NAGEL-Redaktion – Schwein??? Nein!!!

Gerade als die Marktfrau am Geflügelstand meinen Puter auf die Waage legt, drängt mich eine zornige Frau zur Seite. „Hallo, ich muss reklamieren!“ Die Verkäuferin erwidert: „Moment, ich bediene gerade.“ Das löst einen neuen Zornanfall aus. „Typisch, so werden die Ausländer behandelt.“ Mir liegt auf der Zunge, dass ich auch halber Ausländer bin – und mich hinten angestellt habe. Doch die Sache duldet keinen Aufschub. Denn jetzt schleudert die Dame ihre Einkaufstüte auf die Theke. „Betrug!!!“ zetert die Frau, die eine Art angedeutetes Kopftuch um Hals und Schultern gelegt hat. Sie trägt einen langen schwarzen Ledermantel, Goldschmuck, und ihre Augen sind mit viel Kajal umrandet. Mit ihren dramatischen Gesten erinnert sie an eine Stummfilm-Diva. Leider ist dies kein Stummfilm! Die Dame wird lauter, denn es geht um die Wurst. Um die Geflügel-Fleischwurst, die sie gekauft hat. „Es ist ja doch Schwein drin! Lügen Sie mich nicht an!“ Die Verkäuferin ist verblüfft: „Wir sind ein Geflügelhof. Wir halten Hühner, Puten und Gänse, also können wir gar kein Schwein in die Wurst tun.“ „Und was steht da???“ – die muslimische Diva zieht die Wurst aus der Tüte und deutet auf die Schrift: „Feine Geflügel-Schinkenwurst“. „Ja und?“ „Schinken ist immer Schwein!!!“ „Blödsinn!“ entfährt es mir. „Schinken ist das, worauf Sie sitzen.

Alles was Schenkel hat, kann zum Schinken werden.“ „Fleischwurst heißt auch Schinkenwurst“, erklärt die Verkäuferin. Sachargumente zählen nicht. Die Dame verlegt sich aufs Klagen – sie als Gläubige könne ihren Kindern doch kein Schwein aufs Brot geben. „Es ist kein Schwein, verdammt noch mal!“ „Schinken ist immer Schwein!!!“ Am Ende bekommt die Frau ihr Geld zurück. Ich überlege, ob religiöse Nahrungsvorschriften Gläubige in die Hysterie treiben können.

„Sie treiben andere Leute in den Wahnsinn!“, erklärt meine persische Freundin, als ich ihr die Geschichte erzähle. Das sei noch gar nichts – sie habe ja früher im Supermarkt gearbeitet. Da war ein türkischer Kunde, der wissen wollte, ob die Butter wirklich nicht vom Schwein sei. Eigentlich war meine Freundin sicher, dass die Butter auch in Deutschland nie vom Schwein ist – aber der Kunde meckerte, er habe schon einmal Schweinebutter gekauft, jetzt wolle er die Garantie. Also wurde der Marktleiter geholt. „Ist die Butter auch wirklich nicht vom Schwein?“ Der Chef lachte nur bei der Vorstellung, eine Sau zu melken.

Nein, ganz sicher! Auch die Ungläubigen trinken keine Schweinemilch! „Aber wo kann der Mann denn Schweinebutter gekauft haben?“, frage ich. Meine Freundin lacht. Das habe sie auch erst später verstanden. Er hatte wohl das Billigste aus dem Kühlregal genommen – und das ist Schweineschmalz!

(Diana Zulfoghari in der WAZ-Wochenend-Beilage vom 22. Januar 2005)

i-Punkt 4-2004

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