos

Probleme im Schulalltag

18. Schulorganisation und Stundenplan – Einbeziehung in den Schulalltag
19. Zerstörungen – vermeiden und verhindern
20. Betreuung in den Ferien – Schulgarten
21. Schulgeländearbeiten im Winter – Tipps zur kalten Jahreszeit
22. Mähen, Schneiden, Jäten – Pflegearbeiten und Pflegeplanung

Öffentlichkeitsarbeit

23. Werbung muss sein – Öffentlichkeitsarbeit für Schulgeländeprojekte

Literaturverzeichnis

Hier kann man sich die komplette Arbeitsmappe herunterladen (3,4 MB)

 

Weitere Arbeitshilfen

Was man mit Weiden im Außenbereich tun kann

Weidentipis und Kriechtunnel

 

 

 

Zur Seite Naturerfahrungsräume

Zur Seite Ressorts im ABA Fachverband

Zur ABA-Startseite

 

NAGEL-Redaktion – Michael Karjalainen-Dräger

 

hier finden sie

denkwürdiges über bildung,

die mehr als ausbildung ist sowie über eine schule mit zukunft, 

wissenswertes über die theorie und praxis der erziehung für eltern und pädagog/innen 

und anleitungen für die ersten schritte zum  

selbst-bewusst-sein und zum sinn des lebens. -> Zum Blog

NAGEL-Redaktion – Die Crux mit der Betreuung

(Kolumne aus: DER NAGEL 63/2001)

Von Rainer Deimel

„Soviel Aufsicht war nie. Vom Babyfon bis zum Juniorhandy, vom ersten Zucken im Mutterleib bis zum ersten Pickel wird unser Nachwuchs sorgfältig überwacht und qualitätskontrolliert. Und während die äußeren Freiräume schrumpfen, kümmert sich eine machtvolle Industrie um die Usurpation der inneren Räume eines jeden einzelnen Kindes.“ So skizziert Irene Stratenwerth die augenblickliche Situation von Kindern (DIE WOCHE Nr. 32/2001). Statt Kindern müssten Erwachsenen Grenzen in ihrem Mobilitätswahn, ihrer Zerstörungswut, ihrer Habgier, ihrem Ehrgeiz und ihrer Eitelkeit gesetzt werden, postuliert sie weiter. Leider seien sie – die Erwachsenen – schwer erziehbar, sonst gelänge es, sie in ihre Schranken zu verweisen und Kinder könnten neue Freiräume gewinnen.
Unsere postmoderne Gegenwart schillert zwischen scheinbarer Beliebigkeit, der „völligen“ Individualität bis hin zum normierten Massenmenschen, der „Menschenschwärze“ (Peter Sloterdijk). Offensichtlich haben gesellschaftliche Veränderungen, die rasante Entwicklung hin zum Turbokapitalismus, dazu geführt, Menschen stark zu verunsichern. Huckleberry Finn und Pippi Langstrumpf verbleiben im Märchen. Die Eltern der jetzt heranwachsenden Kindergeneration kennen diese Figuren auch nur noch aus dem Buch oder aus Filmen. Selbst im Wald gespielt (zum Beispiel) haben sie nur noch vereinzelt. Sich einmal – welch sinnliche Erfahrung! – am Feuer die Finger verbrannt? Wie sollte sich jemand am Feuer die Finger verbrennen, wenn er kaum noch in der Lage ist, ein Streichholz anzuzünden? Die weltlichen Gefahren, Bedrohungspotenziale durch unbekannte Effekte und Wesen wie Sittenstrolche, scheinen nie gekannte Dimensionen angenommen zu haben. Wer kennt es nicht, das Pädagogenkind, das zum Schutz seiner besorgten Eltern in der Wohnung mit einem Fahrradhelm herumläuft, da es die Möbelindustrie immer noch nicht hinbekommen hat, ihre Produkte kantenfrei zu produzieren? Vielleicht kennt man dieses Kind auch deshalb nicht, weil es beim Spielen auf dem Spielplatz von einem Klettergerüst gefallen und unglücklicherweise wegen des zu breiten Helms zwischen zwei Balken hängen geblieben ist und sich dort stranguliert hat. Und Richter in den diversen Gerichten plagen sich zunehmend mit Leuten herum, die in ihrer Vollkaskomentalität etwa regelmäßig Parterrebewohner misstrauisch beäugen, um sie gegebenenfalls für herabfallende Schneeflocken oder für das sich bei Kälte bildende Eis zu belangen. Nein, trotz aller Individualität sind Unterschiede eher verpönt. Es scheint nicht eine wunderbare Leistung der Natur zu sein, dass es mal Sommer und mal Winter gibt, ganz abgesehen davon, dass die Natur ihre Leistungen auch nicht mehr in der Qualität erbringt, wie es einige von uns noch  kennen gelernt haben. Ob dies möglicherweise mit der oben zitierten Habgier, dem Mobilitätswahns und dem Erwachsenenehrgeiz zu tun hat?
Wir wollen alles „sicher“ machen. Spannende Diskussionen erlebe ich bisweilen in meinen Seminaren, in denen ich versuche, pädagogische Vorgänge in einem rechtlichen Kontext zu konturieren. Da erlebe ich die risikofreudigen Kolleginnen und Kollegen, die rückmelden, endlich mal jemanden „gefunden“ zu haben, der ihre eigene pädagogische Haltung unterstützt und bestätigt. Ich erlebe auch Leute, die rezeptheischend gekommen sind und deren Vorstellungen zerplatzen. Diese melden mir, „das Seminar“ sei „schlecht“ gewesen insofern, als es sie nicht sicherer gemacht habe, sondern vielleicht noch weiter verunsichere, da eben keine Verhaltensmaßregeln vermittelt wurden. Zur Erinnerung: Augenblicklich reden wir über professionelles Handeln. Die Rechtsprechung verhandelt immer jeden Einzelfall, um zu einem Urteil zu gelangen. Grundvoraussetzung für professionelles Handeln ist fachliches Reflexionsvermögen. Ferner erwarte ich von pädagogischen Profis eine mehr oder weniger „gestandene Persönlichkeit“ sowie eine wertschätzende Grundhaltung. Vor diesem Hintergrund habe ich Freude an dem Zitat von Joachim Ringelnatz: „Sicher ist, dass nichts sicher ist. Und das ist nicht sicher.“ Sicher ist allerdings, dass diejenigen in ihrer Arbeit ängstlich sein müssen, die nicht professionell arbeiten; sie sind am ehesten davon bedroht, in die Fänge der Justiz zu geraten. Das betrifft den sexuellen Missbraucher genauso wie die Erzieherin, die sich „nichts dabei gedacht“ hat.
Selbst die Rechtsprechung geht seit langem von der Prämisse aus „Soviel Erziehung wie möglich, so wenig Aufsicht wie nötig!“ An dieser Stelle sei unterstellt, dass „Erziehung“ in diesem Kontext durchaus als positiver Vorgang interpretiert werden kann. Der gegenwärtige „typische Erwachsene“ fällt hinter diesen Status zurück. Das Böse lauert immer und überall. Deshalb müssen wir auf der Hut sein und uns und vor allem unsere Kinder beschützen. Und wie kann es sein, dass Kinder regelmäßig dort am ehesten zu Schaden kommen, wo sie „am besten beschützt“ werden? Betreuung im „klassischen“ Sinne schützt Kinder vor sich selbst, behindert ihre Entwicklung und verhindert ihre Emanzipation. Auf alle Fälle sorgt man so für eine einigermaßen sichere Arbeitsgrundlage für SozialarbeiterInnen, LehrerInnen, ErzieherInnen und PsychotherapeutInnen; dies, obwohl „der Mensch sich nicht therapieren, erziehen und beeinflussen lässt“ (Rolf Degen). In einem so „verstandenen“ Konzept ist es hilfreich, möglichst viele doofe Eltern um sich zu scharen. Die „Profis“ betreuen, weil die Eltern dies erwarten. Die Eltern erwarten „Betreuung“, weil sie ihnen versprochen wird. Es ist wie mit der Henne und dem Ei. 
Professionalität hingegen würde versuchen, sich dahingehend zu engagieren, aufzuklären: Wann kann ein Kind wie am ehesten im Sinne einer gelingenden Sozialisation wovon profitieren? Gefahren (Herausforderungen), „gefährliches Spielen“ gehören dazu, wenn ein Kind sicherer werden soll. Spätestens seit Jean Liedloffs Veröffentlichung „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“ (München 1980) kann sich niemand mehr herausreden, er wüsste nicht, wie was miteinander wirkt, dass Kinder fit oder unfähig werden. Ich habe meine Zweifel daran, ob die Pflege der Dummheit der Eltern die alleinige Strategie zur Sicherung pädagogischer und ähnlich intendierter Arbeitsplätze sein kann. Auf unabsehbare Zeit werden Generationen von Eltern der Postmoderne auf jene Dienstleistungen angewiesen sein.
In diesen Tagen schreckt die „Pisa-Studie“ die Fachwelt. „Wir waren es nicht“, hört man die KollegInnen LehrerInnen rufen. Die Politik war es natürlich auch nicht, die die Verantwortung für die Dummheit der Kinder der dummen Eltern übernehmen müsste. „Handlungsorientierte Pädagogik“ braucht es, hört man von der Kultusminister-Konferenz. Bei mir könnte sich so etwas wie ein „Pilatus-Effekt“ einstellen: Jener Mensch wusch seine Hände in Unschuld. Seit Jahren „predige“ ich handlungsorientierte Ansätze, komme mir nicht selten wie ein „Rufer in der Wüste“ vor. Wir kennen sie, die Konzeptionen, die Kinder Bildung angedeihen lassen, eine Bildung, die dazu beiträgt, dass sie Emanzipationserfolge integrieren können, die ihnen in vielerlei Hinsicht Entwicklungschancen eröffnen, die obendrein noch zu ihrer leiblichen wie psychischen Gesundheit beitragen. Wieso sollten derartige Konzeptionen ausschließlich in der Offenen Arbeit bleiben? Und selbst dort befinden sie sich noch in einer Nischenposition, während der größte Teil der Freizeitarbeit nicht selten wenig kindgerecht konzipiert ist. Vielmehr hat man mehr und mehr den Eindruck, dass Kinder nicht nur hinter Mauern „gefangen gehalten“ werden, sondern sich das „Programm“ immer mehr dem annähert, was die Schule offensichtlich erfolglos hingelegt hat.
Es geht hier nicht darum, bestimmte Formen der Arbeit mit Kindern, etwa die zunehmende „Übermittag-Betreuung“ (nomen est omen, oder?) in Bausch und Bogen zu verurteilen. Ich habe wohl zur Kenntnis genommen, dass bestimmte Vorgänge, die man früher etwa eher in eine familiäre Zuständigkeit gebracht hätte, von anderen Instanzen übernommen werden müssen. Dazu gehört auch, dass Kinder eine vernünftige Mahlzeit in den Bauch bekommen. Ob der „Nürnberger Trichter“ – z.B. in Form von Schulaufgabenhilfe – dazu gehört, scheint zweifelhaft, zumindest, wenn man zur Kenntnis genommen hat, dass Kinder unbelehrbar sind, sie nur lernen können (Gerold Scholz, Universität Frankfurt). Es geht darum, für Kinder und mit Kindern Entwicklungschancen zu organisieren, Milieus zu kreieren, die sich diesen spannend und erlebnisreich präsentieren. Dazu gehören vielfältige Optionen, der Umgang mit interessantem Material, dazu gehört ein Gelände, das phantasieanregend und veränderbar sein muss; dazu gehören nach Möglichkeit auch Tiere, mit denen man lernen kann, was Verantwortung ist; dazu gehören andere Menschen, die verschiedenartig sind, mit denen ich lernen kann, dass unsere Unterschiedlichkeit ein Gewinn ist. Früher hätte man in diesem Zusammenhang vielleicht den Begriff „Multikulti“ verwandt. Ich möchte diesen Ansatz lieber als integrationsfördernd bezeichnen. All dies, eine solche pädagogische Praxis, setzt ein hohes Maß an eigener Lernfähigkeit voraus; es setzt voraus, dass ich Lust auf Experimente habe, dass ich Fehler als Lernquellen erfahren kann und nicht als „mangelhafte“, „ausreichende“ oder wie sonst auch immer bewertete (Fehl-)Leistungen. Derartige Bewertungen behindern nicht nur kindliche Entwicklungen, sie sagen – bei genauer Betrachtung – eher etwas über die Bewerter als über die zu Bewertenden aus.
Kinder „süß“ zu finden oder auch eine eigene Elternschaft reichen nicht aus, professionell zu handeln. Es müssen nicht immer pädagogisch ausgebildete Menschen sein, die die Arbeit gut machen. Manchmal tun Leute mit anderen Berufen, die kindgerechte Konzeptionen internalisiert und sich gleichzeitig die Befähigung erhalten haben, zu ihrem eigenen Handeln eine kritische Distanz zu bewahren, ihre Arbeit besser als ausgebildete PädagogInnen. Diese These vermittelt zu Recht Kritik an der Ausbildungsorientierung pädagogischer Berufe. Nicht nur die Bildung der Kinder muss verbessert werden, auch die Ausbildung für pädagogische Berufe. Hierbei wird einerseits die reflektorische Seite wie auch die handlungsorientierte angesprochen. Leider kann man niemanden zum Denken zwingen, schon gar nicht in eine bestimmte Richtung. Für die Praxis möchte ich noch einmal sehr deutlich sagen: Wer Kinder betreut, dies als Grundverständnis begreift, hat nichts begriffen und wird weiterhin die Kinder in ihrer Entwicklung behindern. Eine nächste Pisa-Studie wird dann vielleicht noch miserabler ausfallen.

Datteln 2001

Der Autor ist Bildungsreferent beim ABA Fachverband Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und Systemischer Berater DGSF.

NAGEL-Redaktion – Mehr Selbstbewusstsein – bitte schön!

(Kolumne aus: DER NAGEL 60/1998)

Von Rainer Deimel

Worüber wird nicht schwadroniert in den Verwaltungen und Verbänden: Neue Steuerung, Eigenbetriebe, Privatisierung, Outsourcing, Kennziffern, Qualitätssicherung, Evaluation, Markt- und Wirkungsanalysen. Die Litanei ließe sich seitenweise fortsetzen. Gedruckte und als Bücher gebundene Dokumentationen zu diesem Themenkomplex erfahren die Weihe einer Bibel. Dies war z.B. über den 280 Seiten starken Band „Wozu Kulturarbeit? Wirkungen von Kunst und Kulturpolitik und ihre Evaluierung“ der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung1 (hinter vorgehaltener Hand, versteht sich) zu erfahren. Karl Hans Fluhr erinnert sich, dass bereits 1971 eine Kommission zur Reform des öffentlichen Dienstes eingesetzt wurde. Niemand wüsste mehr so richtig, was dabei herausgekommen sei. Die jungen Beamten wären damals lediglich an der Anhebung der Eingangsbesoldung für eine bestimmte Laufbahn interessiert gewesen.2 Trotz des auf den ersten Blick provokativen Titels ist Karl Hans Fluhr, Leiter des Hauptamtes einer Mittelstadt in Rheinland-Pfalz, über jeden Verdacht erhaben, das eigene Nest zu beschmutzen. Vielmehr zeichnet er einfühlsam die Grenzen des „Systems Verwaltung“ auf; es gehe nicht darum, die Menschen in der Verwaltung zu reformieren, sondern ihr Umfeld. Die Diskussion um die Privatisierung öffentlicher Leistungen empfindet er überdies als „ideologisch“ und äußert in diesem Zusammenhang Zweifel an der höheren Effizienz und Effektivität privater Dienstleister. Seinen Vorstellungen, die auf die Übernahme erhöhter Verantwortlichkeit innerhalb des öffentlichen Dienstes abzielen, vermag ich durchaus zu folgen, und ich glaube, dass der öffentliche Dienst und vergleichbar strukturierte Organe, wie etwa die Kirchen, Wohlfahrtsverbände usw., nur über eine deutlich Zunahme der jeweiligen Verantwortlichkeit an Attraktivität nach außen gewinnen können. Dies gälte auch für das Binnen, wenn wir es nicht zusätzlich noch mit einer weiteren Spezifik zu tun hätten, nämlich dem Status der tätigen Subjekte als Beamte bzw. Quasi-Beamte. Keinesfalls will ich weiterer Arbeitsplatzvernichtung das Wort reden. Im Gegenteil bin ich überzeugt, dass Kundenfreundlichkeit, allerdings nicht eine im Crash-Kurs aufgepfropfte, und klare Verantwortung für das jeweilige Tätigwerden die Arbeitsplatzsituation im öffentlichen Dienst bzw. bei anderen Dienstleistern sichern helfen könnten.
Rhetorisch scheint dies – wie zahlreiche Unternehmensberatungen, Gutachten usw. dokumentieren – durchaus gewollt zu sein, wären da nicht die gleichsam mit dem Berufsbeamtentum kreierten und offenbar manifestierten Faktoren. Diese Faktoren waren analog dazu angetan, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst und artverwandten Betrieben in eine Art „Quasi-Berufsbeamtentum“ zu „befördern“. Eine der ersten bekannten Abhandlungen dazu lieferte C. Northcote Parkinson3 mit seinem Gesetz – Parkinsons Gesetz -, das belegt, wie Beamtentum im Sinne von Berufstätigkeit unbeschadet der vorhandenen Arbeit linear weiteren Bedarf an neuen Beamten – vergleichbar einer Zellteilung einfacher Mikroben – erzeugt.4 Ein weiterer Faktor wurde von Laurence J. Peter und Raymond Hull ausgemacht, bekannt geworden als das „Peter-Prinzip“,. welches belegt, dass der Beförderungs-Automatismus dazu führt, dass unbeschadet einer persönlichen und beruflichen Qualifikation die in der Hierarchie Beteiligten jeweils soweit „nach oben“ befördert würden, bis sie das Höchstmaß an Inkompetenz erreicht hätten.5 Das Phänomen beschreibt der kanadische Professor L. J. Peter in seinem später erschienenen und mit diesem so betitelten Buch als die „Peter-Pyramide“6; diese „steht auf dem Kopf, unten ist der Punkt, wo die eigentlich produktive Arbeit geleistet wird, darüber dehnt sich nach allen Seiten die wuchernde Hierarchie der Schmarotzer, Faulenzer und Wichtigtuer,“ so die drastische Kurzbeschreibung im Klappentext. Die Diskussion um eine Verwaltungsstrukturreform scheint u.a. die Faktoren „Parkinson“ und „Peter“ zu fokussieren und sich zum Ziel gesetzt zu haben, Zäsuren zu bewirken. Leider lässt sich das Gefühl, dass wir es möglicherweise mit Schein-Zäsuren zu tun haben, nicht verhehlen.
Möglicherweise aus der Synergie der Faktoren „Parkinson“ und „Peter“ haben wir es nämlich auch noch mit dem Faktor „Mentalität“, der infolge eines bestimmten Soseins gedeihen kann und entsprechend herangebildet wird, zu tun. Daran werden vermutlich auch die eingefallenen Horden von Unternehmensberatern, von McKinsey bis Kienbaum, wenig ändern; diese beschwören eine ökonomische Strategie, die sich weitgehend an der Privatwirtschaft orientiert und deren Basis eine „Ökonomie-Wissenschaft“ ist, die so tut, als sei sie eine Naturwissenschaft. Entsprechend dieser von Karl-Heinz-Brodbeck als „fragwürdig“ bezeichneten Grundlagen7 wird in nicht unerheblichem Maße ausgeblendet, dass Wirtschaft alles andere als konstant und berechenbar ist. Sie ist im Gegenteil auf fatale Weise abhängig von den oft kuriosesten Geschehnissen, was etwa der Einfluss von Bettgeschichten irgendwelcher Präsidenten auf die Wechselkurse belegen könnte. Vor allem missachtet sie die Wechselwirkung menschlichen Verhaltens, des Tuns und Unterlassens, in ihrem Kontext. Sie ignoriert weitere beeinflussende Faktoren, etwa ökologische und soziologische. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Dementsprechend haben wir es bei der Ökonomie zunächst mit einer als Wissenschaft getarnten Ideologie zu tun. Diese These wird u.a. durch die kürzlich getroffene Aussage der sogenannten „fünf Weisen“ (der Wirtschaft) untermauert, die Unternehmen profitierten zu spät. Wem nützt also Unternehmensberatung? Auf alle Fälle kann festgestellt werden, dass sie den Unternehmensberatern nützt. Hiermit möchte ich mir keine Wertung über die Qualität einzelner Beratungsprozesse erlauben. Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse einer Unternehmensberatung im Moment ihrer Publikation unmöglich noch aktuell sein können. Gefragt scheinen demgegenüber vielmehr Organisationsberatungskonzepte, die die Selbstorganisationskräfte eines Betriebes fördern und stärken.
Das mittlerweile in zahlreichen Dienstleistungsbetrieben vorzufindende Chaos, die Verunsicherung der beschäftigten Individuen möchte ich gern als ein Moment konstruktiver Potentiale verorten. Erneut auf K. H. Fluhr bezugnehmend, befürchte ich, dass diese geplante Verwaltungsreform einmal wieder in ihrem Vorhaben stecken bleiben wird, zumal einige Anzeichen genau dafür sprechen, dass wir es mit einer Umstrukturierung der Bürokratie zu tun haben, nicht aber mit einer Entbürokratisierung, was einer Übernahme von Verantwortung gleichkäme. 
Was hat das nun alles mit der Offenen Arbeit mit Kindern und anderen pädagogischen Feldern zu tun? Pädagogische Arbeit ist unmittelbar abhängig vom öffentlichen Dienst, dieser hat immerhin als Administrator die jugendpolitischen Beschlüsse durchzuführen – und die Bewilligung der Finanzen obliegt ihm nicht unmaßgeblich. Pädagogische Arbeit ist demnach entweder existentiell auf seinen Goodwill, sein fachliches Verständnis und seine politische Durchsetzungsfähigkeit angewiesen oder sie ist Teil desselben; dann geht es ihr nicht anders. Möglicherweise haben die pädagogischen MitarbeiterInnen des öffentlichen Dienstes die genannte Quasi-Beamtenmentalität selbst für sich angenommen. Dieses Eindrucks kann man sich, sieht man sich einmal in manchen Einrichtungen um, nicht erwehren. Ich möchte darauf verzichten, eventuell so oder ähnlich entstandene Blockaden mit dem Hinweis auf Resignation zu entschuldigen. Allzu lange gab es die Gelegenheit, professionelle Unzulänglichkeiten mit den hemmenden Rahmenbedingungen und der Struktur des öffentlichen Dienstes als solchem zu rechtfertigen, sich mehr oder weniger gemütlich hinter vermeintlichen Hürden einzurichten. Die „Grenzen“ des öffentlichen Dienstes anzuerkennen, hieße allerdings, sich gegenüber Veränderungen im Sinne der pädagogischen Professionalität zu sperren.
Keineswegs sollen deshalb die angedeuteten Unzulänglichkeiten und die damit verbundenen beruflichen Belastungen angezweifelt werden. Es soll hier auch nicht etwaigen Einsparungen das Wort geredet werden. Im Gegenteil würde ich den meisten Einrichtungen vermutlich bescheinigen, dass sie in der Tat sowohl strukturell-finanziell als auch personell deutlich unterversorgt sind. Solange dies der Fall ist, kann sich allerdings auch keine Einrichtung auf Dauer damit legitimieren, dass sie vorgibt, sie sei in der Lage, alle von Politik und Verwaltung als (pädagogisch) lösbar dargestellten Probleme tatsächlich auch nur annähernd „regeln“ zu können. Es ist auch keine Schande, wenn sich Einrichtungen der Hilfe außenstehender BeraterInnen bedienen. Ferner könnten Supervision und andere Reflexionshilfen Mittel sein, Ziele wieder klarer fassen zu können, Selbstbeschränkung zu üben und das jeweilige Konzept fortzuentwickeln. Dazu gehört auch, sich den zum Teil als provokativ erlebten „neuen Anforderungen“ bezüglich einer Qualitätsentwicklung und -sicherung (und was sonst noch damit zusammenhängt) zu stellen, sich – und dies hoffentlich kritisch im professionellen Sinne – auf sie einzulassen. Das wiederum bedingt auch das Erlernen eine veränderten Sprache.
Gut vorstellbar, dass „gute“ PädagogInnen dies als geradezu blasphemisch empfinden, dass Unsicherheiten auftreten; Unsicherheiten z.B. dergestalt, ob man mit anderen Vokabeln nun hochstaple, Augenwischerei betreibe usw. Wir sollten uns darüber klar werden, dass eine Portion Schlitzohrigkeit und Selbstbewusstsein zu einem Nominalwechsel dazugehören. Ein sich ändernder Nominalismus ist noch kein Paradigmenwechsel, und das betrifft sowohl die Pädagogik als auch Ökonomie und Verwaltung. Wenn wir also davon ausgehen, dass Begriffe zunächst einmal nur Namen sind und nichts über die Qualität ihrer Inhalte aussagen, dürfte pädagogisch intendierte Professionalität nichts zu verlieren haben, es sei denn, die politisch Verantwortlichen entzögen ihr ihre Existenzgrundlage. In der Regel sind unsere Konzepte und unser berufliches Tätigwerden ausreichend gut, um z.B. das, was wir überkommenerweise als „Vor- und Nachbereitung“ bezeichnen, unter dem Begriff „Management“ zu subsumieren. Allerdings gehört zu einem gebührlichen Management auch dessen Planungshoheit. Wir sehen an diesem Beispiel einen deutlichen – eben auch praktischen – Veränderungsbedarf innerhalb der Hierarchie des öffentlichen Dienstes.
Schulen bezeichnen ihre Dienstbesprechungen als „Konferenzen“. Sind Teamberatungen und Dienstgespräche in anderen pädagogischen Einrichtungen nicht ebenso „hochwertig“, dass sie Konferenzcharakter annehmen? Wieso nennen wir unsere Jahres- und anderen Erfahrungsberichte nicht selbstbewusst „Dokumentationen“? Was unterscheidet unser „Tagesprotokoll“ von einem „Evaluationsbogen“? Und schließlich sollten wir „den öffentlichen Dienst“ fragen, wieso Dienstanweisungen nicht längst durch Zielvereinbarungen ersetzt worden sind. Oder sollte „der öffentliche Dienst“ am Ende doch leichtfertig bei der Besetzung von Stellen pädagogischen Fachpersonals vorgegangen sein? Sollte es ihm nicht gelungen sein, keine „Flaschen“ auf Stellen „gesetzt“ zu haben, die einer hochwertigen Qualifikation bedürfen? Oder könnte es sein, dass mit Zielvereinbarungen, ergo einem erhöhten Maß an Übernahme von Autonomie und Verantwortung, sich andere Hierarchieetagen auf ihre Abschaffung gefasst machen müssen?
Ein Paradigmenwechsel in der Verwaltung, dem öffentlichen Dienst, kann erst dann stattfinden, wenn sie sich radikal von ihrer bisher wohl behüteten legalistischen Haltung8 verabschiedete und vielmehr ihre künftigen Aufgaben auf der Ebene fachlichen Beistands und professioneller Beratung wahrnehmen würde. „Außenstehenden“ BeobachterInnen scheint sie davon oft noch weit entfernt zu sein. Vielleicht könnte sie von Aristoteles9 lernen: In seinem 6. Buch der „Nikomachischen Ethik“ führt er aus, dass Klugheit nicht nur das Allgemeine, sondern auch das Einzelne kenne; Klugheit sei handelnd und nicht nur wissend. Bereits im 5. Buch der „Nikomachischen Ethik“ erklärt er, dass immer, wenn Gesetze blind befolgt würden, Ungerechtigkeit daraus folge. Gesetze seien allgemein und daher notwendigerweise unvollkommen in ihrer Anwendung; sie müssten durch Nachsicht10 korrigiert werden. Demzufolge ist ein Nachsichtiger – gestattet sei mir hier die Analogie zum öffentlichen Dienst – einer, der handelt, wie es der Gesetzgeber täte, wäre er an Ort und Stelle: er strebt danach, dass der Buchstabe des Gesetzes dessen Geist nicht erstickt. „Moderner“ ausgedrückt, ließe sich feststellen, dass vermeintlich „korrektes Verhalten“ häufig nicht das passende, geschweige denn ein fehlerloses Verhalten ist.
Partizipation entwickelt sich, folgt man der Fachdebatte, zu einem Dreh- und Angelpunkt der inhaltlichen und methodischen Grundlagen der Arbeit mit Kindern. Hier wird gleichermaßen ein Barometer der Legitimation installiert, dem dann das Wie, Wann und Wo abzulesen sein müsste. Die Frage, wie adäquate Finanzierung und Existenzsicherung erreicht werden können, muss zunächst einmal nicht von der Pädagogik beantwortet werden. Vielmehr ergibt sich diese aus mehr oder weniger konkreten Vorgaben, z.B. aus dem KJHG. Das Land Nordrhein-Westfalen plant in Zukunft eine Entbürokratisierung mit Hilfe sogenannter Wirksamkeitsdialoge. Es ist völlig legitim, dass die Politik – zumal die Fachpolitik – im Gemeinwesen darüber befindet, welche Wirkungen sie verfolgen möchte. Wenn ein Träger sich an den formulierten Zielsetzungen beteiligen kann, sollte er dies auch tun; die Entscheidung über die Qualität seiner Arbeit obliegt ihm selbst, zumal, wenn er sie von seiner Klientel empfohlen bekommt, sie ergo vor einem partizipativen Hintergrund – gepaart mit fachlicher Kompetenz – zustande gekommen ist.
Schließen möchte ich mit einer erweiterten Kritik, die der 10. Kinder- und Jugendbericht in Bezug auf die meisten Jugendverbände formuliert. Ob die Offene Arbeit mit Kindern nicht betroffen ist (in jenem Zusammenhang wurde eine solche Kritik nicht formuliert), scheint zumindest in manchen Fällen zweifelhaft: „Kinder können in überwiegend von Erwachsenen entwickelten und festgelegten Strukturen keinen echten Einfluss auf Entscheidungsprozesse ausüben; sie bleiben auf Projekte und demokratische Spielwiesen beschränkt.“11 Analog dazu möchte ich den Kreislauf weiterverfolgen. Solange Administratoren, einengende, daher wenig fachliche und nicht selten unsinnige Dienstverordnungen, Verfügungen und Anweisungen das Verhältnis zwischen Praxis und Administrative bestimmen, solange werden wir es hier ebenfalls mit einem Tummelplatz – zumeist unter dem Teppich gehaltener – Konflikte zu tun haben. Solange nicht tatsächlich über klare (Ziel-)Vereinbarungen und eine gesicherte Förderung der Bestand organisierter Einrichtungen abgesichert und bedarfsgerecht ausgebaut wird, solange werden wir es mit einer unterentwickelten Verantwortlichkeit, unausgegorener Professionalität und letztlich „demokratischen Spielwiesen“ zu tun haben. Wobei als Nebenwirkungen Bauchschmerzen und Nervenzerrüttung nicht ausgeschlossen sein dürften. Bezüglich ihrer Konzepte und Methoden, zumal der Abenteuerspielplätze, Kinderbauernhöfe und Spielmobile, denen der 10. Kinder- und Jugendbericht die am „ehesten originären kinderspezifischen Ansätze“12 bescheinigt, haben wir „Pfunde“, mit denen wir „wuchern“ können, brauchen wir uns weder zu fürchten, noch zu verstecken. Warum also – bitte schön! – nicht mehr Selbstbewusstsein?

Anmerkungen:
1 Remscheid 1995
2  vgl. K H. Fluhr: Auch ohne Bürger sind wir sehr beschäftigt. Von der Schwierigkeit, die Verwaltung zu modernisieren. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1995, S. 163
3  1957
4  vgl. C.N. Parkinson: Parkinsons Gesetz und andere Studien über die Verwaltung. ECON-Verlag, Neuausgabe, 2. Auflage, Düsseldorf 1997
5  vgl. L.J. Peter & R. Hull: Das Peter-Prinzip oder Die Hierarchie der Unfähigen. Rowohlt Verlag, Reinbek 1970
6  vgl. L. J. Peter: Die Peter-Pyramide. EBGO: Die Einheitlich Bürokratische GrundOrdnung. Rowohlt Verlag, Reinbek 1990
7  vgl. K.-H. Brodbeck: Die fragwürdigen Grundlagen der Ökonomie. Eine philosophische Kritik der modernen Wirtschaftswissenschaften. Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, Darmstadt 1998, s. hierzu auch MEDIENMAGAZIN in dieser Ausgabe
8  nach dem Motto: Gesetze und Verordnungen sind dafür da, dass sie eingehalten werden, und wir wachen darüber und … – vgl. Parkinsons Gesetz und das Peter-Prinzip
9  384-322 v. Chr.
10  „epieichia“ – engl. „equitiy“ = Gerechtigkeit
11  Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): 10. Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation von Kindern und die Leistungen der Kinderhilfen in Deutschland, Bonn 1998, S. 230
12  ebd., S. 223 und S. IX

Der Autor ist Bildungsreferent beim ABA Fachverband und Systemischer Berater DGSF.

Eingestellt in das Internet im Juni 2003.

NAGEL-Redaktion – Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

(Kolumne aus: DER NAGEL 59/1997)

Von Bettina Lischewski

Vor wenigen Tagen berichtete mir ein Jugendlicher, dass er eine ältere Dame auf der Straße nach der Uhrzeit fragte. Diese drehte sich erschrocken um, hielt ihre Handtasche fest mit beiden Händen und begann, um Hilfe zu rufen. Wie gut für den Jugendlichen, dass keine Polizei in der Nähe war.

Die Schlagzeilen in den Zeitungen, gerade vor der Wahl: „Jugendkriminalität steigt“,. „Jugend immer gewaltbereiter“ oder „Mit 14 schon ein schwerer Junge“. Die Botschaft: Sie werden immer jünger, lassen alte Damen um Hilfe schreien und geben vor, nach der Uhrzeit zu fragen. Für die Medien sind derartige Nachrichten Waren, die anschaulich und mit dramatischen Überschriften verziert sein sollen, damit sie gelesen und die Blätter verkauft werden. Diese vorgebliche Lebendigkeit scheint das Leben spannender, die alltäglichen Dramen kleiner zu machen. Das Resultat ist Angst und Unsicherheit der älteren Generation.

Mit Angst hat sich immer schon gut Politik machen lassen. Der Ruf dieser Art von Politik geht in Richtung nach mehr Polizei, nach Stärkung der Inneren Sicherheit, nach sofortigem Handeln, nach dem Ende des angeblichen „Immer-nur-Reden“. Mit härteren Strafen bekäme man die kriminelle Jugend schon in den Griff. Ein guter Weg, von den eigentlichen Problemen abzulenken: Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung, Perspektivlosigkeit und damit verbundene Gefühle von Ohnmacht und fehlender Anerkennung. Die Polizei hat mit höheren Präsenzanforderungen genug zu tun und muss sich um Stellenstreichungen nicht kümmern. In Zeiten der hohen Arbeitslosigkeit eine dankbare Angelegenheit. Hätten die Jugendlichen die Möglichkeit, etwas zu sagen, dann würde man vielleicht wissen, dass sich viele vergessen und nicht verstanden fühlen.

Die Beweise der dramatischen Realität liefert die Polizei mit der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Besonders aussagekräftig ist diese nicht: vergegenwärtigt man sich, dass circa 90 Prozent der Delikte auf Anzeigen aus der Bevölkerung zurückgehen, wird klar, dass für Anstieg und Fallen der Kriminalitätszahlen besonders die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung eine größere Rolle spielt als das wirkliche Geschehen. Nicht richterliche Verurteilungen, sondern vermeintliche Kriminalitätswahrnehmungen werden in der PKS abgebildet. Ganz abgesehen davon, dass auch Kinder erfasst werden, die nicht strafmündig sind.

Mehr als die „wirkliche“ Entwicklung der Kriminalität scheint die Anzeigebereitschaft der Bevölkerung von der Vorstellung über Umfang und Schwere sozialer Probleme abzuhängen. Damit setzt das Dauerthema „Innere Sicherheit“ erst die Probleme, die es zu lösen vorgibt, in die Welt. Nicht die objektive Bedrohung älterer Menschen ist das Problem, sondern deren Bedrohtheitsgefühl und die gleichzeitige Senkung der Hemmschwelle zur Anzeigenerstattung.

Die Konsumgesellschaft lebt es den Jugendlichen vor: Nur wer Arbeit hat und Geld, sitzt vorne in der Reihe. Was da eigentlich zählt, unterstrich der ehemalige Bürgermeister Hamburgs in diesem Jahr bei einem Besuch des Jugendklubs Burgwedel. Neben guten Ratschlägen an die jungen Leute („Hört auf zu rauchen!“ oder „Ernährt euch gesund!“) gab er ihnen mit auf den Weg, sie müssten sich nur viel Mühe geben, dann würde auch bei ihnen bald ein Mercedes vor der Tür stehen. Welche Mühen er damit gemeint hat, liegt auf der Hand, aber: unter den gegenwärtigen Bedingungen dürfte es nachvollziehbar sein, daß Jugendliche schneller mit fünf geklauten Autoradios ans Ziel kommen als mit der Hoffnung auf ein Taschengeld oder auch 480 Mark Ausbildungsvergütung.

Es geht im Rahmen der Kriminalitätsdiskussion um alle Jugendlichen, auch um die „einfachen“ Normabweichler. Dass für junge Menschen vielleicht andere Normen und Werte existieren als für Erwachsene, wird kaum mehr berücksichtigt. Es ist schon klar, daß Bürgerschafts-Spitzenkandidaten einen anderen Geschmack als die Kids haben, wenn sie sich im Wahlkampf aufmachen, Hamburg von Tags und Graffitis zu befreien. Wo Jugendliche ihre Art moderner Kunst im öffentlichen Raum ausleben, mit sogenannten „Schmierereien“ ihre Duftmarke nach dem Motto „Mich gibt es! Vergesst mich nicht!“ setzen wollen, wird kriminalisiert und verfolgt. Den Kick, den Jugendliche bei ihren Aktionen brauchen, mit dem sie ihre Grenzen und Möglichkeiten austesten, ist ein Bedürfnis, das ohne Sanktionen anscheinend nicht mehr auskommen darf.

Statt die gesellschaftlichen Bedingungen in den Mittelpunkt zu stellen, an ihnen etwas zu ändern, wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Mehr Einsatz von Polizei wird nur mehr Unsicherheit schaffen. Bei derartigen Stammtischparolen werden sich Jugendliche wohl bald nicht mehr auf die Straße trauen dürfen.

Die Autorin war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im NAGEL Mitarbeiterin im Jugendclub Burgwedel des Verband Kinder- und Jugendarbeit in Hamburg.

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