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NAGEL-Redaktion – Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule

Über den Umgang mit Schnittflächen in Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Schule

Von Bruno W. Nikles

Es besteht grundsätzlich wohl kein Zweifel an der Notwendigkeit einer engeren Kooperation von Jugendhilfe und Schule und es gibt eine ganze Fülle von einzelnen Beispielen und Ansätzen, wie eine solche Kooperation vor Ort aussehen kann. Kennzeichnend für die derzeitige Situation ist daher nicht, dass nichts geschieht, sondern

 

· dass es noch zu sehr aus einer Defizitperspektive heraus geschieht,

· dass sozusagen aus der Not Tugenden entwickelt werden,

· dass zu wenig systematisch an die Umsetzung von Kooperationen herangegangen wird und

· dass die schul- und jugendhilfepolitischen Perspektiven dieser Kooperation sich ernst noch verbreiten und festigen müssen.

 

In einer solchen Lage kann und muss man einerseits politische und konzeptionelle Signale setzen, andererseits aber auch sehr kritisch darauf schauen, wie man im Sinne gezielter Entwicklungen der Organisationen und der Handlungsansätze zu längerfristig tragfähigen Strukturen kommt und letztlich die Systeme, die heute zunehmend zum Teil nur noch mit großer Mühe der Erziehungs- und Bildungsaufgabe gerecht werden, verändert.

 

Zur Notwendigkeit einer kontextuellen Betrachtung

 

In einer sich sozial, ökonomisch und kulturell sicht- und spürbar rasch verändernden Gesellschaft bedarf es besonders kontextueller Betrachtungen, wollen wir uns nicht im Knäuel der vielfältigen Versuche, Modelle und Projekte verwickeln oder angesichts mangelnder Grundlinien an einzelnen Fällen ausschließlich ?abarbeiten?. Wir müssen strategisch-fachpolitisch darauf hinwirken, dass möglichst klare und tragfähige Orientierungsmuster und Handlungsstrukturen der weiteren Entwicklung Perspektive und Halt geben.

 

Kurze Orientierungen zu den Handlungsfeldern der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit

 

Hinsichtlich der Grundstrukturen der Jugendarbeit ist darauf hinzuweisen, dass es drei große – ihrerseits wiederum differenzierte – Bereiche gibt: die mitgliederbezogene verbandliche Jugendarbeit, die Offene Jugendarbeit (insbesondere in entsprechenden Einrichtungen) und die gemeinwesenorientierte Jugendarbeit. Im Hinblick auf die Schule sind die Angebote der verbandlichen Jugendarbeit eher alternativ und komplementär zu sehen, während die anderen Felder der Jugendarbeit ein breiteres Verknüpfungsspektrum anbieten können.

 

Unterteilt man die Aufgabenfelder der Jugendsozialarbeit, so ist dort zunächst die Jugendberufshilfe, die eher nachrangig in die Jugendhilfe eingeordnet ist, zu nennen. Sie kooperiert mit Schule und Ausbildungssektor, enthält auch Angebote, die schulische Defizite ausgleichen und korrigieren. Insgesamt hat sie eher komplementäre Funktionen.

Die Schulsozialarbeit kooperiert mit der Schule, kann aber systembezogen sowohl additiv zur Schule tätig werden oder in das Schulsystem integriert sein. Weitere sozialpädagogische Angebote der Jugendhilfe ergänzen Jugendberufshilfe und Schulsozialarbeit und nur indirekt auch die Schule.

 

Die Ausgangslage

 

Gewandelte gesellschaftliche Verhältnisse zwingen Jugendhilfe und Schule zur Diskussion und zur Kooperation. Die Zuneigung füreinander ist aus Gründen der unterschiedlichen Arbeitsperspektiven, der andersartigen Personalstrukturen und der jeweiligen Organisationskontexte begrenzt. Weil das so ist und weil von den unterschiedlichen Bedingungsstrukturen auch vielfältige Hemmnisse und Störungen ausgehen, muss besonders sorgfältig an diesen Bedingungsstrukturen gearbeitet werden.

 

Die Ausgangslage ist hinsichtlich der sozialen Probleme gekennzeichnet durch

 

· veränderte Kompetenzen und Reichweiten der Erziehung in der Familie,

· Grenzen der erziehungsbezogenen Leistungsfähigkeit unserer schulischen Systeme,

· gewandelte Verhaltensmuster und Lebenslagen von Schülerinnen und Schülern,

· Bedeutungsverlagerungen zwischen den – zum Teil neuen – Sozialisationsinstanzen und

· veränderte Lebensgewohnheiten und Arbeitsbedingungen in Zeit und Raum.

 

Auf diesem Hintergrund gibt es mannigfaltige Berichte, artikulierte Besorgnisse und Einschätzungen

 

· über Schulversagen (ein übrigens doppeldeutiger Begriff !),

· über psycho-soziale Defizite bei Schülern,

· über ?burn-out?-Syndrome bei Lehrkräften,

· über die Pluralisierung der ethnischen Landschaft mit einer Relativierung von Wertsystemen,

· über mangelnde Flexibilität und Flexibilisierbarkeit der Schulorganisation.

 

Wir werden auch kaum zu Lösungen kommen, bei denen wie bei einer mathematischen Formel ein eindeutig definiertes Ergebnis zustande kommt, zumal die Bedingungen von Ort zu Ort und von Handlungsausschnitt zu Handlungsausschnitt sehr verschieden sind. Wir sind deshalb verwiesen

 

· auf eine Klärung, wohin die Reise gehen soll,

· auf eine Verbesserung der gezielten Implementation und Evaluation und

· vor allem auf eine Stärkung der strukturbildenden Faktoren.

 

Die Systeme und die Schnittflächen

 

Die Betrachtung der Systemkontexte folgt vier zentralen Begriffen: Ziele, Regeln, Orientierungen und Leistungen. Diese Begriffe bezeichnen in Anlehnung an systemtheoretische Analysemuster die zentralen Funktionen, die ein Systemzusammenhang erfüllen muss, um eine gewisse Stabilität zu sichern und um zugleich die System-Umwelt-Beziehungen erfolgreich bearbeiten zu können. Man kann zunächst die Jugendhilfe, sodann die Schule und schließlich das Handlungsfeld ?Jugendhilfe-Schule? jeweils als System betrachten.

 

Aufgrund ihrer Verfasstheit und der Tatsache, dass gerade die Schnittflächen zu anderen Sozialisations- und Handlungsträgern schon immer die charakteristischen Arbeitsbereiche der Jugendhilfe darstellten, ist die Jugendhilfe in der systemischen Betrachtung der Zusammenhänge geübter als die Schule.

 

In diesem Bereich der Interorganisationsaufgaben, das heißt dem Verhältnis und den Funktionen zwischen Organisationen, liegt derzeit der umfangreichste konzeptionelle und organisationsbezogene Steuerungsbedarf. Organisationsentwicklungen werden aus den herrschenden wissenschaftlichen und praxisbezogenen Blickrichtungen in der Regel auf intraorganisationelle Aspekte reduziert und zu wenig unter interorganisationellen Aspekten gesehen. Dies ist ein Grund dafür, warum es auch Planungen ? wie zum Beispiel die Jugendhilfeplanung -, die die Organisationen überspannen sollen, so schwer haben. Meist werden die zwischen den beteiligten Organisationen ablaufenden Prozesse im Sinne von Aktions-Reaktions-Mustern betrachtet und es wird zuwenig darüber nachgedacht, welches die gemeinsamen Systemstrukturen sind, die solche Schnitt- und Grenzfelder auszeichnen – und sie lebensfähig halten. Wir müssen also vor allem die Schnittflächen betrachten, für die und in denen sich die Kooperationen abspielen, wenn Schule und Jugendhilfe gemeinsam neue und veränderte Systemkontexte auf Dauer schaffen wollen.

 

Wenn nun von Schule oder Jugendhilfe die Rede ist, so ist zunächst nicht die einzelne Schule, ein einzelner Schultyp oder ein einzelnes Arbeitsfeld der Jugendhilfe gemeint. Ferner stellen meine Ausführungen laterale – perspektivisch-pendelnde – Suchbewegungen in diesem systemischen Verständnis dar, nicht Antworten auf konkrete Sachverhalte, Bedingungen oder Situationen.

 

Die Systemfunktionen in Einzelbetrachtung

 

Eine zentrale Annahme meiner Überlegungen ist, dass ein soziales System verschiedene zentrale Aufgaben lösen oder bearbeiten muss, um Identität entwickeln und Stabilität gewinnen zu können.

 

  1. Eine erste Aufgabe ist darin zu sehen, dassZieleaufgestellt, verfolgt, in bestimmten Willensbildungsprozessen bearbeitet, angepasst, vereinbart, ersetzt oder neu festgelegt werden. Ein soziales System, dass in diesem Funktionsbereich Schwächen zeigt, muss zwar nicht sofort ins Schlingern geraten, wird aber auf Dauer nicht ausreichend Kraft zur Entfaltung seiner Möglichkeiten gewinnen können. Dies gilt auch für das Verhältnis von Jugendhilfe/Schule, das bemüht sein muss, dauerhaft sich zu etablieren und als System zwischen zwei unterschiedlich strukturierten Hauptsystemen sich zu entfalten.

 

  1. Wenn wir nicht bei einer spontanen, situativen Betrachtung stehen bleiben wollen, dann werden wir auch über die grundlegendenRegelnsprechen müssen, die dem Handlungssystem Jugendhilfe/Schule gegeben oder von diesem selbst entwickelt und gefestigt werden. Zu den Regeln gehören alle Aspekte der Organisation, der regelmäßigen Abläufe, der rechtlichen Absicherung, der Festlegung von Kooperationsstrukturen und Netzen. Der gute Wille, der sich in Programmaussagen erschöpft, wird allein nicht ausreichen, wenn nicht konkrete Vereinbarungen, Regeln und Organisationsstrukturen das Knochengerüst bilden.

 

  1. Es gilt drittens einen Bereich zu betrachten, den ich hier mitOrientierungenbezeichnen möchte. Man könnte ihn auch mit dem Begriff ?pädagogische Kultur? oder pädagogische Grundorientierung begrifflich fassen. Während die Ziele eine handlungsbezogene Qualität haben, ist unter Kultur zu verstehen, welche tragenden Grundorientierungen ein soziales System besitzt oder entwickelt.

 

  1. Der vierte Aspekt wird von mir mitLeistungenoder ?Ökonomie? bezeichnet und umfasst in Anknüpfung an das griechische Wort ?oikos? den gesamten Haushalt, d.h. alle Ressourcen, die ein Leistungs- und Austauschsystem benötigt, aber auch wiederum zur Verfügung stellt. Hier gilt es zu thematisieren, welche Ressourcen das System Jugendhilfe/Schule benötigt und erhält, in welchem Leistungsaustausch es mit anderen Systemen und der Umwelt steht und welche Wirkungen es entfaltet.

 

Ein systemischer Blick auf das Verhältnis von Jugendhilfe und Schule

 

 

Ziele

 

Die Zielperspektiven der Zusammenarbeit der beiden Systeme sind überwiegend noch stark defizitär bestimmt.

 

Im breiten Spektrum ihrer unterschiedlichen Aufgaben- und Handlungsfelder orientiert sich die Jugendhilfe aber nur zu einem Teil an defizitären Lebenslagen. Oder sie nimmt die defizitären Lebenslagen ?nur? als Anknüpfungspunkt einer weiterreichenden Perspektive. Ihre sozialpädagogische Gesamtorientierung ist nicht ausschließlich am ?Hilfe?-Muster orientiert, sondern nicht unwesentlich an Mustern der ?Förderung?, der ?Begleitung?, der ?Aktivierung? und der ?Selbstorganisation?. Die Balance zu halten zwischen dem letztlich zentralen sozialpädagogischen Gesamtanspruch und den durch sozialen Problemdruck entstehenden Anforderungen an ihre Rolle als Ausfallbürge für die Eltern, für die Schule, für das Ausbildungssystem und für den Arbeitsmarkt, das ist gerade in finanzwirtschaftlich angespannten Zeiten und unter Bedingungen abnehmender jugend- und sozialpolitischer Unterstützung ein höchst schwieriges Unterfangen. Dies umso mehr, als es die Jugendhilfe aus einer Hand nicht gibt, sondern in der Pluralität ihrer Angebote und Träger Lösungen gesucht werden müssen.

 

Die Schule definiert die Zielhorizonte der Jugendhilfe dagegen eher in einer die sozialpädagogische Orientierung reduzierende Form. Es sei exemplarisch darauf hingewiesen, dass bei der Umschreibung des Einsatzes sozialpädagogischer Fachkräfte an Gesamtschulen die sozialpädagogische Begrifflichkeit auf die ?sozialpädagogischen Hilfen? im engeren Sinne Anwendung findet und weder programmatisch noch argumentativ als mitkonstituierender Teil des gesamten pädagogischen Geschehens dargestellt wird.

 

Will man nicht Schulsysteme entwickeln und etablieren, die im Sinne von Tagesinternaten mit umfassender Leistungspalette arbeiten, sollen also die verschiedenen pädagogischen Leistungskontexte nicht völlig integriert werden, so ist gerade hier eine intensivierte Zielentwicklung notwendig, sowohl jeweils vor Ort als auch auf gesamtgesellschaftlicher und bildungspolitischer Ebene.

 

 

Regeln

 

Während wir für den schulischen Bereich zur Zeit noch über nur recht schwache Regelungsressourcen für das Miteinander von Schule und Jugendhilfe verfügen, hält das Kinder- und Jugendhilfegesetz eine ausreichend breite und tragfähige Palette an Regelungen bereit.

 

Hinzuweisen ist vor allem auf drei Punkte:

· auf die generelle Kooperations- und Koordinationsverpflichtung gemäß Â§ 81,

· auf die Planungsverpflichtung und die damit verbundene Abstimmung mit anderen Planungen gemäß Â§ 80 und

· auf die Arbeitsgemeinschaften nach § 78 KJHG.

 

Die Verpflichtung zur Zusammenarbeit ergibt sich für die Jugendhilfe zentral aus ihrer Anwaltfunktion für die Interessen und Bedürfnisse junger Menschen und folgt damit dem Programmsatz der Jugendhilfe (§ 1 KJHJG). Programmatisch, perspektivisch und fachlich kann die Jugendhilfe auf eine übergreifende Zusammenarbeit nicht verzichten, wenn sie eine ganzheitlich ausgerichtete und lebensweltorientierte Hilfe entwickeln und anbieten will. Aus dieser Sichtweise heraus ist die Jugendhilfe ganz praktisch und tatsächlich auch mit dem Versagen oder den Negativeffekten anderer Erziehungsinstitutionen konfrontiert: mit Erziehungsdefiziten der Familien, mit Grenzen schulischer Bildung, mit Zugangssperren und fehlenden Instrumenten im beruflichen Ausbildungssektor.

 

Bei der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule ist darauf hinzuweisen, dass neben den Eltern nur die Schule gemäß Art. 7 GG einen eigenständigen Erziehungs- und Bildungsauftrag hat. Die Jugendhilfe leitet ihren Erziehungsauftrag gewissermaßen ab: zum einen von den Eltern und/oder von den jungen Menschen selbst. Dies insbesondere im Bereich der individuellen Leistungsansprüche auf Hilfen zur Erziehung. Darüber hinaus sind die Angebote, Dienste und Einrichtungen der Jugendhilfe ausgerichtet an den Prinzipien der Offenheit und Freiwilligkeit. Es kann kein der Schulpflicht vergleichbares Prinzip angerufen werden, nimmt man einmal einzelne Maßnahmen aus, die aufgrund gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen erfolgen, wo die Jugendhilfe selbst nicht Entscheidungsträger ist. Diese ?Schwäche? ist zugleich die Stärke der Jugendhilfe, sich nämlich konzentrieren zu können auf die sozialpädagogisch-fachliche Kompetenz, die die Offenheit des Regelungskontextes für flexible und jederzeit anpassungs- und entwicklungsfähige Angebote nutzt.

 

Das Schulsystem wird diese Flexibilität aufgrund struktureller Gegebenheiten nicht erreichen können. In Teilbereichen und einzelnen Schultypen müssen und können wir hier jedoch Strategien der Öffnung verfolgen. Die dazu notwendige Bereitschaft finden wir einstweilen noch überwiegend bei engagierten Einzelpersonen oder einzelnen Schulen, die sogar ihre Öffnung hart erarbeiten und vielfach erstreiten müssen. Es bedarf deshalb einer stärkeren rechtlichen und strukturellen Ausgestaltung auf Landesebene.

 

Richtet man den Blick auf die Instrumente, die das Kinder- und Jugendhilferecht über das generelle Kooperationsgebot für eine konkrete Zusammenarbeit bereithält, so ist sodann auf den Komplex der Jugendhilfeplanung und in deren Kontext auf den Jugendhilfeausschuss und die Arbeitsgemeinschaften hinzuweisen.

 

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Gesamtverantwortung und die Planungsverantwortung für die Aufgaben der Jugendhilfe. Bemerkenswert ist, dass es sich hier nicht um eine kommunale Planung handelt, die nur Teilaspekte des planerischen Gegenstandes umfasst, etwa die baulich-technische Infrastruktur oder ausschließlich die Grundstruktur des Versorgungskontextes – wie wir es bei der Schulentwicklungsplanung kennen, um ein hier naheliegendes Planungsinstrument vergleichsweise zu nennen. Die Jugendhilfeplanung umfasst also im Prinzip die gesamte Palette der Merkmale eines Handlungsfeldes: die konzeptionell- fachliche Entwicklung, die Personalentwicklung, die Organisationsentwicklung und die Entwicklung der ökonomischen Ressourcen. Und dies zugleich in partizipativer Form mit den in manchen Aufgabenfeldern der Jugendhilfe qualitativ und quantiativ dominierenden Trägern der freien Jugendhilfe, deren Autonomie die öffentlichen Träger nicht nur zu achten, sondern zu fördern haben, bei gleichzeitigem Versuch der gemeinsamen Ausrichtung an Planungszielen, Standards und Wirkungskriterien. Es handelt sich hier also um sehr vielschichtige und sehr anspruchsvolle Aufgaben, angesichts derer sich die systemübergreifenden Koordinationsaufgaben der Schule vergleichsweise bescheiden darstellen. Selbst die schulinternen Planungsaufgaben sind durch hoch arbeitsteilige, segmentierte und hierarchisierte Strukturen weniger komplex. Dies müssen vor allem Schulleute im Blick haben, die sich gelegentlich über die bunten Jugendhilfestrukturen wundern. Wer – bei allen Defiziten der Planung in der Jugendhilfe -. dann feststellt, dass doch ungeheuer vieles abgestimmt und koordiniert geschieht, der müsste eigentlich neidisch werden, die strenggefügten Schulstrukturen verlassen und Schule neu konzipieren.

 

Ein dritter und letzter Hinweis gilt den Arbeitsgemeinschaften. Diese in der Jugendhilfe seit Jahrzehnten in mehr oder weniger formalisierter Form gepflegten Arbeitsgemeinschaften haben in § 78 KJHG einen rechtlichen Rahmen erhalten, der allerdings überwiegend noch recht zögerlich ausgeschöpft wird.

 

Die Offenheit der gesetzlichen Vorgaben erlaubt vielfältig angepasste Lösungen. So sollte der in Entwürfen zum KJHG enthaltene, dann jedoch wieder fallengelassene Aspekt aufgegriffen werden, auch andere Institutionen wie die Arbeitsverwaltung oder die Schule in die entsprechenden Arbeitsgemeinschaften einzubeziehen und die ohnehin komplexe Koordinationslandschaft nicht durch zu viele separate Gremien zu belasten.

 

In der praktischen Wirklichkeit suchen die Arbeitsgemeinschaften über die Koordinationsaufgabe hinaus jedoch nach Wegen der generellen fachlichen Entwicklungsarbeit und Einflussnahme auf die Planung. Dies wiederum stößt in vielen Kommunen auf Vorbehalte, weil im Herrschaftsgefüge der verschiedenen Einfluss- und Handlungsfelder strategisch ausgerichtete Aktivitäten als störend angesehen werden.

 

Nun ist es im Hinblick auf eine orts- und institutionenbezogene Kooperation gewiss nicht ausreichend, in den Arbeitsgemeinschaften der Schule (und dann welcher ?) einen Platz einzuräumen. Wir hätten eine ähnliche Repräsentationsstruktur wie beim Jugendhilfeausschuss, wo die Schule zwar mit einem beratenden Sitz vertreten ist, über punktuelle Ratschläge oder Hinweise hinaus aber vielfach nichts passiert. Wer tragfähige Arbeits- und Planungsstrukturen entwickeln will, der muss schon von der strategischen Ebene der Gesamtstadt oder des Kreises zur operativen Ebene der Sozialräume, Schuleinzugsbezirke und Stadtteile wechseln. Dies lässt sich im Sinne der Arbeitsgemeinschaften gemäß Â§ 78 KJHG aber gut regeln, zumal – wie bereits angedeutet – auch innerhalb der Jugendhilfe Modelle der teilräumlichen Organisation und Arbeitsorientierung in jüngster Zeit stark favorisiert werden.

 

Die Jugendhilfeplanung stellt mit ihren Ansprüchen der lebensweltbezogenen Verknüpfung mit fachnahen anderen Planungen eine Herausforderung für die Schule dar.

 

Jugendhilfe und Jugendhilfeplanung fordert die Schule vor allem in drei Regelungsbereichen heraus:

 

· Da ist zum einen der Lehrbetrieb mit den curricularen Vorgaben und dem staatlich verantworteten und gelenkten Personaleinsatz. Vor allem im Personaleinsatzbereich müssen die Regelungsressourcen der Mitwirkung der Schule an den Vernetzungen gestärkt werden.

 

· Sodann gibt es den Formenkreis der Aufgaben der kommunalen Schulträger, der sich im wesentlichen auf die ?Hardware? der Schule bezieht und sich organisatorisch in Schulverwaltungsämtern ? vielleicht müsste man in den meisten Fällen treffender von Schulunterhaltungsämtern sprechen ? konstituiert. Hier muss ein verändertes Verständnis von Schulträgerschaft entwickelt werden.

 

· Schließlich gilt es, die vielfältigen Projekte, Aktivitäten, Kontakte und Kooperationen, die sich quasi in den Zwischenraum zwischen ?Schulischem Lernsystem? und ?Schulverwaltung? hineingeschoben haben, angemessen zu regeln. Dies geht meines Erachtens langfristig nur dann, wenn über die Kooperation der Systeme Jugendhilfe und Schule hinaus auch integrative Elemente eingebaut werden.

 

Die im ?Zwischenraum? sich entwickelnden Aktivitäten kommen überwiegend aus dem unmittelbaren kommunalen Trägerraum, werden durch freie oder öffentliche Träger der Jugendhilfe durchgeführt und sind sowohl fachlich-inhaltlich als auch administrativ für die Schule ?Fremdkörper?. Fremdkörper in einem Sinne, wie es der berühmte Soziologe Georg Simmel für den Fremden selbst formuliert hat: Fremder ist nicht der, ?der heute kommt und morgen geht?, sondern der, ?der heute kommt und morgen bleibt ? und der, obgleich er nicht weitergezogen ist, ?die Gelöstheit des Kommens und Gehens nicht ganz überwunden hat?. Diese Gelöstheit mag zwar im Sinne eines pädagogischen Konzeptes gegenüber den strengen Formen des schulischen Unterrichts von ungeheurer Bedeutung sein und bewusst gepflegt werden, die Gelöstheit ist jedoch unter den Aspekten eines verlässlichen, nachhaltig wirksamen und systematisch verbundenen Systems Jugendhilfe/Schule nicht ohne Probleme. Für das Miteinander verbindlichere Regelungen zu treffen und gezielter Ressourcen hierfür zur Verfügung zu stellen, dies sehe ich als eine vordringliche mittelfristige Aufgabe an.

 

 

Orientierungen

 

Ein soziales Handlungssystem lebt wesentlich von seinen grundlegenden Orientierungen. Schule und Jugendhilfe bezeichnen nicht nur unterschiedliche gesellschaftliche Handlungsfelder, sondern werden auch von unterschiedlichen Grundorientierungen bestimmt. Schule bedeutet Ort des Lernens, Ort der Vermittlung von Wissen und funktionaler Fertigkeiten – nicht ausschließlich, aber doch stark dominierend – für die berufliche und arbeitsorientierte Existenz des Menschen. Die Schule hat sich dabei in verschiedenen Organisationsformen neben der Vermittlung von einigen Grundorientierungen zur Sicherung gesellschaftlicher Integration und Loyalität immer als eine explizit leistungsorientierte Veranstaltung verstanden. Schulpädagogik konzentrierte sich in diesem Kontext auf den Schüler und thematisierte Grundfragen der Bedingungen und Formen effizienter und effektiver Wissensvermittlung bis hinein in das methodische Feld der allgemeinen Didaktik und der Theorie des Unterrichtens.

 

Während die Schule ?vor der Welt? steht und als hoch institutionalisierte Organisation eine mehr oder weniger kraftvolle Existenz führt, steht die Jugendhilfe ?in der Welt? und vermag sich nur begrenzt auf eine Pädagogik zu stützen, die vornehmlich ihr Binnensystem füllt und reguliert. Jugendhilfe ist nach ?außen? gerichtet und trägt über ihre sozialpädagogische Arbeit den spezifischen Entwicklungsbedingungen von jungen Menschen in ihren Lebensfeldern, insbesondere auch unter kompensatorischen Aspekten Rechnung. Sozialpädagogik versteht sich ? modern formuliert ? als pädagogisches Setting der Vermittlung von Person, sozialem Lebensraum und gesellschaftlichen Bedingungsfeldern. Ihr Bild ist widersprüchlich wie ihre Theorie und wie die gesellschaftliche Wirklichkeit, der sie sich zu stellen hat. Ihre methodischen Ansätze sind plural, aber immer stark eingebunden in die sozialen Bedingungskontexte.

 

Während sich die Schule überwiegend profiliert hat in ihrer fachlichen und fachdidaktischen Dimension und dort ihre Professionalität findet, kann die Jugendhilfe ihre Professionalität weitgehend nur im Gelingen von tragfähigem Alltagshandeln der Menschen, mit denen man zusammenkommt und arbeitet, suchen.

 

Für das Schulsystem ist es in mancherlei Hinsicht wichtig und notwendig, dass es sich abgrenzen kann von den vielfältigen lebensweltlichen Einflussfaktoren, um kontinuierliche Lernprozesse zu sichern. Hierbei hat die Schule die jungen Menschen sozusagen ?fest im Griff?, weder kann der Lehrer strukturell dem Schüler ausweichen, noch dieser dem Lehrer. Beide sind sich wechselseitig ?ausgeliefert? und regulieren deshalb viele Konflikte und Probleme durch situative Ausgrenzung oder Verdrängung. Die Jugendhilfe kann ? einmal den Bereich der engeren Hilfen zur Erziehung in fest institutionalisierten Bezügen ausgenommen ? den jungen Menschen nicht binden. Sie muss erst auf ihn zugehen und ihn für Aktivitäten gewinnen.

 

Angesichts der vielfältigen sozialen Probleme, der extern beeinflussten Entwicklungsbedingungen, die in die Schule hineingetragen werden, dürfte die Schule ? cum grano salis ? mit ihrer überwiegend schulpädagogischen Perspektive an Grenzen gestoßen sein. Verschiedene Schultypen, wie die Hauptschule und zumindest in Teilaspekten die Gesamtschule sind denn auch de facto in der ?mürben? oder ?zermürbenden? Situation, dass sie Formen traditioneller schulpädagogischer Orientierung bereits verlassen haben, ohne dass ihnen allerdings in der Konsequenz die nötigen Ressourcen und Rahmenbedingungen zur Verfügung stehen, eine feste sozialpädagogische Basis ihrer schulischen Bildungsarbeit auch entwickeln zu können.

 

Es ist erstaunlich, dass gerade in Deutschland mit einer langen sozialpädagogischen Tradition sozialpädagogische Orientierungen für das schulische System wieder angemahnt werden müssen. Studierende in der Lehrerausbildung hören vielleicht im Zusammenhang mit der historischen Einführung in die Pädagogik noch etwas von Reformpädagogik und Sozialpädagogik. Sodann bricht die Beschäftigung mit der Thematik aber praktisch ab.

 

Abschließend zu diesem Punkt unserer Systembetrachtung: Es bedarf verstärkter Bemühungen um ein wechselseitiges Verständnis der jeweils anderen pädagogischen Ansätze und Methoden, Denkstile und -richtungen ? und dies handlungsorientiert hinein bis ins Lehrerverhalten und in die Arbeitsstile. Und damit die Parität gewahrt bleibt: auch die Sozialpädagogen mögen manchmal nur schwer verstehen, wie Lernprozesse verlaufen und institutionelle Rahmenbedingungen Berücksichtigung finden müssen, löst sich doch hier manches in privatistischer Beliebigkeit auf.

 

 

Leistungen und Ressourcen

 

Ein nicht leichtes Kapitel angesichts der Tatsache, dass wir schon seit geraumer Zeit nicht mehr aus dem vollen schöpfen können, weder im Personalbereich noch bei der sächlichen Ausstattung. Wenn dem so ist, müssen wir Prioritäten setzen und nicht nach dem Motto verfahren: ?Wir strecken uns nach der Decke?. Um es einmal provokativ zu formulieren: Kann nicht eine Hauptschule gut und gerne auf anderthalb Lehrer verzichten, wenn dafür ein Sozialpädagoge und ein Sozialarbeiter in den Schulbetrieb integriert würden? Ist nicht manchmal eine Stunde Deutsch oder Englisch, die unter geradezu chaotischen Verhältnissen abläuft, entbehrlich, wenn man Konzepte des werk- und projektorientierten Lernens besser durchführen könnte? Worauf ich hinaus will, ist folgendes: Die Zeiten für Lösungsversuche durch ständig neu ausdifferenzierte Systeme ist vorbei, und wenn wir ernsthaft darüber nachdenken, bereits aus inhaltlich-konzeptionellen Erwägungen nicht erst heute und zudem nicht deshalb, weil die Ressourcen fehlen. Im Bereich der Jugendberufshilfe sind wohl inzwischen mehr Lehrer tätig als im Schulsystem Sozialpädagogen und Sozialarbeiter. Und ein Großteil des schulischen Lernens findet in Nachhilfestunden außerhalb der Schule statt. Wir benötigen nicht die Fortschreibung althergebrachter Systeme auf Sparflamme, sondern neukonzipierte und wenigstens teilintegrierte Konzepte mit gemeinsamen Orientierungsgrundlagen.

 

 

Perspektiven

 

Eine systemische Betrachtung der thematisierten Gegenstände und Felder vermag nicht nur die Situation zu diagnostizieren. Sie kann auch hilfreich sein, die notwendigen Schritte einer Weiterentwicklung präziser zu bestimmen.

 

Generell kann gesagt werden:

 

  1. In systemischer Perspektive können die Reduktionen thematisiert und problematisiert werden, die die je einzelnen Partner der Kooperation, die unterschiedlichen Träger und Institutionen kennzeichnen. Handlungssysteme benötigen selbstverständlich die Abgrenzung zu andern, um eigene Identitäten sichern zu können, doch sie tendieren auch dazu, ein Aufbrechen der Grenzen zu verhindern und Abweichungen und Grenzüberschreitungen zu unterbinden. Eine systemische Betrachtung macht vor allem auch im Interorganisationsbereich sichtbar, welche Veränderungen bei den einzelnen Teilsystemen und im Schnittfeld notwendig sind.

 

  1. In systemischer Perspektive kann herausgearbeitet werden, das Kooperationskontexte nur dann funktionieren können, wenn zentrale Systemfunktionen in ein tragfähiges Gleichgewicht kommen, wenn also gleichermaßen die Ziele definiert, die Regeln geklärt und angewandt, die Orientierungen stimmig und die Ressourcen ausreichend sind.

 

Auf der Zielebene hat sich ? selbst wenn dies überwiegend noch programmatisch ist und noch nicht ergebnisorientiert geschieht ? in den letzten Jahren einiges verändert. Die Schule wird nicht mehr als ein System unter der Käseglocke ständig wachsender Anforderungen an die Wissensvermittlung gesehen, sondern als prinzipiell öffnungsfähig auch für weitere Perspektiven, insbesondere in den extrafunktionalen und sozialen Kompetenzbereich der Schüler und Schülerinnen hinein. In unterschiedlicher Akzentuierung je nach Schultyp mehren sich seit einigen Jahren die Stimmen, die die ?Realitätsbezüge? der Schule und die aufgabenspezifische Verknüpfung mit anderen Institutionen fordern und dem Schulleben mehr Raum und der Schule insgesamt mehr Öffnung geben wollen, wie es im Entwurf zu einem Rahmenkonzept des KM in NW aus dem Jahre 1988 bereits niedergelegt wurde. Schule soll ihre sozialpädagogische Blindheit aufgeben, unter der sie überwiegend eine ?Reproduktion des pädagogischen Notfalls? betrieben hat. Solcherart löbliche und wohlfeile Programmatik ist wichtig und unverzichtbar. Aber von schönen Konzepten, Zielbildern oder Entwürfen kann kein Handlungssystem leben.

 

Deshalb müssen wir auf der Ebene der Regeln verbindlicher festlegen, wie die Kooperation im Schnittflächensystem auszusehen hat. Es wäre mithin zu begrüßen, wenn auch die schulrechtlichen Bestimmungen zur Kooperation verbessert würden und die Bindungsqualität von Kooperationen erhöht würde.

 

Institutionen kommen vielfach nur aus ihren Schneckenhäusern heraus, wenn sie mitRessourcen dazu gelockt werden. Ressourcenorientiert ist deshalb zu fordern:

 

  1. Wir brauchen eine positionelle Verankerung sozialpädagogischer Kompetenzen im Schulsystem. Wenn es keine Personen gibt, die aufgrund ihrer positionellen Ausstattung mit der Aufgabenerfüllung leben und nicht nur nebenbei Ausflüge in Projekte, Modelle und Abenteuer unternehmen, schaffen wir wenig Veränderungen. Die Begriffe Projekte und Modelle signalisieren für mich eine eher unstete, sich ständig wieder auflösende und zum Teil unwirkliche Szene von Jugendhilfeaktivitäten, die man pflegen, aber auch nicht pflegen kann, die man hier ernstnehmen, aber dort auch wieder als überflüssigen Zirkus abtun kann. Es bedarf meiner Einschätzung nach der gezielten Einrichtung von Positionen, von denen aus die Schnittstellenthematik aktiv bearbeitet werden kann. Nicht allein ?das Bewusstsein für die notwendige Kooperation? ? ich zitiere aus einer Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit zur schulbezogenen Jugendsozialarbeit ? ist wichtig, sondern auch die Schaffung von Strukturen. Nicht allein ?Zusammenarbeit?, ?Fachaustausch? und ?Gesprächsaustausch?, sondern gemeinsame verbindliche Arbeitsstrukturen müssen geschaffen werden. Ich vertraue nicht auf das Zauberwort ?Kooperation?, wenn beide Partner nicht eigene Aufmerksamkeits- und Bearbeitungsstrukturen für die Kooperation besitzen und vielfach ihr eigenes System eher unverändert lassen möchten. Dies gilt nicht nur für die Schule, sondern auch für die Jugendhilfe. Wenn die Jugendsozialarbeit in einem Positionspapier formuliert: ?Will Jugendsozialarbeit frühzeitig agieren, wird Schule notwendigerweise zum Handlungsfeld?, so mag dies aus Sprachstil und Ansatz der Jugendhilfe zwar nachvollziehbar sein. Aus der Sichtweise der Schule muss es aber zu einem ?Arbeitsprinzip? werden. Das heißt aber: Die Schule muss sich selbst pädagogisch umfassender und zugleich offener definieren und sich selbst als Ort sozialer bzw. sozialpädagogischer Arbeit begreifen. Dann kann sie spezielle und aufgrund der spezifischen Arbeitsformen und -strukturen nur durch die Jugendhilfe leistbare Beiträge adäquater aufnehmen und auch integrieren. Ausbildungsorientiert impliziert dies eigentlich die Forderung nach Personen mit Doppelqualifikationen oder zumindest einer Anreicherung mit Qualifikationsmerkmalen der jeweils anderen Profession.

 

 
  1. Es wird zur Weiterentwicklung des Verständnisses der Kommunen hinsichtlich ihrer Schulträgerschaft kommen müssen. Die Kommunen sind, so die Verwaltungssprache, für die ?äußeren Schulangelegenheiten? zuständig. Darunter fällt nach engem Verständnis die Unterhaltung der Schulen. Hausaufgabenbetreuung, Silentien, Schulsozialarbeit etc. werden in einem Konzeptentwurf der Kommunalen Gemeinschaftsstelle zur ?neuen Steuerung im Schulbereich? als ?Schülerangelegenheiten und Schülerbetreuung? verstanden und ebenfalls den ?äußeren Schulangelegenheiten? zugerechnet. Damit wäre die Verantwortung des Schulträgers klarer skizziert. Der Begriff ?äußere Schulangelegenheiten? wird jedoch fragwürdig. Ich meine, dass sich einmal ein erweitertes Verständnis von Schulträgerschaft einerseits und ein neues Verständnis von erweiterten ?inneren Schulangelegenheiten? entwickeln müsste.

 

Möglicherweise bieten die Neuen Steuerungskonzepte der Kommunalverwaltung, so die stärkere Verselbständigung der Schulen im Hinblick auf ihre Budgetverwaltung und -verantwortung und das Zusammenwachsen der Steuerungszentralen Jugendhilfe, Soziales und Kultur auch Chancen inhaltlich und organisatorisch integrierterer Sichtweisen.

 

  1. Das Schulsystem muss eigene Ressourcen erhalten (Personalkapazitäten, Sachmittel), die sie zielgerichtet in diesen Kooperationsraum einbringen kann. Nur wer die Mittel hat, um die Musik zu bezahlen, kann dann auch die entsprechenden Melodien bestellen. Mit Empfehlungen und Appellen allein wird kaum etwas bewegt. Es muss ein aktiver Leistungsaustausch zwischen Schule und Jugendhilfe zustande kommen, damit langfristig auch die geeigneten pädagogischen Leistungen für die jungen Menschen erbracht werden können.

 

Abschließend bleibt zu sagen: Es ist nicht nur nötig, über einzelne pragmatische Schritte der Kooperation zu reden und auf der Handlungsebene etwas zu bewegen. Unverzichtbar ist auch eine weitere Mobilisierung der Schul- und Jugendhilfepolitik. Eine gute Schulbildung, eine von der Jugendhilfe ausreichend flankierte soziale Entwicklung und ein erfolgreicher Übergang in Erwerbs- und Erwachsenenbiographien, das sind Schlüsselaufgaben der Politik. Die Schulen müssen bei aller Bindung an ihre hierarchischen Entscheidungsstrukturen vor Ort politischer werden und die Jugendhilfe muss weiter dafür eintreten, nicht als Sozialkonsum für eine von der Politik bereits abgehängte Generation etikettiert zu werden.

 

 

Der Autor Dr. Bruno Nikles ist Professor für Sozialplanung an der Universität Essen (jetzt Duisburg-Essen) und Vorsitzender des Instituts für Sozialplanung und Organisationsentwicklung (INSO).

 

Vorstehender Text erschien in DER NAGEL 59/1997, hier eingestellt im Juli 2003.

Einsatz von sozialpädagogischen Fachkräften an Gesamtschulen in Ganztagsform. RdErl. d. Kultusministeriums vom 22.1.1991. GABl. NW I, S.42

Rahmenkonzept. Gestaltung des Schullebens und Öffnung von Schule. Hg. Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf 1988

Sozialarbeit und Schule. Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit – Jugendaufbauwerk (BAG JAW) zur schulbezogenen Jugendsozialarbeit. In: Jugendhilfe 34. Jg. 1996, S. 112 (109-113)

Klaus Schäfer; Margrit Müller. Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen im Wandel: Neue Anforderungen an Jugendhilfe und Schulen. In: Jugendhilfe 34.Jg. 1996, S.117 (116-120)

Neue Steuerung im Schulbereich. Erste Beratung am 7. Juni 1996. [Konzeptentwurf] Kommunale Verwaltungsstelle (KGSt). Köln

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NAGEL-Redaktion – Aktion: Kooperationsvereinbarung Jugendhilfe-Schule

Eckpunkte für Kooperationsvereinbarungen

Dortmund, 07.04.2003

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Beteiligten dieser Aktion setzten sich als Mitglieder des Forums „Förderung von Kindern“ für eine von der Bedarfslage von Kindern und Familien ausgehenden Orientierung der notwendigen Förderungsbedingungen ein. Als mögliche Orientierung für die zur Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Trägern der Jugendhilfe und den Schulträgern abzuschließenden Kooperationsvereinbarungen übermitteln wir Ihnen einige Gesichtspunkte für den erforderlichen Gestaltungsprozess.

Unsere Absicht ist es, alle Beteiligten bei der Entwicklung der örtlichen Angebote und der Zusammenarbeit zu unterstützen und Planungen an dem zu orientieren, was für die individuelle Entwicklung von Kindern und ihrer Familien heute erforderlich ist.

1.      Ziel unserer Empfehlung

ist es daher, bestehende Angebote in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu sichern und auszubauen, vom Bedarf der Kinder und der Lebenssituation von Familien mit Kindern auszugehen.

Dazu zählt unseres Erachtens, dass einerseits Angebote im Bereich der Schule tatsächlich im Rahmen von „integrativen Ganztagsschulen“ entwickelt und andererseits Kindern – außerhalb der Schule – die nach den Bestimmungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und der Landesausführungsregelungen erforderlichen bedarfsgerechten Angebote zur Verfügung gestellt werden.

Das Konzept der Offenen Ganztags-Grund-Schule erfüllt diese Bedingungen noch nicht.

Es ist daher erforderlich, Anstöße für die Weiterentwicklung von Schulen zu geben, bewährte und weiter auszubauende Leistungen der Jugendhilfe Kindern zur Verfügung zu stellen, die bestehenden bundesrechtlichen Verpflichtungen im Hinblick auf die Qualität und Quantität zu erfüllen, die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule zu unterstützen und die professionelle Arbeit von Lehrerinnen, Lehrern sowie sozialpädagogischen Fachkräften zu ermöglichen.

Die Ausgestaltung der Angebote erfordert daher eine Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe.

Wir sind an einer Verbesserungen des Zusammenwirkens interessiert. Dies erfolgt in Kenntnis erheblicher rechtlicher Bedenken gegen die beabsichtigte Aufweichung des Verpflichtungscharakters des § 24 SGB VIII – KJHG und der Zuständigkeit der überörtlichen Träger der Jugendhilfe (Landesjugendämter) für die Erteilung der Betriebserlaubnisse für Angebote der Jugendhilfe nach § 45 SGB VIII – KJHG, durch die zur Sicherung des Wohls des einzelnen Kindes bestimmte qualitative Anforderungen an Angebote gestellt werden.

Solange die Legitimation für die sogenannten außerunterrichtlichen Teile der Offenen Ganztagsgrundschule über die rechtlichen Bestimmungen der Kinder- und Jugendhilfe erfolgt, solange ist diese nicht nur als gleichberechtigte Partnerin umfassend zu beteiligen, sondern sich auch die sich aus dem SGB VIII-KJHG und dem Landesausführungsrecht geltenden Regelungen unmittelbar gültig.

Das heißt auch, dass der Jugendhilfeausschuss mit über die Einrichtung Offener Ganztagsgrundschulen entscheidet, die Jugendhilfeplanung mitverantwortlich ist für die Festlegung von Standorten und die Zuteilung von Ressourcen und das Landesjugendamt in seiner Verantwortung nach § 45 KJHG bleibt.

2.      Gesichtspunkte für Inhalte von  Kooperationsvereinbarungen:

2.1     Anforderungen an Angebote

  • Integration der qualitativ angemessenen bestehenden und bewährten Angebote aus dem Bereich der Jugendhilfe und Schule in die Offene Ganztagsschule unter Beibehaltung des bestehenden pädagogischen Konzeptes und der Rahmenbedingungen.
  • Die Konzeption der Offenen Ganztagsschule muss verdeutlichen, dass die Angebote als umfangreiche Förderungsangebote auszurichten sind und den Zusammenhang von Erziehung – Bildung – Betreuung insgesamt sichern.
  • Den Trägern soll die Möglichkeit eingeräumt werden, die angenommenen Angebote für Kinder im Alter bis zu 14 Jahren weiterzufinanzieren und weiterführen zu können, u.a. Horte / Schulkinderhäuser.
  • Die Gruppengröße soll sich nach den individuellen Förderungsbedarf der Kinder richten.
  • Die Qualität der Angebote muss im Gleichgewicht bleiben mit dem zahlenmäßigen Angebot.
  • Alle Angebote müssen im Rahmen der nach § 78 SGB VIII – KJHG – gebildeten Arbeitsgruppen abgestimmt sein.
  • Die Angebote der Eltern- und Familienbildung sowie -beratung sollen im Hinblick auf die Öffnung der Schule mit der Schularbeit vernetzt werden (z.B. in Form von Projektarbeit).
  • Es müssen verlässliche Regelungen zur Finanzierung der nicht von der Schule verantworteten Angebote getroffen werden, z.B. auch für Ferienaufenthalte.
  • Im Sinne der Verlässlichkeit für Kinder und Eltern müssen die Angebote über das Jahr 2007 hinaus zu sichern. Diese langfristige Angebotsplanung ist für die interessierte Öffentlichkeit transparent zu machen.
  • Regelungen zur Garantie von ernährungsphysiologisch sinnvollen Mittagsmahlzeiten sowie einer entsprechenden Ausstattung und Organisation für alle SchülerInnen sind erforderlich.

2.2     Personal, Kooperation der Beteiligten, Räume

  • Regelungen zur Qualifikation der sozialpädagogischen Fachkraft, d.h. Personalbemessung und Personalanbindung unter Sicherung der arbeitsrechtlichen und tarifvertraglichen Standards (Tariftreue).
  • Einsatz von Vertretungskräften.
  • Regelungen zum Austausch der sozialpädagogischen Fachkräfte.

a) untereinander und

b) mit dem Lehrpersonal

c) gemeinsame Besprechungen (z.B. in Mitarbeiterinnenkonferenzen der Schule) der sozialpädagogischen Fachkräfte mit den Lehrerinnen und Lehrern (siehe auch Punkt Beteiligung von Kindern und Eltern).

  • Beteiligung der Kooperationspartner an Klassen- und Schulpflegschaftssitzungen, sowie an Elternsprechtagen.
  • Freistellung und Mittel für Fortbildung und Supervision
  • In den Schulen sind Beauftragte/Ansprechpartnerinnen (z.B. Ombudsfrau / Ombudsmann) für die Offene Ganztagsschule im Primarbereich benannt.
  • Räume bzw. das Raumkonzept erfüllen die Anforderungen des § 45 SGB VIII-KJHG und verfügen insofern auch über ein differenziertes Außengelände sowie vielfältige Bewegungs- und Rückzugsmöglichkeiten.

2.3     Qualitative und quantitative Bedarfsfeststellung

  • Es muss eine qualitative Bedarfsfeststellung (die nicht auf Quantitäten, z.B. den „zeitlichen“ Förderungsbedarf, konzentriert ist) mit den Eltern für ihre Kinder stattgefunden haben.
  • Es muss geprüft sein, ob das vorgesehene Angebot dem Bedarf der Kinder und Familien entspricht.
  • Es muss den Eltern transparent sein, wo sie ihren Bedarf artikulieren und einfordern können.
  • Es müssen Handlungsmöglichkeiten zur Anpassung an einen nicht vorhergesehenen und einen veränderten Bedarf vorgesehen sein.
  • Es müssen bedarfsgerechte Angebote in Bezug auf die tägliche Öffnungszeiten und die unterrichtsfreien Zeiten vorhanden sein und Berücksichtigung der vorhandenen und zu schaffenden Ressourcen.

2.4     Kinder- und Elternbeteiligung

  • Partizipation von Kindern und Eltern, kann z.B. konkret dadurch erfolgen, dass
  • alle Beteiligten / Kooperationspartner sich zur umfassenden Information verpflichten

a) untereinander sowie

b) gegenüber den Eltern und Kindern

  • Eine Institutionalisierung der Beteiligung, z.B. über die im Rahmen der relevanten landesrechtlichen Ausführungsregelungen vorgesehenen Möglichkeiten (Schulmitwirkungsgesetz und Regelungen des GTK für Einrichtungen der Jugendhilfe) hinaus, ist gesichert.

Strukturell könnte dieses Modell einer Erziehungspartnerschaft so aussehen:

Regelmäßige pädagogische Besprechungen, z.B. in Form von Konferenzen, Workshops, Arbeitstreffen, mit Eltern- und der Lehrenden aller Klassen und den sozialpädagogischen Fachkräften aus den Angeboten.

Dabei werden auch Ziele der pädagogischen Angebote und die Aspekte für die Umsetzung im Unterricht angesprochen.

Beschlussvorlagen für die Schulkonferenz werden erstellt, an deren Erstellung Eltern, Lehrer und Lehrerinnen und pädagogischen Fachkräften mitwirken.

  • An Entwicklungsgesprächen zwischen Lehrerinnen, Lehrern und sozialpädagogischen Fachkräften werden Eltern und – je nach Alter – Kinder beteiligt.

2.5     Elternbeiträge

Solange auf die Erhebung von Elternbeiträgen nicht verzichtet wird, müssen diese nach Einkommen gestaffelt werden. Der Jahresbetrag sollte jedoch nicht höher als die Landesförderung (820 ?) sein.

2.6     Evaluation

  • „Wirksamkeits-Kontrollen“ zwischen Eltern, Mitarbeiterinnen und Kindern über die Förderungsbedingungen sind gesichert.
  • Wirkungsmessungen im Hinblick auf die Veränderungen in den Familien und z.B. zur Berufstätigkeit sind vorgesehen, damit die Wirkungen der Angebote auch systematisch erfasst werden.

Mit freundlichen Grüßen

 

Klaus Amoneit (Progressiver Eltern- und Erzieherverband), Udo Beckmann (Verband Bildung und Erziehung), Antje Beierling (Verband alleinerziehender Mütter und Väter), Marianne Buhl (Katholische Erziehergemeinschaft), Gudrun Erlinghagen (Bundesverb. Evangelischer Erzieherinnen, Nordrhein), Klaus-Peter Freitag (Arbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen) Franz-Josef Hammelstein (Familienbund der Katholiken), Jürgen Herzog (Landeselternrat Tageseinrichtungen), Gisela Kierdorf (Zentralverband kath. Erzieherinnen), Doris Sandbrink (Evangelische Aktionsgemeinschaft f. Familienfragen, Rheinland), Dr. Jürgen Schmitter (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft), Gerhard Stranz (Vereinigung der Waldorfkindergärten)

Anlage

Hinweise auf maßgebliche gesetzliche Grundlagen:

SGB VIII – KJHG:

§ 24 Ausgestaltung des Förderungsangebots in Tageseinrichtungen

Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens. Für Kinder im Alter unter drei Jahren und für Kinder im schulpflichtigen Alter sind nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht.

§ 45 Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung

(1) Der Träger einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer (…) .

(2) Die Erlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Sie ist zu versagen, wenn die Betreuung der Kinder oder der Jugendlichen durch geeignete Kräfte nicht gesichert oder in sonstiger Weise das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung nicht gewährleistet ist. Über die Voraussetzungen der Eignung sind Vereinbarungen mit den Trägern der Einrichtungen anzustreben. Die Erlaubnis ist zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung gefährdet und der Träger der Einrichtung nicht bereit oder in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Zur Sicherung des Wohles der Kinder und der Jugendlichen können auch nachträgliche Auflagen erteilt werden. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis haben keine aufschiebende Wirkung.

(3) Sind in einer Einrichtung Mängel festgestellt worden, so soll die zuständige Behörde zunächst den Träger der Einrichtung über die Möglichkeiten zur Abstellung der Mängel beraten. Wenn die Abstellung der Mängel (…).

(4) Besteht für eine erlaubnispflichtige Einrichtung eine Aufsicht nach anderen Rechtsvorschriften, so hat die zuständige Behörde ihr Tätigwerden zuvor mit der anderen Behörde abzustimmen. Sie hat den Träger der Einrichtung rechtzeitig auf weitergehende Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften hinzuweisen.

Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder

§ 3 Auftrag des Hortes

(1) Der Hort ist eine sozialpädagogische Einrichtung mit einem eigenständigen Erziehungs- und Bildungsauftrag. Als Lebensraum für Kinder soll er in altersangemessener Weise sowohl die wachsende Selbständigkeit der Kinder unterstützen als auch die notwendige Orientierung und Bindung ermöglichen. Er hat die sozialen und emotionalen Bedürfnisse der Kinder, die Freizeitinteressen sowie die Erfordernisse, die sich aus der Schulsituation der Kinder ergeben, zu berücksichtigen. Bei seiner Arbeit hat der Hort eng mit den Schulen zusammenzuwirken. § 2 Abs. 3 gilt entsprechend.

Die Grundlagen für Kooperationsvereinbarungen sind im Erlass „Offene Ganztagsschule im Primarbereich“ vom 12.02.2003 an folgenden Stellen zu finden:

Die Durchführung (der Offenen Ganztagsschule) liegt in der Verantwortung der Kommune als örtlichem Schulträger. Er soll durch eine gemeinsame Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplanung unter Einbeziehung der vor Ort bestehenden Trägerstruktur, insbesondere der Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe,

–       die örtlichen qualitativen und quantitativen Förder- und Betreuungsbedarfe ermitteln,

–       die Standorte der Projekte auf der Basis des örtlichen Bedarfs festlegen,

–       die für Kinder im Grundschulalter vorhandenen Ganztagsangebote aus Kinder- und Jugendhilfe (Horte, Schulkinderhäuser, „Schülertreff) und Schule („Schule von acht bis eins“ und „Dreizehn Plus“) einbeziehen sowie

–       auf die Sicherstellung des dem örtlichen Bedarf entsprechenden Personals und der erforderlichen Räumlichkeiten hinwirken“. (Erlassanschreiben, S. 2)

1.4 Die offene Ganztagsschule soll auf Grundlage von Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Schulträger, den Schule und den beteiligten außerschulischen Partnern ausgestaltet werden. Auf der Landesebene ist beabsichtigt, diesen Prozess durch Rahmen-Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Land, den Schulträgern und den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe wirksam zu unterstützen.“ (Erlass, S. 5)

2.8 … . Die jeweilige Ausgestaltung erfolgt auf der Grundlage einer zwischen den Beteiligten abzuschließenden Kooperationsvereinbarung. Sie regelt u.a. die gegenseitigen Leistungen der Kooperationspartner sowie die Erstellung und Umsetzung eines gemeinsam zu entwickelnden pädagogischen Konzepts“. (Erlass, S. 7)

3.2 … . Stellt ein außerschulischer Träger Personal zur Verfügung oder ist Personal ehrenamtlich tätig, sind die Rechte und Pflichten der Beteiligten in einer Kooperationsvereinbarung festzuhalten.“ (Erlass, S. 8)

Zuwendungsvoraussetzungen.

Vorlage einer Kurzfassung eines abgestimmten Konzeptes des Schulträgers und der örtlichen Kinder- und Jugendhilfeträger zur Umgestaltung von Schulen des Primarbereiches in offene Ganztagsschulen“ (Förderrichtlinie, S. 2)

 

Der Aktion gehören bisher an:

Arbeitsgemeinschaft Waldorfpädagogik
(Waldorfschulen NRW)
Mergelteichstrasse 59 – 44225 Dortmund

Bundesverband evangelischer Erzieherin-nen und Sozialpädagoginnen e.V. 
Landesgruppe Nordrhein
Stürzlebergerstr. 2 – 41469 Neuss

Der PARITÄTISCHE 
Wohlfahrtsverband NRW
Loher Straße 7 – 42293 Wuppertal

DKSB – Deutscher Kinderschutzbund 
Landesverband NRW
Domagkweg 20 – 42109 Wuppertal

Eltern helfen Eltern e.V.
Hammer Straße 1 – 48153 Münster

Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen,  Rheinland
Rochusstraße 44 – 40479 Düsseldorf

Familienbund der Katholiken 
Landesverband NRW
Tempelhofer Str. 21 – 52068 Aachen

GEW – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft – Landesverband NRW
Nünningstraße 11 45141 Essen

Internationale Vereinigung der Waldorfkindergärten e.V. Region NRW
Mergelteichstr. 59, 44225 Dortmund

KEG – Katholische Erziehergemeinschaft Landesverband Nordrhein-Westfalen
Elisabethstr. 7 – 44319 Dortmund

LAGF – Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Nordrhein-Westfalen
Rochusstraße 44 – 40479 Düsseldorf

LER – Landeselternrat für Kindertagesein-richtungen in Nordrhein-Westfalen e.V.
Dresdener Str. 4 – 44139 Dortmund

PEV – Progressiver Eltern- und Erzieherver-band NW e.V.
Hohenstaufenallee 1 – 45888 Gelsenkirchen

VAMV, Verband alleinerziehender Mütter und Väter LV NRW e.V.
Juliusstraße 13 – 45128 Essen

ver.di – Landesbezirk NRW
Universitätsstraße 76 – 44789 Bochum

VBE, Verband Bildung und Erziehung, NRW
Westfalendamm 247 – 44141 Dortmund

ZKD – Zentralverband der MitarbeiterIn-nen in Einrichtungen der kath. Kirche in Deutschland e.V., LV Erzieherinnen NW
Breite Str. 101 – 50667 Köln

Kontaktanschrift:
Mergelteichstraße 59
44225 Dortmund
Telefon: 0231/9761570

Hinweise zu Aktionen von Beteiligten im „Forum Förderung von Kindern“ unter: 
www.muenster.org/eltern-helfen-eltern/Forum Kinder/forum.htm und www.elternrat.de/LER-KiTa-NRW/forum.htm

NAGEL-Redaktion – Aktion: Kooperationsvereinbarung Jugendhilfe-Schule Read More »

NAGEL-Redaktion – Offene Arbeit mit Kindern und Schule

Zur Entwicklung eigenständiger und kooperativer Konzeptionen
(am Beispiel von Abenteuerspielplätzen)

Von Rainer Deimel

Ein prägendes Merkmal des Verhältnisses zwischen Offener Arbeit und Schule war bis vor noch nicht allzu langer Zeit eine gegenseitige Ignoranz; dies zum einen wider besseres Wissen, zum anderen aufgrund negativ belasteter Erfahrungen. Aus Sicht der Offenen Arbeit wurde häufig festgestellt, dass die ihr eigenen Konzeptionen mit dem im Schulbereich üblichen klassischen „Curricular-Denken“ nicht kompatibel waren. Freizeiteinrichtungen fühlten sich nicht nur unverstanden, sondern darüber hinaus auch noch ausgebeutet. Dies dokumentierte sich nicht selten in der Forderung der Schule nach Schulaufgabenhilfe, die die Offene Arbeit leisten sollte. Vor dem Hintergrund einer karitativen Jugendhilfe wurde auf dieses Ansinnen bisweilen eingegangen in der Einsicht, dass man dem Scheitern einzelner Schülerinnen und Schüler nicht tatenlos zusehen dürfe.
Dieser „schulunkritische Ansatz“ übersah häufig, dass ein derartiges Einlassen systemimmanent ist, in Einzelfällen zwar vermeintliche Leistungssteigerungen bewirkt werden konnten, die Grundlagen des Versagens vom Schulsystem allerdings selbst geschaffen wurden und werden. Insofern kann vom Konzept der Offenen Arbeit keine fundamentale Aufarbeitung schulischer Mängel bewirkt werden. Dieser Konflikt ist m.E. in der Vergangenheit sowohl auf Seiten der Schule als auch von der Offenen Arbeit nur unzureichend thematisiert und bearbeitet worden. Offene Arbeit reagierte statt dessen eher mit Verweigerung, eben mit o.g. Ignoranz; zudem musste sie sich teilweise wenig fachlich fundierte Vorwürfe von Lehrerinnen und Lehrern gefallen lassen, etwa dergestalt, Offene Arbeit verleite zum Schulschwänzen, emanzipatorische Bestrebungen junger Menschen, die regelmäßig an Offener Arbeit partizipieren, führten zu Störungen des geregelten Schulablaufs u.a.m.
Seit einiger Zeit können Tendenzen festgestellt werden, die umfassend Chancen bieten, diese auf Dauer unbefriedigende Situation stückweise aufzulösen. Anlass ist nicht nur ein Reformprozess, der in den jeweiligen Institutionen entwickelt wird, sondern der Prozess selbst ist das Resultat äußerer Zwänge; dies muss jedoch einer qualitativen Steigerung pädagogischer Ansätze nicht abträglich sein; im Gegenteil. Die Institutionen sind in zunehmendem Maße mit einem sich steigernden öffentlichen wie politischen Druck in Richtung „Ganztagsbetreuung“ konfrontiert. Die Offene Arbeit gerät in der Folge von Sparzwängen der öffentlichen Haushalte trotz ihrer bewährten Konzepte nicht selten in existenzielle Not. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Schülerinnen und Schüler sich vermehrt kritisch über Schule und ihr Wohlbefinden im „Apparat Schule“ äußerten, legte der nordrhein-westfälische Schulminister 1988 eine Konzeption „Gestaltung des Schullebens und Öffnung von Schule/GÖS“ vor 
1. Innerhalb der Schule stieß GÖS zunächst auf ein eher zurückhaltendes Interesse. Nach Auskunft des für GÖS zuständigen „Landesinstituts für Schule und Weiterbildung NRW“ hofft man dort auf eine zunehmende Berücksichtigung in einer „Ping-Pong-Dynamik“, wobei hier in der Tat der Konkurrenzdruck unter den Schulen motivierend zu wirken in der Lage sein dürfte. Die Kinder- und Jugendarbeit reagierte anfangs mit massiver Ablehnung, da sie in GÖS auf den ersten Blick eine deutliche Konkurrenz zu ihren eigenen Angeboten und Programmen konstatierte. In der Zwischenzeit hat sich allerdings bewahrheitet, dass die Umsetzung innerhalb der Schule nur in kleinen Schritten vorankommt, die reine Einverleibung von Jugendhilfeangeboten in den Schulbereich wie befürchtet ausgeblieben ist und im pädagogischen Alltag tatsächlich fruchtbare Kooperations- und Vernetzungsstrategien entwickelt werden. Aus fachlicher Sicht kann zudem registriert werden, dass Methoden aus Einrichtungssparten, die in früherer Zeit unvereinbar schienen, durchaus geeignet sind, in die eigenen Ansätze einzufließen; dies zumindest in nicht unerheblichen Teilen.
Eine gegenwärtige und künftige Aufgabe der Pädagogik besteht darin, historisch erklärbare Missverhältnisse zwischen den einzelnen Einrichtungstypen abzubauen. Dazu gehört z.B. auf mittelfristige Sicht, Sanktionierungen und Leistungsdruck in der Schule zu minimieren. GÖS nennt folgende Leitlinien (vgl. S. 21 ff.):

– Intensivierung und Erweiterung sozialer Ideen;
– selbsttätiges Erschließen von Wirklichkeit;
– produktorientiertes Lernen und Arbeiten;
– differenzierte Wahrnehmung und Aufarbeitung von unterschiedlichen Standpunkten;
– Förderung der kreativen Gestaltungskräfte;
– Förderung individueller Fähigkeiten und Interessen.

Daneben werden folgende Prinzipien genannt (vgl. S. 32 f.):
– die Verbindung einer Entfaltung persönlicher Interessen und Fähigkeiten mit der Erweiterung der sozialen  Wahrnehmung sowie kooperativer Tätigkeitsformen;
– die differenzierte Wahrnehmung und Aufarbeitung von Wirklichkeit und die Erfahrung der Wirksamkeit  unterschiedlicher Vorgehensweisen und Standpunkte;
– die Erfahrung situationsbezogenen Handelns und produktorientierter Tätigkeit;
– die Möglichkeit, selbstverantwortete Problemlösungen zu suchen, Handlungsspielräume eigenständig zu  füllen und gestalterische Kreativität zu entwickeln.

In den GÖS-Rahmenbedingungen wird u.a. ausgeführt:

– Arbeitsverbünde der Schulen und der außerschulischen Partner sowie Veränderungen der Unterrichtspraxis  und des Schullebens der beteiligten Schulen einerseits und Aktivitäten der außerschulischen Partner  andererseits;
– eine Zusammenarbeit mit Personen von außerhalb der Schule, die Kenntnisse und Fertigkeiten einbringen  können;
– die Bereitstellung von „zentralen Lernorten“, z.B. für die Bereiche musisch-künstlerischer,  naturwissenschaftlich-technischer sowie sportlicher Aktivitäten, in denen die Angebote für die Teilnehmer  aus den verschiedenen Partnereinrichtungen zusammengeführt werden können.

Darüber hinaus betont GÖS ausdrücklich, dass unterrichtliches Lernen gegenwärtig nicht mehr ausreiche, vielmehr veränderten sich Lehren und Lernen sowie das Selbstverständnis von Lehrerinnen und Lehrern.
Der begonnene bzw. anstehende Vernetzungsprozess der Offenen Arbeit mit Schulen, aber auch mit Kindertagesstätten usw., wird, wenn er konstruktiv sein soll, zum Teil mit entscheidenden Veränderungen bisheriger Konzepte einhergehen. Die Offene Arbeit kann mancherorts mit Freude die inhaltliche Übernahme von in ihren Zusammenhängen entwickelten Komponenten feststellen. So ist beispielsweise eine Feuerstelle in einer Kindertagesstätte keine Ausnahme mehr, wie generell grobmotorischen Aktivitäten größerer Spielraum eingeräumt wird. Ebenso ist denkbar, das Schulleben derart umzugestalten, sodass jene Komponenten auch im vermeintlich starren Schulapparat sinnvoll eingebracht werden können. Der Aspekt, dies könne möglicherweise nicht im Sinne von jungen Menschen sein, sollte Beachtung finden, lautet doch ein oftmals in pädagogischen Fachkreisen kolportiertes Vorurteil, Schülerinnen und Schüler wären froh, wenn sie der „Lernfabrik Schule“ entkämen. Diese Thematik habe ich in eine nicht-repräsentative Befragung von Schülerinnen und Schülern 1994 eingebracht. Zu meinem eigenen Erstaunen musste ich feststellen, dass sich der überwiegende Teil der Befragten im Alter von zehn bis zwölf Jahren dahingehend äußerte, die Länge des Aufenthalts in und an der Schule wirke auf sie nicht störend, sofern „der Rahmen und das Programm“ stimme.
In der Auseinandersetzung um GÖS in früheren Jahren waren Hemmversuche sowohl seitens der Offenen Arbeit als auch seitens der Schule unübersehbar, wenn man einmal von zahlreichen anderslautenden Lippenbekenntnissen absieht. Auf Seiten der Offenen Arbeit konnte beobachtet werden, dass es die „Offenheit“ war, die als unantastbar galt und wie ein Kleinod hochgehalten wurde. Unwidersprochen gilt die unverwechselbare pädagogische Qualität „offener Konzepte“. In gleichem Maße müssen allerdings auch gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Entwicklungen in der Arbeit berücksichtigt werden, d.h. Konzepte können niemals als unumstößlich gelten, vor allem dann nicht, wenn sie über exklusive Qualitäten verfügen.
Von schulischer Seite wurde immer wieder in die Debatte eingebracht, sie, die Schule, habe ihren eigenen Auftrag, und der Raum und die Zeit für Experimente sei nicht vorhanden. Mit dieser Position wird einerseits verkannt, dass „Lernen“ (z.B. Transfer-Lernen) in anderen Zusammenhängen auch möglich, wenn nicht gar besser möglich ist; andererseits drückt diese Position aus, dass der „schulische Auftrag“ unreflektiert mit dem Lehrplan verwechselt wird. Gleichzeitig wird eine pädagogische Einseitigkeit dokumentiert.

In der praktischen Umsetzung von Kooperation und Vernetzung erweisen sich folgende Faktoren als förderlich:

– der Legitimationsdruck steigt;
– die Einrichtungen müssen Kürzungen hinnehmen;
– in einigen Einrichtungen hat eine fachliche Neuorientierung begonnen, die allerdings immer in  personale Zusammenhänge einzuordnen ist, d.h. eine Lehrerin, ein Erzieher o.ä. muss von der  beabsichtigten Strukturveränderung überzeugt sein und die Energie mitbringen, diese auch tatsächlich in  den Prozess einzubringen.

Keineswegs soll Kürzungen und unverantwortlichem Druck in Richtung Legitimation das Wort geredet werden, im Gegenteil: Zu einer tatsächlich kindgerechten, qualitativen Veränderung und Neukonzipierung kann es nur kommen, wenn sie ohne diesen Druck stattfindet. Gleichwohl soll nicht verschwiegen werden, dass Not manchmal erfinderisch macht.

An drei Beispielen soll im Folgenden ein möglicher Neuorientierungsprozess dargestellt werden.

Beispiel 1: Fritz-Steinhoff-Gesamtschule, Hagen 2

Für die Fritz-Steinhoff-Gesamtschule in Hagen waren Kürzungen im Kursbereich der Anlass, nach neuen Kooperationspartnern Ausschau zu halten und zu versuchen, Aktivitäten, die aus pekuniären Gründen nicht mehr durchgeführt werden konnten, zu ersetzen. Im Zuge dieser Bemühungen entstand der Kontakt zur Jugendhilfe und darüber hinaus zu Verbänden der Jugendhilfe. Aus deren Sicht eignete sich Schule durchaus als interessantes Experimentierfeld. Der Startversuch war das Angebot von Selbstverteidigungskursen für Mädchen mit der Vorgabe, diese Kurse dürften kein (reines) schulisches Angebot sein, sondern sie hätten sich gezielt an „alle“ Mädchen im Stadtteil zu richten. Abgesehen von pädagogisch-fachlichen Aspekten konnten dieses Kurse insofern als erfolgreich angesehen werden, als immerhin zwei Drittel der erreichten Mädchen nicht Schülerinnen waren, sondern solche, die ihre Freizeit aufgrund des Angebots in der Schule verbrachten. Diese Erfahrung war derart ermutigend, sodass sich binnen kurzer Zeit ein aktiver Arbeitskreis bildete, der gezielt Komponenten aus der Offenen Arbeit im Umfeld der Schule entwickelte und konzipierte.
Ziel des Arbeitskreises war und ist die Entwicklung eines Abenteuerspielplatzes an der Schnittstelle zwischen Schule und Freizeit. Eine Analyse des Einzugsgebiets ergab, dass dieses, im Hagener Norden gelegen, hinsichtlich des Angebots für Kinder und Teens zwischen sechs und 15 Jahren völlig unzureichend ausgestattet ist. Der Arbeitskreis konnte mit fortschreitender Konzipierung immer wieder wichtige und neue Partner gewinnen. So waren neben Teilen des Lehrerkollegiums und dem ABA Fachverband Offene Arbeit mit Kindern u.a. beteiligt der Kinderschutzbund, das Grünflächenamt, das Liegenschaftsamt und das Jugendamt der Stadt Hagen, VertreterInnen der Politik (städtische Ausschüsse und Bezirksvertretung), Architekten und Architekturstudenten, der Wohnungsverein (als möglicher Sponsor) sowie diverse Arbeitsgremien und Einrichtungen aus dem lokalen Umfeld u.a.m.
Das Schulgelände ist ausreichend groß. Der westliche, ca. 10.000 qm große Teil des Schulhofs wird aufgrund seiner Lage in der Regel wenig genutzt. Einbezogen in diesen Bereich sind verschiedene Felder für grobmotorische Angebote sowie ein hügeliges Gelände in der Größe von ca. 1.800 qm.
Neben dieser günstigen räumlichen Voraussetzung hätte ein Abenteuerspielplatz an dieser Stelle den Vorteil, dass er mit keiner bestehenden Jugendhilfeeinrichtung konkurrieren müsste, da keine ähnlich gelagerte existiert. Der Abenteuerspielplatz wird mit unterschiedlichen, zum Teil sich ergänzenden und miteinander kooperierenden Zielsetzungen entwickelt. So ist eine Nutzung durch die schulische Pädagogik vorgesehen. Eine derartige Einrichtung ist für ganz unterschiedliche Fächer geeignet, z.B. Biologie (Garten, Pflanzenzucht und -beobachtung, Biotop, Tierbereich, andere erlebbare Natur), Sport (Geländespiele, Bolzplatz), Werken (Holz-, Metall und andere Materialerfahrungen und -bearbeitung), Gesellschaftskunde (praktische Erfahrungen im sozialen Miteinander, Rollenspiele), Kunst (Skulpturen, Bauwerke), andere naturwissenschaftliche Fächer, wie z.B. Chemie und Physik (Feuer, Materialverbindungen wie Sand-Wasser, Lehm-Wasser), Religion (Förderung des menschlichen Miteinanders, Begegnungen auf mitmenschlicher Ebene in Natur- und kulturellen Zusammenhängen), Musik (Bau von Klangkörpern). Darüber hinaus sind der „schulischen Phantasie“ keine Grenzen gesetzt. Ferner wird der Abenteuerspielplatz als Freizeiteinrichtung im Einzugsgebiet der angrenzenden Stadtteile zu nutzen sein; er würde in die Struktur der Jugendhilfelandschaft im Hagener Norden eingebettet. Dies bedeutete auch, die Öffnungszeiten wichen von denen der Schule ab. Ein zusätzlicher Aspekt ist das informelle Schließen einer Lücke hinsichtlich des Bedarfs an Regelbetreuung im Einzugsgebiet.
Aus fachlicher Sicht wird es zu einer Neubetrachtung des Bildungsbegriffs kommen. Um sich u.a. gegen „klassische Bildungseinrichtungen“, wie eben der Schule, abzugrenzen, ist der „Bildungsbegriff“ seit den sechziger Jahren in den meisten Pädagogik-Sparten kaum noch verwandt worden, und gerade die Offene Arbeit bietet z.T. bessere Bildungsmöglichkeiten als die „eigentlichen“ Bildungseinrichtungen. Assoziativ sei hier an die Aussage Bruno Bettelheims erinnert, der feststellt, ein Erlernen des Umgangs mit Werkzeugen (Frontalunterricht) sei sinnlos, wenn es keinen Einsatz von Werkzeugen gebe (Produktorientiertheit). Der Offenen Arbeit fehlt seit geraumer Zeit oft das Selbstbewusstsein, ihren Bildungsanspruch deutlich zu machen; insofern können Konzepte wie dieses entsprechende Lücken (pionierhaft) schließen.
Innerhalb weniger Monate nach Formulierung der Ziele war die Dynamik des Projekts beachtlich. Dies allerdings ließ zum Teil dann auch Empfindlichkeiten deutlich werden; Empfindlichkeiten dergestalt, dass sich Teile der Politik und der Administration übergangen fühlten, ohne dass dies von den Initiatoren beabsichtigt worden wäre. Stand zu Anfang der Bemühungen der Slogan „Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche“ (Ernesto Che Guevara) mit im Raum, musste ein größeres öffentliches und fachliches Interesse an besagtem Projekt als erwartet festgestellt werden. So kam es einem Mangel an Zeit, alle Empfindlichkeiten angemessen berücksichtigen zu können. Hinzu kam, dass vom örtlichen Jugendamt immer wieder (und ausschließlich) der Hinweis kam, es stünden keine Finanzen zur Verfügung. Vom Werkbereich der Schule wurden Arbeitsgemeinschaften für SchülerInnen geplant sowie angeboten, die Arbeit an dem Abenteuerspielplatz aufzunehmen. Neben der praktischen Arbeit werden die Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaften ergänzt durch Exkursionen, Lehrerfortbildungen u.a. 
Nach den Sommerferien wurde als Trägerverein – vorwiegend von LehrerInnen – die „Initiative Netzwerk e.V.“ als gemeinnütziger Trägerverein gegründet. Seit Januar 1995 ist die „Initiative Netzwerk e.V.“ Träger des „Jugendcafés Kabel“ (OT1). Gegen Jahresende 1994 stellte sich heraus, dass das Jugendcafé, das sich bis dahin fünf Jahre lang in Trägerschaft des Diakonischen Werkes befand, akut von einer Schließung bedroht war. Die „Initiative Netzwerk e.V.“ bemühte sich um die Rettung des Cafés. Vorläufig ist der Erhalt gesichert; eine langfristige Weiterführung ist von Seiten der Stadt Hagen in Aussicht gestellt worden.
Ohne einen Trägerverein wäre der Erhalt des Jugendcafés undenkbar gewesen. Bei diesem Jugendtreff handelt es sich um die einzige Einrichtung im Stadtteil, die Jugendlichen die Möglichkeit zu Kommunikation, Beratung und Anleitung zu sinnvoller Freizeitgestaltung bietet. Erwähnenswert scheint, dass die „Initiative Netzwerk e.V.“ ein sehr junger Träger mit bislang wenigen Mitgliedern ist, der sich gerade anschickt, Jugendhilfeerfahrungen zu sammeln. Die Tatsache, dass vorwiegend LehrerInnen einer Schule derartige Aktivitäten auf dem Jugendhilfesektor entwickeln, sollte Impulse im Bereich der Freizeitarbeit setzen, verstärkt die Kooperation mit Schulen vor Ort zu suchen. In Hagen jedenfalls hat die Bereitschaft der „Initiative Netzwerk e.V.“, das Jugendcafé zu übernehmen, erstaunliche Wirkung innerhalb des Stadtteils gezeigt. Bei mehreren Konferenzen am Runden Tisch wurde von den beteiligten VertreterInnen der Verbände, Parteien und anderen Organisationen deutliches Interesse geäußert und dieses auch durch tatkräftige Unterstützung und Angebote finanzieller Beihilfen untermauert. Die Hoffnung der „Initiative Netzwerk e.V.“ ist nun (Anm. d. Red.: 1996), dass nach einem gelungenen Abschluss der Verhandlungen mit der Stadt und einer erfolgreichen Arbeit im Jugendcafé die Kooperationsbereitschaft sich auch auf den Abenteuerspielplatz übertragen wird. Die Einbeziehung des im Jugendcafé beschäftigten Sozialarbeiters in die Spielplatzarbeit ist bereits eingeplant, sodass auf diesem Wege eine Verknüpfung des Jugendcafés mit dem Abenteuerspielplatz erfolgen könnte.
Da das beschriebene Projekt eindeutig eine Lücke in der Kinder- und Jugendarbeit im Hagener Norden schließen wird, ist unbedingt darauf zu achten, dass es über die kommunale Jugendhilfeplanung abgesichert wird.

Beispiel 2: Abenteuerspielplatz Dortmund-Scharnhorst

Der Beginn von Kooperation und Vernetzungsansätzen zwischen dem Abenteuerspielplatz in Dortmund-Scharnhorst und der Scharnhorster Kautsky-Grundschule vor über fünf Jahren ist auf einen, wie man meinen könnte, „schlichten“ Vorgang zurückzuführen: Mitarbeiterinnen der Spielplatzes baten in der Schule darum, ihre Programme und Handzettel dort verteilen zu dürfen. Es sind ja Fälle bekannt, in denen Material der Öffentlichkeitsarbeit anderer Einrichtungen in den Papierkörben der Schule verschwand.
Das Beispiel Scharnhorst ist ein Beleg für die These, dass sich Kooperation häufig vor einem ganz konkreten personalen Hintergrund vollzieht, denn in diesem Fall stieß das Ersuchen des Spielplatzes auf gesteigertes Interesse beim Schulleiter und bei der Vertrauenslehrerin. Die Mitarbeiterinnen des Spielplatzes bekamen die Möglichkeit eingeräumt, ihre Anliegen vor den Schulklassen unmittelbar vorzutragen, was seitdem regelmäßig geschieht. Im „Gegenzug“ stellten sich Rektor und Vertrauenslehrerin auf dem Abenteuerspielplatz vor und machten sich vor Ort ein Bild von der Einrichtung und ihrer Konzeption. Das Interesse der Schule am Spielplatz konnte hierdurch erheblich gesteigert werden; auf diese Weise konnten konkrete Kooperationen eingeleitet werden; die Vertrauenslehrerin beispielsweise hospitierte mehrfach auf dem Abenteuerspielplatz. So gelang es u.a., Hintergründe, über Kinder, die für pädagogisches Handeln relevant sind, transparenter zu machen, was analog dazu zu einem besseren Verständnis etwa von Schulschwierigkeiten führte. Aus diesem besseren Verständnis heraus eröffnete sich die Schule die Möglichkeit eines erhöhten Maßes an Empathie einzelnen Kindern gegenüber. Neben diesen individuellen Veränderungen wurden in der Folgezeit weitere konkrete Ansätze der Zusammenarbeit bis hin zur Vernetzung gesucht. Die Vertrauenslehrerin sorgte für Begegnungen des Spielplatzes mit ganzen Schulklassen und anderen LehrerInnen. Der Abenteuerspielplatz und die Schule vereinbarten und planten gemeinsame Projekte.
Erwähnung finden sollte ferner ein einwöchiges, 1992 durchgeführtes Druckerei-Projekt. Der Abenteuerspielplatz verfügt über eine Druckwerkstatt; diese wurde während des Projekts von der Schule sowie auch von ASP-BesucherInnen aktiv genutzt (Schriftsetzerei, Gestaltung unterschiedlicher Papiere usw.). Ein Jahr später fand in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt im Rahmen einer landesweit angelegten „Suchtwoche“ ein gemeinsames Projekt statt, währenddessen in erster Linie zahlreiche Aktivitäten unter dem Motto „Essen, Trinken und Rauchen“ durchgeführt wurden.
Ein weiterer Vernetzungsschritt konnte durch die Anbindung der Arbeitsgruppe „Zwischen Arbeit und Ruhestand – ZWAR“ gegangen werden. Es wurde ein „Schlüsselkinder“-Projekt initiiert, das seit geraumer Zeit fester Bestandteil der Kooperationsarbeit ist. Mit der ZWAR-Gruppe werden künstlerische und handwerkliche Aktivitäten geplant, vorbereitet und realisiert. Darüber hinaus existiert eine sogenannte „Hexenküche“, ein attraktives Kochangebot, das regelmäßig auf dem Abenteuerspielplatz durchgeführt wird.
Des weiteren wurde 1994 eine breit angelegte „Schreibwerkstatt“ organisiert. Das hohe Maß an Attraktivität, das diesem Projekt zugeschrieben wurde, dokumentiert sich u.a. durch die Beschaffung und Gestaltung eines Bauwagens, der, ausgerüstet mit Schreibmaschinen usw., auf dem Spielplatz als Schreibwerkstatt aufgestellt wurde. In dieses Projekt wurden neben Schule und Spielplatz der Jugendverband „Die Falken“ sowie eine sogenannte „Kinderanwältin“ in Dortmund eingebunden. Letztgenannte sorgte dann auch inhaltlich für starke Impulse in Richtung „Kinderpolitik“. Herausgekommen ist ein etwa 180-seitiges Buch mit zahlreichen Texten, Zeichnungen und Cartoons von Kindern, das dem Titel „Aus der Wüste ein Paradies machen“ im nds-Verlag erschienen ist. Dieses Buch versteht sich als ein Beitrag von und mit Kindern, der sich hauptsächlich an Erwachsene, z.B. im Sinne eines Handbuchs für LehrerInnen, richtet. Das Buch orientiert sich an den Kinderrechten, wie sie in der UNO-Kinderkonvention formuliert wurden: Kinder beleuchten ihre Vorstellungen bezüglich der Beteiligung im Alltag, in der Schule usw.
Aus Sicht der Schule hängt die Motivation zur Vernetzung vorwiegend mit drei pädagogisch-fachlichen Komponenten zusammen, nämlich denjenigen, die sich 1. aus einem kommunikativen Ansatz, 2. aus der im Stadtteil realen Handlungsorientierung und 3. aus einer Bindungsorientierung – bezogen auf die Kinder – ergeben. D.h. seitens der Schule wird ein deutlicher Wert auf intensiven Austausch mit denjenigen Einrichtungen und Personen gelegt, die dieselbe Zielgruppe erreichen, um deren Konditionen im Stadtteil begleitend zu verbessern. Im Stadtteil Scharnhorst hat diese kommunikative Strategie eine lange Tradition. Bereits Ende der siebziger/Anfang der achtziger Jahre wurde im Laufe eines mehrjährigen Prozesses die TABS-Arbeitsgemeinschaft 
3 gegründet. Hier kommen alle Einrichtungen und Organisationen zusammen, die in der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit im Stadtteil aktiv sind. Die Arbeitsgemeinschaft musste sich in den ersten Jahren mit erheblichen Widerständen – vor allem seitens der damaligen Leitung des Jugendamtes – auseinandersetzen. Inzwischen sind die Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft seit langem anerkannt und etabliert, und sie haben teilweise Vorbildcharakter; dass mittlerweile auch Schulen eingebunden sind, verdient der Erwähnung.
Die sich ausdifferenzierende Kooperation ist sowohl in der Schule als auch auf dem Abenteuerspielplatz mit organisatorischen Veränderungen verbunden. So ist es beispielsweise wesentlich, dass LehrerInnen ein ausreichendes Maß an Verfügungsstunden zugebilligt bekommen. Der Spielplatz muss sich mit seinen Öffnungszeiten zeitweise auf den Bedarf der Schule einstellen. So kann es durchaus vorkommen, bereits auch schon mal um 8.00 Uhr morgens zu öffnen.
Der Bekanntheitsgrad der  MitarbeiterInnen des Spielplatzes wie auch der LehrerInnen der Schule ist in der Zwischenzeit hoch; dies sowohl untereinander als auch darüber hinaus, etwa bei Eltern. Elternarbeit kann aufeinander abgestimmt werden. Ein weiterer Effekt ist, dass „Schul-Eltern“ die Referenz der Schule bezüglich des Spielplatzes dahingehend aufgreifen, jenen vermehrt in Augenmerk nehmen und aufsuchen. Dies wirkt sich bei der Teilnahme an Elternabenden, Elterntreffs usw. aus. Darüber hinaus wird der stadtteil-orientierte Ansatz, nach dem der Abenteuerspielplatz seit seinem Bestehen (1977) arbeitet, auch durch diesen Vorgang untermauert und gestärkt. Die MitarbeiterInnen berichten, gerade in der Sommerzeit habe der Spielplatz „Freibad- und Naherholungs“-Charakter. In diesem Zusammenhang bleibt anzumerken, dass der Spielplatz so strukturiert und organisiert ist, dass die Aktivitäten der Kinder nicht massiv durch die Anwesenheit der Eltern gestört werden.
Seit kurzem werden übrigens Überlegungen angestellt, mittelfristig einen Jugendhilfeträger in Form eines Verbundes zu installieren.

Beispiel 3: Bauspielplatz Abendrothstraße, Köln-Chorweiler

Aufgrund einer Bedarfsermittlung bei den Stammkindern wurde auf dem Bauspielplatz Abendrothstraße in Köln das Einrichtungskonzept Ende 1993/Anfang 1994 fortgeschrieben. Dieses Modell fällt etwas aus dem Rahmen der hier dokumentierten Beispiele. Gleichwohl setzt es Impulse in Bezug auf die gewünschte Annäherung an die Schule. Besonders hervorzuheben ist ein gestiegenes Maß an pädagogischer Verlässlichkeit im Stadtteil Chorweiler, von dem immerhin regelmäßig ca. 30 Kinder auf dem Bauspielplatz und noch einmal ca. 20 Kinder in der ebenfalls zum Träger gehörenden Kinder- und Jugendeinrichtung profitieren; letztlich natürlich auch deren Eltern. In jüngerer Zeit eine stetige Steigerung der Nachfrage an dieses Angebot zu beobachten.
Die MitarbeiterInnen der Einrichtung stellten einen hohen Bedarf an Versorgungswünschen fest; dieser offenbarte sich in der Tatsache, dass es vielen StammbesucherInnen erst relativ spät am Nachmittag möglich war, den Spielplatz zu besuchen. Der Hintergrund hierfür war die Verpflichtung der Kinder, ihre Schulaufgaben zu erledigen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Kinder hungrig zum Platz kamen. Dieser Schlüsselkindproblematik entgegenzuwirken, war ein Grund, die Konzeption fortzuschreiben. Der Träger konnte eine ABM-Kraft als Köchin einstellen. Die Kinder werden seitdem mit einem Mittagessen gegen einen Preis von 1,– DM pro Tag versorgt. Der Restbetrag in Höhe von über 50 Prozent wird durch Bußgelder, die vom Gericht zugesprochen werden, sowie Spendenaktionen aufgestockt. Der Platz ist ab 12.00 Uhr mittags und für Schulaufgabenhilfe bereits ab 11.30 Uhr geöffnet; er steht sowohl mit seinem offenen Angebot, als auch mit der Möglichkeit, die Schulaufgaben zu erledigen, zur Verfügung; MitarbeiterInnen begleiten die Schulaufgabenhilfe. Ferner steht den Kindern eine Honorarkraft, die über das „Landesprogramm Ganztagsbetreuung“ finanziert wird, zur Verfügung. Der vermeintliche Widerspruch, die neuen Aktivitäten des Bauspielplatzes stünden im Kontext des von mir zu Anfang aufgezeigten „schulunkritischen Ansatzes“, soll hier aufgelöst werden: Wie dokumentiert, war Hintergrund der Neukonzipierung der festgestellte Bedarf bei den Kindern; dies macht den qualitativen Unterschied zu einer einseitigen Forderung durch die Schule aus. Kinder können nunmehr bereits mittags den Platz besuchen. In dieser Analogie bleiben sie dann auch für den Rest des Tages über in der Einrichtung; der Aktionsradius auch für die „eigentliche“ Bauspielplatz-Arbeit wurde erweitert, die Attraktivität im Stadtteil gesteigert. Die Schulaufgabenhilfe, von der SchülerInnen aller im Stadtteil befindlichen Schultypen erreicht werden, wird um 14.00 Uhr beendet; sie wirkt sich nicht zu Lasten des Freizeitbereiches aus.
Durch die Bemühungen des Platzes ist eine potenzielle Vernetzung eingeleitet worden. In der Zwischenzeit sind zu den Schulen Kontakte aufgebaut worden. Der Bauspielplatz nimmt die Möglichkeit wahr, über die Schulen auf seine Angebote hinzuweisen. Der Kontakt zu einzelnen Lehrerinnen und Lehrern – besonders aus dem Grundschulbereich – ist in der Zwischenzeit ausgebaut worden; teilweise besuchen Schulklassen am Vormittag den Platz. In Planung befindet sich beispielsweise ein gemeinsames Projekt zum Thema „Umweltschutz“. Die MitarbeiterInnen des Platzes sind entschlossen, die Kooperation künftig zu intensivieren, etwa dergestalt, dass Schulen regelmäßig den Platz für ihre Zwecke und Ziele nutzen können.
Ein nicht unwichtiger „Nebeneffekt“ des „verlässlichen Ganztagsangebots“ ist eine vermehrte Integration von Eltern in die Arbeit. Es finden regelmäßig Elternabende statt. Ein Eltern-Kleinkind-Bereich ist im Aufbau sowie eine Mutter-Kind-Freizeit in Planung.

Die genannten Beispiele zeigen deutlich, dass gegenwärtig durchaus konkrete Möglichkeiten bestehen, einerseits die Diskrepanz unterschiedlicher pädagogischer Felder – zumindest teilweise – aufzulösen, damit diese voneinander profitieren und gleichermaßen zufriedenstellende Antworten auf den wachsenden politischen Legitimationsdruck geben können; andererseits wirken derartige Konzepte eindeutig in Richtung Bedarfsdeckung von Ganztagsbetreuung. Genannte Beispiele schaffen Alternativen zu zunehmend verlorengegangenen Spiel- und Treffpunkten im Stadtteil; sie ermöglichen ferner Angebote, die stabile Gruppenbeziehungen und sinnvolle Tätigkeiten sowie eine zuverlässige pädagogische Zuwendung ermöglichen. Ferner sorgen sie bei den Kindern vermehrt für Anregungen zur Selbsterfahrung und zur Auseinandersetzung mit der eigenen Wirklichkeit, wirken somit einer um sich greifenden Vereinnahmung von Kindern durch domestizierte und domestizierende Medien entgegen. Gerade das Einbeziehen von Abenteuerspielplätzen in Vernetzungskonzepte käme den Erfordernissen, die auch durch die sogenannte „Freiburger Kinderstudie“ 4 aufgezeigt wurden, entgegen. Sehr deutlich wird in dieser Studie darauf hingewiesen, dass Kinder vor allem „draußen spielen wollen“; dies in Spielräumen, die möglichst wohnungsnah sind. Aus dieser Sicht wäre gerade in großstädtischen Ballungsräumen ein flächendeckendes Netz von Abenteuerspielplätzen – möglicherweise mit Anbindung an die Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I – zu schaffen. Kindern würden auf diese Weise Erprobungs-  und Lernmöglichkeiten sowie eine ihnen adäquate, größere Vielfalt von Angeboten eingeräumt. Der Abenteuerspielplatz ist eine der kindgerechtesten Möglichkeiten, bedarfsorientierte, offene Ganztagsangebote über die Schule hinaus einzurichten; dies käme vor allem Kindern aus der Sekundarstufe I entgegen. Neben der Gelegenheit, sich in gewünschten Peergruppen aufzuhalten und zu betätigen, wünschen sich Kinder im Schulalter erwachsene Bezugspersonen außerhalb des Elternhauses, an denen sie sich reiben und von denen sie lernen können, wie man allmählich erwachsen wird. Der Abenteuerspielplatz ermöglicht dies im wesentlichen in einem sanktionsfreien und konkurrenzarmen Rahmen, gleichermaßen für Eltern wie für Kinder verlässlich.
Aufgezeigte bzw. vergleichbare Vernetzungskonzepte würden dem Abbau der Bildungsdominanz der Schule entgegenwirken, und die Jugendhilfe bekäme einen eigenständigen Bildungsauftrag; Schule hätte erhöhte Chancen, sich bedürfnisorientierter zu orientieren.
Eine bisherige praktische Umsetzung von Kooperation und Vernetzung der Offenen Kinderarbeit mit diversen Schultypen wird augenblicklich unterschiedlich eingeschätzt. Aufgrund ihres Rahmens sind m.E. Sonderschulen und Schulen für Erziehungshilfe, aber auch zunehmend Grundschulen, besonders geeignet, konkrete Schritte zu gehen; aus deren Sicht wird diese Einschätzung – soweit bekannt – geteilt. Einrichtungen der Offenen Arbeit teilten auf Anfrage mit, dass es vor allem Gesamtschulen seien, die Interesse an Kooperation bekundeten, und wo es im Alltag zur Zusammenarbeit komme. Nach Auskunft der RAA (Regionale Arbeitsstelle zur Förderung ausländischer Kinder und Jugendlicher) in Dortmund sollen es vor allem Grundschulen sein, die den „Schulterschluss“ mit der Kinder- und Jugendarbeit suchen.
Abschließend soll ein Blick auf das Berufsbild von PädagogInnen gerichtet werden: Dieses hätte im Zuge zunehmender Annäherung bisher unterschiedlicher Felder die Chance, reformiert zu werden; Ziel sollte mittelfristig eine einheitliche sozialpädagogische Ausbildung auf der Ebene von Fachhochschulabschlüssen sein, um die Kluft zwischen Sozialpädagogik und Schulpädagogik zu verringern; langfristig sollte Pädagogik wieder zu einer einheitlichen Disziplin zusammengeführt statt weiter atomisiert werden. Dies bedeutet auch, die Lehrerausbildung künftig wieder stärker pädagogisch zu orientieren und aus dem Stadium der reinen Wissensvermittlung herauszutreten.

Vorstehender Beitrag erschien zunächst in: Ulrich Deinet (Hg.): Schule aus – Jugendhaus? Praxishandbuch: Ganztagskonzepte und Kooperationsmodelle in Jugendhilfe und Schule, Münster 1996. Eine zweite und erweiterte Auflage erschien im Votum Verlag bereits 1997. Diese Buch sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich empfohlen.

Anmerkung:
1 Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen: Rahmenkonzept „Gestaltung des Schullebens und Öffnung von Schule“, Düsseldorf 1988
2 Eine umfassende konzeptionelle Beschreibung des hier verkürzt dokumentierten Projektes ist ebenfalls separat in unseren Internet-Seiten zu finden: Dokumentation über ein mögliches Projekt „Abenteuerspielplatz an der Schnittstelle von Freizeit und Schule“.
3 „TABS“ stand seinerzeit für die Anfangsbuchstaben der Gründungsmitglieder. Da die Arbeitsgemeinschaft inzwischen deutlich erweitert wurde, ist der Name quasi Institution.
4 vgl. Blätter der Wohlfahrtspflege – Deutsche Zeitschrift für Sozialarbeit 11-12/1994, S. 223 f.

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NAGEL-Redaktion – Kooperationsprojekt zwischen Schule und Bauspielplatz

Von Wilfried Au

Seit nunmehr fast drei Jahren kooperieren die Grundschule Genslerstraße und der Bauspielplatz Rübezahl in Barmbek – Gelegenheit, einmal eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen. Den Kooperationsschwerpunkt bilden die Anlage und Pflege eines Schulgartens auf dem Bauspielplatz während und außerhalb der Unterrichtszeit, doch gibt es daneben eine Reihe von anderen Feldern der Zusammenarbeit.

Zur Vorgeschichte:

Der Bauspielplatz „Rübezahl“ befindet sich in der Nachbarschaft der Schule Genslerstraße, etwa 300 Meter entfernt. Dort werden den Schulkindern Beschäftigungsmöglichkeiten geboten, über die die Schule in dieser Form nicht verfügt (Bewegungslandschaften im Außengelände, Werkstätten, Toberaum, Kletterwand etc.). In jüngerer Vergangenheit befand sich der Bauspielplatz in einem wenig einladenden Zustand und war oft wegen fehlender Mitarbeiter geschlossen. Verständlich war daher die geringe Akzeptanz im Stadtteil. Im Herbst 1999 übernahm ein neues Team des Verbandes Kinder- und Jugendarbeit e.V. die Regie auf dem Bauspielplatz und nahm Kontakt zu unserer Schule auf. Auf einer Lehrerkonferenz und einer Elternratssitzung erhielt es die Gelegenheit sein Konzept vorzustellen. Danach zeigten Kollegium und Elternrat Interesse an einer engen Kooperation. Einvernehmlich wurde beschlossen auf dem Bauspielplatz einen Schulgarten anzulegen, da auf dem schuleigenen Gelände der Platz durch Fußballfeld, Spielecke und Pausenhof (Verbundstein) ausgenutzt ist. Eine finanzielle Absicherung erhielt das Projekt mit dem Bewilligungsbescheid des Amtes für Schule vom 31.05.2000 über die Bereitstellung von Sachmitteln aus dem Innovationsfonds in Höhe von 5000,- DM.

Ziele des Projekts

Gemeinsam mit dem Kooperationspartner

  • das neu entwickelte Konzept der Mitarbeiter des Bauspielplatzes den Kindern und Eltern des Stadtteils bekannt machen,
  • den Kindern andere Lernorte, Lernformen und außerschulische Experten bieten,
  • die Heterogenität der Besucher des Bauspielplatzes fördern,
  • die Schülerinnen und Schüler zu Selbstständigkeit und Mitverantwortung für ihr Stadtteilprojekt anleiten,
  • die Kinder durch praktisches Tun im Schulgarten vor- und nachmittags natürliche Prozesse anschaulich und „begreifbar“ erleben lassen,
  • die Pädagogik durch Lernformen der offenen Kinder- und Jugendarbeit gegenseitig weiter entwickeln,
  • erkunden, welche weiteren Formen der Zusammenarbeit sich aus dieser Kooperation ergeben.

Projektbeschreibung:

Im Frühjahr und Sommer 2000 leisteten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bauspielplatzes Vorarbeiten zum Anlegen von drei größeren und einem kleineren Beet. Auch halfen schon einige Kinder einer vierten Klasse beim Eingraben der Beetumrandungen, Abstechen der Grassoden und Aufschütten des Mutterbodens. Die Kinder der 3. und 4. Klassen besuchten den Bauspielplatz für jeweils zwei Unterrichtsstunden, um den Ort und die Angebote dieser Einrichtung kennen zu lernen. Mit Beginn des Schuljahres 2000/2001 begann eine intensive Zusammenarbeit. Bis zum Schuljahresende besuchten nahezu alle Klassen der Schule vormittags den Bauspielplatz, um an ihrem Gartenprojekt zu arbeiten. Mit besonderer Begeisterung, großer Selbstständigkeit und Verantwortung für das Gelingen der Gartenanlage widmete sich eine 4. Klasse an fünf Vormittagen der Aufgabe. Es wurden Sträucher und Bäume gepflanzt, Blumenzwiebeln gesetzt, Gemüsepflanzen gesät, Kräuterbeete angelegt. Auch wurden die Beete vom Unkraut frei gehalten und bewässert. In den Sommerferien ernteten die Kinder des Bauspielplatzes das Gemüse und verarbeiteten es zu leckeren Gerichten.
Während des Aufenthalts auf dem Bauspielplatz waren die Kinder stets in Gruppen eingeteilt, so dass nicht die ganze Klasse mit der Gartenarbeit beschäftigt war. Die anderen Kinder nutzten währenddessen die übrigen Angebote des Bauspielplatzes (Fahrrad fahren, Hüttenbau, Holzwerkstatt, Fußball spielen, Toberaum etc.). Dadurch war gewährleistet, dass alle „Gärtner“ in einer überschaubaren Gruppe unter Anleitung sinnvoll beschäftigt wurden. Auch nachmittags treffen sich Kinder der Schule auf dem Bauspielplatz, um die Gartenarbeit fortzusetzen. Nicht zuletzt wegen der engen Kooperation mit der Schule erfreut sich der Bauspielplatz auch am Nachmittag großer Beliebtheit. Die Eltern im Stadtteil konnten sich vor Ort informieren und sie wissen, dass ihre Kinder dort viele Beschäftigungsmöglichkeiten vorfinden und bei Bedarf gut betreut werden.
Aus den Mitteln des Innovationsfonds wurden bisher 2000,- EUR für Mutterboden, Gartengeräte, Naturmauer, Stauholz und Pflanzen ausgegeben. Ein besonderes Ereignis war im Sommer 2002 der Aufbau einer Stein- und Naturmauer, die einer Vielzahl von Tieren Unterschlupf bietet, eine Fülle von Beobachtungen ermöglicht und sich für einen anschaulichen und handlungsorientierten Sachunterricht anbietet. Die Motivation für die gärtnerischen Arbeiten ist natürlich nicht bei allen Schülerinnen und Schülern gleich groß. Der Bauspielplatz bietet aber genügend Möglichkeiten, um auch die etwas lustloseren Kinder sinnvoll zu beschäftigen. Mit der Tatsache, dass einige Sträucher gestohlen wurden, mussten wir uns ebenfalls abfinden. Dies stellt aber das Projekt keinesfalls in Frage, zumal sich noch eine weitere Form der Zusammenarbeit entwickelte. So betreuen die Mitarbeiter des Bauspielplatzes in Absprache mit den Lehrerinnen und Lehrern der Schule besonders intensiv einzelne Kinder, denen die nötige Zuwendung im Elternhaus fehlt. Sogar bei den Hausaufgaben wird geholfen.

Bereicherung für unsere schulische Arbeit

Die Verlagerung des Lernortes aus der Schule heraus an einen anderen Ort ist an sich schon eine Bereicherung im Sinne einer Öffnung der Schule. Die Kinder trainieren in einem anderen Umfeld soziales Miteinander, spielerisch und ohne „Schulanforderung“. Der Bauspielplatz mit seinem breit gefächerten Angebot an handlungsorientierten Beschäftigungsmöglichkeiten stellt einen besonderen Anreiz dar; die Kinder finden sich in anderen Gruppen, in neuen „Interessenverbänden“ wieder. Sie arbeiten dabei gemeinsam an einem Projekt. Engagierte MitarbeiterInnen des Bauspielplatzteams stehen stets hilfsbereit mit Rat und Tat zur Seite. Learning by doing steht im Vordergrund. Vor allem die praktischen Tätigkeiten wie Häuser bauen, einen Garten anlegen und pflegen, sind Erlebnisse, die Großstadtkinder heute kaum noch erfahren können und die auch die Schule in dieser Form nicht ermöglichen kann. Das Gefühl, Schule interessiert sich für das, was ich auch am Nachmittag/ in meiner Freizeit mache, gibt vielen sonst benachteiligten Kindern ein Gefühl der Sicherheit und „Überlegenheit“ (Selbstwertstärkung).

Bericht einer Klassenlehrerin

„Für meine Klassen ist der Bauspielplatzbesuch immer ein Abenteuer. Die Kinder sammeln Erfahrungen, die sie in ihrem städtischen Wohnbezirk sonst nicht machen können. Die Eltern hatten oft Vorurteile und ließen ihre Kinder nicht allein auf den Bauspielplatz. Durch die Klassenbesuche wurden diese Vorurteile aufgehoben. Die Kinder erproben sich fachgerecht an Werkzeugen, die sie in ihrem Alter sonst nicht benutzen dürfen. Das macht sie stolz und motiviert enorm. Auch das Erklimmen einer Kletterwand gehörte schon zum Besuchsprogramm. Ganz besonders reizvoll war das Anlegen eines Gartens. Wir pflanzten Büsche und Bäume. In kleinen Kästen zogen wir Blumensamen und Gemüse auf, um sie später anzupflanzen. Nicht alle Kinder hatten daran Interesse, aber die „Gärtner“ genossen es, in der Erde zu „wühlen“. Wir steckten zahlreiche Blumenzwiebeln in die Erde und erlebten die Blüte der Frühlingsblumen. Unsere Obstbäume wurden leider gestohlen; eine kleine Entschädigung war jedoch die Erdbeerernte.“

Wilfried Au ist Schulleiter der Schule Genslerstraße

Genslerstraße 33, 22307 Hamburg (Erstveröffentlichung in FORUM FÜR KINDER- UND JUGENDARBEIT 3/2002

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NAGEL-Redaktion – Jugendliche und Internet: Mit den Möglichkeiten wächst die Verantwortung

Ein eigenes Profil im Internet zu haben, ist für viele Jugendliche heutzutage ein Muss, die digitalen Freunde im Internet zu treffen, gehört zum Alltag. Private Daten und Informationen werden ins Netz verlagert, wodurch die Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit verschwimmen. Neben drohenden Gefahren wie Cybermobbing entstehen durch soziale Online-Netzwerke aber auch Chancen, z.B. zur Nutzung für politische Kommunikation. Diese Themen bestimmten die Tagung „Responsibility 2.0 – Engagement und Verantwortung im Internet“ am 20. und 21. Januar 2011 an der Universität Siegen.

Im Rahmen des interdisziplinären Master-Studiengangs Medien und Gesellschaft der Universität Siegen wurde die Tagung von Studierenden organisiert. Beide Tage hatten jeweils ein Schwerpunktthema. So ging es am Donnerstag, dem 20. Januar, um die individuelle, politische Kommunikation. Die Hoffnung vieler, dass durch das Aufkommen des Internets neue Wege von Demokratie entstehen, wurde durch das sogenannte Web 2.0, in dem sich der Nutzer aktiv einbringen kann, genährt. Das studentische Forschungsprojekt der Universität Siegen wollte mit einer Online-Befragung herausfinden, wie Internet-User die Netzwerkplattformen zur politischen Kommunikation nutzen. 543 Internet-Nutzer im Alter zwischen 14 und 55 Jahren wurden hierzu befragt, die meisten davon waren Mitte 20. „Uns war es wichtig, an das für uns wichtige Internet-Publikum heranzukommen und viele Menschen zu erreichen“, begründete Daniel Benfer, Mitorganisator der Tagung, das Mittel Online-Befragung. So fanden die Siegener Studierenden heraus, dass Soziale Netzwerke in erster Linie zur Pflege von Freundschaften genutzt werden, politische Informationen hingegen holen sich die User über externe Nachrichtenseiten. Mehr als die Hälfte der Befragten redet in Netzwerken nicht über politische Inhalte. Bemerkenswert ist, dass die Teilnehmer ein politisches Profil als unangenehm und unpassend empfinden. Politiker sollten demnach ihr Engagement in Sozialen Netzwerken überdenken. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Hinsichtlich der Nutzung Sozialer Netzwerke zur individuellen politischen Kommunikation positioniert sich die Mehrheit der Befragten, indem sie sich z.B. mit einem Profil einer Partei verbinden. Andere zu mobilisieren, daran haben sie kein Interesse. Insgesamt werden die Sozialen Netzwerke kaum zur politischen Kommunikation genutzt.

Der zweite Tag der Veranstaltung war den Jugendlichen und ihrer Selbstdarstellung in Sozialen Netzwerken gewidmet sowie der Frage nach der Medienkompetenz von Jugendlichen für eine verantwortungsbewusste Selbstdarstellung in Sozialen Netzwerken. „Gerade Lehrerinnen und Lehrer begrüßen die Auseinandersetzung mit dem Web 2.0 und nutzen hier die Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen. Sie stehen den Problemen, z.B. dem Cyber-Mobbing, oft hilflos gegenüber“, erklärte Daniel Benfer. Anhand einer Querschnittsstudie unter Schülerinnen und Schülern verschiedener Schulformen befragten die Studierenden insgesamt 428 Schüler von je drei Haupt-, Realschulen und Gymnasien aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein und dem Oberbergischen Kreis im Alter von 12 bis 16 Jahre. „Uns war es wichtig, lokal bezogene Daten aufzunehmen“, sagt Daniel Benfer. 92,8 Prozent der befragten Schüler haben einen regelmäßigen Zugang zum Internet. 92,3 Prozent haben oder hatten ein Profil in Sozialen Netzwerken. Die meisten nutzen mehrmals die Woche ihre Netzwerke, 45 Prozent sogar täglich. Von den täglichen Nutzern sind fast 60 Prozent bis zu zwei Stunden täglich in den Netzwerken, 13 Prozent sogar über vier Stunden.

Die Schüler haben teilweise sehr viele persönliche Daten in ihren Profilen angegeben. Dabei sind ein Drittel aller Profile öffentlich sichtbar und damit ungeschützt. Auf die Frage, wie sie es fänden, wenn sie ihr Profil zu Hause und/oder in der Schule ausgestellt wüssten, wäre fast 30 Prozent der Jugendlichen die eigene Präsentation peinlich. Ein großes Problem der Selbstdarstellung in Sozialen Netzwerken ist das sogenannte Cyber-Mobbing, dem während der Tagung ein gesonderter Vortrag gewidmet war. Insgesamt gaben 37 Prozent der Befragten in der Siegener Umfrage an, dass sie bereits schlechte Erfahrungen im Internet gemacht haben. Zumeist handelte es sich dabei um Beleidigungen, 8 Prozent berichteten allerdings von sexueller Belästigung. Interessant: Das Alter sowie die Bildung beeinflussen nachweislich den Umgang mit den eigenen Daten und die schlechten Erfahrungen. Die Ergebnisse der Studien sind sicher nicht repräsentativ. „Ziel der Tagung war es, zu informieren und zu sensibilisieren“, sagte Daniel Benfer.

Weitere Informationen – ausführliche Darstellung von Referenten und Vorträgen sowie Informationen zum Thema allgemein

Universität Siegen vom 24. Januar 2011/idw

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