Führungszeugnisse

Merkblatt Führungszeugnisse

Zum Thema „Führungszeugnisse für in der Jugendförderung tätige Personen“ hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Landesjugendamt) am 7. Oktober 2010 ein Merkblatt herausgegeben. Herunterladen

Führungszeugnis in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und in der Arbeit des Kinderschutzbundes

Vorstehende hilfreiche Arbeitshilfe haben im September 2010 das Paritätische Jugendwerk NRW und der Kinderschutzbund NRW herausgegeben. Wir empfehlen ihre Nutzung. Sie erhalten einen brauchbaren Überblick über die Thematik und ihre Hintergründe. Es gibt ferner diverse Formblätter, Literaturhinweise und anderes mehr.

Führungszeugnisse für Ehrenamtliche

Ein geeigneter Beitrag zur Prävention sexuellen Missbrauchs?

Der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) macht in einer Stellungnahme vom Juni 2010 deutlich, dass verpflichtende Führungszeugnisse für alle Ehrenamtlichen in der Jugendverbandsarbeit – analog der Führungszeugnispflicht für hauptberufliche Fachkräfte im § 72a SGB VIII – kein geeignetes Mittel der Prävention sexualisierter Gewalt sind, sondern kontraproduktive Wirkungen entfalten können. Da das Thema im Umfeld des ABA Fachverbandes beispielsweise auch beim Einsatz von ehrenamtlichen Spielplatzpaten von Interesse sein dürfte, haben wir das Hintergrundpapier des DBJR ins ABA-Netz gestellt. Bislang hat der ABA Fachverband beispielsweise auf Instrumente wie Ehrenerklärungen gesetzt. Anlässlich der Debatte haben wir die Ehrenamtsseite im ABA-Netz, die bislang im Verzeichnis „Mitglieder- und Trägerservice“ zu finden war (und ist), zusätzlich unter einen separaten Link in das Verzeichnis „NAGEL-Redaktion“ gestellt. Von dort aus ist die Seite nunmehr ebenfalls zu erreichen. Der Landesjugendring NRW hat am 17. Juni 2010 ebenfalls einen Beschluss zum Thema gefasst, dem sich der ABA Fachverband – vor allem mit Blick auf die von ihm vertretenen Spielplatzpaten – inhaltlich ausdrücklich anschließt. Die Position „Prävention statt Führungszeugnisse“ ist nachfolgend zu finden.

Prävention statt Führungszeugnisse

Position des Landesjugendrings NRW zur Vermeidung sexualisierter Gewalt

Angesichts der aktuellen Debatte um sexuellen Missbrauch und im Nachgang der Änderung des KJHG bzgl. der Kindeswohlgefährdung (KICK, §§ 8 a und 72 a) positioniert sich der LJR NRW zu der an verschiedenen Stellen geforderten Einführung verpflichtender Führungszeugnisse für ehrenamtlich in der Jugendarbeit Tätige.

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist seit Jahren ein großes Anliegen in der Arbeit des LJR NRW und seiner Mitgliedsverbände. Neben expliziten Präventionsmaßnahmen leisten die Jugendverbände einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen. Kinder und Jugendliche entfalten ihre Persönlichkeit, lernen ihre Grenzen kennen und selbstbewusst zu artikulieren. Gleichzeitig werden ehrenamtlich engagierte Menschen in den Jugendverbänden für präventive Arbeit sensibilisiert und ausgebildet.

Der Landesjugendring NRW setzt – im Konsens mit den im Deutschen Bundesjugendring (DBJR) zusammengeschlossenen Jugendverbänden – auf ein umfassendes Präventionskonzept, das fachlichen Standards genügt und seine Wirkung entfaltet.

Folgende Kernbausteine aus der Stellungnahme des DBJR zur Verbesserung der Prävention sexuellen Missbrauchs in der Kinder- und Jugendverbandsarbeit müssen mindestens erfüllt sein: Sensibilisierung der Verantwortlichen, Qualifizierung Ehrenamtlicher, Maßnahmen für Hauptberufliche, Elemente struktureller Absicherung, Stärkung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen.

Daher hat der Landesjugendring NRW folgendes Konzept zur Prävention beschlossen:

Bewusstsein schaffen, sensibilisieren und aufklären

Es ist wichtig, in den Strukturen der Jugendverbände ein Bewusstsein für die Gefahren sexualisierter Gewalt im eigenen Bereich zu schaffen. Das Thema darf nicht tabuisiert werden, sondern muss umfassend bekannt sein. Dazu sind Leitbilder oder fachliche Standards notwendig, die den Umgang zwischen den Menschen im Jugendverband regeln und ausdrücklich sexualisierte Gewalt behandeln. Diese Leitbilder müssen bei den Aktiven im Jugendverband bekannt sein und immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden.

Qualifizierung

Es ist notwendig, alle Menschen, die im Jugendverband Verantwortung übernehmen, neben anderen Qualifikationen speziell zum Thema sexualisierte Gewalt zu schulen. Inhalte der Schulung müssen mindestens die verbandsinternen Leitbilder, rechtliche Grundlagen sowie Umgang in Krisensituationen sein. In der Gruppenleiter/-innenausbildung muss das Thema aufgegriffen werden (vgl. Mindeststandards für die Juleica). Mitarbeiter/-innenfortbildungen müssen das Thema standardmäßig behandeln.

Umgang mit Mitarbeiter/-innen

Für ehrenamtliche und hauptberufliche Mitarbeiter/-innen besteht ein verbindlicher Verhaltenskodex. Dieser kann z.B. die Form einer Ehrenerklärung haben. Für alle Hauptberuflichen, die in ihrer Arbeit mit Minderjährigen Kontakt haben, muss von den Anstellungsträgern analog des § 72 a SGB VIII ein erweitertes Führungszeugnis eingeholt werden. Ergänzende Dienstanweisungen oder Zusätze zu Arbeitsverträgen, insbesondere hinsichtlich des Schutzauftrags nach § 8a SGB VIII, müssen je nach Arbeitsfeld geprüft werden.

Strukturelle Absicherung und Krisenmanagement

Für den Krisenfall bei Bekanntwerden von Übergriffen im Jugendverband bzw. bei Verdacht oder Hinweis auf solche muss ein professionelles und geeignetes Vorgehen festgelegt und bekannt sein. Dazu sind Krisenleitfäden und ggf. entsprechend geschulte Ansprechpartner/innen im Jugendverband nötig. Ein Vertrauensleutekonzept, wie z.B. im Bayerischen Jugendring (BJR) und einigen Jugendverbänden schon erfolgreich erprobt, erscheint hierfür geeignet. Daher müssen „insoweit erfahrene Fachkräfte“ im Sinne des § 8 a SGB VIII im Jugendverband bzw. in kooperierenden Fachstrukturen und Beratungsstellen benannt und bekannt sein.

Positionierung zu polizeilichen Führungszeugnissen für Ehrenamtliche

Der LJR NRW verdeutlicht, dass die derzeitige Rechtsgrundlage keine Führungszeugnispflicht für Ehrenamtliche vorsieht. Auch die am 1. Mai 2010 in Kraft getretene Änderung des BZRG stellt keine Verpflichtung dar. Zusätzlich ist zu betonen, dass das für diese Frage relevante Kinder- und Jugendhilfegesetz SGB VIII nur die Führungszeugnispflicht für hauptberuflich bzw. hauptamtlich Mitarbeitende festschreibt.

In der Diskussion um die Einführung von Führungszeugnissen für ehrenamtlich Tätige wenden sich die nordrhein-westfälischen Jugendverbände aus folgenden Gründen gegen dieses vermeintliche Instrument der Prävention gegen sexualisierte Gewalt:

1. Die Jugendverbände sind selbstorganisierte und freiwillige Zusammenschlüsse von jungen Menschen. Ihre gesamte Arbeit wird vom hohen ehrenamtlichen Engagement der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen getragen und ist somit ein wesentlicher Pfeiler der Zivilgesellschaft. Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit sind „Systeme“, die von Offenheit, Dynamik und Selbstorganisation leben und bundesgesetzlich so gewollt sind.

Eine Führungszeugnispflicht für Ehrenamtliche kommt einer Erlaubnispflicht für Ehrenamt gleich. Dies verhindert ehrenamtliches Engagement zunehmend und läuft somit der Idee der Zivilgesellschaft zuwider.

2. In den Jugendverbänden sind vorwiegend junge Menschen ehrenamtlich aktiv: So sind z.B. 39 % der JULEICA-Inhaber/-innen jünger als 20 Jahre und nur 19 % älter als 30 Jahre. Aufgrund des geringen Lebensalters und der Bestimmungen im Jugendstrafrecht kann nur sehr eingeschränkt davon ausgegangen werden, dass entsprechende Straftaten bereits aufgetreten bzw. entsprechend in einem erweiterten Führungszeugnis aufgeführt worden sind. Die Aussagekraft von Führungszeugnissen für Ehrenamtliche in der Jugendverbandsarbeit ist allein daher fragwürdig. Ihre Einholung kann ein scheinbares und falsches Gefühl der Sicherheit schaffen.

3. Auch die Verantwortlichen, Leitungen und Vorstände der Jugendverbände sind zumeist junge Ehrenamtliche. Dieser Personenkreis würde verpflichtet, hochsensible Dokumente einzufordern, adäquat aufzubewahren und deren Aussagekraft realistisch einzuschätzen. Das Einfordern und Sichern dieser persönlichen Informationen widerspricht Auftrag und Kultur der Jugendverbände. Eine adäquate Datensicherheit ist in den ehrenamtlichen Strukturen nicht zu gewährleisten.

Die Einführung von Führungszeugnissen für Ehrenamtliche in der Jugendverbandsarbeit stellt Hunderttausende unter Generalverdacht und behindert zivilgesellschaftliche Gestaltungskraft. Ihr ehrenamtliches Engagement verdient Vertrauen, Anerkennung sowie Strukturen, die es unterstützen und nicht erschweren.

Landesjugendring NRW – Beschluss des Hauptausschusses vom 17. Juni 2010

 

Schreiben von Prof. Dr. Dr. Reinhard Wiesner vom 29. Juni 2010

Ein Schreiben des Referatsleiters für Rechtsfragen der Kinder- und Jugendhilfe im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Prof. Dr. Dr. Reinhard Wiesner, vom 29. Juni 2010 bestätigt die Rechtsauffassung, dass es derzeit keine Verpflichtung zur Vorlage von Führungszeugnissen für Ehrenamtliche gibt. Das Schreiben wurde uns freundlicherweise am 20. Juli 2010 vom Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik zur Verfügung gestellt. Interessierte können es hier herunterladen.

Schreiben Reinhard Wiesner herunterladen

Zum Thema

Bundestag verabschiedet Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz – Herunterladen

Fünftes Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes
Gesetzentwurf – Erläuterungen – Neuer § 30a (Antrag auf erweitertes Führungszeugnis) – Neuer § 31 (Erteilung von Führungszeugnissen und des erweiterten Führungszeugnisses an Behörden) – Begründung – Herunterladen
Nur Gesetz

§ 72a SGB VIII: Erweitertes Führungszeugnis für Kinder- und Jugendhilfe geplant – Mitteilung von Alfred Oehlmann-Austermann (LWL-Landesjugendamt Westfalen) vom 2. Dezember 2008 – Zur Verfügung gestelt von Prof. Dr. Gerhard Fieseler am 2. Dezember 2008 – Herunterladen

Mehr Kinder- und Jugendschutz durch erweitertes FührungszeugnisMitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 26. November 2008 –  Herunterladen

Handreichung zur Umsetzung des § 8a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung) und des § 72a SGB VIII (Prüfung der persönlichen Eignung von Fachkräften) für Träger, Vorstände, Leitungs- und Fachkräfte in der katholischen Kinder- und Jugendarbeit – Grundlagen und Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe katholische Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit NRW – Federführung: LAG Katholische Offene Kinder- und Jugendarbeit NRW, 2007 (24 Seiten, 278 KB) – Herunterladen

Vorlage eines Führungszeugnisses (Ehrenamtliche)
Ein Beitrag von Prof. Dr. Gerhard Fieseler – Kommentierung zum § 72a SGB VIII – Herunterladen

Alternative zum polizeilichen Führungszeugnis: Ehrenerklärung und eidesstattliche Erklärung seitens ehrenamtlich Beschäftigte – Ein Vorschlag von Christa Burghardt (Kinderschutzbund Hagen) – Vorschlag herunterladenFormular „Ehrenerklärung“ herunterladen

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 9. November 2010 (de)

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