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NAGEL-Redaktion – Terminus mortem: Shop

Terminus mortem: Shop

Der Anglizismus Shop ist ein so genannter „Rückkehrer“. Eigentlich handelt es sich um das deutsche Wort „Schuppen“, das in England die Form Shop annahm. Dass das Wort dort für den Ort des Warenverkaufs stand, war durchaus nachvollziehbar. Geschäfte wurden – hier wie dort – in Schuppen abgewickelt. Allerdings waren es nur einfache Geschäfte. Feinere Warenumschläge wurden in den deutschsprachigen Ländern in „Läden“, „Geschäften“, „Warenhäusern“ usw. abgewickelt. Spezialisten gar verzichteten auf solche übergreifenden Begriffe, für diese gab es „Fleischereien“, „Bäckereien“, „Drogerien“, „Reformhäuser“, „Anglerbedarf“, „Imbiss-Stuben“ usw. Entweder ist das Spezialistentum auf dem Rückzug oder den Spezialisten ist die sprachliche Kreativität abhanden gekommen. Jedenfalls feiert der ehemalige Schuppen in seiner englischen Ausprägung Shop rauschende Erfolge. Vom „Blumen-Shop“ bis zum „Tank-Shop“, vom „Handy-Shop“ bis zum – sehr verwunderlich – „Bio-Shop“ heißt jeder Laden, dem nichts Besseres eingefallen ist, nun Shop. Grenzen gibt es nicht. Wunderliche Erscheinungen sind dabei durchaus eingeschlossen, denn was eigentlich ein „Back-Shop“ sein soll, ist ja nicht auf Anhieb klar. Ist es ein „Hinterladen“ oder eine Bäckerei? Kann ich im „Angel-Shop“ nun frische Engel erwerben oder nur biederen Anglerbedarf? Der „Gyros-Shop“ macht dem „Döner-Shop“ heftige Konkurrenz, beide entpuppen sich allenfalls als fettige Frittenbuden wie der „Bratwurst-Shop“ oder der „Gockel-Shop“.

Es ist also nicht nur die Beliebigkeit, die dem Anglizismus Shop den Garaus macht. Er steht natürlich für Einfallslosigkeit, Ideenarmut und Erbärmlichkeit. Aber er steht auch für Schmierigkeit und verbrauchte Luft. Es stinkt im Schuppen. Wer also irgendeine ernsthafte und seriöse Ware anzubieten hat, sollte dies auf keinen Fall in einem Shop tun.

(Sprachnachrichten Nr. 29/Februar 2006 – Beitrag von Reiner Pogarell)

Anmerkung der Redaktion:
 Da wir uns in der NAGEL-Redaktion dazu entschlossen haben, die so genannte neue Rechtschreibung moderat anzuwenden, haben wir diesen Beitrag entsprechend angepasst; dies in der Hoffnung, damit keinen Zorn bei der Redaktion der „Sprachnachrichten“ zu erregen.


i-Punkt 3/2006

Hier ein schönes Beispiel:

Solche Ärgernisse begegnen einem unterwegs immer wieder. Hier soll es sich um einen Fahrradladen handeln – nach dem Zufallsprinzip im Internet gefunden. Warum das „Vehikel“ vor dem „Shop“ ein Eigenleben als Substantiv führt, bleibt des Schildermalers Geheimnis. Wie der Apostroph in den Genitiv („Rudi’s“) gelangt ist, wollen wir lieber nicht nachfragen.

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NAGEL-Redaktion – Die Zielscheiben der Vögel und von weißen und dunklen Autos

Die Zielscheiben der Vögel und von weißen und dunklen Autos

Britische Forscher haben die Hinterlassenschaften von Vögeln auf 2.000 Autos gezählt. Das Ergebnis: Weiße Autos werden von ihnen am liebsten bombardiert. Dunkle Autos, vor allem blaue und schwarze, scheinen vor den Vögeln sicher zu sein. Den Vogelexperten wundert das nicht: Vögel würden vor allem auf weiße Autos zielen, weil sie deren Farbe mit Raubvögeln assoziierten.

i-Punkt 2/2006

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NAGEL-Redaktion – Die Sonntagsmediendemokratie

Sonntags um 21.45 Uhr kann man in der ARD besichtigen, wie die konservative Mitte ihre neuesten Sprachregelungen dem Publikum verkauft. Dann umrundet eine kostbare Mischung aus Multimillionären und mit abstrusen Sondervergütungen gemästeten Spitzenbeamten eine schwer gestylte, doch unverkennbar verdrießliche Blondine namens Sabine Christiansen und stellt unerbittlich fest, dass Deutschland ein Sanierungsfall sei: „Wie krank ist Deutschland?“, „Wirtschaftsflaute, Streik – Bleibt Deutschland Schlusslicht?“, „Kassen leer, Nerven blank – Regierung ratlos“ so lauten jeden Sonntag wieder die stets gleichen Themen. Und bald ist klar: Es geht im Grunde schon nicht mehr um Reformen, sondern um die Systemüberwindung.

Und deshalb bietet Sabine Christiansen der großen Koalition der Systemüberwinder allwöchentlich die Chance, dem Publikum zu verkünden, dass die heilige Utopie des Kapitalismus erst mal ans Ende gekommen ist. Denn es sieht nicht so aus, als ob es weiter ginge wie versprochen: Dass wir immer weniger arbeiten müssen und dabei immer mehr verdienen. Im Moment sieht es eher umgekehrt aus: Die Wirtschaft muss wachsen, dafür muss der „kleine Mann“ mehr und länger arbeiten, weniger verdienen und seine selbst verschuldete Arbeitslosigkeit mit Sozialhilfe bezahlen. Dabei ist unsicher, ob er Arbeit findet und ob es „der“ Wirtschaft beliebt, einen 50-Jährigen noch zu beschäftigen. Trotzdem wird das Rentenalter heraufgesetzt, und man sollte sich darauf einstellen, sich um drei Minijobs gleichzeitig zu prügeln. Wir wollen diesem Deutschland-Rescue-Team unsere Hochachtung aussprechen: Die Aufgabe ist schwer, und trotzdem scheut es keine Mühe, seine unfrohe Botschaft zu verkünden. Sabine Christiansen gibt ihr Bestes, dass die Herrschaften dabei nicht gestört werden. So wird man in dieser Runde niemals hören, dass in den letzten zehn Jahren die Netto-Realeinkommen um über vier Prozent gesunken sind, während die Wirtschaft um ca. 15 Prozent gewachsen ist.

Solche Bagatellen erschüttern doch die freie Presse nicht. Zwar halten immer noch zwei Drittel der Bevölkerung neoliberale Reformen wie die Agenda 2010 für fiesen Unfug, aber das hindert 98 Prozent unserer medialen Dienstleister nicht daran, stramm gegen ihr Publikum zu halten. Auch bei Sabine Christiansen wird nicht diskutiert: Die Chefetage dekretiert ihre Zehnjahrespläne. Da es nichts zu diskutieren gibt, versucht man, uns mit der Androhung des Untergangs zu unterhalten. Hin und wieder wird nach Schuldigen gefahndet: „Die Stunde der Wahrheit: Wieviel soziale Gerechtigkeit können wir uns noch leisten?“ oder: „Gewerkschaften, Beamte, Politiker – Wer blockiert das Land?“. Leider stehen alle Antworten schon vor Sendebeginn fest. Jeder dieser Katastrophentalks ist komplett austauschbar.

Sabine Christiansen funktioniert als Tonspur in der Endlos-Schleife mit den stets gleichen Figuren, die bloß unterschiedliche Namen tragen. Transkribierte man die Palavermasse in Schrifttext ohne Quellenangabe – 98 Prozent des Wortumsatzes bei Sabine Christiansen ließe sich keiner Person oder keinem eigenen Programm zuordnen. Heinrich von Pierer, Friedrich Merz, Wolfgang Clement mögen genetisch differieren, rhetorisch nicht.

Friedrich Merz formulierte in der Sendung vom 29. Juni 2003 eine treffende Einsicht: „Sie haben ja heute Ihre 250. Sendung – ich finde, wir sollten Ihnen erst mal gratulieren zu dieser Sendung. Diese Sendung bestimmt die politische Agenda in Deutschland mittlerweile mehr als der deutsche Bundestag.“ Nun werden sich ältere Jahrgänge vielleicht nicht nur an den Bundestag erinnern, sondern auch daran, dass zur Demokratie unterschiedliche Programme gehören. Es lässt sich in gefahrloser Allgemeinheit sagen: Es gibt nicht nur keine politischen Programme (außer „Wirtschaftswachstum“), es gibt auch keine Unterschiede in den Als-ob-Programmen. Politik beschränkt sich darauf, dem Wähler angebliche Zwänge zu verkaufen. Sabine Christiansen sorgt dafür, dass das so wenig als möglich auffällt: Sie simuliert streitbare Demokratie.

Allerdings hat die Sendung auch erhebliche Vorteile. Wer drei Mal Sabine Christiansen gesehen hat, wird nicht mehr behaupten dürfen, er hätte den Offenbarungseid der deutschen Politik nicht mitbekommen. Andererseits dürfte aber auch niemandem mehr entgehen, dass der größte Teil der Medien als unabhängige „vierte“ Macht abgedankt hat.

Walter van Rossum, Meine Sonntage mit Sabine Christiansen, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003

i-Punkt 5-2005

 

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NAGEL-Redaktion – Die erste Kanzlerin vor der echten Kanzlerin

Das Thema „Christiansen“ hat uns im Extra im i-Punkt 5-2005 bereits schon einmal beschäftigt. Die Äußerung kann man sich hier problemlos laden. Hellhörig gemacht hat uns erneut der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel. „Die Welt“ vom 24. November 2005 schrieb:

„Seit längerem ist zu beobachten, dass Kollegen, die sonntags „Christiansen“ gesehen haben, montags dümmer ins Büro kommen. Bislang freilich durfte man dies nur im kleinen Kreis aussprechen. Nun aber bekommen wir in unserer Abscheu vor Fernseh-Talkshows prominente Unterstützung. Der Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel bekennt: ‚Ich kann die Sendungen ja selbst nicht mehr sehen. Das ist zum Kotzen.’ Und hinzu fügte der Dauergast jener Talkshows, bei denen immer dieselben Leute in unserem Wohnzimmer jeden Unsinn sagen dürfen: ‚Ich kann mich manchmal auch nicht mehrt hören.’ Ja, das geht uns manchmal auch so. Wenig überzeugend jedoch ist Henkels Begründung, warum er sich dennoch immer wieder einladen lässt: ‚Wenn Sie etwas in der Gesellschaft verankern wollen, dann müssen Sie es immerzu wiederholen.’ Das ist Henkel doch bei seinem Leib- und Magen-Thema nicht gelungen: Schließlich war die letzte Bundestagswahl ein Referendum just gegen das Dauergerede der Talkshows.“ (mka)

i-Punkt 1-2006

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NAGEL-Redaktion – Sippenhaft

Da reibt man sich doch verwundert die Augen: Christian Wulff, Niedersachsens CDU-Ministerpräsident und möglicherweise – so wird hin und wieder kolportiert – Deutschlands „beliebtester Politiker“, hat versucht, VW-Aufsichtsratschef Piech zu beeinflussen. Der sollte Horst Neumann als Arbeitsdirektor zu verhindern. Piech: „Warum?“ Wulff: „Er ist der Lebensgefährte von Andrea Nahles.“ Piech: „Das reicht mir nicht als Begründung.“ Horst Neumann tritt die Nachfolge von Peter Hartz (Hartz I – IV) an, der wegen diverser Konzern-Skandale zurücktrat. Neumann ist privat mit Nahles liiert.
i-Punkt 12-2005

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