Gerichtsurteile auf die der „i-Punkt“ hingewiesen hat
Arbeitsrecht: Kettenverträge
Wer als Aushilfe arbeitet, aber jeden Monat gleich lautende Lohnabrechnungen bekommt, gilt automatisch als fest eingestellt und genießt dadurch Kündigungsschutz. (Arbeitsgericht Frankfurt am Main 7 Ca 244/03)
i-Punkt 2-2004
Diverses zur Aufsichtspflicht
Ein elfjähriges Mädchen stieg aus dem Auto ihrer Mutter nach rechts aus, während letztgenannte links in einer Einbahnstraße hielt. Die sich öffnende Tür trifft ein vorbeifahrendes Auto. Die Mutter bzw. deren Autohaftpflichtversicherung haften für die Kratzer am Auto. Das Landgericht Mainz sah hierin eine Aufsichtspflichtverletzung. (Urteil Landgericht Mainz 6 S 15/98)
Während eines Fahrradausfluges fuhr die sechsjährige Tochter eine Fußgängerin an, nachdem die Kleine plötzlich so schnell vorausgefahren war, dass die Eltern sie nicht mehr sehen konnten. Die Eltern müssen für den Schaden aufkommen. Der Blick- und Rufkontakt zum Kind hätte aufrecht erhalten werden müssen. (Urteil Kammergericht Berlin 22 U 1221/96)
Ein dreijähriger Junge verschwand in einer Apotheke hinter der Theke, um dort zu einer Bonbonauslage zu gehen, die ihn angelockt hatte. Dabei kommt er an den Hauptstromschalter und schaltet die Elektroanlage aus. Unter anderem stürzt der Computer ab. Es entstand ein Schaden von 2200 ?. Die Mutter muss nicht haften. Es sei ihr nicht zuzumuten, ihr Kind stets an die Hand zu nehmen. (Urteil Landgericht Coburg 32 S 163/01)
InformationsDienst 12-2002
Aufsichtspflicht im Geschäft
Eltern verstoßen nicht gegen ihre Aufsichtspflicht, wenn sie in einem Geschäft ihr Kind nicht ständig an der Hand führen. Ein solche Verpflichtung besteht nur, wenn eindeutig abzusehen ist, dass das Kind Schaden anrichten wird. Für unerwartete Schäden haftet daher der Ladenbesitzer, nicht die Eltern. (Landgericht Coburg 32 S 163/01)
i-Punkt 6-2004
Aufsichtspflicht und Haftung: Kinder müssen im Verkehr nicht ständig beobachtet werden
Bis zur Reform des Haftungsrechts mussten Eltern ihre Kinder ständig im Auge behalten, wenn sie sie zum Beispiel Fahrrad fahren ließen. Das führte in der Praxis zu einer Rundum-Haftung. Nach der Änderung des BGB gilt dies nicht mehr, wie auch ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach ausführte: Eine Mutter, die einige Meter vor ihrem Kind mit dem Fahrrad fährt, haftet nicht, wenn ein Auto aus einer Seitenstraße kommt und dabei von dem Fahrrad des Kindes gerammt wird. Früher hätte sie zumindest eine Teilschuld bekommen, weil sie das Kind nicht beobachten konnte – heute haftet allein der Autofahrer. (Landgericht Mönchengladbach 5 S 75/03)
i-Punkt 6-2004
Außenfläche Kindertagesstätte
Die Nachbarn einer Kindertagesstätte können es nicht verhindern, dass ein zur Tagesstätte gehörender Garten in eine Außenspielfläche umgewandelt wird. Der Lärm von in diesem Fall maximal 70 Kindern muss als „unvermeidbare Lebensäußerung“ hingenommen werden. (Verwaltungsgericht Düsseldorf 9 L 1204/03)
i-Punkt 5-2005
Ball auf dem Nachbargrundstück
Landet der Ball im Nachbargarten, dürfen Kinder ihn nicht holen, sondern sie müssen klingeln. Der Nachbar hingegen muss den Ball herausgeben und kann kein Fußballverbot vor seinem Haus verlangen. (Landgericht München 505454/03)
i-Punkt 3-2004
Bolzplatz und Nachbarschaft
Grenzt ein erst kurz zuvor eingerichteter Bolzplatz direkt an das Grundstück von Anwohnern und halten sich die bis zu 20 Jugendlichen nicht an die Öffnungszeiten der mangelhaft eingezäunten Anlage, muss die Gemeinde eine „nachbarschaftsverträgliche Weise“ der Nutzung sichern. Gelingt ihr das nicht, muss der Bolzplatz wieder geschlossen werden. (Verwaltungsgericht Minden 1 K 1027/02 und 1 K 3344/02)
i-Punkt 5-2005
Gesetzliche Unfallversicherung: Abhauen aus dem Kindergarten
Wenn ein Dreijähriger heimlich den Kindergarten verlässt und sich auf „dem Heimweg“ verletzt, muss die Gesetzliche Unfallversicherung eintreten. Kinder sind während des Besuchs in „Regelbetreuungseinrichtungen“ unfallversichert. Der Aufenthalt endet ? SGB VII ? erst, wenn das Kind abgeholt wird oder sich mit Einwilligung der Sorgeberechtigten auf den Weg macht. (Bundessozialgericht B 2 U 20/97 R). Anmerkung: Auch wenn sich das Kind ? mit Einwilligung ? auf den Weg macht, ist es versichert. Es sei denn, es ginge „zwischendurch“ zum Weihnachtmarkt, zum Friseur, zur besten Freundin… und bliebe dort. Sollte es Dinge tun, die mit „der Einrichtung“ nun gar nichts mehr zu tun haben, dann ist es vermutlich nicht mehr versichert.
InformationsDienst 2-2003
Gesetzliche Unfallversicherung: Handeln auf eigenes Risiko ? Verlust der gesetzlichen Unfallversicherung
Während einer Studienfahrt in die Toskana kletterte ein 18-jähriger Schüler über ein Fenstersims, um ins benachbarte Zimmer zu steigen. Sein Lehrer, der dies mitbekam, forderte ihn auf, zurückzugehen. Der junge Mann weigerte sich, fiel hinunter und brach sich mehrere Knochen. Die gesetzliche Unfallversicherung muss nicht zahlen, so das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz: Der junge Mann habe sich schuldhaft und bewusst der Gefahr ausgesetzt.
i-Punkt 12-2003
Gesetzliche Unfallversicherung: Wegeunfall
Ein Autofahrer, der auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall verursacht, kann alle Kosten, die die Versicherung nicht bezahlt, als Werbekosten geltend machen. (Urteil Finanzgericht Hessen 9 K 438/99)
i-Punkt 10-2003
Auch Grundschüler muss mit einer Strafe rechnen
Hartnäckige Störenfriede müssen auch in der Grundschule mit harten Disziplinarmaßnahmen rechnen. Das gilt vor allem, wenn die Eltern nicht bereit sind, an der Erziehung mitzuwirken. Eindeutig stellte sich das Verwaltungsgericht Minden hinter die Entscheidung einer Grundschule, die den Jungen 14 Tage vom Unterricht und sonstigen Schulveranstaltungen ausgeschlossen hatte. Wie die im Luchterhand-Verlag in Neuwied erscheinende Zeitschrift „SchulRecht“ dokumentiert, hatte der Junge wiederholt seinen Klassenkameradinnen „zwischen die Beine gefasst“. Laut Gericht hatten „eine Vielzahl von Ermahnungen und Gesprächen“ nicht dazu geführt, dass der Junge sein Verhalten änderte. Schließlich beschloss die Schule den sofortigen Unterrichtsauschluss. Prompt widersprach der Vater des Jungen und rügte vor allem Formalien. Das Verwaltungsgericht sah die Rechte des Kindes aber angesichts eines Ausschlusses von maximal 14 Tagen nicht verletzt. Die Klassenkonferenz sei sich zudem des Ausnahmecharakters des sofortigen Vollzugs bewusst gewesen. Rechtliches Gehör sei den Erziehungsberechtigten ausreichend gewährt gewesen, heißt es im Beschluss. Das Gericht sah es eher als das Problem des Vaters an, dass dieser die Klassenkonferenz verließ, weil sie sich seiner Bedingung nicht beugte, zunächst über das Fehlverhalten eines anderen Schülers zu reden. Angesichts der „Schwere des Fehlverhaltens“ sei die Maßnahme auch angemessen. Sie verletze keineswegs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Durch sein unbestrittenes Verhalten habe der Junge die Rechte der Schülerinnen „erheblich verletzt“. Sogar noch schwerwiegendere Ordnungsmaßnahmen seien notfalls gerechtfertigt, meinten die Mindener Richter. Daran ändere auch nichts, dass der Vater des Schülers die Taten eher bagatellisiert habe. Auf dem Elternsprechtag fiel diesem nur ein flotter Spruch ein: „Scharfer Hecht, das beginnt ja früh.“ (Verwaltungsgericht Minden 2 L 89/00) (WAZ vom 6. Januar 2004)
i-Punkt 2-2004
Haftung: Keine Haftung für Hundebiss
Obwohl Hunde zumeist als „Luxustiere“ einzustufen sind, wird der Halter nicht in jedem Fall für einen Biss bestraft bzw. muss er nicht dafür haften. Das Oberlandesgericht Celle verwarf am 20. März 2002 die Revision der Generalstaatsanwaltschaft als unbegründet. In dem Fall hatte ein „Münsterländer“ einen zehnjährigen Jungen in die Hand gebissen, als dieser den angeleinten Hund streicheln wollte. Das Gericht vertritt die Auffassung, das derjenige, der einen fremden Hund streichelt, mit dem Risiko leben müsse, gebissen zu werden. (Oberlandesgericht Celle AZ 22 Ss 9/02)
InformationsDienst 4-2002
Haftung von Kindern: Bei geparkten Autos haften auch neunjährige Kinder ? Landgericht Trier korrigiert Gesetzgeber
Beschädigen Kinder ein ordnungsgemäß geparktes Auto, haften sie auch dann, wenn sie zwischen sieben und zehn Jahre alt sind. Mit diesem von der Deutschen Anwaltauskunft veröffentlichten Urteil korrigiert das Landgericht Trier den Gesetzgeber. Durch die Reform des Schadensersatzrechtes im Jahr 2002 hatte der Bundestag die „Verantwortlichkeitsgrenze“ bei Unfällen mit einem Kraftfahrzeug für Kinder von sieben auf zehn Jahre angehoben. Auch Kinder in diesem Alter sollen also nicht für den von ihnen angerichteten Schaden an einem Auto haften, unabhängig davon, ob das Auto fährt oder abgestellt wurde. Das Landgericht Trier entschied aber, dass auch Kinder zwischen sieben und zehn Jahren für Schäden an geparkten Fahrzeugen haften können, teilt die Deutsche Anwaltauskunft mit. Unter sieben Jahren haften Kinder generell nicht. In diesem Fall hatte sich ein Neunjähriger mit seinem Bruder auf der Fahrbahn ein Wettrennen mit Kickboards geliefert. Er war zwar geübt, stürzte jedoch aus Unachtsamkeit. Sein Kickboard prallte gegen die linke Seite eines ordnungsgemäß geparkten Autos; an diesem entstand Sachschaden. Das Amtsgericht wies die Klage des Autobesitzers ab. Denn aufgrund des neuen Schadenersatzrechts würden Kinder bis zu zehn Jahren nicht haften, begründete das Amtsgericht. Die Richter am Landgericht Trier folgten dieser Meinung nicht. Da von einem geparkten Fahrzeug keine größere Gefahr ausgehe als von einer Mauer oder einem am Straßenrand abgestellten Fahrrad, sei nicht einzusehen, warum der Junge nicht haften solle. Die besondere Schutzvorschrift könne nur für den „fließenden Verkehr“, also für Unfälle mit fahrenden Autos gelten. Der Gesetzgeber habe bei seiner Reform die haftungsrechtliche Situation von Kindern im motorisierten Verlehr nachhaltig verbessern wollen. Dies könne allerdings nicht für abgestellte Fahrzeuge gelten. Das Kind wurde zum Schadenersatz verurteilt (Landgericht Trier 1 S 104/03) (WAZ vom 24. Februar 2004). Dass mit der Reform des Schadenersatzrechts die Gefahr einer weiteren Entmündigung junger Leute einherging, war von Anfang an nicht von der Hand zu weisen. Insofern wird die vom Landgericht Trier vorgenommene Korrektur vor dem Hintergrund größerer Chancen für die Entwicklung von Verantwortlichkeiten vom ABA Fachverband sehr begrüßt.
i-Punkt 4-2004
Haftung: Tannenbaum & Co.
Wird durch einen glimmenden Docht ein Brand ausgelöst, muss die Versicherung zahlen. Wer beim Verlassen der Wohnung die Kerzen löscht, hat der Vorsicht Genüge getan und handelt nicht grob fahrlässig. (Urteil Oberlandesgericht Köln 9 U 150/94)
Wer Kerzen auf einem bereits ausgetrockneten Weihnachtskranz anzündet, handelt fahrlässig. Wird dadurch ein Brand ausgelöst, muss die Hausrat-Versicherung keinen Cent zahlen. (Urteil Amtsgericht Frankfurt am Main 32 C 2697/98)
Echte Kerzen auf einem Tannenbaum sind grundsätzlich erlaubt. Die erhöhte Brandgefahr spielt keine Rolle. Bricht ein Feuer aus, muss die Versicherung den Schaden voll zahlen. (Urteil Oberlandesgericht Schleswig 3 U 22/97)
Verlässt eine Familie die Wohnung und vergisst sie dabei die brennenden Kerzen, muss die Versicherung im Falle eines Brandes voll bezahlen. Grund: In der Hektik der Weihnachtszeit könnte man durchaus die Kerzen vergessen. Das Gericht sah keine Fahrlässigkeit, sondern ein entschuldbares Augenblicksversagen. (Urteil Landgericht Oldenburg II U 161/99)
Wer Silvester eine Rakete zündet und damit jemanden verletzt, haftet dafür. Dass der Schütze die Person nur aus Versehen getroffen hat und die Flugbahn nicht vorhersehbar war, spielt dabei keine Rolle. (Urteil Oberlandesgericht Karlsruhe 12 U 109/97)
InformationsDienst 1-2003
Haustiere
Im Konfliktfall handelt es sich bei einem Haustier um Hausrat. Ein Umgangsrecht mit Hausratsgegenständen schaffe keine verbindliche Klärung, sondern provoziere weitere Streitigkeiten. Das befand das Oberlandesgericht Schleswig in einem Revisionsverfahren und hob damit das Urteil des Amtsgerichts auf (Aktenzeichen 12 WF 46/98). Im vorliegenden Fall hatte ein Ehegatte im Scheidungsverfahren um ein Umgangsrecht mit einem gemeinsam Hund geklagt. Das Amtsgericht Bad Mergentheim hatte ein solches für das Wohlbefinden des Tieres für notwendig erachtet. Vor diesem Hintergrund: Im Fall von Tierhaltung in der Einrichtung beizeiten möglichst klare Vereinbarungen treffen!
i-Punkt 10-2003
Thema „Hundesteuer“: Hunde in Einrichtungen (etwa auf dem Abenteuerspielplatz)
Eine Gemeinde darf Hundesteuer nur von natürlichen Personen erheben. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Die Richter waren in einem Rechtsstreit grundsätzlicher Bedeutung zu der Auffassung gelangt, dass die Erhebung einer Hundesteuer von juristischen Personen, wie einer GmbH, nicht ihn Betracht komme. (13 L 2306/99)
i-Punkt 6-2003
Thema Inline-Skater
Wo dürfen Inline-Skater fahren? Nach augenblicklicher Rechtslage gelten sie als Fußgänger. Deshalb müssen sie innerorts auf dem Bürgersteig und außerorts auf der linken Straßenseite fahren. Wenn sie die Straße (Fahrbahn) nutzen müssten, wäre die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer größer. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, die Rechtsgrundlagen für diesen Bereich zu präzisieren. (Urteil Bundesgerichtshof VI ZR 333/00)
Übt ein Inline-Skater auf einem Fahrrad- oder Fußgängerweg das Kurvenfahren, so trägt er 50 Prozent des Schadens, wenn ein nachfolgender Fahrradfahrer wegen des Schlangenlinien-Fahrens stark abbremsen muss und sich beim Sturz schwer verletzt. (Urteil Landgericht Coburg 11 o 320/02)
Stürzt eine Frau auf einem kombinierten Rad-/Fußweg mit ihren Inline-Skates wegen einer Bodenunebenheit, so kann sie die Kommune nicht belangen, weil sie sich bei ihrer „besonders gefahrenträchtigen“ Fortbewegungsart darauf hätte einstellen müssen. (Urteil Oberlandesgericht Koblenz 1 U 881/99)
InformationsDienst 5-2003
Wer eine für Fußgänger und Radfahrer ausgewiesene Baumallee mit Inline-Skates befährt, kann die Kommune nicht wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verantwortlich machen, wenn er wegen einer durch Baumwurzeln hervorgerufenen Bodenwelle stürzt und sich verletzt. Inline-Skater gehen freiwillig eine erhöhte Unfallgefahr ein. (Urteil Landgericht Trier 4 O 99/99)
i-Punkt 6-2003
Kindergeld
Wenn sich ein volljähriges Kind in einer Ausbildung befindet und den Eltern dadurch Kosten entstehen, muss Kindergeld gezahlt werden, egal welcher Beruf erlernt wird. (Urteil Finanzgericht Rheinland-Pfalz 4 K 2257/01)
i-Punkt 10-2003
Eingriff in die Persönlichkeitsrechte bei Minderjährigen
Das Landgericht Bremen hatte sich damit zu beschäftigen, dass von einer Minderjährigen Daten abgefordert sind. Diese musste, wenn man auf der Seite weiterkommen wollte, ihre Einwilligung zur Speicherung personenbezogener Daten abgeben. Diese Forderung verstößt bei Minderjährigen gegen den §§ 104 ff. BGB in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Nr. 1 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es handelt sich um einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Nutzers, die, da sie minderjährig war, diesen Eingriff nicht überschauen konnte. (Landgericht Bremen 1 O 2275/00)
i-Punkt 12-2003
Produkthaftung
Verletzt sich ein vierjähriger Junge am Heiligen Abend beim Spielen mit seinen neuen Bauklötzen durch einen scharfen Splitter, muss der Hersteller nicht nur die Bauklötze umtauschen, sondern auch die Arztkosten voll bezahlen. Grundsätzlich gilt: Kommt es bei normaler Anwendung eines Produktes zu einer Verletzung, haftet der Verletzte nie selbst. (Urteil Bundesgerichtshof VI ZR 192/98)
InformationsDienst 1-2003
Reitunfall
ein Urteil, das für Einrichtungen mit Pferdehaltung von Interesse sein könnte
Wer ein fremdes Pferd geritten hat, kann Schmerzensgeld bekommen, wenn sie/er beweisen kann, dass das Pferd – unverschuldet von der Reiterin/vom Reiter – „durchgegangen“ ist. Zu dieser Auffassung gelangte das Oberlandesgericht Karlsruhe. Im verhandelten Fall war eine Frau mit neunjähriger Reiterfahrung in der Reithalle von einem Schulpferd gefallen und hatte sich dabei mehrere Wirbel gebrochen. Sie gab an, das Pferd habe gebuckelt und sei ohne ihr Verschulden „durchgegangen“. Die Halterin des Pferdes war anderer Auffassung. Sie habe beobachtet, wie die Reiterin beim Ausgaloppieren einen Steigbügel und dadurch das Gleichgewicht verloren habe. Deshalb sei sie vom Pferd gestürzt. Dieser Sichtweise folgten die Richter des Oberlandesgerichtes. Sie betonten, die Reiterin müsse beweisen, dass das Pferd durchgegangen sei. Diesen Nachweis habe sie nicht erbringen können. KeineR der umherstehenden ZeugInnen habe ein „Durchgehen“ beobachtet. Vielmehr sei es tatsächlich so gewesen, wie die Pferdebesitzerin angab. Folge: Kein Schmerzensgeld und kein Schadenersatz. Die Verletzte hat den Schaden selbst zu tragen. (OLG Karlruhe – 7 U 172/01)
i-Punkt 12-2003
Schulhof als Spielplatz
Die Anwohner einer Schule können sich nicht dagegen wehren, dass der Schulhof von der Stadt auch außerhalb der Unterrichtszeiten für Ballspiele freigegeben wird, da Kinderlärm tagsüber grundsätzlich zu dulden ist. (Verwaltungsgericht Koblenz 1 K 1074/03)
i-Punkt 5-2004
Kein Sorgerecht bei Gewalt
Ein gewalttätiger Mann, der seine Frau erheblich misshandelt hat, kann nicht das Mitsorgerecht fürs gemeinsame Kind einklagen. Das Bundesverfassungsgericht hat so im Fall einer Frau entschieden, die sich das Sorgerecht mit ihrem verurteilten Ex-Mann teilen sollte. (Bundesverfassungsgericht 1 BvR 1140/03)
i-Punkt 2-2004
Sportplatz als Nachbar
Zwar können Nachbarn eines Sportplatzes Vorkehrungen vom Betreiber der Sportstätte verlangen, dass keine Bälle auf das Grundstück fliegen. Ein Grundstückseigentümer darf jedoch keinen „NATO-Stacheldraht“ (in diesem Fall rund vier Meter) ausbreiten, um beispielsweise Kinder davon abzuhalten, irregeleitete Bälle zurückzuholen. (Verwaltungsgericht Minden 11 L 603/03)
i-Punkt 5-2004
Lernen von Fairness im Spiel gehört zu den Aufgaben eines Sportvereins
Bei Anschlussmaßnahmen gegenüber Jugendlichen ist zu berücksichtigen, dass es zu den Aufgaben eines Sportvereins gehört, jugendliche Mitglieder an sportliches ?Fairplay? heranzuführen und damit zu deren Charakterbildung wesentlich beizutragen. Ein Ausschluss ist daher nur bei ?besonders gravierendem Fehlverhalten des Jugendlichen zulässig. (Amtsgericht Germersheim 2 C 866/90)
i-Punkt 7-2004
Steuerformulare
Steuerformulare müssen auch Laien verstehen können. Deshalb hat auch das Finanzamt einen Steuerbescheid nachträglich wieder zu ändern, wenn der Steuerzahler mangels Fachkenntnis falsche Angaben gemacht hat. (Urteil Finanzgericht Köln 8 K 9148/98)
i-Punkt 10-2003
Unfall auf einer Rodelpiste
Schuld lässt sich nicht immer auf andere abwälzen. Diese Erfahrung musste ein Mann machen, der durch einen Unfall beim Rodeln verletzt worden war. Mit seinen Enkeln hatte der Großvater sich auf einem Rodelhang vergnügt. Irgendwann legte er eine Pause ein. Plötzlich kamen zwei vierjährige Zwillinge auf ihrem Schlitten herangebraust, die mit ihm zusammenstießen. Prompt klagte der Mann gegen die Eltern: Sie hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt. Schadenersatz wollte er. Das sah das Landgericht Stuttgart nicht ein: Denn Vierjährige sind laut Urteil „durchaus in der Lage“, allein einen nicht sonderlich gefährlichen Rodelhang zu meistern. Der Großvater hätte selbst aufpassen müssen. (Landgericht Stuttgart 16 S 12/02) (WAZ vom 6. Januar 2004)
i-Punkt 2-2004
Zahlungsverantwortung von Kindern: Vereinsbeiträge
Allein dadurch, dass Eltern, deren minderjähriges Kind einem Angelverein beitritt, auf das Aufnahmeformular zusätzlich ihre Unterschrift setzen, sind sie nicht verpflichtet, Beitragsrückstände ihres Kindes zu begleichen. Anderes gilt nur, wenn die Zahlungsverantwortung aus dem Formular ?deutlich? hervorgeht. (Oberlandesgericht Hamm 15 W 195/99)
i-Punkt 7-2004
Vereinsrecht: Dienstleistungen als Vereinsbeitrag
Ein Verein kann in seiner Satzung Dienstleistungen als Mitgliedsbeitrag vorsehen. Vereinsrechtliche Arbeitspflichten dürfen aber nicht zwingende arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen umgehen. (Urteil Bundesarbeitsgericht 5 AZB 19/01)
InformationsDienst 1-2003
Verkehrssicherungspflicht: Eis auf dem Gehweg
Wer außerhalb einer geschlossenen Ortschaft aufgrund eines vereisten Gehwegs stürzt, hat Pech gehabt. Denn die übliche Streupflicht von Grundstückeigentümern, Städten oder Gemeinden gilt hier nicht. (Urteil Oberlandesgericht Jena 3 U 565/98)
Wer um sechs Uhr morgens auf einem Gehweg wegen Eis und Schnee stürzt, kann den Hauseigentümer nicht belangen. Begründung: Die Streupflicht gilt erst ab sieben Uhr. (Urteil Oberlandesgericht Düsseldorf 24 U 143/99)
InformationsDienst 1-2003
Verkehrssicherungspflicht: Fahrradfahrer müssen auf Unebenheiten selber achten
Stürzt ein Rennfahrer mit dem Fahrrad, weil er durch ein drei Zentimeter tiefes Schlagloch gefahren ist, kann er von der Kommune keinen Schadenersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verlangen. Er muss nämlich auf solche geringfügigen Unebenheiten im Boden achten und sein Tempo entsprechend anpassen. (Oberlandesgericht Braunschweig 3 U 47/02)
i-Punkt 6-2004
Verkehrssicherungspflicht: Verkehrsunsichere Radwege
Radfahrer sind nicht dazu verpflichtet, einen offiziellen Radweg zu benutzen, wenn dieser nicht verkehrssicher ist. In diesem Fall war er zu schmal, mit Werbetafeln zugestellt und zugewachsen. (Verwaltungsgericht Berlin 27 A 241/01)
i-Punkt 6-2004
Weitere Urteile werden regelmäßig im i-Punkt veröffentlicht.