Der Betreute Spielplatz – Pädagogisches Relikt, zeitgemäßer Spielraum oder unverzichtbarer Lebensraum für Kinder?

Von Georg Schottmayer

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Der Betreute Spielplatz (1) ist heute vertrauter Bestandteil unserer Alltagswelt, wenn er auch nicht von allen geschätzt und in den letzten Jahren durchaus kontrovers beurteilt wird. Gerümpel-, Robinson-, Bau-, Abenteuer- und Aktivspielplätze gibt es seit einem halben Jahrhundert (2); die deutschen Plätze können auf eine mehr als 20-jährige Geschichte (3) zurückblicken. (4) Der Betreute Spielplatz ist im Bewusstsein jedes leidlich aufgeschlossenen Bürgers, er gehört zum Standardrepertoire der Stadt- und Grünplaner, ist Thema in der Ausbildung von Gemeinwesenarbeitern und Sozialpädagogen und ist mit einschlägigen Veröffentlichungen in sozialwissenschaftlichen und pädagogischen Büchereien vertreten. Dies ist weder zufällig noch selbstverständlich.
Der Betreute Spielplatz ist Symptom epochaler Lebensverhältnisse wie auch Indiz für gesellschaftliche Defizite und gesellschaftlichen Handlungsbedarf. Es ist gut, sich daran zu erinnern, dass er seine Popularität der politischen und pädagogischen Aufbruchstimmung der endsechziger Jahre verdankt. Für die deutschen Initiatoren des Betreuten Spielplatzes (und wohl auch für diejenigen anderer Länder) war seine Einführung als etablierte Einrichtung Vehikel zur Einleitung eines Wandels in der Einstellung zum Kind, zum Anstoß von Veränderungen im öffentlichen und privaten Umgang mit Kindern, zur Initiierung eines Umlenkens im pädagogischen Denken und Handeln (parallel zu anderen pädagogischen Bewegungen, wie anti-autoritäre Erziehung, Anti-Pädagogik, Kinderladenbewegung u.a.), zur Anregung politischer Aktivität und Willensbildung an der Basis wie auch für gesellschaftliche Innovationen. Man suchte öffentlichkeitswirksam nach Alternativen zu den bestehenden, uniformen, unattraktiven und unübersehbar die Vernachlässigung des Kindes signalisierenden Spielplätzen. Das Kind war offensichtliches Opfer der Verstädterung. Lebensräume für Kinder fehlten in den „unwirtlichen“ und sterilen Wohnquartieren der 60er Jahre und in der immer mehr vom Verkehr überrollten Stadt. Die Feststellung eines Defizits von 100 000 öffentlichen Spielplätzen erschreckte die Bürger der Bundesrepublik. Eine Legitimation größerer öffentlicher Aufwendungen für Kinder, mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit für die junge Generation sowie grundlegende Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse und Entwicklungsbedingungen sollten auf den Weg gebracht werden. (5) Der Betreute Spielplatz ist Replik auf die gesellschaftliche Minderbewertung und Vernachlässigung des Kindes. Er sollte als Teil der Jugendhilfe zu einem traditionelle Erziehungsträger (Familie, Schule) unterstützenden, ergänzenden, aber auch korrigierenden Faktor der Sozialisation werden. Man erkannte das Spiel als „Sozialisationsprodukt und Mangelsymptom“, als Reaktion des Menschen auf eine begrenzende und einengende Selektion von gesellschaftlich erwünschten und zugelassenen Lebensmöglichkeiten. Spiel sollte dazu beitragen, den Entwicklungsspielraum des Menschen zu vergrößern, was heißt: mit komplementären, ergänzenden und erweiternden Funktionen der Unterdrückung von Lebensbedürfnissen, Anpassungszwängen und anderen Mängeln der Sozialisation in einer kapitalistischen Industrie- und Leistungsgesellschaft entgegenwirken und Möglichkeiten zu mehr Lebenschancen für alle eröffnen. (6)
Ausgehend von Initiativen in Berlin und Hamburg sowie englischen und dänischen Vorbildern verbreitete sich der Betreute Spielplatz schnell in der Bundesrepublik. (7) Höhepunkt der Entwicklung, bewertet nach der Anzahl der entstandenen Plätze, war die Zeit zwischen 1972 und 1978 mit Schwerpunkten in Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. In der Folgezeit ging die Zahl der Neueröffnungen zurück; es kam zu Spielplatzschließungen. Beide Trends wiesen eine über mehrere Jahre steigende Tendenz auf; in den 80er Jahren stagnierte die Entwicklung. (8) Die Zuschüsse der Kommunen und anderen Träger, existenzielle Grundlage der Betreuten Spielplätze, wurden immer mehr gesenkt oder sogar eingestellt. Die Phase der Stagnation fällt in die Jahre stärksten Wirtschaftswachstums; die mangelnde Finanzkraft der Städte und Gemeinden als Hauptträger konnte daher nicht die Bedingung für die Kürzung der Haushaltsmittel sein, mit der die weitere Entwicklung gehemmt, unterbunden oder in eine der Kommunalpolitik dienliche Richtung gelenkt wurde. Die heute in Deutschland bestehenden etwa 300 Betreuten Spielplätze (9) arbeiten vielmehr in einem veränderten gesellschaftlichen Umfeld und unter veränderten Anforderungen. Umformungsprozesse sind seit Ende der 70er Jahre bemerkbar; mit ihnen sind gravierende Wandlungen der Kindheit einhergegangen. Angesichts dieser Entwicklung stellen sich Fragen, die Konzepte, Rechtfertigungen oder sogar Daseinsberechtigung der Betreuten Spielplätze betreffen: Sind sie pädagogisches Relikt der 60er Jahre und fristen sie ein geduldetes Dasein als Aufbewahrungsstätten für Kinder? Erkaufen sie sich ihre Existenz mit der Einengung ihrer Arbeit auf pädagogische Reparaturleistungen an sozialen Brennpunkten? Bewirken ihre gegenwärtigen Haupttätigen als Sozialstationen für Kinder ein unverdientes, gleichwohl schädliches Negativ-Image der Betreuten Spielplätze? (10) Sind sie als Ort für Kinder überhaupt noch zeitgemäß? Müssen sie sich gegen eine Konkurrenz von Freizeit- und Betreuungsangeboten behaupten, daher ihre Position neu bestimmen und andere Aufgaben als die bislang verfolgten übernehmen? Oder werden sie entgegen ihrer unveränderten gesellschaftlichen und pädagogischen Bedeutung als Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche unterbewertet und dementsprechend unzureichend gefördert?
Für eine grundlegende Besinnung auf gesellschaftliche Funktionen und pädagogische Aufgaben des Betreuten Spielplatzes ist angebracht, die bis heute von Betreuern, Dachverbänden und Erziehungswissenschaftlern vertretene Konzeption der Anfangszeit einerseits und Erkenntnisse über gesellschaftliche Veränderungsprozesse andererseits in Beziehung zu setzen. Den Ausführungen sollen einige wesentliche Ergebnisse der Untersuchung vorangestellt werden: 1. Gesellschaftliche Veränderungen und der Wandel von Kindheit haben zu einer Vermehrung der Aufgaben Betreuter Spielplätze und zu einer Intensivierung der pädagogischen Arbeit geführt, die jedoch immer noch von der Konzeption der Anfangszeit getragen wird. 2. Betreute Spielplätze haben in der Gegenwart gesellschaftlich wichtigere und pädagogisch grundlegendere Aufgaben zu erfüllen als zur Zeit ihrer Entstehung. An die Stelle von pädagogischem Optimismus ist die nüchterne pädagogische Bewältigung von Alltagsproblemen getreten, keineswegs aber unter Aufgabe der pädagogischen Leitvorstellungen. 3. Betreute Spielplätze ergänzen die Funktionen und Tätigkeiten anderer Betreuungseinrichtungen für Kinder in nicht ersetzbarer Weise. 4. Die gesellschaftliche und pädagogische Bedeutung der Betreuten Spielplätze steht in einem Missverhältnis zu ihrer Anzahl, Verbreitung und zu ihrer Förderung durch die öffentliche Hand.

Pädagogische Ziele

Strategien

Grundsätze pädagogischen Handelns

 

Umweltgestaltung/

Offenheit
(Offenheit gegenüber Strukturiertheit)

Situationsorientiertheit
(Situationsorientiertheit gegenüber Situationsdistanziertheit)

pädagogische Betreuung

 

Veränderbarkeit
(Veränderbarkeit gegenüber Beständigkeit)

Vielseitigkeit
(Vielseitigkeit gegenüber Spezialisierung)

Bedürfnisorientiertheit
(Bedürfnisorientiertheit gegenüber Bedürfnisveränderung)

Sozialisationsorientiertheit
(Sozialisationsorientiertheit gegenüber Sozialisationsveränderung)

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Konzeptioneller Bestandteil der pädagogischen Arbeit auf Betreuten Spielplätzen ist der persönliche Kontakt zwischen Betreuern und Kindern (vgl. hierzu die Tabelle Pädagogisches Konzept des Betreuten Spielplatzes aus dem Jahre 1973). (11) Individuelle Interaktionsmuster zwischen Betreuern und den Kindern der „Stammgruppen“ sowie eine persönliche, den Platzbetrieb bestimmende Atmosphäre waren von Anbeginn an Charakteristikum Betreuter Spielplätze. In einer Beschreibung dänischer Bauspielplätze aus den Jahren 1969 und 1970 heißt es: „Nicht selten nutzen sie (Anm.: die Kinder) den persönlichen Kontakt mit Freizeitpädagogen, um Sorgen und Nöte zu besprechen, für die andere Erwachsene keine Aufmerksamkeit haben.“ (12) Die Betreuer waren immer schon für die regelmäßig anwesenden Kinder Bezugspersonen und Hauptmotiv, den Spielplatz aufzusuchen. Das galt ebenfalls immer schon besonders für solche Kinder, „die von den Familien schlecht betreut werden, und die nicht in die Familien integriert sind.“ Aufgabe der Spielplätze war dementsprechend immer auch die „Kompensation von Mängeln der familialen Betreuung.“ (13) Es folgert geradezu zwangsläufig aus dem Konzept der Betreuten Spielplätze, dass Veränderungen in den Betreuungsleistungen der Familie und im innerfamilialen Verhältnis von Erwachsenen und Kindern, wie sie in der Gegenwart zu verzeichnen sind und Bedingungen des Wandels von Kindheit ausmachen, von erheblichem Einfluss auf die Arbeit der Betreuten Spielplätze sind.
Eine unübersehbare Tatsache ist, dass Kinder heute weniger als vor zwei Jahrzehnten Mittelpunkt der Familie sind und im Focus der Lebensinteressen von Erwachsenen stehen. Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit der Zuwendung, Bedingungslosigkeit von Annahme und Anerkennung, allumfassende Sicherheit, Nestwärme und Geborgenheit sind in Frage gestellt, zurückgegangen oder sogar abhanden gekommen. Die Beeinträchtigung kindlicher Grundbedürfnisse hat eine Zunahme alltäglicher Probleme, Nöte und Belastungen zur Folge. Resignation, Angst, Aggression, „Verhaltensstörungen“ (Weglaufen, Risikoverhalten, Destruktivität, emotionale Defizite u.a.) und „Verwahrlosung“ (Eigentums- und Gewaltdelikte, Drogen- und Alkoholkonsum u.a.) haben sich ausgebreitet, „Problemkinder“ sind mehr und vor allem selbstverständlich geworden. Die Suche nach Aufmerksamkeit und der Wunsch nach Anerkennung prägen Leben und Handlungen vieler Kinder. Bedingungen hierfür liegen in der veränderten Lebensauffassung und -führung eines großen Teils der Familien: im Wandel des Selbstverständnisses der Frau, in der Veränderung der innerfamilialen Rollenverteilung und dem Aufkommen von Rollenunsicherheit bei den Erwachsenen, in der Beanspruchung beider Eltern durch Beruf und Erwerbstätigkeit, in der Steigerung von Ansprüchen an materielle Lebensqualität, in der Delegation familialer Betreuungsfunktionen an institutionelle Dienstleistungen, um nur die bemerkenswertesten Tatsachen zu nennen. (14) Die geringere Erziehungskraft der Familie ist auch durch weitreichende gesellschaftliche Wandlungsprozesse begründet. Veränderungen im Werte- und Normensystem, steigende Anforderungen an Qualifikationen für Erfolg und Statussicherung mit entsprechendem Leistungsdruck der Schule, Unsicherheit in der Bestimmung von Zukunftsperspektiven, Umweltbedrohung und gesellschaftliche Phänomene, mit denen man nicht gelernt hat umzugehen (Drogen, Aids, Gewalt, Rassismus, Einflüsse der Massenmedien, Konsum u.a.), erfordern einen höheren Betreuungsaufwand und qualifiziertere Erziehungsleistungen als noch vor wenigen Jahren; sie überfordern vielfach das Elternhaus. Kinder sind heute mehr als früher Opfer der Lebensverhältnisse ihrer Eltern, Objekte der Bedürfnisse von Erwachsenen und Vernachlässigungen ausgesetzt. Ein beträchtlicher Teil von Familien lebt heute am Rande der Wohlstandsgesellschaft oder ist sogar gesellschaftlich ausgegrenzt. Mehrkindfamilien sind ökonomisch benachteiligt. Kinder geraten zunehmend unter den Einfluss von Ereignissen, die sie nicht verarbeiten können, und die ihnen seelischen Schaden zufügen; man denke an die Ausbreitung von Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Alkoholismus, an die Trennung von Ehepartnern, an häusliche Gewalt oder an den Missbrauch von Kindern. Vernachlässigung und Belastung von Kindern sind auch an familiale Überbetreuung gekoppelt. Zumeist verbunden mit materieller Überversorgung stehen Kinderbetreuung und -erziehung vielfach unter dem Ziel der Erwachsenen, der Gesellschaft wohlgeratene und funktionierende Kinder zu präsentieren. Leben und Tageslauf dieser Kinder sind mehr oder weniger „inszeniert“ und mit Veranstaltungen ausgefüllt, die von den Erwachsenen als zukunftsträchtig angesehen werden. (15) Die Lebensverhältnisse der Kinder haben sich auch dadurch verändert, dass die Familien heute vielfach weniger Eigenleben aufweisen, und das heißt: weniger Anregungen und Erfahrungen bieten als früher. Merkmale hierfür sind der Rückgang der Familiengröße (Tendenz zur Ein-Kind-Familie), die Lockerung und Verminderung des innerfamilialen Kommunikations- und Beziehungsgeflechts und die Isolation der Kleinfamilie mit einem Rückgang der Erfahrung von sozialer Mischung und Vielfalt (z.B. durch Kontakte mit Gleichaltrigen und Erwachsenen außerhalb der Familie, etwa in der Verwandtschaft und Nachbarschaft). Familientypische Unternehmen und Geselligkeit, Tätigkeiten im Binnenraum der Familie (Ausgliederung in Kindertagesstätte, Schule, Arbeitswelt, Freizeitunternehmen usw.) und Vorbild gebende Aktivitäten der Erwachsenen sind rückläufige Erscheinungen. An die Stelle von „Familienkultur“ sind vielfach außengeleitete Aktivitäten (PKW-Mobilität, Fernsehen, Freizeitkonsum u.a.) getreten.
Zum Konzept der Betreuten Spielplätze und ihren pädagogischen Grundaufgaben gehört, „Mängeln und Schwächen der Sozialisation entgegen(zu)wirken …“ (16) Die Aufgaben werden bis heute nach den pädagogischen Grundsätzen „Orientierung an der Situation“, „Orientierung an der Sozialisation“ und „Orientierung an den Bedürfnissen der Kinder“ in Betreuungshandlungen umgesetzt (17) (vgl. Tabelle Pädagogisches Konzept des Betreuten Spielplatzes, vgl. Fußnote 7). Damit ziehen die Plätze, man kann sagen folgerichtig, in besonderem Maße sozial unterbetreute und emotional vernachlässigte Kinder an. „Orientierung an der Situation“ heißt: mehr als früher einzugehen auf Probleme und Belastungen der Kinder, wie sie aus dem alltäglichen Leben erwachsen, Aggressionen abzufangen, Frustrationen abzubauen, zu beraten und zu helfen, „den Tag überstehbar (zu) machen.“ (18): es geht um häusliche Probleme, um Schulkonflikte, um Schulaufgaben- und Nachhilfe, um Berufswahl, um Schwierigkeiten in der Gruppe Gleichaltriger, um Auseinandersetzungen mit Behörden u.ä. Der Betreute Spielplatz ist auch der Ort, an dem die Kinder ausspannen und an den sie sich zurückziehen können von alltäglichen Notwendigkeiten, Anpassungsdruck, Restriktionen und Sanktionen und anderen Beeinträchtigungen. „Orientierung an der Sozialisation“ heißt heute mehr als früher Umgang mit „Problemgruppen“, d.s. „kaputte“, „verwahrloste“ Kinder, Kinder aus „schwierigen“ Familienverhältnissen, oft auch aus randständigen Familien. Mit dem Hort für kleine Kinder, mit Mädchenarbeit, mit der Betreuung von Schulaufgabengruppen, der Bildung von Jugendgruppen, der Integration ausländischer Kinder, um nur einige Beispiele zu nennen, übernehmen Betreute Spielplätze in der Gegenwart Funktionen, die ehemals von der Familie erfüllt wurden, übernehmen sie Aufgaben verlorengegangener sozialer Netzwerke (Verwandtschaft, Nachbarschaft) und öffentlicher Einrichtungen. Um die Arbeit mit Kindern gruppieren sich zusätzliche Betreuungsaufgaben: Beratung von Eltern und Familien, Organisation von Treffpunkten für junge Mütter, Einrichtung von Eltern-Kind-Gruppen u.a. Aufgaben der Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit. (19) „Orientierung an den Bedürfnissen der Kinder“ heißt heute mehr als früher „Arbeit auf Beziehungsebene“, d.h. Vertrauen weckende, Sicherheit gebende und Verlässlichkeit bewirkende Beziehungen zwischen Betreuern und Kindern aufzubauen und dauerhaft zu erhalten. (20) Das Prinzip der Offenheit ist für den Betreuten Spielplatz zentral und durch andere Einrichtungen (z.B. Kindertagesstätte, Schule, Therapieeinrichtung) nicht erfüllbar. Das Prinzip bedeutet, dass die Kinder freiwillig auf den Platz kommen und sich den Betreuern zuwenden, dass kein regelhafter Zwang und institutioneller Druck herrschen. (21) Das Konzept des Betreuten Spielplatzes weist eine weitere Eigenart auf, die ihn wiederum von anderen Einrichtungen unterscheidet. Aus der Tabelle Pädagogisches Konzept des Betreuten Spielplatzes wird erkenntlich, dass es nicht nur darum geht, Kinder aufzubewahren und Defizite zu kompensieren, auch wenn Betreuer unter dem Druck der alltäglichen Platzarbeit verständlicherweise zu diesem Urteil gelangen.(22) Die Arbeit bleibt nicht auf die Situation, Sozialisation und die Bedürfnisse der Kinder fixiert. Betreute Spielplätze sind immer zugleich darauf eingestellt, den Status quo zu überwinden: Beziehungen werden aufgebaut, Selbstgefühl wird gestärkt oder geweckt, Emotionen werden gefördert; Kinder lernen, mit Frustrationen umzugehen, sich anderen zuzuwenden, Konflikte zu regeln, Probleme zu lösen. Betreute Spielplätze sind (offene) Lernorte. (23)Zur gegenwärtigen Situation ist festzustellen: Die Arbeit der Betreuten Spielplätze hat sich schwerpunktmäßig von der Spielpädagogik zur Spielplatzpädagogik verlagert. (24) Das bedeutet, dass die eingangs erwähnten Funktionen des Spiels ihre Bedeutung nicht verloren haben. Spiel bleibt Probier-, Lern- und Entfaltungsraum auch für die „Arbeit auf Beziehungsebene“, die sich nicht nur in der direkten Interaktion, sondern auch im Medium der vielfältigen Platzaktivitäten (Bauen, Basteln, Rollenspiel, Platzgestaltung usw.) vollzieht. (20)

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In das Selbstverständnis Betreuter Spielplätze ist der Umgang von Kindern mit Altersgleichen, Betreuern und anderen Platzbesuchern eingeschlossen. In einem Bericht über dänische Bauspielplätze aus den Jahren 1969/70 heißt es: „Die Bauspielplatzarbeit intendiert die Förderung von sozialen Verhaltensweisen … und von Gruppensolidarität.“ – „Das Zusammensein in Gruppen und mit Erwachsenen (Anm.: Betreuern und begleitenden Eltern) überwiegt bei weitem; Aktivitäten einzelner Kinder sind von geringerer Bedeutung.“ Demselben Bericht ist zu entnehmen, dass Gruppen- und kollektive Aktivitäten 72 Prozent der auf mehreren Plätzen beobachteten Aktivitäten ausmachten. (25) Offenbar war der Bedarf an sozialen Erfahrungen und Verhaltensweisen bereits in der Anfangszeit der Plätze vordringlich. Als Bedingungen hierfür wurden die Sozialisationsdefizite der Kleinfamilie (Privatismus, Rückgang verwandtschaftlicher und nachbarschaftlicher Netzwerke), die Ausgliederung des Kindes aus dem Leben der Erwachsenen, sein Leben in altershomogenen Gruppen (Kindertagesstätte, Schule), die Förderung von Konkurrenz und Rivalität durch die Schule, die gesellschaftliche Unterbewertung sozialen Verhaltens (Ellenbogenmentalität) u.a. für Kindheit insgesamt geltende Einflüsse erkannt, die sich in den zwei Jahrzehnten des Bestehens der Plätze erheblich verstärkt haben.
Neue gesellschaftliche Entwicklungen haben den Betreuten Spielplatz als sozialen Erfahrungs- und Lernraum zusätzlich aufgewertet. Dazu gehört die Verminderung von sozialen Kontakten und Beziehungen durch den Geburtenrückgang. Der Geburtenrückgang wird an einer Reihe von sozialen Phänomenen deutlich, wie etwa den Tendenzen zur Ein-Kind-Familie (geschwisterlose Kindheit), zur kinderlosen Lebensgemeinschaft und zur Abnahme der Kinderdichte in den Wohngebieten. (26) Die Abnahme von Kontakten zu Gleichaltrigen (Straßensozialisation, Spielkontakte, Freundschaften) und der Rückgang von Gruppen- und Teamerfahrungen sind als Folgen zu verzeichnen. Kleinfamilie und Institutionen wirken sich gleichsinnig auf eine Isolation des Kindes zum sozialen Umfeld und auf eine starke emotionale Besetzung des Kindes durch die betreuenden Erwachsenen (Eltern, Erzieher, Lehrer) aus. (27) Die zunehmende Segregation von Bevölkerungsgruppen in Wohngebieten (Schickeria- und Yuppie-Viertel, Einzelhausgebiete, mittelständische Neubaugebiete, nicht sanierte Altstadtgebiete, Massenquartiere des sozialen Wohnungsbaus, Gettos mit ethnischen Subkulturen) verringern die Möglichkeiten zur Erfahrung sozialer Vielfalt und Mischung. Der Rückgang pro-sozialen Verhaltens (Verantwortung für andere, Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft, Kooperation usw.) steht die Zunahme von demonstrativer Destruktivität, Gewalttätigkeit und Kriminalität, insbesondere an sozialen Brennpunkten, gegenüber, Phänomene, die das Aggressionspotential verstärken, Aggressivität legitimieren und für hohe Einschaltquoten bei den darauf abzielenden Sendungen des Fernsehens mit Gewaltdarstellungen sorgen. Es ergeben sich für die Existenz Betreuter Spielplätze unerlässliche gesellschaftliche Funktionen und pädagogische Aufgaben, nämlich das soziale Verhaltensrepertoire der Kinder zu erweitern, zum Abbau von Aggressionen und einschränkendem Umgang mit eigener und fremder Aggressivität beizutragen, Anlässe für eine Auseinandersetzung mit sozialen Rollen und Zusammenhängen aufzugreifen, Erfahrungen mit dem Leben in der Gruppe anzuregen, Gemeinschaftsgefühl und Wir-Bewusstsein („unser Platz“) zu fördern. (28) Der Betreuung des Umgangs mit Altersgleichen in offenen Situationen kommt dabei besondere Bedeutung zu, nicht nur des zahlenmäßigen Rückgangs dieser Beziehungen im alltäglichen Leben wegen. Die Gruppe der Gleichaltrigen hat in den letzten Jahrzehnten an Einfluss gewonnen und ist als Sozialisationsfaktor Konkurrent von Familie, Schule u.a. traditionellen Erziehungsträgern geworden. Die Gruppe der Gleichaltrigen fördert Selbstständigkeit in der Aufnahme von Kontakten und Beziehungen, ist soziales Probierfeld (Erfahrungen mit Freund- und Feindschaften), fordert Verständnis für andere und Eingehen auf ihre Interessen, zwingt zur Lösung von Problemen und Regelung von Konflikten, Erfahrungen und Fähigkeiten, die sich im Umgang mit Erwachsenen nicht entwickeln können. (29) Der Betreute Spielplatz ist idealerweise Treffpunkt im Wohnquartier: er kann Begegnungsstätte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, für Besucher unterschiedlicher sozialer und ethnischer Herkunft, für jung und alt sein. Er hat damit die Chance, die Erfahrung sozialer Mischung und Vielfalt zu vermitteln. (30) Er kann diese Aufgaben nur erfüllen, wenn er im Wohngebiet nicht isoliert, sondern in dieses als Nachbarschaftszentrum und Bewohnertreff integriert ist. Es gibt Plätze, in deren Anspruch es liegt und deren personelle Ausstattung es möglich macht, derartige Aufgaben wahrzunehmen. (31)

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Der Betreute Spielplatz verdankt seine Entstehung dem pädagogischen Ziel, dem Kind Raum zur freien Entfaltung, zur Eigenerfahrung und zur Aneignung von Umwelt zu bieten. Über die Förderung sinnlicher Erfahrung mit der gegenständlichen Welt, von Körperwahrnehmung, Bewegungserfahrung und Handlungsfähigkeit sollen grundlegende Beiträge zur geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung erbracht werden. Wirklichkeitserfahrung soll unmittelbare Erfahrung sein und auf Eigentätigkeit beruhen: im Spiel sollen Kinder etwas selber machen, forschen, probieren, entdecken, erfinden und Einfälle verwirklichen können. (32) Die Initiatoren der Betreuten Spielplätze waren Entdecker der Gerümpel- und Bauspiele und Erfinder des „Aktivspielplatzes“ (eine dänische Wortschöpfung): sie reagierten auf die Lebensverhältnisse und Entwicklungsbedingungen des Kindes in einer verstädterten und technisierten Lebenswelt. In dem bereits erwähnten Bericht über dänische Bauspielplätze aus den Jahren 1969/70 heißt es dazu: „Bauspielplätze sind … ein Phänomen der gegenwärtigen Phase der Verstädterung.“ (33) Die Umsetzung dieses pädagogischen Ansatzes prägt das Bild der Betreuten Spielplätze bis heute: sie bieten den Umgang mit elementaren, in der Lebenswelt der Kinder verschütteten Dingen und Situationen. Dazu gehören vor allem: Raum und Anlass für Bewegung (Herumtoben, Bewegungsspiele, Sport); handwerklicher Umgang mit einfachen Geräten und unfertigen Materialien (Errichtung von Bauwerken, Konstruieren, Basteln, Gestalten); Umgang mit Feuer, Wasser und Erde; Umgang mit der lebenden Natur (Pflanzen- und Tierhaltung); Umgang mit Nahrungsmitteln (Mahlzeiten zubereiten). (34) Von Anbeginn an waren die Betreuten Spielplätze „Fremdkörper“ in einer von Ordnung und Perfektion geprägten Umwelt, in der Elementarerfahrung nicht möglich ist: die Unordnung auf den Platzarealen entspricht den pädagogischen Prinzipien der Offenheit, Veränderbarkeit und Vielseitigkeit, nach denen die Ziele in die pädagogische Arbeit und den Platzbetrieb umgesetzt und mit denen nicht verzichtbare Voraussetzungen für eine hinreichende Anregung von Eigenerfahrungen geschaffen werden (vgl. Tabelle Pädagogisches Konzept des Betreuten Spielplatzes, s. Fußnote 7).
Die geschilderten Ziele und Grundsätze haben ihre Bedeutung nicht verloren; sie sind angesichts gravierender gesellschaftlicher Veränderungen noch erheblich wichtiger geworden. Die Lebensverhältnisse der Kinder seit der Anfangszeit der Betreuten Spielplätze sind durch einen zunehmenden Verlust an Eigenraum, d.h. einen Rückgang von Möglichkeiten zur sinnlichen und unmittelbaren Erfahrung, zu aktiver und produktiver Umweltaneignung, zum spontanen Handeln, zum Umgang mit dem eigenen Körper und zur Entwicklung von Bewegungsfähigkeiten mit dementsprechenden Defiziten in der Gesamtentwicklung gekennzeichnet. (35) Die „autogerechte“ Stadt und eine immer höhere Wohndichte der Siedlungsgebiete haben die Freiräume, vor allem im unmittelbaren Wohnungsumfeld, eingeschränkt; das Wohnen ist heute durchweg auf ein Leben in den „vier Wänden“ reduziert; die Monofunktionalität (Isolierung der Lebensfunktionen) von Räumen und Orten (das Getto Spielplatz eingeschlossen) ist Ursache für die Monotonie und Anregungsarmut von Bebauungen der letzten Jahrzehnte. (36) Die so sehr grob gekennzeichnete Entwicklung hat dem Kinde Erfahrungsräume und Aktionsfelder genommen; die Kinder der Gegenwart leben überwiegend ohne Eingebundensein in das Leben vor der Tür (Nachbarschaft, Öffentlichkeit der Straße usw.). Straßensozialisation, eine Nahwelt außerhalb von Elternhaus und Familie (und der Kontrolle der Erwachsenen) ist weitgehend Vergangenheit. (37) Die Urbanisierung hat (zusammen mit anderen Einflüssen, wie der Abnahme der Kinderdichte und häuslichem Umgang mit Fernsehen, Telespielen, Computern und Spielzeug aller Art) die Verhäuslichung von Kindheit gefördert. Für die Umwelterfahrung des Kindes hat man den Begriff der Verinselung geprägt: die Wohnung ist nicht mehr Mittelpunkt eines Lebensraumes, den sich das Kind schrittweise zu eigen macht; die Orte seiner Erfahrung liegen wie Inseln, die Verkehr und Kommunikationsmedien erreichbar machen, außerhalb sinnlicher und motorischer Reichweite, in einer sonst wenig bekannten Umwelt.(33)
Weltzugang und Weltsicht der Kinder sind heute durch die Kommunikationsmedien geprägt (Fernsehen, Radio, Phono, Homecomputer, Telefon u.a.). Sie vermitteln dem Kind eine Vielzahl von Eindrücken, Erfahrungen und Kenntnissen, dies weitgehend außerhalb der Einflussnahme von Eltern und anderen Betreuungspersonen. Geht man davon aus, dass gegenwärtig immer weniger Kinder über eine Grundlage von Elementarerfahrung und eigenständiger Umweltaneignung sowie alternative Anregungen und Informationsquellen verfügen, sind Befürchtungen vermutlich realistisch, dass ihre Erfahrung zunehmend mediatisiert (auf mittelbare Erfahrungen beschränkt), industrialisiert (auf ein Kaleidoskop von Eindrücken reduziert), zu Oberflächlichkeit veranlasst (für reizarme Eindrücke desensibilisiert) und auf ein einseitiges Weltbild eingeengt wird. (38) Ähnliches gilt für Einflüsse, die von der Technisierung des Alltagslebens (Haushalt, Massenmedien, Spielwaren, Verkehr) ausgehen. Es steht außer Frage, dass Kinder, die in diesem „Ensemble technischer Medien“ aufwachsen, nicht nur damit umzugehen lernen, sondern eine Reihe neuer Fähigkeiten entwickeln (Neugier, Flexibilität, Problemlösungsstrategien und andere intellektuelle Fähigkeiten). Die Annahme, dass damit ein Rückgang von direkter Erfahrung, Eigentätigkeit und Kreativität einhergeht, um nur die substantiellsten Erwartungen zu nennen, liegt für jene Kinder nahe, denen es von Hause aus an Anregungen und Erfahrungsquellen, an Eigenständigkeit und Produktivität mangelt. (39)
Nach wie vor hat der Betreute Spielplatz daher die Aufgabe, Raum zur allseitigen, freien Entfaltung zu sein und vielfältige Anregungen zur eigenständigen Aneignung von Umwelt zu bieten: Spielpädagogik ist klassische und nicht verzichtbare Aufgabe des Betreuten Spielplatzes. Sie unterscheiden ihn wesentlich von anderen Betreuungseinrichtungen, auch solchen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Dem widerspricht nicht, dass auch die bereits dargestellten Aufgaben einer Spielplatzpädagogik, wie sie sich in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt haben und den Betreuern sozusagen „im Nacken sitzen“, zu erfüllen sind. Die Arbeit auf der Beziehungsebene, Hilfe und Unterstützung bei alltäglichen Belastungen, Problemen und Sorgen, die Entwicklung und Betreuung tragfähiger Beziehungen sind keine Alternativen zur Spielpädagogik. Auch sind das Spiel, das Angebot von Freiraum und die Anregungen durch Gerät und Material zu wichtig, als dass sie nur Mittel zum Zweck einer Bewältigung dringender Tagesprobleme sein sollten. (40)
Spielpädagogik ist heute schwieriger geworden. Spielbetreuung und materielles Spielangebot sind vielfach unzureichend: viele Kinder müssen spielen lernen. Es sind die Kinder, die sich nichts zutrauen und abverlangen, die ohne den Schutz von Eigenständigkeit den Anreizen und Zumutungen einer „fertigen“ Welt ausgesetzt sind. Die Förderung von Selbstvertrauen steht hier vor den Aufgaben von Spielförderung. (41)
Spielangebote provozieren Ausgleichshandlungen: Einschränkungen, Druck und Zwänge des Alltags bewirken, dass die Kinder sich im Freiraum des Platzes unterdrückter Bedürfnisse entledigen müssen: laut sein, toben, sich dreckig machen, herummatschen, andere ärgern, sich absetzen und sich verweigern u.a. Verhaltensweisen gehören zu den Möglichkeiten, die der Betreute Spielplatz (als „Robinson- und Abenteuerspielplatz“) bietet. Gleichwohl bleiben in diesen Situationen andere wichtige Funktionen von Spiel „auf der Strecke“: zur Entwicklung neuer Fähigkeiten, wie dargelegt, und zur Förderung von Selbstverwirklichung beizutragen, wie noch ausgeführt werden soll. (42) Spielbetreuung bedarf heute der Ergänzung. Angesichts der Herausforderungen, die aus dem Umgang des Menschen mit der Umwelt erwachsen, weisen die Aufgaben der Betreuten Spielplätze über eine Spielpädagogik und den Spielraum des Platzes hinaus. Sensibilisierung für die Erhaltung der Natur, für den Umgang mit den natürlichen Ressourcen, für Umweltzerstörung und Umweltbedrohung, die Erfahrung ökologischer Zusammenhänge, die Umwelt durchschaubar machen  u.a. Aufgaben erfordern die Einbeziehung der alltäglichen Lebenswelt der Kinder in die Arbeit. (43) Ähnlich weisen die bereits dargelegten Aufgaben einer Spielplatzpädagogik auf Anlässe und Ziele der Arbeit außerhalb von Spiel und Spielplatz. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Mit der Entstehung der Betreuten Spielplätze war erkannt, dass Spiel unter pädagogischen Ansprüchen nicht „Insel“ sein darf, sondern „Zelle“ sein muss. Es erhält seine Funktion aus den Vorgängen der Welt, die nicht „Spiel“ ist, und wirkt sich wiederum auf diese aus. (44) Das wird auch deutlich, wenn heute dem Betreuten Spielplatz die gesellschaftliche Funktion auferlegt wird, zur „Stabilisierung“ und zur „Rückeroberung“ von Kindheit beizutragen.

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Als Grundmotiv für die Einrichtung und Verbreitung Betreuter Spielplätze, als zentrales Anliegen bei Bestimmung ihrer gesellschaftlichen Funktionen und als tragender Bestandteil ihres pädagogischen Konzepts sind unschwer Aufgaben auszumachen, die den Umgang des Kindes mit sich selbst betreffen. Zur Zeit der Gründung Betreuter Spielplätze gab es pädagogisch schwerwiegende Erkenntnisse über die Vernachlässigung und Unterdrückung von Selbstbestimmung und von Partizipation der Bürger in der Gesellschaft sowie über entsprechende Defizite in der individuellen Verwirklichung von Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein. Als Ergebnis von Untersuchungen über die Bedeutung von Spiel im Sozialisationsprozess, sie stand unter dem Leitbild eines innengeleiteten, ich-starken und autonomen Menschen, wurde festgestellt: „Hauptfunktion des Spiels ist, Selbstbestimmung zu ermöglichen …“ Daraus ergab sich als Hauptaufgabe der Betreuten Spielplätze die Förderung von „Eigenständigkeit“, d.h. die Anregung selbstbestimmter Aktivität, selbstinitiierter Lernprozesse, aktiver Aneignung von Umwelt, eigenständigen Gruppenverhaltens und von Eigeninitiative bei öffentlichen Vorgängen. (46) Auf dem Betreuten Spielplatz sollte und soll bis heute möglich sein und gefördert werden, was in der realen Lebenswelt der Kinder nicht mehr stattfindet oder nur noch marginale Bedeutung hat: etwas anfangen, etwas unternehmen, etwas herauszubekommen suchen, Einfälle haben, sich etwas zutrauen, Entscheidungen treffen, etwas zuwege bringen und etwas können, zu etwas gebraucht werden, zu sich stehen, sich selbst beurteilen, aus eigenen Fehlern und Erfolgen (nicht nur aus der Beurteilung durch andere) lernen, die eigenen Grenzen erkennen, Außenlenkung durch Selbstkontrolle ersetzen, äußere Anforderungen (Gebote, Verbote, Machtansprüche, Normen, Rollen usw.) und eigene Ansprüche in Beziehung setzen und durch Eigenverantwortung ersetzen, Selbstdurchsetzung und Selbstrücknahme abwägen, um die am häufigsten gebrauchten Zielbenennungen anzuführen. (47) Anlage der Plätze, materielle Ausstattung, alltäglicher Platzbetrieb und Verhalten der Betreuer waren und sind durch diese Ziele begründet und auf sie ausgerichtet. Eine ebenso offene und veränderbare wie vielseitige und komplexe Situation sollte und soll die Kinder herausfordern und ermutigen, eine von ihnen selbstgestaltete und eine von ihnen mitgestaltete Welt zu schaffen, sollte und soll ihr Bedürfnis und ihre Fähigkeit stärken, „an der Bewältigung und Veränderung ihrer Lebenssituation eigenständig mitwirken (zu) können“. (48) (Vgl. Tabelle Pädagogisches Konzept des Betreuten Spielplatzes, 7)
Die Erfüllung dieser notwendig kursorisch dargelegten grundlegenden gesellschaftlichen Funktionen und pädagogischen Aufgaben des Betreuten Spielplatzes hat in der Gegenwart erheblich an Bedeutung gewonnen. Die gesellschaftliche Entwicklung und der Wandel von Kindheit fordern dazu heraus. Kindheit ist heute mehr als vor zwei Jahrzehnten inszenierte und vom Erwachsenen geplante Kindheit. Bedingungen hierfür sind vor allem in der stärkeren Anleitung des Kindes und seiner stärkeren Kontrolle durch den Erwachsenen zu sehen. Das Kind geht heute im alltäglichen Leben weniger als früher mit Gleichaltrigen und mehr mit Erwachsenen um: in der Familie (zumeist ohne Geschwister) und in einem Netzwerk von Institutionen (Kindertagesstätte, Schule, Verein usw.), wo es – im Auftrage der Eltern – stundenweise, halb- oder sogar ganztags wiederum von Erwachsenen betreut wird. Für einen Teil der Kinder, den man gewiss nicht gering ansetzen darf, gilt, dass sich Eigentätigkeit, Eigenverantwortung und Spontaneität in ihrem Leben nicht entfalten können, weil es nach einem vom Erwachsenen eingerichteten „Terminkalender“ verläuft. Kindheit als Gegenwart findet nicht statt, sie wird durch Unternehmen ausgefüllt, die der Erwachsene für zukunftsträchtig hält. (49) Für einen anderen Teil von Kindern, der, wie bereits erwähnt, an Zahl unübersehbar zugenommen hat, beeinträchtigen oder verhindern Betreuungsmängel und emotionale Defizite die Entwicklung von Eigenständigkeit und Selbstvertrauen. Bedingungen für mehr Außenleitung und Fremdbestimmtheit von Kindheit sind auch, dass Kinder heute, verglichen mit Altersgleichen vor zwanzig Jahren, „in einer anderen Welt“ leben, in einer „fertigen“, „vorproduzierten“, vom Wirtschaftskalkül und Konsum (Waren, Dienstleistungen, Informationen, Unterhaltung usw.) bestimmten Welt, in der Freiheit mit Wahlfreiheit gleichgesetzt wird und Raum für Kreativität und Selbstverwirklichung nur für eine Minderheit existiert. (50) Was Leben und Entwicklung der Heranwachsenden sichtlich beeinflusst, ist der Rückgang von Mit- und Selbstbestimmung und die Entwicklung einer immer mehr von Eliten und Experten beherrschten Gesellschaft. Die Missachtung von Meinungen und Bedürfnissen der Basis hat ihren Preis, wie gegenwärtig am Verhalten von Kindern, Jugendlichen und eines Teiles der erwachsenen Bevölkerung zu beobachten ist. (51) Mit diesen negativen Feststellungen ist, so könnte man meinen, eine Reihe von Tatsachen unvereinbar, die ebenfalls einen Wandel von Kindheit kennzeichnen. Kinder sind heute selbstbewusster, sie machen unabhängiger von Erwachsenen Erfahrungen, das offizielle, vom Erwachsenen geleitete Lernen verliert an Bedeutung. Kinder verfügen vielfach über Fähigkeiten, die sie ohne Zutun und Anleitung des Erwachsenen erworben haben, und mit denen sie Erwachsenen nicht selten überlegen sind. Man spricht von einer Nivellierung der Differenzen zwischen Erwachsenen und Kindern, von einer Verschiebung der Generationskompetenzen, von einem Statusverlust der Erwachsenen und Statuszuwachs der Kinder. (52) Die „neuen“ Fähigkeiten der Kinder bestimmen jedoch nicht ihre Lebenssituation. Sie treten in vielen alltäglichen Situationen zutage, sie haben vielfach den Umgang von Erwachsenen und Kindern verändert, und sie verhindern vermutlich in vielen Fällen unbegründete Machtausübung und ungerechtfertigte Disziplinierung durch den Erwachsenen. Sie sind aber auch Auslöser für Konflikte, die der Erwachsene, so darf man annehmen, durchweg nach seinen Ansichten und Interessen regelt. Mit der Deklaration der „Rechte des Kindes“ ist Kindheit formal gesichert. Aber Alltag ist, dass der Erwachsene immer noch mit grundlegenden, Gegenwart und Zukunft prägenden Entscheidungen Kindheit formt und verformt. Das mag sich ändern, nicht „von allein“, sondern unter dem Einfluss von Verhältnissen, in denen dem Kind Raum zum eigenständigen, Selbstbewusstsein fördernden Umgang mit der materialen und sozialen Umwelt gegeben ist, so wie auf dem Betreuten Spielplatz und in anderen Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.
Die gekennzeichneten Veränderungen unterstreichen den hohen Rang, der einer Förderung von Eigenständigkeit und Selbstbestimmung als zentralen Bestandteilen im Konzept der Betreuten Spielplätze zukommt. (53) Kindern Selbstwertgefühl (Selbstdurchsetzung, aber auch Selbstbeschränkung) zu vermitteln, sie zur Eigenverantwortung, Eigentätigkeit und dazu anzuregen, ihre „eigene“ Welt zu gestalten, stellen hohe Ziele dar. Sie sind notwendig, um die alltägliche pädagogische Arbeit auf dem Platz immer wieder auszurichten. Ein Raum, der frei ist von den alltäglichen Notwendigkeiten und Zwängen, die Beschränkung der Pädagogik auf Vorbild und Anregung, die Zurückhaltung im erzieherischen Eingriff, um nur einige immer wieder genannte Bestandteile der pädagogischen Strategie zu nennen, sind unverzichtbare, heute aber nicht mehr zureichende Ansätze der Betreuungsarbeit. Die Betreuer müssen heute mehr als früher mit Kindern umgehen, für die der Spielplatz immer wieder und jeden Tag neu Raum zur „Entladung“ von unterdrückten Bedürfnissen und zur Entledigung von Frustrationen, eben nicht Anregung für Selbstbestimmung und Eigenständigkeit ist. Sie haben auch mehr als früher mit Kindern zu tun, deren Selbstbild und Ich-Identität durch Konsum und vielerlei andere Arten der Außenleitung geprägt sind, und die mit Anregungen zur Eigenständigkeit wenig anzufangen wissen. (54) Eine Lösung dieser pädagogischen Probleme ist mit unterschiedlichen Vorgehensweisen zu erwarten. Dazu gehört, die Kinder nicht durch die Offenheit der Situation, durch zu hohe Erwartungen an Veränderbarkeit (durch die Initiative der Kinder) und durch zu große Vielfalt zu überfordern, Grundsätze, wie sie nicht neu sind und des Öfteren im Überschwang der Anfangszeit vernachlässigt worden sind. (55) Vermutlich viel entscheidender als die pädagogische Strategie ist der Umgang der Betreuer mit den Kindern. Wenn ein Schwerpunkt der Spielplatzpädagogik heute, wie dargestellt, auf der „Beziehungsarbeit“ liegt, so bedeutet dies, dass vor vielem anderen Bestätigung des Selbst der Kinder und Aufbau ihres Selbstvertrauens in vielen und unscheinbaren Situationen des Zusammenseins von Betreuern und Kindern stattfinden müssen, in denen die Kinder emotionale Grunderfahrungen machen können, nämlich: dass jemand für sie da ist, verlässlich und immer, wenn sie ihn brauchen, der sich ihnen ohne Wenn und Aber zuwendet und sie ohne Bedingungen akzeptiert. Das ist viel, und das ist mehr, als den meisten Kindern täglich widerfährt.

6

Mit der vorliegenden Bestandsaufnahme wurden unverzichtbare gesellschaftliche Funktionen und pädagogische Aufgaben des Betreuten Spielplatzes in der Gegenwart aufgewiesen, nämlich die Unterstützung der Kinder bei der Bewältigung alltäglich-existenzieller Probleme durch pädagogische Arbeit auf der Beziehungsebene, die Förderung von sozialem Verhalten und von Gruppenfähigkeit, die Anregung von aktiver und produktiver Auseinandersetzung mit der Umwelt sowie die grundständige Hilfe bei der Entwicklung von Selbstvertrauen und Eigentätigkeit.
Die Bedeutung der Arbeit Betreuter Spielplätze ergibt sich mehr denn je aus den Erfordernissen, die von der gesellschaftlichen Entwicklung und dem Wandel von Kindheit ausgehen. Zieht man ein Fazit der Tagesarbeit Betreuter Spielplätze, so kann man feststellen, dass sie heute Aufgaben erfüllen, die den Bestand von Kindheit als gesellschaftlichen Lebens- und Entwicklungsraum betreffen. Kinder sind in der Gegenwart, wie dargelegt, Einflüssen ausgesetzt, die Kindheit als Moratorium einschränken oder sogar bedrohen. Man spricht vom „Verschwinden der Kindheit“, von der „Liquidierung der Kindheit“, von „gestohlener Kindheit“. (56) Die in der Anfangszeit Betreuter Spielplätze postulierte Bedeutung von Spiel und der Aufgaben von Spielplätzen, nämlich Mängeln der Lebensverhältnisse und Entwicklungsbedingungen entgegenzuwirken, heißt in aktueller Formulierung: Verteidigung von Kindheit (der Betreute Spielplatz als Schutzraum gegen Gefährdungen, Belastungen und Einschränkungen, als Raum zur Rückeroberung von Kindheit), heißt Ort zur Bewältigung von Kindheit (der Betreute Spielplatz als Hilfe gegen eine Gettoisierung von Kindheit und beim Umgang mit neuen Entwicklungen und Einflüssen), heißt Beitrag zur Stabilisierung von Kindheit (der Betreute Spielplatz als Stütze beim Umgang mit alltäglichen Problemen, als Hilfe beim Ausgleich von emotionalen Defiziten, als Ersatz für verlorengegangene Betreuung). (57) Sucht man nach Antwort auf die Frage, wer oder was in der Gegenwart diese Aufgaben von existenziellem Rang leistet, gerät man in Schwierigkeiten. Die erkennbaren Trends in der Kinderbetreuung stimmen eher nachdenklich und unzufrieden. Die Gemeinden schränken heute unter dem Druck der Tagesprobleme Kinder- und Jugendarbeit immer mehr auf die sozialpädagogische Betreuung von Problemgruppen ein. Die Versuche, Kinder und Jugendliche in öffentliche Funktionen und Vorgänge („Kinderparlament“, „Kinderbeauftragter“) einzubeziehen, erscheinen mehr als Legitimation unbefriedigender Verhältnisse denn als Beiträge zur Förderung des Kindeswohls. (58) Antworten auf die Frage sind dort zu suchen, wo ein offener Umgang mit Kindern und Jugendlichen der gegenwärtigen Situation und zukünftigen Entwicklungen Rechnung trägt, wo von der Zielsetzung her im weitesten Umfange präventiv gearbeitet wird. Dies geschieht heute auch in den traditionellen Sozialisationsinstanzen (Familie, Kindertagesstätte, Schule), jedoch eher ansatzweise und exemplarisch, denn überkommene Erziehungsvorstellungen müssen verändert, neue Umgangsformen mit dem Kind akzeptiert und eingeführt werden. Die Unternehmen und Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (Kinderhäuser, Kinderkulturarbeit, Jugendzentren u.a.) bedürfen, soweit es sich um neue Ansätze handelt, der Bewährung. Diese hat der Betreute Spielplatz mit einem Zeitraum von zwanzig Jahren hinter sich. Weitaus die meisten Ansätze Offener Kinder- und Jugendarbeit sind spezieller Art, ihre Vielseitigkeit ist durch unterschiedliche Zielsetzungen und Aufgaben eingeschränkt. Der Betreute Spielplatz stellt unter den offenen Einrichtungen diejenige mit der größten Vielfalt und damit der größten Anregungsbreite, vermutlich auch mit dem größten Grad an Offenheit dar. Und er ist, die Feststellung mag banal erscheinen, im städtischen Funktionsgefüge eine Stätte mit Ortsqualität, ein Ort für Kinder. Diese Argumente bestärken die Feststellung, dass der Betreute Spielplatz gegenwärtig und weiterhin unverzichtbare und durch andere Einrichtungen nicht ersetzbare Funktionen einzunehmen und Aufgaben zu erfüllen hat. Kommunen und andere Träger sind gut beraten, wenn sie sich dessen besinnen und mit der Erhaltung und Einrichtung Betreuter Spielplätze aktive Politik für Kinder praktizieren würden.

Quellenhinweise

Zur Geschichte der Betreuten Spielplätze

Schottmayer, G., Schaack, E., Herrmann, P.: Der Bauspielplatz. In: Westermanns Pädagogische Beiträge, 23. Jahrgang, Heft 6/1971, S. 283 ff. – Autorengruppe des Abenteuerspielplatzes Märkisches Viertel: Abenteuerspielplatz MV, Dokumentation, Bund Deutscher Pfadfinder, Berlin, 1971 – Schottmayer, G.: Betreute Spielplätze in Deutschland. In: Verbandskurier, Verband Hamburger Spielplatzinitiativen e.V., Jahrgang 7, Dezember 1992, S. 16 ff. – Nahrstedt, W., Fromme, J.: Aktivspielplätze in der Bundesrepublik Deutschland, Institut für Freizeitwissenschaft und Kulturarbeit e.V., Bielefeld, 1987.

Zum Konzept Betreuter Spielplätze

Schottmayer, G.: Spiel als „zweiter Bildungsweg“. In: Tutzinger Studien, Evangelische Akademie Tutzing, Ausgabe 3/1975, S. 7 ff. – Schottmayer, G., Christmann, R.: Spielplatzpädagogik, Überlegungen zur Gestaltung einer pädagogischen Umwelt. In: Flitner, A. (Hrsg.): Das Kinderspiel, Piper Verlag, München, 4. Auflage 1978, S. 242 ff.

Zum Wandel von Kindheit und Familie

Aus der Fülle von Veröffentlichungen zu diesem Thema wurden direkt einbezogen: Harms, G. u. Preissing, Ch.: Kinderalltag, FIPP Verlag, Berlin, 1988 – Schülein, J.A.: Die Geburt der Eltern, Westdeutscher Verlag, Opladen, 1990 – Lempp, R.: Familie im Umbruch, Kösel Verlag, München, 1986 – Geulen, D.: Kindheit, Verlag Beltz, Weinheim u.a., 1989.

Zum Wandel der gesellschaftlichen Funktionen und pädagogischen Aufgaben Betreuter Spielplätze

Außer Gesprächen mit Betreuern und eigenen Beobachtungen wurden Veröffentlichungen des Verbandes Hamburger Spielplatzinitiativen e.V. herangezogen: Meyer, A.: Sind Abenteuerspielplätze noch zeitgemäß? In: Verbandskurier, Jahrgang 7, Dezember 1992, S. 2 ff. – Kromminga, P.: Die Kinder und die Arbeit haben sich verändert. In: Verbandskurier, Jahrgang 7, Dezember 1992, S. 24 ff. – Kupfer, H.: Leserbrief zum Wandel der Arbeit auf Betreuten Spielplätzen. In: Verbandskurier, Jahrgang 8, 1. Quartal 1993, S. 34 ff.

Vorstehender Beitrag von Georg Schottmayer erschien im Original in der Dokumentation „Lernfeld Bauspielplatz – 20 Jahre Bauspielplatz Nürnberg-Langwasser“. Die komplette Dokumentation kann über den ABA-Literatur-Versand bezogen werden. Der Beitrag wurde ferner veröffentlicht in: DER NAGEL 57/1995. Prof. Dr. Georg Schottmayer ist Erziehungswissenschaftler an der Universität Hamburg. Dortmund 2002.

Anmerkungen:
1 Anm. d. Red.: Bis vor einiger Zeit wurde versucht, mit dem Begriff „Betreuung“ auf eine besondere Qualität hinzuweisen, analog dazu auch mit dem Begriff „Betreuter Spielplatz“. Pädagogische Fachkräfte wurden dementsprechend BetreuerInnen genannt. Angesichts einer fortschreitendenFachdebatte, besteht bei den Aktiven im ABA Fachverband Konsens darüber, diesen Begriff nicht mehr zu verwenden, wenn auf Qualität gedeutet werden soll. Angesichts einer Flut vermeintlicher „Betreuungsangebote“, bei denen Qualität nicht selten unhinterfragt bleibt, kann man gegenwärtig – 2002 – eher zu der Auffassung gelangen, dass „Betreuung“ auf eine möglicherweise minderwertige Leistung hindeutet. Konsequent durchdacht bedeutet „Betreuung“ die Ver-, mindestens aber Behinderung kindlicher Emanzipationsbestrebungen und -versuche. Im ABA Fachverband wird als Oberbegriff die Bezeichnung „Abenteuerspielplatz“ verwandt. Diese Bezeichnung impliziert den größten Teil der konzeptionellen Dimension, wie sie im hier vorliegenden Beitrag von Georg Schottmayer trefflich vermittelt wird. Professionelle MitarbeiterInnen sind für uns keine BetreuerInnen, sondern „pädagogische Fachkräfte“. Wir verkennen nicht, dass es darüber hinaus noch unzählige „BetreuerInnen“ gibt, die höchst unprofessionell zu Werke gehen.
2 Anm. d. Red.: Als der „erste Abenteuerspielplatz der Welt“ wird zumeist ein „Gerümpelspielplatz“ (skrammellegeplads) in Emdrup bei Kopenhagen „gehandelt“. Dieser wurde vom Kopenhagener Gartenarchitekten und Kunstprofessor Carl Theodor Sørensen 1943 gegründet, nachdem er feststellte, dass die „konventionellen“ Spielplätze, die er anlegte, von Kindern nur wenig benutzt wurden. Anderen Quellen zufolge gab es bereits in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts „Bauspielplätze“ in Moskau.
3 Anm. d. Red.: Gehen wir von der Gründung des ersten deutschen Abenteuerspielplatzes 1967 in Berlin aus, können die hier behandelten Einrichtungen nunmehr – 2002 – auf eine 35-jährige Geschichte zurückblicken. Der erste Abenteuerspielplatz in Nordrhein-Westfalen wurde 1971 in Dortmund eröffnet. Da er nur etwa ein Jahr existierte, die Stadt Dortmund erst Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts weitere Abenteuerspielplätze eröffnete, befindet sich der älteste – noch existierende Abenteuerspielplatz Nordrhein-Westfalens in Düsseldorf. Der dortige Abenteuerspielplatz Oberkassel beging in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum.
4 siehe Quellenangaben zur Geschichte der Betreuten Spielplätze
5 Schottmayer, G., 1975/1 – Autorengruppe des Abenteuerspielplatzes Märkisches Viertel, 1971
6 Schottmayer, G., 1975/2, S. 389 f. – Schottmayer, G., 1975/1, S. 7, S. 23 – Schottmayer, G., Christmann, R.: Kinderspielplätze, Band 44 der Schriftenreihe des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit, Bonn, 1977 (2. Auflage), S. 57 ff.
7 Schottmayer, G., 1992
8 Nahrstedt, W., 1987, S. 10 ff.
9 Anm. d. Red.: Gegenwärtig – 2002 – gehen wir davon aus, dass es in Deutschland (nach der Vereinigung) etwa 400 – 450 Abenteuerspielplätze bzw. vergleichbare Einrichtungen gibt. Der 11. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung (Berlin/Bonn 2002) beziffert sie unter Berufung auf das Statistische Bundesamt auf 425 mit insgesamt 1142 Vollzeitstellen. Öffentliche und freie Träger halten sich in etwa die Waage.
10 Kupfer, H., 1993, S. 34
11 Schottmayer, G., 1975/1, S. 246 ff. – Schottmayer G., 1975/2, S. 393
12 Schottmayer, G., 1971, S. 298, S. 306
13 Schottmayer, G., 1971, S. 300 – Schottmayer, G., 1975/2 S. 389
14 Harms, G., 1988, S. 14 ff. – Meyer, A., 1992, S. 13
15 Kromminga, P., 1992, S. 24 ff.
16 Schottmayer, G., 1975/2, S. 392
17 Schottmayer, G., 1975/2, S. 392 ff.
18 Kromminga, P., 1992, S. 26
19 Meyer, A., 1992, S. 10 f., S. 14, S. 38 – Kupfer, H., 1993, S. 34
20 Meyer, A., 1992, S. 10 – Kromminga, P., 1992, S. 25 – Kupfer, H., 1993, S. 34
21 Kupfer, H., 1993, S. 34
22 Kromminga, P., 1992, S. 24 ff.
23 Schottmayer, G., 1975/1, S. 25 – Kupfer, H., 1993, S. 35
24 Schottmayer, G., 1975/1, S. 23
25 Schottmayer, G., 1971, S. 301, S. 308
26 Harms, G., 1988, S. 11 ff.
27 Harms, G., 1988, S. 91 ff.
28 Meyer, A., 1992, S. 5 f., S. 14 ff., S. 32
29 Meyer, A., 1992, S. 5
30 Kupfer, H., 1993, S. 34 f.
31 Meyer, A., 1992, S. 11 f.
32 Meyer, A., 1992, S. 12 – Schottmayer, G., 1971, S. 290, S. 301 ff.
33 Schottmayer, G., 1971, S. 290
34 Schottmayer, G., 1971, S. 301 ff.
35 Harms, G., 1988, S. 91 ff. – Meyer, A., 1992, S. 10
36 Harms, G., 1988, S. S. 161 ff.
37 Harms, G., 1988, S. 91 ff. – Zeiher, H.: Die vielen Räume der Kinder. In: Preuss-Lausitz, U.u.a.: Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder. Beltz Verlag, Weinheim u.a., 1983, S. 176 ff.
38 Harms, G., 1988, S. 109 ff.
39 Harms, G., 1988, S. 109, S. 161 ff.
40 Meyer, A., 1992, S. S. 10 f.
41 Meyer, A., 1992, S. 12
42 Kromminga, P., 1992, S. 24
43 Meyer, A., 1992, S. 5, S. 12
44 Schottmayer, G., 1978, S. S. 254
45 Harms, G., 1988, S. 81 – Meyer, A., 1992, S. 11
46 Schottmayer, G., 1978, S. 243 f. – Riesmann, D.: Die einsame Masse, Rowohlt Verlag, Reinbek, 1970
47 Schottmayer, G., 1978, S. 247, S. 252 – Meyer, A., 1992, S. 4
48 Schottmayer, G., 1978, S. 245 – Meyer, A., 1992, S. 3
49 Meyer, A., 1992, S. 12
50 Meyer, A., 1992, S. 14 – Kromminga, P., 1992, S. 26
51 Kupfer, H., 1993, S. 35
52 Mead, M.: Der Konflikt der Generationen. Walter Verlag. Olten u.a., 1971 (New York, 1970) – Postmann, N.: Das Verschwinden der Kindheit, Fischer Verlag, Frankfurt/M., 1983 (New York 1982) – Doehlmann, M.: Von Kindern lernen. Juventa Verlag, München, 1979
53 Meyer, A., 1992, S. 30
54 Kromminga, P., 1992, S. 25
55 Schottmayer, G., 1978, S. 247 ff.
56 Meyer, A., 1992, S. 10 – Hengst, H.: Tendenzen der Liquidierung von Kindheit. In: Hengst, H. u.a.: Kindheit als Fiktion, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M., 1981, S. 11 ff. – Postmann, N.: Das Verschwinden der Kindheit, a.a.O.
57 Schottmayer, G., 1975/2, S. 391 – Meyer, A., 1992, S. 11 f. – Harms, G., 1988, S. 81 – Kromminga, P., 1992, S. 29
58 Kupfer, H., 1993, S. 34 f.

 

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